: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 29. November 2014

Eigentlich bin ich Optimist

Es nähert sich der 200. Todestag des Marquis de Sade, und ich habe es mir erlaubt, ihn bei der FAZ indirekt in einem Beitrag über die Frauenquote zu würdigen. Und natürlich auch im liebgewonnenen Kommentarblog.

Ich bin eigentlich Optimist, und deshalb bin ich auch davon ausgegangen, dass ein wirklich sehr, seht günstig erstandenes Gemälde aus dem späten Biedermeier kein Öldruck ist, sondern gut. Es kam heute an, und ich sah meine Haltung gerechtfertigt. Es ist wirklich fein. Monumental und fein.



Weniger optimistisch bin ich bei der suche nach einem Platz dafür. Ich müsste eigentlich schon fast Bücherschränke wegräumen, aber das kann es auch nicht sein, wo doch Bücher so schön sind. Immerhin, vielleicht würde mir beim Umräumen dann wieder einfallen, wo ich diese Geschichte gelesen habe, die mir im Kopf herumgeht. Und die geht so:

Es war ein Kloster in einer schönen Weinbaugegend, und um die Weinherstellung kümmerte sich der Abt persönlich. Er war ein liebevoller Mensch, gutmütig und ab und zu auch etwas vom eigenen Wein betrunken, aber das Leben war gut und alle waren zufrieden. Der Wein war sehr beliebt, und sein Ruf drang bis zum König, der das Kloster zum Hoflieferanten machte. Und so schnitt man die Reben, presste die Trauben und füllte den Saft in einen riesigen Bottich. Dann kam, das war Tradition, jedes Jahr der Abt, schloss die Tür zum Weinkeller, und tat etwas, von dem niemand wusste, was es war. Aber es spielte keine Rolle, denn der Wein war gut und das Kloster wuchs und gedieh.

Aber irgendwann war der Abt alt, und als er seinen Tod kommen fühlte, schrieb er etwas auf und trug seinen Brüdern auf, es dem neuen Abt zu zeigen - das sei das Geheimnis des Weins. Seine Brüder wählten angesichts des Vermögens dann doch lieber einen tüchtigen, aber wenig humorvollen Verwalter, der das Kloster weiter nach vorne zu bringen versprach. Natürlich las er auch nach seiner Wahl, was ihm der alte Abt hinterlassen hatte - und schauderte zurück. Der alte Abt nämlich hatte jedes Jahr seine alten. ausgelatschten und vom Staub der erde bedeckten Schuhe in den Bottich geworfen.

So ging das natürlich nicht und bei der nächsten Ernte wurde genau aufgepasst, dass nur der reine, saubere Traubensaft vergoren wurde. Keine Schuhe - niemals.

Prompt hagelte es Beschwerden, dem König wurde schlecht von dem Wein, sein Vorkoster übergab sich und man munkelte, das Kloster würde etwas Giftiges in den Wein panschen. Es kam zu einer Untersuchung, aber die fand nur Wein - Wein, der schlecht schmeckte. Es kann sein, sagte der Abt, dass es ein schlechter Jahrgang war, vielleicht waren auch die Fässer verschimmelt, aber nächstes Jahr wird sicher gut und sauber. Aber auch im Jahr darauf war der Wein ungeniessbar, und das Kloster musste das Gesöff wegschütten, weil es keiner kaufen wollte. Das Kloster bekam einen schlechten Ruf. In seiner Not warf der Abt im Jahr darauf seine eigenen Schuhe in den Wein - der war dann wieder geniessbar. Das machte er dann immer, und das Kloster konnte sich erhalten

Aber nie mehr wurde der Wein so gut wie jener, in den der alte, gutmütige, lustige Abt seine Schuhe geworfen hatte.

Ich weiss wirklich nicht mehr, woher ich die Geschichte habe. Möglicherweise von Cervantes, der diverse Novellensammlungen verfasst hat - aber es fällt mir nicht mehr ein,

Warum aber mir die Geschichte gerade jetzt durch den Kopf geht, weiss ich auch nicht.

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Freitag, 28. November 2014

Privileg

Zugegeben, es gibt natürlich auch Offline-Debatten über meine Beiträge, die so im Blog nicht stattfinden. Da geht es vor allem darum, ob ich die Lebenswirklichkeit richtig verorte. Eigentlich jeder in meinem Umfeld sagt, meine Texte würden deutlich übertreiben, und was ich dort darstellen würde, sei Durchschnitt, den ich krass überschätze. Und es ist natürlich richtig, dass ich für Tegernseeverhältnisse ganz klar nicht zu den Vermögenden gehöre, und dort keinesfalls mehr als der untere Durchschnitt habe. Allerdings - nicht zur Miete, sondern als Eigentum.

Ich halte dagegen, dass die Lebensrealität in Deutschland bei der echten Mittelschicht bei 40m² pro Person liegt und ich allein am Tegernsee dafür sorge, dass dieser Schnitt bei zwei anderen Menschen auf ein Niveau sinkt, das ich für unzumutbar halten würde - ungeachtet des Umstandes, dass woanders noch mehr Räume für mich da sind. Und nirgendwo wohne ich "zur Miete". Es ist halt immer eine Frage der Bezugsgrösse und des Umfelds, aus dem heraus man urteilt. Und so arrogant ich manchmal klingen mag: Ich weiss auch sehr genau, was andernorts üblich und gängig ist. Vielleicht gehe ich zu lässig mit meinen Privilegien um. Aber ich erkenne sie wenigstens.



Momentan macht dieses Schreiben einer GEO-Redakteurin die Runde, die sich auf dem Weg in die Altersarmut sieht - und vermutlich hat sie damit sogar recht. Wer im Journalismus reich werden will, muss darin entweder reich heiraten, reich erben oder auf einen Managerposten kommen. Alle anderen sollten sich eben überlegen, ob sie sich diese Arbeit, verbunden mit den Privilegien, die man dort hat, wirklich leisten können. Das ist nun mal so, und es ist nicht Schicksal oder eine Naturkatastrophe, das wurde so gemeinschaftlich von diesem Sektor mit sehr, sehr vielen Fehlentscheidungen vor die Wand gesetzt.

Fehlentscheidungen, deren Behebung dann auch unendlich lang dauern, weil man sich das alles nicht eingestehen möchte. Fehlentscheidungen, die ganz gross gemacht wurden, statt die Sache langsam und mit Bedacht zu entwickeln. Und man plötzlich Leute an Bord hat, die Kosten verursachen und die Sache verderben, ohne dass sie je einen Tritt kriegen, weil man ja nicht A oder B auf die Füsse treten will. Und dann kommen halt Entscheider wie in diesem Fall und machen Tabula Rasa. Das hat oft unschöne Konsequenzen, wenn man keinen Plan B hat. Und keine eigene Wohnung. Das ist bei sehr vielen über 40 die grosse Angst. Sie wissen, was sie monatlich als Sockeleinnahmen brauchen und oft, sehr oft, sind sie Singles und das ist sehr, sehr teuer, gerade wenn es um Wohnraum geht. Der Kauf ist aufgrund der Unwägbarkeiten und des Einkommens nicht möglich, und so darf fann eben auf gar keinen Fall eine Stütze wegbrechen - so sieht das aus. Gefühlt ist das bei der Mehrheit meiner Kollegen so.



Das aber zu verstehen - dauert. Das dauert mitunter eecht lang, heute erheblich länger als früher, als in den Medien oft und viel geschmähte Menschen mit 27 einen Partner für das Leben und ohne Twitter wollten, dann recht schnell den Bausparer füllten und sich bewusst waren, dass sie da jetzt durch und die begrenzten Optionen ideal nutzen müssen, auch unter Zuhilfenahme ihrer eltrn, selbst wenn die Zugeständnisse fordern. Das ist in meiner Heimat mit der extrem guten Beschäftigungslage und dem eher wenig konfliktträchtigen Gemüt der Menschen nicht so arg schwer, und nach weiteren 20 Jahren hat sich das, zumindest bei uns, auch finanziell rentiert.

Nur gibt es in so einem Lebensentwurf wenige Ausflüchte wie jene, die Menschen wie ich dauernd haben. Ich gehöre in diesem Bereich ja noch zu denen, die es sich wirklich aussuchen könnten. Und ich habe auch zudem keinen Grund, mich sofort dem nächsten an den Hals zu werfen, weil keine Reserven da sind. Allein das ist, wie man in diesem offenen Brief sieht, ein grosses Privileg. Aber auch andere sehen bei uns jede Menge Möglichkeiten, wenngleich mit minimaler Bezahlung. Das scheint aber zu reichen, weil die davon Angezogenen glauben, irgendwann würde es schon besser, selbst wenn die Realität etwas anderes aufzeigt. Dass die Propaganda oft in die andere Richtung geht und, wie aktuell mit der Frauenquote, die Illusion der grandiosen Zukunft der einsamen Kämpfer mit hinten angestellten Privatleben fördert, und später die Ausrede, das Scheitern läge an der gläsernen Decke des Patriarchats - das alles ist halt auch so ein grandioser Fehler der öffentlichen Darstellung, wie das Versagen des Journalismus vor Herausforerungen, die man falsch eingeschätzt hat.



Ich denke, wir werden in ein paar Jahrzehnten ganz deutlich sehr hässliche Folgen sehen, speziell bei jenen, die immer besonderen wert auf ihre vielen Optionen gelegt haben. Es wird ein sehr hässliches Äquivalent zum Thema der alleinerziehenden Mütter geben, die von der Gesellschaft jetzt so übel rangenommen werden, wie das anderen später zustossen wird. Versprochen wird ein Leben mit luxuriösen Vorteilen, aber ohne Vermögen und mit hohen Fixkosten, die jeden Aufbau von Polstern unmöglich machen. Die Vorteile sind schlagartig weg, wenn der Beruf weg ist, die Bedürfnisse werden aber bleiben, und gleichzeitig wird es mit der Reintegration in normale Verhältnisse sehr, sehr schwer.

Man sollte sich das leisten können. Ich kann es mir leisten, aber trotzdem bin ich froh, dass ich Rohre selbst reparieren und Räder bauen kann, denn Installateure sind sehr, sehr teuer und Leute, die etwas reparieren können, wird man immer brauchen.Es ist absehbar, dass es für mich nicht nötig sein wird, und dennoch: Es hat schon seine tiefere Bedeutung. Denn die neuen Privilegien sind wenig wert, sie sind die Lehman-Zertifikate auf eine Zukunft, die brutal aussortieren wird. Die alten Privilegien dagegen funktionieren, und sie funkionieren um so besser, je mehr man selbst tut und dabei ein Auge auf die Kosten hat. Ich wasche meine Hände, probiere die Spülung und lese dann den Jubel über eine Senator Card. Wenn ich Schnee räume, sehe ich nicht aus wie Elite.

Das macht mir nichts. Ich weiss, dass ich solche offenen Briefe in 2o Jahren nicht schreiben werde, und das ist auch ein Privileg, das man entweder hat, oder eben nicht.

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Donnerstag, 27. November 2014

Grundversorgung

Im Sommer ist einfach, da gibt es jeden Sonntag ein Konzert am Mittag, und das macht die Woche rund. Egal, was passiert, man weiss, Sonntag Mittag hat man eine schöne, angenehme Stunde, und das immer wieder überwältigende Deckenfreco entschädigt für die wirklich bestialisch gestalteten Kirchenbänke. Danach Torte.



Im Winter geht das nicht, weil es in der Kirche zu kalt wird, und so endet der Spass im Oktober. Dann übernimmt der Konzertverein. Angenehme Bestuhlung, das muss man sagen, gute, wenngleich nicht exzellente Akustik wie in der Asamkirche, aber leider in einem Baukörper des Brutalismus, wie so vieles hier, was in jener fortschrittsfreudigen epoche gebaut wurde, als die Stadt noch von der SPD beherrscht wurde. Nun finde ich das für Schostakowitsch sehr angemessen, aber die Sternchendeko an der Decke mag nicht die gebaute Diskrepanz bei Haydn und Schubert übrdecken



Vielleicht sollte ich doch wieder ein Opernabo in München nehmen, denke ich mir zwischendrin, als der zweite Satz von Schuberts Quintett ein wenig, nun ja, sehr langsam wird, und man weiss ja, dass der Autor dieser Zeilen mit all der neumodischen Musik nach dem Rokoko wenig anfangen kann. Da stimmt das Ambiente, aber leider machen die da auch Regieopern, minimale moderne Aussage für die Verhunzung ganz wunderbarer Stücke, nur damit die Kritik was zum Schreiben hat. Oder ich wende mich an das Gärtnerplatztheater, da sind mehr Kinder als Kritiker, und denen mag man das nicht zumuten - aber leider sind da die Opern auf Deutsch und das kann es ja irgendwie auch nicht sein, denn die deutschen Libretti dämpfen die ganze Schäre der Originale. Wie auch immer, es könnte mehr sein, sage ich mir, aber dann begint der dritte Satz, und der ist deutlich schneller und eindringlich.



Im Programm steht das, was meine Zeitung über die Vortragenden geschrieben hat, aber zum Glück werde ich in der Pause mehr auf meinen böses witz angesprochen und auf Monte Carlo, und was man sonst so sagt, wenn man nicht über Kleider reden darf. Grundversorgung. Das bekomme ich und das mache ich, aber wenigstens sehe ich dabei gut aus.

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Der Relaunch ist da.

Nun ja. Ein paar Probleme sind da wohl noch, aber es ist schön geworden, selbst wenn ich gerade bei der FAZ nur dumm über Entsagung daherrede. Und auch im Kommentarblog, weil da sind halt noch so ein paar Sachen, wie immer nach solchen Mammutaufgaben.

Aber es ist schon sehr viel besser bei der FAZ geworden. Ganz viel Javascript ist weg. Zum Glück.

Das wird übrigens spassig -wenn ich mich über Minderheiten nur gaaanz leicht lustig mache, die nicht reich sind, gibt es massenhaft Kündigungsaufrufe durch Leute, die eigentlich darum betteln, dass man mal bei ihrer Uni aufruft und fragt, wie lange so ein Geuter eigentlich pro Tag staatlich finanziert im Netz rumhängen darf. Aber wenn ich das sehr viel böser mit Vermögenden mache, drucken die Angsprochenen das aus, verteilen es und klopfen mir gleich im Konzert auf die Schulter.

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Samstag, 22. November 2014

Nimm2

Mal das Rotorange und mal das Gelbe, dann kommst du gut durch diese etwas triste Jahreszeit.



Derweilen rafft es schon überall die Leute dahin, Grippe hier, Erkältung da, nur ich strample noch und ansonsten geht es mir wirklich, wirklich gut. körperlich betrachtet. Ich mache sogar schon Pläne, was denn wäre, wenn wir wieder so einen Winter wie letztes Jahr und gut verteilte und nicht so übel wirkende Pollen bekommen sollten. Denn in dem Fall hätte ich dann mal wirklich eine Chance, sauber trainiert in die Alpen zu kommen. Zum ersten Mal überhaupt.

Menschen ohne Heuschnupfen können sich das gar nicht vorstellen. Nehmt lieber nichts davon.

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Freitag, 21. November 2014

Penis, ja, Sie haben richtig gelesen.

Ich wollte ja schon immer mal was über schwedische Penisvergrösserungspumpen schreiben, und dank des aberwitzigen Versuchs, menschlichen Genschrott auf den Mond zu bringen, zusammen mit Daten, ist es nun so weit, und ich darf um kräftiges Klicken bei der FAZ bitten. und natürlich auch beim Kommentarblog.

Noch eine technische Mitteilung - demnächst soll es bei der FAZ ein erheblich verbessertes Blogsystem geben. Ich begrüsse das nach dem Debakel der letzten Umstellung ausdrücklich und ich finde auch, dass die Blogs, soweit ich das sah, schön geworden sind, ohne die fragwürdigen Änderungen, die damals ein Ausweichen nötig machten und machen - bei DEM steht der Zähler gerade auf über 7000 händisch gelöschte Spamkommentare. So Zeug, und das wird hoffentlich besser. Ich weiss allerdings nicht, ob ich das Kommentarblog, das eigentlich nur als kurzfristige Notmassnahme gedacht war, deshalb wie eigentlich geplant aufgebe. Einerseits möchte ich sehen, ob die Technik diesmal wirklich sauber läuft und andererseits - mein Bauch sagt mir, dass ich da in der Debatte mehr auf meine eigene Kappe nehmen kann.

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Mittwoch, 19. November 2014

Ich bin ein lausiger Interviewer

Effektiv bin ich nach München gefahren und habe drei Stunden ergebnislos geredet, wenn es um verwertbares Material ging. Ich konnte das beim Radio schon eher schlecht. Das ist einfach nicht mein Ding, ich bin ja eher unsicher und das merkt man bei der Gesprächsführung, kurz, ich hasse Interviews und das Zusammenschreiben, aber das gestern, das war einfach



grossartig.

Viel zu toll, um es in einem Beitrag oder in einem Interview durch die Blogsoftware zu quetschen. Da hätte man auch zehn Beiträge draus machen können und sich geärgert, dass nicht mehr Platz ist. Deshalb bin ich dann genz schnell weg von der eh nicht real vorhandenen, professionellen Distanz und es war ein richtig toller Nachmittag. Ergebnisoffen und ganz sicher nicht so, wie es geplant war, aber hey. Ihr habe ja keine Ahnung.



Danach haben wir noch ein paar Männer und Frauen angeschaut, im Schnelldurchlauf. Ich liebe das Cafe in der Glyptothek, wirklich. Es ist ein grossartiger Ort, zwischen den Tempelfriesen, und man kann dort über alles reden und mitunter ist die Akustik besser, als einem lieb sein kann.

Andere haben jedenfalls interessiert zugehört und ich denke, das wird, egal wie es sich letztlich menifestiert, famos.

Bin ich kryptisch? Das Verborgene hat eben auch seinen Reiz.

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Dienstag, 18. November 2014

Pralinen.

Ja, ich nehme mir Kritik schon zu Herzen und dann versuche ich eben, aus dem Morast der Ressentiments und Schuldzuweisungen über Berge von Pralinen in der FAZ wieder das Gipfelglück der Blasiertheit zu erreichen, die manche an mir mit dem freundlichen Wort "Leichtigkeit" kaschieren. Und solange es nötig ist, natürlich auch im Kommentarblog.

All I want for X-mas is a working wordpress.

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Wie es wirklich war

Kein Blog läuft ewig. Als Schirrmacher starb, habe ich der FAZ umgehend meine Kündigung angeboten. Die Stützen waren eine Schirrmachersache, ich war ihm direkt verantwortlich mit meinen Erfolgen und meinen nicht seltenen Ausrutschtern. Und es war immer klar, dass ich wie jeder andere dort die Verantwortung für mein Tun trage. Das ist nun mal so im Journalismus, der Chef entscheidet und wie er entscheidet, hat man oft in der Hand - und Schirrmacher mochte keine Kriecher, er hat sich gern Widerspruch angehört. Meinen Vertrag mit ihm habe ich jedes Jahr erneuert. Die Hater da draussen, die mich gefeuert sehen wollen, werden sich vielleicht wundetn, aber jedes Jahr, am 20. Januar, habe ich eine Kündigung geschrieben, und die wurde jedes Jahr abgelehnt. Aber das war nie eine Garantie und wenn sich etwas geändert hätte, wäre ich eben gegangen.

Die FAZ hat viele Blogs wieder geschlossen. Manche, weil sie einfach nicht gelaufen sind. Andere, weil die Autoren meinten, sie wären jetzt im Olymp und könnten tun, was sie wollen - betrügen, hintergehen, dem Chef auf der Nase herumtanzen. Schirrmacher hat sich nie dafür interessiert, dass seine Meinung in den Blogs stand, aber gegen Hinterfotzigkeiten und Indiskretionen war er, das ist kein Geheimnis, nicht weniger allergisch als die meisten anderen Menschen auch. Und wer so etwas getan hat, wer unbedingt illoyal sein wollte, der passte halt nicht und musste sich anders orientieren. Das ist die übliche Arbeitswelt, das kennt eigentlich jeder, und dass drei Personen nach ihrem Scheitern noch Shitstorms im Netz hinterlassen haben, ist das alleinige Problem deren gekränkter Egos.

Um mit über vier Jahren Abstand mal mit den Unterstellungen aufzuräumen, die Michael Seemann jetzt nach seinem Tod über die Schliessung des ihm zur Verfügung gestellten Blogs verbreitet: Nein, es gab damals keinen Konflikt in der FAZ, was mit Seemann zu tun sei. Das ging oim ersten Schritt alles viel zu schnell, und danach war es vollkommen klar, dass es keine Chance mehr für ihn gibt.

Ich war kurz davor in Frankfurt und habe im grossen Kreis nochmal eindringlich auf die Probleme des Bilderklaus hingewiesen. Danach kam auf Schirrmachers Anweisung eine verschärfte Mahnung an alle, das auf keinen Fall mehr zu tun, und wer ein Hirn hatte, hat damals auch die alten Beiträge gesäubert. Seemann hätte mit seinem Verhalten dazu jeden Grund gehabt, es war ja nicht der erste Missgriff. Man muss das verstehen, die FAZ stritt auf der einen Seite für das Urheberrecht und da kann es nicht sein, dass die eigenen Leute auf der anderen Seite sich nicht daran halten.

Kurz darauf schrieb Seemann seinen letzten Beitrag. Ich war damals in der Schweiz und habe den mitsamt den fragwürdigen Bildern gesehen. Dazu kam, dass Seemann die bis zu diesem Zeitpunkt unrechtmässig verwendeten Bilder immer noch im Blog hatte, und das habe ich in Folge der Frankfurter Besprechung Minuten nach der Veröffentlichung auch gemeldet - auch das war keine einmalige Handlung, es ist normal, dass man, wenn etwas schief läuft, darauf hinweist. Daraufhin hat die Redaktion den Beitrag offline genommen, was eine völlig normale Sache ist. Danach hat Seemann nicht etwa gefragt, sonden den Beitrag ohne Bilder wieder veröffentlicht und gleichzeitig einen Shitstorm gegen die FAZ angezettelt - manchen steigt halt die Einladung, dort zu schreiben, zu Kopf. Die Redaktion hatte gar keine andere Wahl, als das Blog runterzunehmen, weil man nicht weiss, was so ein Freidrehender so treibt und ja, ich habe das angesichts der von seemann losgetretenen Twitterlawine auch mit angeregt, denn die Sache war damit erkennbar nicht mehr zu vernünftig bereinigen. Seemann mag seine Position anders gesehen haben, aber er war halt nur ein Freier, der unverzeihliche Fehler gemacht hat. Die Annahme, dass sich Schirrmacher seemannfreundlich mit dem Fall eines offenkundig krass am Rad drehenden Typen, dem gerade in New York die Finanzierung wegbricht, auseinander setzen sollte, ist völlig abwegig. Schirrmacher war einer der vielbeschäftigsten Medienmanager der Landes, Seemann ist eine bilderklauende Lachnummer - das ist der Abstand gewesen.

Seemann hat dann neben dem Shitstorm sehr wütende, sehr wirre und unter Druck verfasste Mails an Schirrmacher geschrieben, die der nicht wunschgemäss beantwortet hat. Es gibt einfach keinen Grund, warum man auf so einen via Twitter und Blog öffentlich ausgetragenen Erpressungsversuch mit Forderung nach Weiterbeschäftigung eingehen sollte - Seemann hatte gerade jeden, der es Schirrmacher mal zeigen wollte, die Möglichkeit eröffnet, auf den Shitstorm aufzuspringen. Mit so einem Mobanführer verhandelt man nicht, sowas gibt man keinen Raum, man ignoriert ihn und was zu sagen war, hat die Redaktion damls gesagt. Für manche im Netz wirkte es gross, für die FAZ war es nur ein besonders ekelhat agierender freier Mitarbeiter. Über ihm standen die Online-Redakteure, die betreuenden Redakteure, die Feuilletonleitung aus Stellvertretern und Chef und dann war da noch Schirrmacher daheim in Berlin. Weit, weit weg. Ich stand damals aber im direkten Kontakt mit dem Herausgeber und es wurde vollkommen klar ausgedrückt - Seemann hat hier nichts mehr verloren. Und an dieser Haltung hat sich auch nie mehr etwas geändert. Gründe, diese Person zu vermeiden, gab es ja weiterhin genug.

Von da an war Seemann in Bezug auf die FAZ und besonders in Bezug auf Menschen, von denen er dachte, sie wären mit Schirrmacher in gutem Einvernehmen, fast so eine Art Stalker. Seemanns Verhältnis war extrem feindselig und es gab da auch keine Nachsicht oder freundliche Entwicklung. Dass mein Beitrag über Nudelseemann auf der Seite Eins des Feuilletons stand, war auch alles andere als ein Zufall.

Ich war Teil des Vorgangs, und ich bin froh darum. Es gab nach dem Affront überhaupt keine Debatte darüber, dass dieses Blog verschwinden wird. Aus dem Umstand, dass es keine geforderten Zugeständnisse des Herausgebers auf die hysterischen Mails gab, kann man lediglich auf die hysterischen Mails schliessen, aber nicht auf den Empfänger. Seemann weiss, dass Schirrmacher sich heute nicht mehr gehen seine Andeutungen wehren kann. Aber wie es nun mal mit dem Kontrollverlust so ist, sind diese seine Mails nicht verloren, ganz im Gegenteil.

Das eigentlich Lustige zum Schluss: Seemanns Blog wurde dadurch lediglich ein paar Wochen früher als geplant eingestellt. Es lief nicht, es war enorm viel Kreisen um das eigene, schräge System, es war egoman und es war angesichts des ausbleibenden Erfolges einfach zu teuer. Der Ärger hatte schon mit dem ersten Beitrag begonnen - da behauptete Seemann, Tausende wären schon auf dem Blog gewesen, bevor überhaupt ein Inhalt zu sehen war. Es war damals gar nicht möglich, das am internen Counter zu sehen, der nur Einzelbeiträge mass. Ob das gelogen war, ist nochmal eine andere Frage - denn der Beitrag lief extrem gut. Ungefähr sechs mal so gut wie mein Erstling. Aber dafür strengte bei mir nachher auch Google keine Untersuchung wegen Klickbetrug an. Ich will nicht sagen, dass die Manipilation von Seemann stammte, das weiss ich nicht. Aber es fing schon mal gut an und wer sich dann so aufführt, als sei er fast schon der neue Feuilletonchef, darf sich über eine wachsende Distanz nicht wundern. Ich bin selbst ein wenig Schuld daran, weil Seemann mehr aus einer Laune heraus angeheuert wurde, ohne dass man seinen Hintergrund überprüft hätte - das habe ich nachträglich geliefert, aber blöderweise nicht dazu geschrieben, dass man den besser gleich wieder entlässt, und Schirrmacher war ein Freund der Experimente. Dieses Experiment lief, wie andere auch, eher bescheiden, und das führte dazu, dass schon Monate vor dem Rauswurf eine Liste aufgestellt wurde, welche Blogs wegen ihrer mangelnden Performance eingestellt werden. Seemann war da aus guten fachlichen Gründen mit drauf. Als die Liste dann später umgesetzt wurde, gab es von den anderen auch keinen Aufstand - nur Seemann hat sich so verhalten.

Der Grund war meines Erachtens nicht mal nur, sein Blog wieder zu bekommen. Es war vollkommen klar, dass es nicht mehr passieren wird. Seemann wollte nicht nur meiner Ansicht nach die FAZ, das Projekt und darüber auch Schirrmacher beschädigen. aber ion der Medienwelt zählt so ei Schreihals nicht, und nicht jeder Blogger ist ein illoyaler Borderliner. Schirrmacher wusste schon, warum er mir dann Deus ex Machina gab, das bewusst auf den rauchenden Ruinen des CTRL-Verlusts errichtet wurde. Es ist nicht nur ein Internetblog, es ist auch dazu da, solche Figuren bei rivva ans Tor zu nageln. Es ist ein niederschwelliges Mittel, um sich mit den Seemanns dieser Welt auseinander zu setzen, ohne dass man sich damit direkt die Hände schmutzig machen muss. Es wurde gezielt als Antwort auf diesen damaligen Vorgang entwickelt und auch so umgesetzt. Schirrmacher war, das darf ich hier sagen, ein phantastischer, unglaublicher Mensch, ein lebender Roman, so einen kann man gar nicht erfinden, und seit seinem Tod mache ich nie das New-Post-Fenster auf, ohne an eine Kündigung zu denken. Ohne ihn macht es eigentlich keinen Sinn. Aber er wollte, dass ich weiter mache und das tue ich, und auch im nächsten Januar werde ich meine Kündigung anbieten. Es ist keine Frage, irgendwann wird auch meine Tätigkeit dort enden. Ich weiss das, es macht mir nichts aus, so ist das Leben. Vielleicht mag die FAZ nicht mehr, vielleicht verliere ich die Lust am Thema. Es ist, wie es ist.

Aber bis dahin und auch darüber hinaus wäre ich an anderer Leute Stelle vorsichtig mit Geschichtsklitterung, siehe oben, Kontrollverlust und so.

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Montag, 17. November 2014

Und plötzlich

steht die Wortwalz vor der Tür. Die Wortwalz hat kein Kommunikationsmittel bei der Hand, also bin ich etwas überrascht - aber ich habe auch

- eine Gästewohnung für zwei
- frische Bettwäsche
- einen randvollen Kühlschrank
- Porzellan für 40
- und eine halbe Stunde Zeit, bis sie aus der Gästewohnung kommt und man glaubt ja gar nicht, was man alles aufräumen kann, wenn es schnell gehen muss und man zufälligerweise eine halbe Stunde davor schon damit begonnen hat.

Vermutlich glaubt sie jetzt, ich übertreibe mit meiner Schlamperei und ich tue nur so und in Wirklichkeit sieht das bei mir immer so aus.



Als sie zu Beginn ihrer Reise kam, war es Sommer und sie war Gesellin, und jetzt ist es fast Winter, und sie kommt als Burgfräulein in spe. Eigentlich eine märchenhafte Geschichte - sie ging von hier weg, weil sie nicht im Luxus versumpfen wollte und hat nun ein Schloss für sich gefunden, in dem sie ein halbes Jahr leben muss. Das Leben ist voll mit Glück, Freude und liebevollen ironien, und bis weit nach Mitternacht sitzen wir da und erzählen.

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