: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 12. März 2015

Terry - bitte, wie meinten Sie?

Auf eine Person stossen, weil man den Twitteraccount von einem StaSi-Relativierer liest, der einen recht anlasslos als geistigen Brandstifter bezeichnet, ist eine Vorstellung, die sich der Betreffende vielleicht nicht so herausgesucht hätte. und obwohl ich mich regelmässig in einer Buchhandlung befinde, und dortselbst auch gern stöbere, ist mir dessen Name entgangen. Ja, sogar der Umstand, dass jemand, die ich mal kannte, seine Werke höchst schätzte, hat sich damals bei mir nicht niedergeschlagen. Es ist also keine Arroganz, wenn ich hier zugebe, dass ich Terry Prachett nicht kannte. Dabei kenne ich doch sogar Jeremy Clarkson von Top Gear.



Ich entnehme Nachrufen und allgemeiner Trauer, dass der Autor anderen in etwa sowas sein kann, wie der Hitchhikers Guide to the Galaxy, Herr der Ringe oder Harry Potter. Ersteren habe ich gelesen und mochte ihn, aber nicht so, dass ich mein Dasein daran orierntiert hätte, wie etwa bei Voltaire, Mirabeau oder Diderot. Zweiteres habe ich - auch angefangen, aber es wurde mir bald zu dumm. Die Parodie "Herr der Augenringe" fand ich dagegen lustig. Herr der Ringe war mir irgendwie zu schwülstig, und die Verwebung der Geschichten war nichts gegen die Handschriften von Saragossa. Und für Harry Potter, nun, man nehme es mir nicht übel, aber dafür bin ich vermutlich zu alt und zu ernsthaft und so viel Lebenszeit, dass ich sie in gehypte Kinderbücher stecken würde, habe ich in diesem Dasein nicht.

Echte Bildungslücken - wenn man traditionelle Vorstellungen annimmt - habe ich wenige und wenn doch, dann nicht auf kulturellem Bereich, insofern ist das "den muss man doch kennen", das mir entgegenschallt, seltsam. Kaum jemanden hat es berührt, dass Gabriel Garcia Marquez gestorben ist, dessen Hundert Jahre Einsamkeit ich nach dem Abitur in einem Urlaub bei Tempesta verschlungen habe, und nach seinem Tod erneut las und immer noch mochte. Da hat sich wohl etwas getan in der Literaturlandschaft, was weit über Anime und Manga hinausgeht. Ich mag magischen Realismus.

Aber eine Scheibenwelt?



Ja, werden die Fans sagen. das muss man gelesen haben und das ist keine Sache, die mit diesem oder jenem vergleichbar wäre. Aber ich meide zumindest in der Literatur Texte, die heute, in der Gegenwart Kult werden. Das liegt daran, dass ich den Kult des Gegenwärtigen nicht mag. Ich setze mich gern mit den Kirchenvätern auseinander, deren Kult längst zu höhnischem Gelächter zerfallen wäre, gäbe es nicht den IS und Boko Haram, und ich kann stundenlang in ihr verträuntes Gesicht und seine Vorfreude schauen, sehr wohl im Wissen, dass Bustellis Figuren aus Nymphenburg für andere nur Nippes sind. Die Zeit hat abgewaschen, das darum geglaubt und erwartet wurde, nun ist das eben reine Verblendung und reines Verlangen. Das mag ich sehr.

Ich lese, der Autor sei besonders bei den Abseitigen und Anderen beliebt, aber das sagt heute nicht mehr viel. Jede Kultur kokettiert heute mit Abseitigkeit, Nichtnormalität und Ansprache von Minderheiten. Das ist heute keine Kunst mehr, keine Randgruppe und kein Prädikat, sondern nur noch Marketing. Es ist erlösend, etwas zu lesen, das keiner kennt und von dem keiner spricht. Eigentlich bin ich auch lieber in Antiquariaten als in Buchhandlungen. Man muss sich um mich keine Sorgen machen, alles ist gut, ich kenne auch noch die normale Welt und kann gut darin leben.

Aber atmen tue ich an anderen Orten, und gern ohne Begleitung.

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