: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 21. November 2008

Dümmer als die Bayern, mieser als die CSU

Ist es nicht prima? Man fährt am Tegernsee los, und als man glaubt, man wäre in München um die Ecke der BayernLB in den tiefsten Niederungen des schwarzen Filzes angekommen -


genau dann schnappt einem Stuttgart den Titel der Schande weg; es gewährt der Herr Öttinger aus Baden-Württemberg mit seiner schwäbischen Landesbank doch tatsächlich dem steuervermeidenden Milliardär Merckle einen Überbrückungskredit nach seiner gescheiterten Privatzockerei. Aber wer einen Filbinger zum Widerständler stilisiert, glaubt sicher auch an den ehrenwerten Geschäftsmann und dessen lautere Absichten.

Ganz ehrlich: Mit so einem Regime im Westen und der drohenden, von hessischen Idioten gewählten Stahlhelmunterdrückung im Nordwesten bin ich inzwischen wirklich froh, im relativ normalen Bayern zu wohnen.



(Ausserdem hatten wir hier am Alpenrand ganz phantastisches Wetter am Nachmittag - im Gegensatz zu Restdeutschland)

... link (13 Kommentare)   ... comment


Mehr tun für Reiche

Nach der Pleite des Rich Magazins wurde gestern auch der Tod von Park Avenue verkündet, diesem traurigen Versuch von Gruner+Jahr, im Markt der Besserverdienenden oder derer, die es sein wollen, mit einem man hört ostdeutschen Von-Posterboy und not eligable Pressepersonal etwas zu bewegen. Und auch bei Conde Nast wird mit der Axt geschwungen - ich bin froh, dass mein Hals nicht "Vanity Fair Deutsch" heisst. Sollte hier auch noch der Kopf rollen, war´s das schon wieder mit den Versuchen, in Deutschland ein Magazin zu machen, das reiche Leser kräftig unterfordert und sich an Deppen wendet, die mit Gratis-DVD und Softporno drittklassiger Medienfiguren zum Kauf zu bewegen sind, um damit ihren Eintritt in den Club der D.V.D.S.P.M.D.D. (DVDSoftPornoMedienDreckDeppen) (bitte aus Marmor und mit 24-Karat Echtgold Buchstaben) zu erlangen. Derweilen dort, wo die Reichen sind:



Langeweile. Ich habe schon mal für Nichtreiche - Journalisten sind in aller Regel weder reich, noch haben sie tiefergehende Bekanntschaft mit Reichen, und kennen auch deren Welt nicht - dargelegt, wie man bei uns, sei es nun am See oder im Westviertel, eingestellt ist. Für diese Leute sind besagte Magazine nichts, was man rumliegen lassen könnte. Es sagt nichts aus über das, was man sein möchte; es brächte eine Welt in eine bessere Region, zu der man dort glücklicherweise nicht gehören muss. Frau S., die hier ab und an auftaucht und etwas oberhalb dieser Szenerie mit ihrem Chauffeur und etlichen Freundinnen ähnlicher Natur lebt, hat keinen dezenten Lebensstil, aber sie lebt doch so im Verborgenen, dass es über sie im Internet nichts gibt. Nie würde es ihr einfallen, auf eine Veranstaltung zu gehen, bei der man am Ende abgelichtet und, die Falten vom Blitz grässlich ausgeleuchtet, auf den letzten Seiten irgendwelcher Friseurrumlegerlis auftauchen würde.

Gerade jetzt, in der Krise, im Winter. Man zieht sich zurück. Man ist wieder mehr daheim. Man lebt von den angehäuften Reserven und lässt den Rolls nicht mehr auf der Strasse stehen. Bitte, das ist kein Witz, neben Frau S. wohnt der Besitzer eine Privatklinik im Tegernseer Tal, der seinen Rolls bei schönem Wetter auf der Strasse stehen liess, obwohl er zwei Doppelgaragen hat. Jetzt ist der Rolls immer drinnen. Natürlich ist das nicht besonders spannend, und wenn es um die schweren Verluste geht, die die meisten hier mit ihren cleveren Schiffsfonds, den Hedgies und Immobilien in den D-Lagen Ostdeutschlands hinnehmen mussten, entsteht sogar etwas wie Unwohlsein.



Insofern wäre da ein Markt. Reiche hassen jedes Gefühl des Unwohlseins. Sie hassen es, wenn es alltäglich begründet und nicht exklusiv ist und auch in den schlechtesten Familien vorkommt, sagen wir mal, Falten, drogenschluckende Kinder, Neureiche und abgelaufenes Essen, bei dem sie sich mit der Auffassung, es ginge schon noch, verspekulieren. Was Reiche aber noch mehr hassen - und dazu haben sie momentan allen Grund - ist das Gefühl, dass sie allein wirklich schwer betroffen sind. Für einen entlassenen FTDödel geht es um 40.000 Euro Einkommen im Jahr, abgefedert durch staatliche Leistungen, aber wer am Leeberg letzten Januar glaubte, dass Mercedes so schnell nicht mehr so günstig zu haben wäre, muss selbst mit seinen Verlusten klarkommen. Verluste, für die man einen FTDödel 10 Jahre als Fussabstreifer in Privatsekretätausführung hätte mieten können. Das sind Verluste, so schnell, so brutal, so gross, wie man sie sich da unten nicht vorstellen kann, weil man da unten diese Form von Reichtum gar nicht kennt. Ich weiss, dass manchen Lesern jetzt wieder die Spucke wegbleibt - beispielsweise den pseudolinken Vollkoofmichs in Berlin mit "Testen Sie ihr beschissenes Glotzenwissen"-Bannern von T-Stasi - aber so ist es nun mal aus der Sicht der anderen. Nicht meiner, ich versuche nur, zu erklären.

All die verlorenen Vermögen der Krise gehörten bislang den Reichen. Dass es so lange - anderthalb Jahre - keinen richtig harten Crash gab, liegt daran, dass die Reichen die Knautschzone zwischen der Krise und der realen Wirtschaft waren. Natürlich geht es denen da oben am Leeberg, in Quirin oder den besseren Ecken von Rottach immer noch gut. Aber das Schlimmste an der Krise ist die Langeweile. Man hätte gerne etwas Ablenkung. Kluge Geschichten, gebildete Autoren, eine nette Unterhaltung, wenn das Feuer im Kamin brennt. Es würde im Moment keinen Sinn machen, sagen wir mal, einen Maybach zu offerieren oder eine 250.000 Euro teure Weltreise mit dem Schiff, oder ein paar Wochen Shoppen in Davos - shoppen geht übrigens gar nicht, man kauft, weil man entdeckt hat, dass man etwas unbedingt braucht. Was absolut nicht geht, sind klotzige Uhren mit Ghettoblingblingoptik und Patekpreisen, oder Neureiche ansprechende Koffer mit Plastikarmierung, deren Auswahl möglicherweise von Leuten besorgt wurde, die eine Nacht in einer viertklassigen Trinkhalle in Düsseldorf eingesperrt waren (http://www.fivetonine-shop.de/).



Ich denke, Unterhaltung für Reiche könnte beispielsweise so aussehen wie die Perrinpost. Es könnten Texte sein, die die erzwungene Reduktion als zeitgemäss betrachten und das Wegstellen des Rolls als Fortschritt aufzeigen. Man darf nicht vergessen, dass auch Reiche sich an Kleinigkeiten erfreuen, und ihre Gärten könnten nächstes Jahr vielleicht mit etwas weniger Klimbim verunstaltet werden. In harten Zeiten ist Trost und Mitleid gefragt, allgemein natürlich, und wenn doch jemand als Beispiel für Versagen aufgezeigt wird, dann bitte ein Neureicher. Oder ein russischer Oligarch. Reiche haben auch Feindbilder. Naturgemäss stehen nächstes Jahr auch viele Hochzeiten und Zweithochzeiten an, denn ich schlechten Zeiten soll man seine Kinder besser aufräumen - Vorschläge sind hochwillkommen, wie auch Ratschläge zur Taxierung von Vermögen in schweren Zeiten, denn auch Ehen beherbergen Counterparty Risks in beträchtlicher Höhe. Bei der Gelegenheit könnte natürlich auch ein Gesellschaftsteil helfen, der die Einordung anderer Reicher erleichtert und Agenturbesitzer, Startupper, Private Equity Manager und andere Blender ausschliesst.

Sollten Sie also zufällig Verleger sein, oder leitender Redakteur einer besseren Zeitung oder zentraleuropäischer Multimillionär, zögern sie nicht, etwas in diese Richtung zu versuchen. Man kauft heute keinen neuen Bentley mehr, gern aber Magazine, die einem erzählen, dass man zu der Schicht gehört, die sich das jederzeit leisten könnte. "Mir langt´s", sagte etwa meine Grossmutter immer, wenn man sie nach ihrem Vermögen befragte - und sie hatte damit natürlich wie immer recht. Wenn Sie recht haben wollen, machen Sie es anders als die Grosskotzmagazine, gehen Sie zum Geld und nicht zum Zertifikat, zum Schmied und nicht zum Schmidl, besuchen Sie den Tegernsee und schreiben Sie für Leute, die sich die 20 Euro für gute Unterhaltung und Sozialprestige gerne leisten werden.

Edit: Tot und billig jedenfalls lohnt sich nicht.

... link (13 Kommentare)   ... comment