: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 23. Januar 2013

Der König von München

Der König von München sass mit drei nicht mehr ganz jungen, dafür aber sehr blonden Frauenim Cafe, fasste mal der und mal der ans Bein, und lachte so laut, dass es jeder hörte. Man konnte ihn nicht übersehen und ignorieren, jeder bemerkte, dass hier der König sass. Das Cafe war inmitten seines Reiches, und wer hier verkehrte, wusste auch, dass der König beim Kaiser so gut wie alles entscheiden konnte. Der Kaiser war ein feiner Herr und wusste nur zu gut, dass er, je dreckiger sein König war, um so geistreicher und sauberer strahlen könnte. Auch wenn sein Geschäft alt, ererbt, schmutzig und schwarz war. Die üblien Dinge überliess er eben dem König, und der war bestens drauf, und mmer stand die Champagnerflasche neben ihm. Der König hatte zwei, drei richtige Entscheidungen getroffen, die ihn davor bewahrt hatten, als ausgebrannter, fetter Säufer unter dem Tresen zu enden. Nun also endete er hier an der Bar, und es ging ihm gut. Keiner traute sich etwas zu sagen, und mir war es egal. Ich gehörte nicht dazu. Das war nicht meine Welt, und die Macht des Königs endete abrupt jenseits des Areals.





Es muss um diese Zeit herum gewesen sein, als dem König die Zügel entglitten. Jahrelang hatte er an der Schöpfung eines gewissen Typus mitgewirkt, am dynamischen, auf seinen Vorteil bedachten Aufsteiger mit "Eure Armut kotzt mich an"-Aufkleber an der Stossstange des geleasten 3-er Kombis. Der typische Neumünchner, dem die Welt gehören sollte, unter der Woche Brioni und auf dem Oktoberfest Polyestertracht. Diese Mode des übersteigerten Mittelmanagements, das sich wirklich für die 300 teuersten Uhren begeistert, ging auch irgendwann vorüber, und so wurde das Ganze so peinlich wie auch der König. Natürlich machte ihm das nichts aus, und auch, wenn die Ränder seines Reiches bröckelten, so war um ihn herum alles gut und bestens und blond und voller Speichellecker. Nur von aussen sah das mehr so wie Berlin 44 aus, denn wie München 2008.





Und für die Frage, wie man so eine Veränderung der Interessen sinnvoll gestaltet, hatte der König auch keine Antwort. Warum auch, um ihn herum sprudelte weiter das Geld, und die Talkshoweinladungen kamen viel zu oft, als dass er sie hätte annehmen können. Er war immer noch der bestens vernetzte König. Auch wenn es im Königreich der Parvenüs war. Was aber nichts sonderlich schlimm zu sein schien, denn auch andere hatten in den 90ern versucht, sich dort festzusetzen. Bei den entscheidenden Aufsteigern. Der neuen Elite. Die, das weiss man heute, inzwischen massiv ausgebremst wird. Da hätte sich der König nur mal seine verstossenen Palladine anschauen müssen. Sicher: Die hatten nicht viel getaugt. Aber mit der "Ich geh morgen golfen kommen'se doch mit"-Attitüde kommt man heute nicht mehr weit. Da, wo das Publikum war, ist heute das Einsparpotenzial der Wirtschaft, die man hofierte.





Die nächsten Könige werden nicht mehr so einen Schweinehof halten. Die neuen Könige werden dem Zeitalter des grossen Mimimi angehören und ihre Allüren dort ausleben, wo das Geschmeiss der Überkorrekten heute sich schon delektiert: Bei den Demütigungsritualien im TV. Die nächsten Könige werden immer wissen, was in ihren Tabellen steht, und dass Beeinflussung auch leise und durch die Hintertür kommen kann. Sie werden wissen, dass sie ein kleineren Reichen herrschen werden, nicht mehr als brutale Diktatoren, sondern effizient und immer mit einer Entschuldigung auf den Lippen, das System verlange es nun mal so. Das verstehen all die Geschassten, Verlierer und Unsicheren auch. In München gibt es wenigstens noch Alternativen. Man krebst seitwärts. Die Stadt ist reich, und bislang hat auch noch niemand den alten König wirklich vermisst. München muss sich gerade neu erfinden, und das geht ziemlich in Richtung alpines Biedermeier, oder auch: Der Münchner Süden marschiert nach Norden vor, wo einst das Königreich der aus dem Norden Einwandernden lag. Es ist die Zeit der trockenen Schafe. Und auch die werden neue Hüter brauchen, und Schlächter, die ihnen die Häute abziehen.

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Mein Debut als Marchenonkel

Um so etwas in der Art wurde ich von Erziehenden gebeten, ich hoffe, es trägt zum Gelingen des Nachwuchses bei.

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