: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 3. Januar 2013

Geschenke eines Unentschlossenen

Erni, wird er gesagt haben. Eigentlich heisst Erni Ernestine, aber das sind so Namen, die zum Ausgang des 19. Jahrhunderts gern verschliffen werden. Weil man sich gut fühlt. weil man zufrieden ist, und weil sich ganz allgemein daheim die Stimmung lockert. Zumindest bei denen, die üppige Stillleben mit damals exotischen Kolonialwaren erwerben. (Überhaupt mag ich das Wort "Kolonialwaren". Darauf eine dreifache Mohrenlampe!) Erni, wird er also in jenen Tagen in der Galerie in Berlin gesagt haben, das wäre doch etwas für unsere Küche.





Eigentlich beschenke ich meine Wohnungen über das Jahr laufend und bringe auch immer wieder was von meinen Reisen mit; bei mir ist Vieles Andenken und Erinnerung. Was leider aufgrund der Preise nicht geht, ist "Dieses Stillleben habe ich aus Parma" oder "Diese Italienerin habe ich damals auf dem Corso von Verona gekauft". Nein, ich muss, da hilft kein klagen, mich in unwirtliche Regionen aufmachen und dort stöbern, wo man alles zu Geld macht, um sich dafür dann Technikglump zu kaufen. Nach Berlin, dort, wo auch die Italiener ihre Italienerinnen kaufen. Wo man um 1880 herum viele Galerien mit Bildern von Malern hatte, um all die technischen Spielsachen nicht kaufen konnte. 1880 war so eine Zeit, da waren die grosstechnischen Geräte wie Eisenbahnen und Dampfschiffe noch nicht allgemein verfügbar, aber die Preise für die Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind damals gefühlt ins Bodenlose gefallen: Kleider, Möbel, Küchengerät, Porzellan, Silber, das alles war günstig, und so blieb auch etwas für Kunst in Haushalten übrig, die 100 Jahre davor noch Töpfe flicken lassen mussten, und es kam Geld herein, weil man kräftig exportierte. Damals herrschte ein kleiner Überschuss, heute wissen wir gar nicht mehr, wohin mit all dem Zeug. Jedenfalls, in Berlin konnte man es 130 Jahre später nicht mehr brauchen, und kaum hatte ich es ausgepackt, dachte ich mir: Das passt vielleicht besser hier in die Küche als am Tegernsee. Wenn ich etwas umhänge.





Erstaunlich; 2006 bin ich hier eingezogen, jetzt ist es 2013, und die Bilder haben schon erste Spuren an der Wand hinterlassen. Noch drei Jahre, und ich werde vermutlich neu streichen müssen, um nicht gleich mit meiner Küche - von einer Freundin einst als "Süd-Afghanistan bezeichnet - durch das Raster aller Interessentinnen zu fallen. Es gibt ja welche, die schauen hinter die Bilder und wehe, da hat sich ein Rand gebildet. Noch ist er schwach, und weil ich die letzten 4 Jahre dann doch recht häufig nicht da war - 3 Monate Italien und 4 Monate Tegernsee sind nicht ganz bedeutungslos beim Abwohnen - geht es vielleicht auch noch bis 2020, wenn ich mal ein wenig den Radiergummi zur Hilfe nehme. Das Problem solcher Wohnungen ist, dass sie frisch bemalt wie eine chinesische Fälschung aussehen. Etwas Patina muss einfach sein. Aber leider altern die Dinge unterschiedlich schnell, und deshalb werde ich beim nächsten Malvorgang die Farbe einfach ein wenig dunkler mischen. Mit weissen Wänden sähe das übrigens jetzt schon wie bei einem Hoagl aus.





Oben ist noch etwas Platz, aber unten im Küchenschrank sind noch ein paar alte Teller aus Fernasien, und sie sind schon seit Jahren - schlaues Kerlchen, das ich bin, habe ich mit so etwas gerechnet - mit Aufhängern von Kustermann versehen. Damit schliessen sich die Lücken wieder, und die abgehängten Bilder finden andere Orte. Neben dem Kühlschrank etwa ist noch Platz. Und das Holz des Rahmens passt bestens zum Holz des Küchenschranks, der auch seit ca. 1880 im Besitz der Familie sein dürfte, und seitdem treue Dienste leistet. Das alles ist schön und gut, und die Erni, die damals Ja zum Bild sagte, würde sich vielleicht freuen, dass es nicht nur trottelige Erben gibt, sondern auch Menschen, die so etwas weiter in Ehren halten (noch so ein Begriff...). Das Bild mit seiner Verbindung über Meere hinweg - eine Ananas aus Amerika, Keramik aus China, Silber und Trauben, Äpfel und Birnen - passt recht gut in die Küche eines Menschen, der viel unterwegs ist und dennoch immer gern daheim sein möchte. Darunter verweilt man auch gern zum Essen, zumal viele Gäste ohnehin nicht möchten, dass ich in der Bibliothek decke.





Jetzt hat also die eine Wohnung das Geschenk der anderen erhalten, und deshalb bekommt die andere einen Spiegel aus der grossen Wohung, der am Tegernsee als Reminiszenz an Italien bestens in den Eingang passt. Man wirft noch einen Blick auf sich im Venezianer, geht nach draussen und fährt, da man sich schon italienisch sah, in das Land, in dem die Zirtonen bald geerntet werden. Es fügt sich recht schön, das alles, es ist Tetris und Unboxing für Erwachsene, und dafür habe ich halt kein iDings und den Zwang, es alle zwei Jahre teuer zu ersetzen.

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Heimatliebe

Da stehe ich also beim Wagner, und dann kommt diese junge Frau herein, eilig, gehetzt, fast könnte sie eine Optimiererin sein, schaut panisch an der Theke entlang, fängt dann doch an zu lächeln und sagt:



Ich hätt gern alle 12 Krapfen die noch da sind.

Sagt die Bedienung: Mia hom hint'n no mehra.

Sagt sie: Na, i glaub, zweife glanga.

Dünn wird man so nicht. Aber sehr sexy.

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