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Mittwoch, 12. August 2015

Der Unsägliche

Ich lese die New York Times und bin meistens angetan. Nicht immer, aber meistens. Ein paar kulturell bedingte Unterschiede lassen sich nicht bestreiten, und dafür ist es auch ein anderes Land. Multi-kulti halt. Die Times hat sich zudem ein paar mal kräftig verrannt, aber ich lese so eine Parteinahme und überlege dann, wie ich es besser machen würde. Meistens ist sie toll.

Ich lese auch die Washington Post. Auch die WaPo hat sehr gute und sauber arbeitende Journalisten, auch die WaPo kann vielschichtig und ausgewogen berichten, und verschiedene Standpunkte darlegen. Aber die WaPo hat auch eine Galerei mit dem Titel "Best Bang for the Buck", wo es um das Preis.Leistungsverhältnis von Handwaffen geht.

Der Guardan ist mir seit den Lügen, die er über Tim Hunt verbreitet und gezielt unterstützt hat, nicht mehr geheuer, aber natürlich arbeiten da in den USA ebenso gute, aufgeklärte Leute.

Und auch in vielen Regionalzeitungen.

Aber auch da finde ich Beiträge, da schüttelt es mich. Das ist alles noch meilenweit entfernt von FOX oder den ganzen Radiopredigten, die viele Leute gern hören. Das ignoriere ich. Ich brauche das nicht und decke mein Bedürfnis an Information bei der NYT.

Wo man überhaupt nicht fassen kann, dass diese Amerikaner immer noch niht Trump abgeschworen haben. Ich kann das übrigens auch nicht fassen. Bei aller auch mir manchmal innewohnender Lust an der Provokation: Nein. Wirklich nicht. Das ist ein unterkomplexes Niveau, auf dem sich wichtige Debatten nie abspielen sollten. Es ist das Niveau von "Best Bang for the Buck", bei dem ich aussteige, und wo für viele offensichtlich ihr Land erst richtig anfängt.

Vom Machismo geprägte Bevölkerungsgruppen. Sich notorisch benachteiligt fühlende Südstaatler. Stand-your-Ground-Fetischisten. Waffennarren. Staathasser. All die Gierigen, die sich maximal selbst verwirklichen wollen. Die ganzen krassen christlichen Sekten. Abtreibungsgegner. Und all die Unzufriedenen, die den letzten Wahlsieg Obamas schon eher schwer machten. Das alles sucht und findet offensichtlich einen unterkomplexen Nenner. Man muss das nicht verstehen, es ist nun mal so wie Best Bang for the Buck. Best Bang for the Vote. Trump sieht nicht gesund aus und vielleicht scheitert er, und alles wird gut. Aber es ist so wie mit dem Iran, wo wir auch immer Geschichten von jungen, engagierten Frauen lesen: Die Realität wird dort von ganz anderen Gruppen bestimmt. Und die nehmen keinerlei Rücksicht auf unsere Erwartungen.

Ich lese auch viel über Geschichte und weiss, dass es zwar insgesamt seit einiger Zeit voran geht, aber der Abstand zwischen den Möglichkeiten und dem, was wirklich getan wird, mist gleich gross bleibt. Insofern, für die Beibehaltung dieses frustrierenden Abstandes, brauchen wir Trump un kriegen ihn vielleicht auch. Es gibt keine Garantie auf Fortschritt nach unseren Vorstellungen. Er spricht einfach Leute an, die die NYT nicht lesen, den Guardian auch nicht und froh sind, dass es eindlich mal jemand wieder so sieht, wie sie es sehen.

Das ist schlimm. Aber ich möchte ohnehin kein Amerikaner sein.

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Samstag, 8. August 2015

Stelvio

Natürlich habe ich Angst. Mehr als eine Angst sogar. Ich habe keine Angst davor, irgendwo aufzugeben und umzudrehen, dazu war ich zu oft in den Bergen. Manchmal muss es sein und es rettet Leben.

Ich habe eine Angst vor der Selbstüberschätzung, also vor meinen dunklen Seiten. Das klingt vielleicht etwas seltsam, wenn man weiss, was ich sonst so an hellem Irrsinn jetzt schon tue, und mit was für doch recht geringem Sicherheitsmargen ich unterwegs bin. Aber danach kommt dann auch der Punkt, an dem ich fühle, dass ich zu weit gegangen bin. Dieser - im Übrigen noch nicht mal besonders schmale - Grenzbereich wird von einer schlagartig einsetzenden Angst beherrscht, die man vielleicht auch als Instinkt bezeichnen könnte. Es geht theoretisch noch, aber wenn etwas Unvorhergesehenes kommt... man darf solche Gedanken eigentlich nicht haben, aber der Moment, da sie sich selbst melden, auch wenn man sie nicht will, ist ein guter Moment, auf sie zu hören.

Das hat mir ein paar Mal durchaus den Allerwertesten gerettet. Man glaubt gar nicht, was manchmal hinter kurven alles so auf der Strasse liegt.

Die andere Angst ist die vor echten Gewalten. Ein Gewitter am Berg kann ein existenzielles Ernachhernichtmehrlebnis sein. Erdbeben. Steinschläge. Aber auch eine wild gewordene Kihherde. Heute kam ich an einer Alm vorbei und da haben die Kühe aus Tollerei ein Wettrennen mit mit veranstaltet. Das möchte man nicht zu Fuss ohne Elektrozaun zu denen machen. Ich mag Kühe. Aber ich weiss auch, wie die sein können, wenn sie schlechte Laune haben. Wie eine 700 Kilo schwere Katze.

So eine Gewalt ist auch das Stilfser Joch. Früher dachte ich, ich könnte bis zur Neureuth nicht durchradeln, ich würde den Jaufenpass nie schaffen und das Penser Joch erst recht nicht -heute geht das alles. Aber das Stilser Joch ist in meinem Kopf immer noch so fern, abweisend und unberührbar wie früher, und manchmal denke ich, dass es zum Leben einfach dazu gehört, manches zu sehen und zu begehren, aber es nicht zu bekommen. Wie Gemälde, Frauen, Bücher, Erfahrungen - es ist eben nicht jedes allen bestimmt. Und das ist vielleicht auch ganz gut so.

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Freitag, 7. August 2015

Ihr seid Lageso

Natürlich ist das, was sich vor dem Lageso in Berlin und in der Zeltstadt von Dresden abspielt, alles andere als schön und eine Werbung für Deutschland. Aber mal ehrlich: Wer hätte von Berlin etwas anderes erwartet? Die Stadt und ihre Verwaltung und ihre Bürger suhlen sich ja geradezu in ihrer lockeren Art, und das geht fast immer auf Kosten anderer gut, wie jede Form von Parasitentum. Und manchmal, wenn die inkompetenten Strukturen auf ungewohnte Probleme treffen, eben nicht. So wie vor dem Lageso in Berlin. Dann kommen Helfer, zu spät, dann auch mit zu viel Essen, und die Antifa und nutzt das aus, um etwas Randale zu machen. Die Polizei setzt Pfefferspray ein und vertwittert wird, dass es ein Mädchen erwischt hätte.

Ich weiss nicht, warum die Berliner sich aufregen. Das ist der Normalzustand, ich kenne Berlin nicht anders, und wenn dort wirklich mal was Grösseres passieren würde, kann man nur sein Auto nehmen und hoffen, dass man noch rauskommt. Die Stadt wurschtelt sich als die Balkanfavela durch, die sie ist, bis es nicht mehr geht, und dann kommt es zum Kollaps. Das ist kein Zufall, das ist System. Die Bewohner bekomen genau die Verwaltung, die sie verdienen und von deren Rückzug aus vielen Lebensbereichen sie zwischen Kiffen, irregulären Arbeitsmodalitäten und fettigem Fressen aus dem Späti auch profitieren.

Dass es auch ganz anders sein kann - darüber schreibt niemand. Frühzeitige Bedarfsplanung, Suche nach Optionen, Entscheidung für die beste Unterbringung, Bereitstellung der Kapazitäten, ein Zeitplan, der eingehalten wird und angemessene Versorgung von der ersten Sekunde an - das geht. Ich weiss es. Ich wohne in einer Stadt, deren politische Kaste ich nicht mag, aber planen, prüfen, umsetzen und effektiv betreiben - lauter Sekundärtugenden, auf die man in Berlin meint verzichten zu dürfen - das können sie hier. Da gibt es keine Klagen. Eigentlich ist das eine schöne Geschichte, und ich habe sie deshalb aufgeschrieben.

Den Berlinern möchte ich nahelegen, das Lageso nicht als Einzelfall zu begreifen, sondern schlichtweg als Ergebnis eines traditionell unfähigen, von ihnen selbst betriebenen Molochs, für den sie alle gemeinschaftlich verantwortlich sind. Da stehen jetzt also linke Krawallbrüder, die gestern noch "No Border, no Nation" forderten und zu diesem Zwecke Anschläge auf solche Ämter verübten, und winseln nach dem Staat, wenn die Grenzen tatsächlich offen sind. In Bayern hätte sich da längst eine freie Wählergruppe gebildet und das Rathaus übernommen, mit dem Ziel, es auszumisten. Das wird in Berlin, wo man jeder Subkultur fördernd nachkriecht, nicht passieren, denn eigentlich finden es ja alle super, dass die Stadt so viel Geld aus dem Bundesfinanzauglich bekommt. Für die Bettelrunden nach Transferleistungen braucht man auch genau so ein irregulär und schludrig arbeitendes Lageso mit seinen unezahlten Hostelgutscheinen anstelle einer ordentlichen Lösung. Es gibt kein Interesse, den Saustall auszumisten, statt dessen macht man Volksbegehren für niedrige Mieten und fordert die Bürger auf, sich als Schlepper zu betätigen, weil Gesetze nicht so wichtig sind. Gesetze sind den Aktivisten egal, also, wieso sollte sich dann ein Amt sonderlich um Konventionen scheren?

Ich hätte gern eine Hauptstadt, die vorzeigbar ist. Ich hätte gern Bonn zurück.

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Montag, 3. August 2015

Freiheit, die ich meine

bedeutet auch Freiheit von Zusatzangeboten, die ich nicht brauche. Ein Konto von der Post, wenn ich einen Brief hole, ein Downloadpaket der Telekom, wenn ich Internet brauche, Spamware auf dem Rechner und ganz besonders - Museumspädagigik. Ich finde, wer sich nicht vorher selbst bilden will oder nicht einen Führer mitnimmt, sollte es einfach bleiben lassen oder aber sich darin abrackern. Mehr hohe Ansprüche bitte. Weniger Belohnung für Denkfaulheit und Bildungsmangel.

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Mittwoch, 15. Juli 2015

Wie das geht

Es gibt in Deutschland selten Extremsituationen. Es ist hier nicht so, dass Panzer rollen oder jedes dritte Haus unbewohnbar ist. Und auf der anderen Seite ist auch nicht alles so schlimm; die berüchtigten "Flüchtlingslager" der Palästinenser im Nahen Osten wird man oft kaum mehr von normalen Dörfern unterscheiden können. Manches ist also bei genauerer Betrachtung weit weniger übel als erwartet und anderes ist sehr übel - aber dafür muss man dann schon hinfahren.

Manche werden sich sicher fragen, wie es dann, wenn es schlimm ist, trotzdem möglich ist, das Leben in vollen Zügen zu geniessen. Darauf habe ich auch keine ganz schlüssige antwort, aber ich kenne Leute, die häufiger als ich in solchen Situationen waren, und irgendwie fragt man nicht lange. Man macht es halt. Man kann sowieso nichts ändern, Pakistanis würden so oder so im Frühlingsregen ausharren, egal ob man nun eine Nacht durchweint über ihr Schicksal oder feiert. Ich kenne welche, die begeistert von den Pools im Kongo sind. Man sieht, wie es sein könnte und denkt gar nicht daran, sich anzupassen an das Elend. Man lebt, besser vielleicht als man es sonst tut. Die Zeit in der Erdbebenregion war schlimm und sie ist immer noch nicht schön, denn auch nach zwei Jahren leben die Leute noch im Lager. Ich gehe da hin. Ich mache etwas dazu. Ich gehe heim. Ich lebe. Sehr sehr gut.



Alles andere ist egal.

Das ist die Haltung, die man für das Schreiben braucht. Man muss dann nehmen. was man kriegen kann. Es ist ganz erstaunlich, dass man auch in solchen Momenten immer noch an Sex und ähnliches denken kann. Das macht einen noch lang nicht zum Monster, nur zum Menschen.

So ist das auch jetzt dann mit der Migratiionskrise. Ich will nicht von Asylkrise sprechen, weil Asyl keine Krise hat, sondern ein Menschenrecht ist.Ginge es nur um Asyl, gäbe es keine Krise. Aber jetzt gibt es eine Krise durch eine Wanderungsbewegung und wer das nicht glaubt, kann sich gerne mal anschauen, wie die Rechtsextremen in Europa Zulauf bekommen, selbst wenn die Migration vor allem Deutschland als Ziel hat. Ich finde es bemerkenswert, wie rund und sachlich hierzulande der Umgang mit Migration noch ist. Aber ich bin mir auch sicher, dass noch so ein Sommer dieses Land und den Kontinent grundlegend ändern wird. und es ist absehbar, dass die Hetzer und Verbrecher der Rechten gegen die Hetzer und Verbrecher der Linken gewinnen werden. Weil die Rechten diesmal den Konsens sehr leicht ansprechen können. im Gegensatz zu den doch recht utopischen und filterbubbledurchseuchten Linken

Was ich damit sagen will: Ich werde demnächst ab und zu ein paar Beiträge schreiben, wie das hier wirklich ist. In Bayern schickt man nicht wie in Berlin die Leute mit wertlosen Hotelgutscheinen auf die Strasse oder in die Bruchbuden von Geschäftemachern. Man tut was. Aber das bringt natürlich Probleme mit sich. Und nein, die Mütter empfinden es vorne am nächsten Gymnasium nicht als Bereicherung, wenn beim Schulschluss Gruppen von jungen Migranten gegenüber stehen, gaffen und anzügliche Bemerkungen machen. Da geht die Krise nämlich schon los, vor meiner Haustür. Wir werden berüchtigte Lager besuchen und offen darüber reden, wieso eine Stimmung kippen kann.

Meine Meinung? Ich will, dass es mir gut geht. Der Grosskonflikt wird kommen wie das Erdbeben in der Poebene, und vielleicht werden auch einfach die Grenzen dicht gemacht und das Problem auf diese Art und Weise gelöst. Es wird vermutlich dazu führen, dass rotgrüne regierungen aus Ämtern gejagt werden und die CDU bis 2070 eine absolute Mehrheit hat, und das ist der Preis, den wir dafür zahlen, dass ein paar Asoziale in Berlin denken, mit "Refugee welcome" hätten sie es der Mehrheit mal so richtig gezeigt.

Abschiebungen, Anschläge, Gewalt, Parallelgesellschaften, Integration, Miteinander, Willkommen: Was weiss denn ich. Das Erdbeben fragt nicht. so wird es auch diesmal sein. Ich schaue mir das einfach an.

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Mittwoch, 15. Juli 2015

Versagen und Gelingen

Das ist ein Pinarello Prince und ich habe es gekauft, obwohl ich andere Pinarellos habe und mit ihnen nicht zurecht komme. Wenig überraschend ist es dann, dass ich auch mit diesem Rad auf längere Strecken Schwierigkeiten habe. Obwohl es ja durchaus etwas hat.



Jetzt also habe ich auch noch den Sattel ausgetauscht gegen einen, der leider zum Knacken neigt. Ich setze besser, aber das Geräusch nervt. Aus irgendwelchen Gründen greifen die ansonsten tollen Bontrager-Bremsen nicht auf der ansonsten sehr griffigen Mavic-Ksyrium-Felge. Ich fahre genau diese Kombination an meinem Fondriest: Da ist es prima. Hier ist es mittelgut, allenfalls.



Dafür ist der flache Carbonlenker ganz fein und zukunftssichernd zerfallstauglich-handschonend, und die Ritzel erlauben jetzt steilere Strecken auch für den kommenden alten Herrn. Trotzdem bleibt viel zu tun. Wenigstens muss ich mich nicht ärgern - gar nicht auszudenken, wie sich das anfühlen würde, hätte ich die absurden Neupreise der diversen Einzelbrocken auch nur annähernd zur Hälfte bezahlt. So sehe ich dieses eigentliche Debakel also durch die rosa Blumenbrille.



Und wenn das auch nicht mehr reicht, greife ich tur rosa Marzipantortenbrille. Das Unwetter ist längst abgezogen und hinterlässt nur ein paar Wolken, aber sofort kann man wieder draussen essen und die Berge und Kühe anschauen.



Den Rest des Tages verbringe ich dann auf dem Liegestuhl mit viel Tee und noch mehr Vergnügen, denn wenn ich schon so ein Pinarello-Versager bin, tauge ich doch als Sommerlektürefinder; das entzückendste Buch jedenfalls lässt sich an einem faulen Tag prima lesen und verspricht seichte, aber liebevolle französische Unterhaltung mit viel Romantik und ein paar bösen Anspielungen.



Ein Buch wie ein Film von Eric Rohmer habe ich da in Wasserburg gefunden, die "wunderbare Welt des Kühlschranks in Zeiten der mangelnden Liebe", in er am Ende natürlich alles gut geht. Keine Leichen, kein Blut, etwas Sex, ein Meerschweinchen und unfassbar viele Kühlschränke, was mich wiederum an etwas erinnert, was nur mich etwas angeht - der Rest kaufe im Buchhandel dieses kleine Dings und verschenke es an Freundinnen.



Es ist auch wirklich liebevoll gemacht, so als Buch. Und irgendwann bekomme ich das Pinarello auch so hin.

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Dienstag, 14. Juli 2015

Fremdgehen

Man bekommt nie, was man will. München zum Beispiel hat einen Fluss, die Isar. Aber die Isar ist eher ein Flüsschen und reicht nicht weiter als in den Nordrand der Alpen.



Flösse können auf ihr fahren, aber keine Schiffe: Zu seicht, zu tückisch. Die Isar reicht allenfalls für Bauholz, Trinkwasser und Abwasser. Der Fluss jedoch, der die Alpen fast komplett durchzieht und in Silvaplana fast durchschlägt, entlang dem der Weg nach Mailand frei ist, ist der Inn. An dem jedoch liegt München nicht.



Da ist also diese Stadr an der Isar und 40 kilometer weiter östlich wäre der grosse Strom, über den der ganze Italienhandel laufen könnte. Alles kann der Inn ausspucken, was es südlich der Berge gibt, bevor er sich weiter nach Passau begibt, wo die Münchner wegen des Bischofs nichts mehr zu melden haben.



Also geht München fremd und baut mit Wasserburg einen eigenen Hafen am Inn. Die 40 Kilometer rein in die Stadt packt man auch noch, so wie man heute die Strecke zum Flughafen packt. Nur wird der nie so pittoresk wie Wasserburg sein.



Manche nennen München Italiens nördlichste Metropole. Viel mehr aber ist Wasserburg Italiens nördlichste Provinzstadt, selbst an einem regnerischen Tag wie diesem. Alles atmet schon die richtige Leichtigkeit, und es ist auch noch alles erhalten: Ein Kleinod für Freunde von Renaissance und Mittelalter.



Es ist wie so oft beim Fremdgehen: Es macht weitaus mehr Spass und ist weitaus weniger anstrengend. Vieles, was uns heute völlig normal erscheint, wurde hier zum ersten Mal ausgepackt: Seide und Gewürze, Fayence und Korallen, Pfirsiche und Brokat. Für den Menschen der früheren Zeit muss das ein Rausch der Sinne gewesen sein, was hier entladen und verkauft wurde.



Das ist natürlich lang vorbei, und so ist Wasserburg heute verschlafen. Verschlafen und ein wenig aus der Zeit gefallen, wie manche Dörfer, nur eben mit all der Schönheit einer kleinen, aber feinen Handelsstadt am Schnittpunkt zwischen Nord und Süd. Wirklich reizend.



Es ist nicht weit vom Tegernsee entfernt, und wenn das Wetter besser ist, komme ich nochmal. Ausserdem gibt es hier einen gut sortieren Buchladen.

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Unbetretene Räume

Es gibt Orte, an denen ich oft war, die ich aber nicht mehr besuche. Sie sind nicht böse, sie tun mir nichts, aber sie tun mir auch nicht gut. Es gibt sie bei mir daheim, wie etwa eine Strasse, auf der ich einen Unfall miterlebt habe: Um dort nicht zu sein, nehme ich grosse Umwege in Kauf. Es sind ziemlich viele ärztliche Einrichtungen dabei. Eine Werkstatt, ein Feldweg, ein paar Gräber.

Und auch ein paar Blogs, weil ich weiss, dass die Leute keinen Wert darauf legen, dass ich sie lese. Sei es, weil ich mich verändert habe, sei es, weil ihre Frau Druck macht, sei es, weil es noch nie richtig war und ohne Gegner wäre das Leben ja auch langweilig. Es ist schon in Ordnung, einer Lesung nur zur Hälfte beizuwohnen, dann nach Hause zu gehen, zu ficken und später dann einen Verriss über etwas zu schreiben, das einen gar nicht interessiert hat. So ist das Leben. Das heisst noch lang nicht, dass am Ende eine schlechte, frustrierende Ehe dabei heraus kommt.

Er blogt schon lange nicht mehr, glaube ich. Er arbeitet wohl auch nicht mehr bei der windigen Klische von damals, worüber sich in Berlin ohnehin niemand aufgeregt hat. Und wenn irgendwo Links von ihr auftauchen, habe ich das ignoriert, weil ich sie einerseits meines Wissens nie persönlich kennen lernte und andererseits die Themen von Verheirateten jetzt nicht so die meinigen sind - auser, sie sind klug und charmant, was es auch gibt. Ich lese, was mir Freude bereitet oder, wenn es das nicht tut, mich wenigstens weiter bringt. Oder emotional berührt. Oder irgendwie relevant ist. Die privaten Probleme von Leuten, die mir nichts bedeuten, lassen mich kalt.

Aber manchmal sind Links eben hinter Shortenern versteckt, und dann drückt man drauf und liest.

Voll mit Aktivismus.

Das ist es aber nicht. Das ist ein krass schief gegangener, komplett anders als erwarteter Lebensweg in eine Ideologie, offenkundig abgedriftet wegen enttäuschter Erwartungen, Überforderung durch die körperliche Veränderung und die Unterforderung durch das, was Familienleben, Ehe und Mann so mit sich bringt. Dafür sind nun mal manche einfach nicht gemacht. Aktivismus, laut und wütend, ist eine bleibende Option, sich einzubringen und noch jene Bewunderung zu bekommen, die früher fraglos da war, denn damals galt sie - warum, weiss ich auch nicht - als ziemliche Granate unter den Bloggerinnen. Angeblich war klar, dass sie gleich in der ersten Generation der Prenzelmütter weggeheiratet wurde. Und das ist jetzt das Ergebnis: Pampig, mies gelaunt, unzufrieden, unausgeglichen und reizbar. Das sind so die Momente, da mir wieder klar wird, was ich alles in Berlin versäumt habe, und was mir in Bayern erspart blieb. Kann sein, dass man sich da oben so aufführen kann, aber ein Spass ist das Zusammenleben vermutlich nur begrenzt, wenn diese Themen in dieser Form auch in die Beziehung abstrahlen.

Beziehungen habe ich einige gesehen. Manche waren in Ordnung, andere für mich ausgesprochen überraschend gut, viele scheiterten und zum Glück waren einige noch jung genug, sich Alternativen zu angeln. Ein paar Mal hat es auch richtig gekracht und mitunter war das sehr, sehr schade. Eine Weile wurde auch viel geheiratet, und dagegen spricht natürlich auch nichts. Manche tragen die Probleme mit Humor. Bei anderen frage ich mich schon, wie die Partner das aushalten. Diese Launen, diese Zickigkeiten, die in den letzten zehn Jahren offensichtlich dazu kamen, zum sorglosen Geschlechtsverkehr, der nun nicht mehr in Hinterhöfen stattfindet. Glaubt man den Betroffenen, liegt es nicht an den Männern, sondern an den Umständen. Die ungerechte Umwelt, die nicht das liefert, was sie versprochen hat. Das ist schwer zu lösen, nehme ich an.

Wir alle sind seit meinen letzten Tagen in Berlin satte zehn Jahre, wenn schon nicht reifer und klüger, so doch älter geworden und für manche geht es schon eher wieder hinaus. Es gab erste öffentliche Tode auf Blogs und Twitter und es ist nur natürlich, dass es so weiter geht. Die meisten von damals kommen nun in ein Alter, ideal für die Mittlebenskrise, und viele sind darunter, die es gar nicht merken werden, weil ihr Leben schon immer ein Provisorium war. Anderen dagegen möchte man zurufen, sie sollten doch vom Leben nehmen, was sie jetzt noch kriegen können, hinausgehen, frei sein und sich trotz all der kleinen Falten und Zeichen des Verfalls schön finden.

Und dann liest man einen garstigen Artikel und noch einen und noch einen, diese ganze wutgetriebene Kloake, und denkt sich: Das wird kein Spass. Ich kenne Leute, denen so viel angetan wurde, und die sich trotz aller Probleme irgendwie zurecht fanden, und die angenehmsten Menschen der Welt sind: Das geht auch. Ich bewundere das. Ich sehe da auch über manche Petitesse mit Freuden hinweg. Man müsste es irgendwie schaffen, solche Fähigkeiten frühzeitig zu erkennen, bevor die Probleme des Lebens kommen werden. Statt dessen wird gelästert und hergezogen und verachtet und genau das dann auch später genau so gelebt. Man kann Probleme angehen, und man kann darüber bissig, schlecht gelaunt und garstig werden, mit der Aussicht auf weitere fünfzig Jahre Unzufriedenheit.

Man kann einen Mühlstein drumhängen, in einen Tümpel werfen und gehen. Oder auf einen Altar stellen und anbeten. Kann sein, dass ich vielleicht manchmal arg weit weg vom Tümpel bin, weiter als es nötoig wäre. aber ich habe das heute gelesen und finde den Abstand gerade eben so ausreichend. Es gibt in der bayerischen Mythologie die druckade Drud: Die hat der Kerl damals sicher nicht haben wollen, der war eher von der leichtlebigen Sorte. Das hat sich eventuell geändert.

Und ich bin frei, so frei, das jetzt wieder für die nächsten zehn Jahre vergessen zu dürfen.

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Sonntag, 12. Juli 2015

Kein Zufall

Es ist kein Zufall, dass ich mit diesen Laufrädern unterwegs bin. Dinge, seelenlose Metallstücke aus Massenprooduktion, erhalten ihre Bedeutung durch die Art, wie sie weitergegeben und benutzt werden. Die hier haben einfach gepasst, so wie sie kamen, und laufen und laufen und sind einfach nicht zu ruinieren.



Ein klein wenig nimmt man damit auch jene mit, von denen es kommt und die vielleicht nicht mehr können. Oft sitze ich auf Rädern von Toten oder Leuten, die es im Rücken haben und nun zur Untätigkeit verdammt sind. Sie hatten so viele Hoffnungen. Ein klein wenig erfülle ich sie. Man nimmt eben immer etwas mit.



Dann bin ich oben. Es hat etwas gedauert, weil es immer noch so heiss ist, und alles klebt und nässelt, es ist wirklich nicht vorzeigbar. Das sind so Dinge, die man besser alleine macht. Aber machen sollte man sie unbedingt. So oft und so gut es eben geht. Es wird dann auch oft genug nicht mehr gehen.



Da drüben ist der Hirschberg. Bald, sage ich zu ihm. Es wird gehen.

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