: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 5. November 2008

Yes we can blackmail

Du hast eine Wohnung am Rande der Berge, gleich oberhalb eines traumhaft schönen Sees. Es ist Anfang November und immer noch sehr warm. Das Wetter ist wunderbar, und du entschliesst dich, heute mit einer Bekannten in ein Kloster zu fahren, das eine Wirtschaft mitsamt Sonnenterasse und einen phänomenalen Blick über die Alpenkette vom Chiemgau bis zur Zugspitze hat. Eine Sonnenterasse, auf der sich fette, alte Münchner an Schweinshaxen vollfressen, bis sie nicht mehr können und der Würgerei überdrüssig die Knödel zurück gehen lassen.



Du setzt dich an den äussersten Rand, denn schön ist das reiche Schauspiel nicht, und entscheidest dich für einen Germknödel. Es dauert ein wenig, weil es trotz Werktag voll ist, aber da ist diese Fernsicht mit 100 Kilometern, an der du dich nicht sattgeaffen kannst. Dann kommt der Germknödel und bildet den ersten Hügel in einer langen, grandiosen Reihe von Bergen voller Wald, Fels und Schnee.



Um das alles perfekt zu machen, erlebst du auch noch einen grandiosen Sonnenuntergang; Du würdest Deine Begleiterin jetzt gerne umarmen, in diesem warmen, satten, alles durchdringenden Licht, das dich aufsaugt mit seinem Glanz,



es zieht dich hinein, entreisst dir den italienischen Namen, das Leben, die Wohnung, den See, den Geschmack des Germknödels, du bist nackt in diesem Licht, es wirft dich auf deine Existenz zurück und obendrein in ein Bett in einem Schwellenland. Genauer, das viertgrösste Schwellenland der Erde, dein Kopf dröhnt noch vom Licht und vom Alk gestern Abend, und langsam fällt es dir ein: Du hast keine Wohnung am Tegernsee und keine Bekannte, die wie Romy Schneider aussieht, du bekommst keine Germknödel und das da vor dem Fenster sind auch keine Berge, sondern die von Favelas umschlossene Hauptstadt Washington. Du heisst Obama, bist seit gestern so eine Art künftiger Diktator, kannst aber im Gegensatz zu den drei grösseren Schwellenländern weder Wahlen kaufen wie die Inder, noch einen Volkskongress einschüchtern wie die Chinesen, und Oligarchen verknacken und Firmen erpressen wie der Putin darfst du auch nicht. Kurz, du bist der Boss eines maroden Landes, und du musst jetzt aufräumen, was dein Vorgänger Idi George Amin Bush an Zerstörung hinterlassen hat; ein paar Kriege, eine angekotzte Welt, und einen Quasi-Staatsbankrott, den Leute angezettelt haben, die dummerweise für deine Wahl gezahlt haben. Du beginnst zu begreifen, dass es eigentlich gar nicht so schlecht wäre, wenn jetzt deine besiegten Gegner, die Alte mit den Glubschaugen oder der Tattergreis die Scheisse angehen müssten.

Gestern warst der Held, heute wollen sie schon, dass du ihnen die fetten Arsche auswischst. Es ist der Tag nach dem Sieg, und die Hauskreditversicherer Ambac und MBIA lassen dich wissen, dass sie zusammen im letzten Quartal über 3,3 Milliarden Dollar Verlust verzeichnet haben. Um das in Relation zu setzen: Die einzelne Ambac-Aktie ist 2,01 Dollar wert, und macht einen Verlust von 8,45 Dollar. Sprich, die Läden sind so fertig und windig wie einer ihrer Subprimekunden im Rust Belt. Leider kannst du sie nicht pleite gehen lassen. Ohne Kreditrisikoversicherung werden Banken keine Kredite geben, und die Wirtschaft wird leiden. Also, das heisst: Was von ihr noch da ist, nachdem tausende Banken durch die Pleite der Versicherer gezwungen wären, die von Ambac und MBIA vertriebenen Derivate mit exakt Null anzusetzen, mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft. Das wird teuer. Zumal jetzt auch wieder das für die Refinanzierung so wichtige Rating wackelt.

Du hängst noch kotzend über dem Waschbecken, da stehen auch schon die Jungs des Autofinanzierer GMAC in der Tür. Eine Hälfte gehört General Motor, die andere dem Hedgefonds Cerberus, dem auch Chrysler gehört. Und siehe da, auch sie haben wegen schlecht zahlender Kundschaft 2,5 Milliarden Quartalsverlust. Wenn die keine Kredite mehr geben - wer soll dann noch einen schrottigen US-Wagen kaufen? Da wird der Staat helfen müssen. Sonst bricht der Staat zusammen. All diese Klitschen sind ziemlich tot, und du musst sie jetzt retten, damit sie im Untergang dem Land nicht den Rest geben. Deren Lage ist verzweifelt, aber deine ist auch nicht besser, wenn du solche Verwerfungen mit vielen Steuermilliarden beheben musst.

Also, es ist der 5. November und du hast die Arschlochkarte in diesem Spiel gezogen, gehe in das Oval Office. Gehe direkt dorthin, gehe nicht über den Biergarten von Kloster Reitberg Reutberg und ziehe keinen Germknödel ein.

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Föhnsturm

Seien wir ehrlich: Ohne den strammen Wind aus dem Süden wäre es heute einfach viel zu heiss.



Grosses Bild hier

Man sagt, es sei die längste Föhnphase seit Menschengedenken.

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Guter Morgen

1985 ging ich in meiner Heimatstadt in die Post, um ein paar englische Bücher abzuholen. Vor dem Gebäude hatten sich ein paar komisch aussehenden Demonstranten aufgebaut, mit antikommunistischen Plakaten, und einer mit offensichtlich amerikanischer Herkunft geiferte mich an: "Wia sin gägen die neue stalinistische Hidler Gorbatschow!" Wie wir erfahren durften, sollte man erst mal abwarten, solange es keine eindeutigen Klogriffe wie Bush, Andropov, Reagan oder Ceaucescu sind.



An dieser Stelle auch ein herzlichen "Fuck you" an die 48% der amerikanischen Wähler, die den Ernst der Lage noch immer nicht begriffen haben und erneut für die Republikaner, ihren Opa und die bigotte Nachfolgekatastrophe gestimmt haben. Hier am Tegernsee ist es wunderschön, es gibt Föhn und jetzt schon über 20 Grad in der Sonne.



Life´s ok.

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