: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 14. Januar 2013

Im Speicher

Was ich an dem Geschäft des Vermietens so mag: Es ist ruhig. Es passiert, gemessen an anderen Tätigkeiten, einmal viel beim Wechsel und dann ganz wenig. Die Mieter möchten ihre Ruhe und Privatsphäre und ich will sie gewähren lassen. Es ist nicht mehr so wie vor 50 Jahren, dass der Hausherr jede Woche inspiziert.

Die Zeiten des Wechsels mag ich aber auch sehr. Neue Menschen, Einblicke in andere Lebenswelten, die ich natürlich nicht verblogge, aber den Horizont erweitern. Eigentlich macht man solche Gespräche ja, weil man ein paar Sachen klären muss, aber für mich ist es vor allem das Kennenlernen. Die Vorstellung, dass ein makler jemanden anschleppt, der ihm gerade einen vierstelligen betrag dafür gezahlt hat, und der sich jetzt innerlich kochend verbiegt - die mag ich gar nicht. Aber vermieten! Das ist immer eine Lust. Ein Drama wird es erst, wenn einer geht und dann merkt, dass es die falsche Entscheidung war: Ich würde gern helfen. Aber es geht nicht. Nicht in diesen völlig überfüllten Märkten, in denen ich mich bewege.



Und so eile ich momentan durch den Speicher, wühle mich durch Kisten und werde fündiger, als ich je dachte. Der hier zum Beispiel wurde völlkommen vergessen; ich dachte, er hinge im Bad zwei Stockwerke tiefer, aber da habe ich ja einen anderen besorgt, an den ich mich kaum erinnere, weil ich den quasi im Hausgang aus der Hand gerissen bekam. Bei der Gelegenheit ist mir auch noch eine Aplik in die Hände gefallen, die in einer Küche fehlt. Im Sommer habe ich einmal eine Kiste mit Trümmern in Pfaffenhofen mitgenommen und nicht mehr angeschaut: Auch da liegen noch zwei unbefriedigte Lüster drin. Die eigentlich für das Hinterhaus gedacht sind, wenn mal...

Es ist nämlich so mit den Lampen: Ich mag es, wenn man Nachts am Haus vorbeigeht, und alle Räume einheitlich schimmern. Und Lampen sind nun mal so die Dinge, die Mieter nur extrem ungern kaufen. Erstens sind sie teuer, zweitens ist es teuer, sie montieren zu lassen (muss heute alles ein Elektriker nachen, da sind ja drei Drähte! Mit Schrauben!!! Oh Gott.), und drittens weiss man ja nie, ob sie in der nächsten Wohnung passen. Lampen sind also etwas, das man gerne nimmt, wenn es vorhanden ist. Wie ich überhaupt jetzt schon seit Jahren einen Trend zurück zum möblierten Mieten erkenne: Früher war das völlig normal, dann galt es eine Zeit lang als unfein, und heute wiederum , in Zeiten von Ikea, das man hier und dort neu kaufen müsste, ist man nicht unfroh, wenn schon etwas da ist. Zum Beispiel sage ich bei einer bestimmten Kommode (Fichte, nicht Ikea, 70ies of the 19th) nun schon 5 Mietern nacheinander, wir könnten sie auch in den Speicher tragen. Nie musste ich sie auch nur einen Zentimeter verschieben.



Oh. Den hier habe ich auch vergessen, einmal abgehängt und nicht mehr beachtet. Der ist auch hübsch, sehr hübsch.

Eine Maklerin am Tegenrsee hat mir übrigens erzählt, dass sie inzwischen eher dazu neigen, die Wohnungen wieder möbliert zu zeigen. Bei wirklich teuren Objekten hat sie ein Abkommen mit einem Antiquitätenhändler, der ein paar Stücke anliefert, und oft kommen dann mögliche Käufer und bedauern, dass dies und jenes Stück gar nicht da steht, weil doch das Kind sich in diesen Sessel sofort verliebt habe. Das mag auch etwas an den Bergen liegen, wo Ikea nun wirklich nicht passt, und nach dem Hauskauf auch bei Reichen selten noch die Mittel dazu da sind, mal eben einen Lüster für einen vierstelligen Betrag in den Gang zu hängen, und dann nochmal 14 weitere im Rest des Hauses. Vielleicht geht aber auch die Zeit der Tabula Rasa, der kompletten Neuerfindung des Lebens in den Möbelhöfen für manche einfach zu Ende: Es ist so teuer. Man muss dauernd updaten. Und jede Mode mitmachen. Dabei wäre es doch so schön, einfach irgendwo zu sein, sich das Leben und Wohnen wie einen warmen Bademantel überzuwerfen und sich keine Gedanken machen zu müssen.



Denn so eine gebogene Halogenleiste ist irgendwann erklärungsbedürftig. Aber ein Kronleuchter, der da schon immer funkelt... ach der... ja... schon etwas viel, aber das Leben ist doch wenig genug...

Es wird immer jemanden geben, der so etwas will, oder etwas anderes. Der Speicher ist gross, das Leben ist lang, und es würde uns auch nicht schaden, wenn wir ab und zu mal etwas weniger neu kaufen.

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