: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 15. Dezember 2003

Real Life - 15. Dezember 2003: Bestellt

Rassistisch? Deutschtümelnd? Auf billige Poser hereinfallend? So what! Ich schenke nur, was Originalsprache, jung und unverschämt ist. Am besten Debutanten, die nicht so viel Glück hatten. Die freuen sich wirklich, wenn jemand ihre Bücher will, noch dazu hier in der Pampa, wo sie es noch schwerer haben als in Berlin Mitte oder FFM City. Ausserdem eines weniger, das nächstes Jahr eingestampft wird.

Obwohl mein Lieblingsbuchhändler auch ein Herz für alles Neue hat, ist nur ein Buch vorrätig. Die anderen muss er bestellen. Er hat noch nie was von denen gehört. Echt nicht. Wie hiess die nochmal? Boehning? Moment...

Ich schaue mich bei den Neuerscheinungen um. Was Popliteratur angeht, ist fast nichts da. Kaminer ist weder Pop noch Literatur, Lebert und Illies gammeln hier schon seit Wochen auf Stapeln vor sich hin und werden noch vor Neujahr remittiert. Oswalds Im Himmel ist schon auf dem Weg zur Hölle. Hier gibt es nur noch einen missglückten Klagenfurth-Winsler und die Schirrmachers Nepoten mit "Hier spricht Berlin".

Verkaufen sich aber auch nicht. Komisch, die Bestellungen, meint der Buchhändler. Da hat ihm kein Vertreter was von erzählt. Von keinem dieser Bücher. Und die taugen was?

Ja. Schon, eigentlich. Kein Evelyn Waugh, kein Pitigrilli, aber auf jeden Fall lesenswert.

Das mit der jungen deutschen Literatur ist einfach nichts mehr, sagt er. Egal was kommt, es kommt nicht mehr bei den Leuten an. Dabei hatte man so viel Hoffnung wegen der DDR-Welle, das sollten die ganz grossen Bringer werden, goldener Bücherherbst, und so. Der Nachwuchs wird nicht verheizt, der wird einfach nicht mal mehr erwähnt. Statt dessen lauter Zeug, das in meiner Jugend schon uralt war.

Ja. Wie war´s denn mit der Lesung von Alexa?

Schlimm. Einfach nur schlimm. Kaum Leute. Du magst sie nicht, oder?

Ich mag niemanden, der in Büchern von Buschheuer über das Heiraten schreibt. Ich hasse diese marktfixierten Schreibsklaven. Ich kann es mir leisten, sie zu hassen.

Was machst Du eigentlich nächste Saison?

Wieder etwas, für das es keinen Markt gibt, sagen die Vertreter. Das heisst, sie sagen es nicht, aber sie denken es. Weil sie es nicht kennen, und keinen Glauben mehr haben. Wir müssen es eben knallig vermarkten, dann wird das schon. Popliteratenschicksal. Eigentlich sollte man den Begriff Popliterat jetzt wieder besetzen, nachdem alle anderen plötzlich züchtig und anständig geworden sind, oder?

Willst Du ein Popliterat sein?

Hey, es gibt echt Schlimmeres. Bachmannpreis-Teilnehmer zum Beispiel ist echt scheisse. Oder Goethe-Instituts-Lesungshalter. Oder Nachwichsförderausgepreister. Popliterat ist besser. Den Begriff wie ein Flugzeug kapern, die letzten Schluffis über Bord kippen, und die Mühle mit neuem Personal wieder in die Luft bringen. Bouncing Betty an das Cockpit malen, so ein Pinup-Girl. Das Föieton damit niederbomben. Es diesen Hirnfick-Strichbubis nochmal zeigen. Rawums reloaded.

Morgen früh ist es da, sagt der Buchhändler und schiebt mir ein Exemplar meines Machwerks zum Signieren hin.

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Fortschritt

Im gesellschaftlichen Kampf haben die Kräfte , die die fortschrittliche Klasse repräsentieren, manchmal Mißerfolg, und zwar nicht etwa, weil ihre Ideen unrichtig wären, sondern weil sie, wenn man die im Kampf stehenden Kräfte miteinander vergleicht, zeitweilig noch nicht so stark sind, wie die reaktionären Kräfte; daher erleiden die vorläufig Niederlagen, doch werden sie früher oder später siegen.
Mao tse Tung, Fünf philosophische Monographien, 1976

Bayern wird als Chancen- und Pionierland aus der gegenwärtigen bundesweiten wirtschaftlichen Schwächephase gestärkt hervorgehen.
Otto Wiesheu, Zukunft der New Economy hat erst begonnen, 2003

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