: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 1. September 2015

Not safe for FAZ: Kinderrabatt

Ja, es kommen viele Flüchtlinge. Aus Ungarn, ein vergleichsweise hoher Anteil sind Kinder und ein recht hoher Anteil der Mütter sind westlich gekleidet. Nach meinen Gesprächen - ich bin da etwas im Vorteil, weil ich die Ecke und Mentalität und Höflichkeit dort unten etwas kenne - kriegt Deutschland zwar sehr viele Flüchtlinge, aber unter denen wiederum die Sahneschnitten. Nämlich die jungen syrischen Familien.

Das hat eine ganze Reihe von Vorteilen. Nehmen wir einmal an, man hätte die Wahl zwischen einer syrischen Familie mit drei Kindern und dem Durchschnitt, der über Lampedusa nach Italien kommt: Zwei Eritreer, ein Somalier, ein Nigerianer, ein Algerier.

- Die Syrer kommen allesamt aus einem bis vor kurzem noch funktionalen Staat. Natürlich war es eine Diktatur, aber nicht Nordkorea: In Syrien war normales, bürgerliches Leben durchaus möglich. Der Staat war nicht optimal, aber er hatte seine sozialistischen Komponenten und man konnte sich halbwegs auf ihn einstellen. Diese Erfahrungen haben die Eltern gemacht und sie können sie an ihre Kinder weitergeben. Vier von fünf Flüchtlingen, die in Italien landen, haben dagegen definitiv kein modernes, westliches Staatsverständnis.

- Kinder sind laut, klar, aber im Vergleich zu Erwachsenen relativ günstig zu versorgen. Dinge, die später im Leben hart zu erlernen sind, fallen Kindern einfach zu. Kinder sind aufgeschlossen, neugierig und nicht so stark geprägt. Da kann man staatlicherseits noch etwas machen. Es kann sein, dass es für die Eltern schwierig wird, aber die Kinder haben es leicht. Viel leichter als Menschen aus Ländern, für die es kaum Übersetzer gibt, die eine sehr hohe Analphabetenrate haben und die - man nehme es mir nicht übel, aber das ist die Erfahrung aus Unterkünften, bei denen es vor zwei Jahren noch optimale Bedingungen zum Lernen gab - nach zwei Jahren zwar wissen, wie man die Identität verschleiert, aber kaum einen deutschen Satz beherrschen. Warum auch, sie bekommen ja einen Übersetzer und keinen echten Anpassungsdruck. Unser System setzt stillschweigend voraus, dass die Leute sich anpassen wollen, liefert aber zu wenige Gründe. Kinder sind ein Grund, den Flüchtlinge mitbringen.

- Der nicht vorhandene Wohnungsmarkt und die Zwangszuweisung werden leichter. Eine fünfköpfige Familie bringt man leicht auf 50 Quadratmeter unter. Das geht. Optimal ist es nicht, aber es ist möglich, zumindest für ein paar Jahre. Mit fünf Leuten aus Afrika, alles Männer, ist der begrenzte Raum und das Zusammensperren von sozial nicht Verbundenen eher die Garantie für Probleme, da muss man sich nur mal deutsche Burschenschaften anschauen. Die will ja auch keiner in der Nachbarschaft.

- So eine Familie diszipliniert und zwingt zur Verantwortung. Man überlegt sich mit Kindern dreimal, was man tut und was Sinn macht. Man muss sich anstrengen und hat eine Aufgabe. Das ist ein fundamentaler Unterschied zu Leuten, die aufgrund des Systems keine Aufgabe haben, dabei erlernen, dass sie auch gar keine Aufgabe haben müssen, und auch niemanden haben, der ihnen, wenn es nötig wäre, einen Tritt gibt. Dieses Trittgeben ist ohnehin etwas, was bei steigenden Zahlen schwindet.

- Ich schaue berufsbedingt Fälle von Überfällen, Vergewaltigung und sexueller Belästigung durch. Um es gleich deutlich zu sagen: Die allermeisten Fälle, die bei der Polizei gemeldet werden, sind immer noch die innerfamiliär oder Beziehungstaten, bei denen sich Täter un Opfer kannten. Es gibt aber eine steigende Zahl von Übergriffen durch junge, alleinstehende Männer, und die kommen meistens aus Failed States, also entweder aus den Subsaharastaaten oder Afghanistan oder Afghanen aus den Lagern in Pakistan. Auch wenn die Nachrichtenmodulatoren von der SZ dann schreiben, sie wohnten im Landkreis Erding.

- Erwartungshaltung: Bei uns am Tegernsee kippt gerade ein Lager. Es war ein Fehler, es dort zu machen, wo 200 junge Afrikaner auf 2000 weisse, alte Millionäre treffen, aber die Erfahrung muss man nun mal eben machen: Solche sozialen Unterschiede gehen nicht gut. Und da reichen dann schon zehn Unzufriedene, damit die Polizei voll bschäftigt ist. Es kann gut sein, dass syrische Familien ebenfalls unzufrieden sind, aber gewisse Formen der Renitenz gehen nun mal einher mit der Herkunft aus Ländern, in denen so ein Verhalten keine Sanktionen nach sich zieht, und dem Fehlen von mässigenden Komponenten: Frauen und Kindern. Und natürlich sind da maskuline Strukturen am Werk, die man sich auch im tiefsten Bayern nicht mehr vorstellen kann. Daran ist auch die Antifa beteiligt, die wirbt geradezu für den Refugee Struggle und feiert ihre Erfolge eben gerade nicht bei den syrischen Familien.

Die einen nehmen wir und die anderen nur ungern. Das nennt man in der Konsequenz dann Rosinenpicken, und genau das machen die Deutschen.

Man hört kaum mehr etwas über die Italienroute und das liegt daran, dass sie wohl inzwischen zu ist. Wer da mit wem gesprochen hat und wer da einen Kuhhandel jenseits von Kompatscher in Sütirol und Seehofer in Bayern gemacht hat, weiss ich nicht, aber es ist doch recht offensichtlich, dass der Weg über den Brenner zu ist. Die Tiroler Polizei lässt die Leute nict weiter, sondern schiebt sie zurück nach Italien, mit der Folge, dass die Szenen in manchen italienischen Städten gerade nicht so schön sind. Dafür kommen bei uns in München dann eben kaum mehr Leute aus Subsaharastaaten an, sondern viele Familien mit Kindern, und die sind auch gesellschaftlich vermittelbar.

Es passt nicht in die Stimmung, die da gerade verbreitet wird, aber tatsächlich glaube ich, dass eine halbe Million Menschen aus Syrien und dem angrenzenden Räumen weitaus leichter zu integrieren ist, als diejenigen, die in Italien bleiben. Darüber regen sich manche italiener auf, weil sie aus Erfahrung wissen, was das für sie bedeutet: Ihre grosse Krise ist noch lang nicht vorbei, es werden immer noch viele aus den Häusern geworfen, wenn sie die Kredite nicht bezahlen können, junge Leute können keine eigene Wohnung finden und für die Unterkunft von Flüchtlingen zahlt der Staat. Das ist dann der Grund, warum ein Beppe Grillo so redet wie ein Matteo Salvini. Wir nehmen die schöneren Aufgaben, brüsten uns mit hohen Zahlen, schieben inzwischen Balkanflüchtlinge parteiübergreifend rigoros und schnell ab, und öffnen mildtätig die eine Grenze nach Ungarn für die Anpassungsfähigen, die zum grossen Teil wieder in die bürgerliche Existenz wollen, und einen gesunden, zu unseren Sozialsystemen und Entwicklungsmöglichkeiten passenden Altersschnitt haben. Die Syrer treffen uns da, wo wir breit aufgestellt sind.

Italien bekommt die volle Wucht der sogenannten "Youth Bulge" aus Afrika im Bereich ihrer eigenen Jugendarbeitslosigkeit ab, und einen erbitterten, internen Kampf um die Frage, welcher Landesteil das ausbaden muss. Mitten in der Krise, während die xenophoben Parteien rechts und links fett und laut werden. Wir packen das. Wir schauen nach Ungarn und finden uns gut. Wir sollten besser schreiben "Syrian Families, english spoken, University Degree welcome". Das wäre ehrlich. Dann könnte man auch über die Wahrheiten reden, die in Mailand vor dem Bahnhof kampiert.

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Samstag, 29. August 2015

Noch eine Station

Ich denke. dass wir ein urbanes Medienproblem haben - sofern es nicht einfach nur Propaganda ist. Die meisten Journalisten sind relativ jung, in grossen Städten und in einem Umfeld, das nicht sonderlich viel Raum für abweichende Meinungen lässt. Ich glaube nicht, dass sie nicht auch mitbekommen, was auf dem Land los und bei der Migration weniger toll ist; aber sie denken, sie haben eine historische Pflicht, einem neuen Deutschland gerecht zu werden. Und auf der richtigen Seite zu stehen.

Das ist einfach und ich muss geradzu der Versuchung widerstehen, den endgültigen Speichellecker-Staubkriecher-Verantwortungsübernehmer-SchuldseinanallemElend-Text zu schreiben, aber ich habe Angst, man würde das ernst nehmen. Es gibt so viele, die genau das möchten und für richtig halten, und es ist klar, dass sie die Ironie der Selbstgeisselung nicht verstehen würden - schliesslich ist Ariertum nicht so mein Ding, sondern mehr der zersetzende Humor. Ich sehe einfach, wie bei dieser Selbstvergewisserung, zum hellen Deutschland zu gehören, einfach jedes eigenständige Denken abhanden kommt. Als ob die Grossväter nicht erlebt hätten, als ob es die Atomraketen des Kalten Krieges nicht bewiesen hätte, dass man mit Gut/Böse-Schemata nicht weit kommt.



Das ist der Jakobsweg. Entlang dieses Weges gab es einen enormen Wissens- und Kulturaustausch, aber auch die Verbreitung von Pest und Dummheiten. Insgesamt war es wohl förderlich, individuell ist aber auch schlecht gegangen. Alle finden den Weg heute trotzdem toll, selbst wenn er das hier ganz sicher nicht ist: An dieser Stelle gab es einen Wirt, der seine Gäste umbrachte, beraubte und die Leichen entsorgte, indem er sie an die nächsten Gäste verfütterte. Das ist wirklich finster, das gebe ich zu. Auch so etwas gibt es, und dass man ihn später gevierteilt hat, war auch nicht nett. Man weiss bei Vierteilungen jedoch eher als bei Migration, was am Ende rauskommt, insofern würde ich halt einfach sagen: Genau schauen, nachdenken, und kein Propganadist werden. Das geht auf Dauer einfach nicht gut.

Und deshalb bin ich unterwegs und schreibe über meinen Jakobsweg nach München. Holzkirchen und darüber hinaus.

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Donnerstag, 27. August 2015

Wochen der Missgunst

Wie schon lange befürchtet, musste jemand im Haus was machen, und dazu an einen Ort, den ich mein schlechtes Gewissen nennen könnte. Dahin, wo die Räder stehen, die ich wegen, wie soll ich sagen, Ablenkungsnotwendigkeit gebaut habe und dann, aus welchen Gründen auch immer, doch nicht gefahren bin.

Ein Denti Scatto, Handarbeit aus Brescia von Mino Denti und praktisch neu, mit Columbus-Rohren und Ultegra. Importiert vom Gardasee und hundert Kilometer unter mir gelaufen, und einmal zum Baden mit einer Freundin. Praktisch neu.



Ein Klein Quantum Race mit 7700er Dura Ace aus der Epoche, als Klein wirklich noch Klein und keine Marke von Trek war. Phantastische Schleifarbeit, sieht aus wie Carbon, ist aber Alu mit der - meines Erachtens - besten Vollalu-Gruppe, die je gebaut wurde. Klassische Laufräder. Der Traum von schlechthin Mitte der 90er Jahre. Gebaut, hundert Kilometer gefahren, gemerkt, dass ich etwas zu klein bin. Das ist der Grund, warum es so gut erhalten ist - es stand auf dem Speicher und bekam kein Licht ab. Alte kleins verlieren nämlich oft die Leuchtkraft.



Ein Scott CR1 Pro, ein phantastischer und seiner Zeit weit vorausgreifender Rahmen mit absurd leichter und teurer Stronglight Pulsion Kurbel und Dura Ace und Ksyrium SL. Gebaut weil Winterrad ohne Rost und dann doch nicht gefahren. Ich habe noch eines, das mir etwas zu klein vorkam. Das ist eine Nummer grösser und fast schon zu gross. Mit dem Ergebnis, dass ich damit die übliche hundert, na, man kennt es.



"Könnten sie die Räder mal vom Kamin wegnehmen" sagt sich so einfach, aber es trifft mein Unterbewusstsein wie ein Axthieb. Es ist eine Schande.

Ich habe keine Angst vor dem Tod, das passiert halt irgendwann. Ich habe Angst davor, dass danach jemand in den Speicher geht und ich nicht mit Ausreden erklären kann, warum das so ist. Ich habe das vor ein paar Monaten erlebt, als eine völlig überforderte Frau die verbotenen Räume ihres verstorbenen Mannes ausräumen musste - man schadet damit doch deutlich seinem Nachruhm.

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Mittwoch, 26. August 2015

Syrer aufnehmen

Ich halte die Entscheidung, Flüchtlinge aus Syrien ohne Rücksicht auf ihre Einreiseroute aufzunehmen, für absolut richtig. Nicht nur, weil die Syrer mit Sicherheit als Integrationsprojekt machbar sind. Nicht nur, weil es etwas zur verbindlichen Regel macht, was man ohnehin nicht mehr ändern kann. Nicht nur, weil ein Asylstatus immer noch besser als die doch recht fragwürdig geregelte Duldung ist.

Sondern vor allem wegen des Drucks, der damit auf den Islamischen Staat aufgebaut wird. Es mag kein grosser Druck sein, aber der IS braucht Leute, sonst kann er sich nicht mir den notwendigen Leistungen behaupten, Diese Entscheidung zeigt den Menschen, dass es nicht der IS sein muss, und dass es eine Alternative gibt. Natürlich sind die beim IS komplett irre - aber nicht dumm. Es kann sein, dass diese Entscheidung sie langfristig auich zwingt, eine andere Innenpolitik zu fahren.

Insofern finde ich die Entscheidung richtig, selbst wenn ich weiss, dass sie über den kommenden Winter zu humanitären Problemen in Berlin führen wird.

Und dann habe ich bei der FAZ doch noch was über Nazis und Pack geschrieben, und was ich von so einer Wortwahl und ihrer Wirkung halte.

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Sonntag, 23. August 2015

My first ebay

Falls jemand glaubt, ich könnte das nicht und würde immer nur horten und raffen - doch, ich kann das.

Und gehe jetzt radeln, sonst nehme ich es wieder runter.

edit: Radeln gegangen. Verkauft. Käufer hat sich angeblich bei der Preiseingabe vertippt und ich frage mich, ob das nicht ein Wink des Schicksals ist, dass ich so viele Räder haben soll.

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Freitag, 21. August 2015

Der Winter wird kommen

Ich habe zu Suhl und Heidenau in der FAZ geschrieben.

Ein Blick auf das Datum verrät, dass sich der August dem Ende zuneigt. Und damit auch der Sommer. Es war ein sehr schöner und heisser Sommer, und die kurzen Berliner Hirne haben längst vergessen, dass demnächst der sibirische Winter kommt.

Nun, ich wohne ja in Bayern, und dort kann es sein, dass auch im Sommer mal Schnee auf den Gipfeln liegt. In den letzten beiden Jahren waren die Winter recht mild, deshalb blühen hier die Rosen so schön, aber wir denken schon dran und wissen genau, dass die kalte Jahreszeit kommt. Deshalb höre ich bei meinen Reisen durch das Land auch, wie momentan der Beginn der kalten Jahreszeit berücksichtigt wird, wenn es um die Unterbringung der Flüchtlinge geht. In meiner Heimatstadt wird jetzt der Bedarf angepasst und man geht davon aus, dass man, wenn es kalt ist, diese Unterkünfte hat.



Wir nehmen übrigens bei einem völlig überhitzten Immobilienmarkt prozentual deutlich mehr Flüchtlinge als das jetzt schon völlig überforderte Berlin auf. Es ist schwierig, es sorgt hier bei uns natürlich auch für weitere Preissteigerungen, weil der freie Markt voller wird: Aber ich habe mit Politikern diverser Parteien gesprochen und sie sind zuversichtlich, dass sie es schaffen. Das ist bei uns auch bei CSU-Mehrheiten ein Thema grosser Koalitionen, anders geht es nicht.

Berlin wird im späteren Winter, im Februar, vermutlich 40.000 Flüchtling irgendwie warm unterbringen müssen. Vielleicht auch etwas mehr, weil die, die jetzt ankommen, nach Berlin weiterreisen. Berlin ist wegen der kompletten Überforderung eher ein Wunschziel als Bundesländer wie Bayern, die hart durchzugreifen drohen - und ja, ich sehe da bei Seehofer auch Strategie. 40.000 ist also, selbst wenn manches nicht dem Sinne der Gesetze entspricht, eine gute Zahl. Die brauchen, da müssen wir nicht reden, ein Dach über dem Kopf, das dem Berliner Winter standhält. Und Hostels fallen oft weg, weil Berlin ein schlechter Zahler ist. Man kann sie auch nicht die ganze Zeit in kleinste Räume sperren, so kalt, wie es in Berlin sein kann.

Eine Stadt, die also jetzt nicht mal in der Lage ist, Flüchtlinge von der Strasse zu bekommen, müsste in drei Monaten Lösungen präsentieren, wie man all diese Leute gut und sinnvoll zentrumsnah - wegen Teilhabe - unterbringt. Wie ich die Aktivisten verstanden habe, ist das doch das Ziel, auch im Hinblick auf Integration. Es ist auch im Hinblick auf die Notunterkünfte wichtig, weil weitere Flüchtlinge kommen werden. Ich sollte vielleicht schon mal ein Hotel buchen, weil das sicher ein galaktisches Thema wird, je nachdem, wie hart der Winter in Berlin ankommt.

Das ist der Grund, warum ich trotz aller Nachteile so gern in Bayern bin. Ja, wir haben die CSU. Aber ich weiss auch, dass in schlechten Zeiten immer noch halbwegs tragbare Lösungen gesucht und gefunden werden, und nicht sofort das Chaos ausbricht, wenn man mal einen Tag weiter denken muss. Und damit meine ich in Berlin nicht nur die Machthabenden, sondern besonders das inkompetente Aktivistenpack, das durch die Piraten und die Grünen und Linken in das AGH un die Bezirke kam, und die mit all dem Wahnsinn des Camps auf dem Oranienplatz und den Zuständen im Görli und in der Eisfabrik und der Cuvry-Brache gut leben konnten. Es sollten ruhig alle das Elend sehen, das lässt sich dann in Aktivismus und Stimmen und Kampagnen ummünzen. Scheiss auf das Romakind, das unter dem Busch lebt, betteln muss und nicht in die Schule kommt - Hauptsache, man kann an ihm aufzeigen, wie grausam die Welt und das System ist, smash capitalism und so. Diese Haltung bekommt in diesem Winter nicht nur ein paar Kinder, sondern seht, sehr viele. Und es wird nicht mit ein paar Einkäufen im Rossmann getan sein. Ich weiss, was für eine enorma Aufgabe das bei uns ist. Mensch ist Mensch. Auch in Berlin.



Meine Idee wären Grossunterkünfte auf dem Görlitzer Park und auf dem Tempelhofer Feld. Das ginge vergleichsweise günstig und effektiv und wäre nahe an den Menschen, die Refugee welcome sagen. Gut, nachher wären natürlich die Flächen weg, aber Opfer müssen wir alle bringen.

Natürlich läst jetzt die Süddeutsche Zeitung angesichts des Berliner Wahnsinns ausgerechnet ihre erfahrnde SJW- und Genderhetzerin Beitzer leitartikeln, dass nun der Bürger gefragt sei. Kann man so sehen: Berliner wollen ihre Stadt als Dienstleisterin, die sich ansonsten mit lästigen Gesetzen und Auflagen raushalten soll, und die damit einhergehende Gewalt und den Dreck und die Wurschtelei nimmt man dafür eben in Kauf. Nur wird es diesmal in Berlin mit Crowdfunding nicht getan sein. Es braucht zigtausend Zimmer, Heizung, und es gibt jede Menge Vorschriften, die zu beachten und umzusetzen und - was für ein Wort - zu kontrollieren wären. Da macht sich so ein Aktivist vermutlich gar keine Vorstellung, aber die Aktiven bei uns kennen das.

Ich will hier niemanden nachher verhöhnen, wenn die ersten Kältetoten gemeldet werden. Ich will nur darauf hinweisen, dass der grosse Notstand hundert Tage entfernt ist und fünf Monate dauern wird. Ich glaube nicht, dass Berlin das schafft. Das wird ein sehr interessantes psychosoziales Experiment. Aber man sollte sich wenigstens klar sein, dass der Winter ein ganz anderes Problem als eine Schlange vor dem LaGeSo ist. Dafür habt Ihr ja mich, Euren verständnisvollen Freund aus Bayern.

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Montag, 17. August 2015

Mein Mercedes ist kleiner als die S-Klasse der Flüchtlinge

Ich wollte diese Geschichte nicht erzählen.

Eigentlich hätte sie der Abschluss einer der Folgen meiner Serie „Fluchtlinien“ sein können, in der noch ein paar Teile kommen werden. Eigentlich ist sie lustig, zumindest habe ich sie so empfunden, selbst wenn sie den dort anwesenden Helfern unendlich peinlich war, und man mir wohl am liebsten die Kamera entrissen hätte. Die Helfer - und ich werde Ihnen ganz sicher nicht verraten, wo sie sind, ausser „irgendwo in Bayern“ - haben einen schweren und entbehrungsreichen Beruf freiwillig und ohne Bezahlung übernommen, und sind davon abhängig, dass die Bevölkerung sie weiterhin unterstützt und ihre Motive mit Spenden für die Flüchtlinge honoriert. Diese Helfer, die Woche um Woche die unangenehmen Jobs machen, die ganz anders leben könnten, aber aus Überzeugung oder aus dem Gefühl, dass man das jetzt zusammen bewältigen muss, anpacken und das in Bayern nach meiner Beobachtung bewundernswert routiniert machen – das sind die eigentlichen Helden dieser Geschichten. Nicht die Plärrer in Berlin, weil mal ein Amt nicht schnell genug ist, und die Antifa zusammen mit ihren Freunden in den Medien einen billigen Sieg in der berlinöffentlichen Meiung einfahren kann. Meine Helden sind die freiwilligen Feuerwehren, die nach einem Tag in der Hitze mit der Wurstsemmel vor der gerade schliessenden Metzgerei sitzen und ihren Urlaub drangeben. Leute, die mich gern erwürgt hätten, als ich die Kamera hob und die S-Klasse photographierte.

Bei der ganzen Debatte ist es meines Erachtens wichtig, den Blick von den ganz krassen Ausrutschern zu lösen, und darüber zu reden, was das Thema Migration und Flucht wirklich langfristig bedeutet. Links wie Rechts streitet man sich gerade gern über Smartphones der Flüchtlinge – als ob die paar lumpigen Euro angesichts der Integrationskosten, Leistungen und Anforderungen irgendwie ins Gewicht fallen würden. Die immensen Überstunden und Rückstände, die jetzt in den Ämtern entstehen, die Sprachkurse, die dauerhafte Unterbringung - das wird teuer. Nicht die paar Handies und die Telefongebühren nach Ghana oder Nigeria. Das wäre die eigentliche Debatte, aber man hängt sich an den Petitessen auf. Ein Telefon sieht jeder. Die Kostenstelle im Rathaus sieht niemand. Meine Geschichte, die ich nicht erzählen wollte, macht natürlich genau diesen Fehler und richtet den Blick auf ein einziges Detail.

Erzählen möchte ich sie aber trotzdem. Weil Witzfiguren vom Schlage Sascha „Sobooks“ Lobo, die ich persönlich für unverantwortlich halte, in Gossenpostillen nun mit der Forderung vorstellig werden, wir müssten angesichts des Rassismus – besonders in den sozialen Medien – nun etwas tun. Wer will das? Die Frage ist berechtigt, der nächste Aufruf zum Aktivismus kam von einem Herrn Georg Diez aus der gleichen Kloake, der seine Bekanntheit dem Umstand verdankt, dass er andere mal eben in die Nähe des Rechtsextremismus rückt. Solchen Leuten sollte man nicht folgen. Wen sollen wir uns denn als Vorbild nehmen? Die Antifa, die in Berlin Jagd auf Leute macht, die ihr Grundrecht auf Demonstration in Anspruch nehmen? Die Aktivisten, die zugunsten der Flüchtlinge in der Gerhart-Hauptmann-Schule einen Brandanschlag auf die U-Bahn unternahmen, damit die zwangsweise wartenden Leute mal Zeit haben, sich über das Schicksal der Flüchtlinge Gedanken zu machen? Die Aktivisten, zum Boykott eines Discothekenbetreibers aufrufen, der nach einer ganzen Serie von Konflikten bis zu einer versuchten Doppelvergewaltigung durch einen Flüchtling die Notbremse in seinem Lokal zieht? Oder einfach nur wie die Journalistenaktivisten für den Applaus der Filterblase rumpöbeln im Internet, damit dort die Schweigespirale im eigenen Umfeld läuft? Aktivist werden ist leicht, das kann jeder Depp und falls nur genügend mitmachen und mitzündeln und nicht mehr genau hinschauen, bekommt man exakt die Zustände, die man hierzulande eigentlich mit einem „Nie wieder“ verhindern wollte. Die Aktiven der Feuerwehr haben meinen Respekt. Die Aktivisten....

Den Aktivisten will ich diese Geschichte erzählen. Die Geschichte beginnt in einer nordbayerischen Aufnahmeeinrichtung, wo neue Flüchtlinge ankommen, und man sie auf neue Lager verteilt. Einige junge Männer kommen bei diesem Transfer in ein neues Heim abhanden. Eine gewisse Anzahl junger Männer sollte beim Landratsamt erscheinen und dann weiter zur Unterkunft transportiert werden, aber etliche kommen nicht an. Sie werden bei der Reise nicht überwacht, sie lassen sich einen Tag Zeit, und das hat die Folge, dass niemand im Ankunftslager weiss, wo sie bleiben und wann sie kommen. Aber die Presse - also ich – kommt und ist da. Schaut sich um, erkundigt sich über Belegungspläne, Erweiterungsfragen, Zeiträume, was man halt so macht. Es ist heiß, es ist mitten im Ort und laut, gegenüber der Strasse stehen Bäume, und da kann man sich gut unterhalten. Da stehen wir. Und dann kommt eine weisse S-Klasse. Ein Taxi. Eine grosse, weisse S-Klasse, und zwei Schwarze steigen aus. Die Ankommenden sind jung, kräftig, haben eine schöne Fahrt hinter sich – es ist wirklich eine reizvolle Landschaft - räumen ihre Taschen aus dem Kofferraum und sind dann endlich da. Unter Hinterlassung der Szenerie, dass Flüchtlinge mit der S-Klasse beim Lager vorfahren.

Aktivisten erzählen einem immer, dass Flüchtlinge so viel Leid, Krieg und Folter erlebt haben, dass sie traumatisiert und oft gar nicht schuld sind, wenn etwas Erklärungsbedürftiges vorfällt. Wir sollten doch erst mal unsere Privilegien checken, denn und bei uns sind sie von der fremden, also unserer, übersexualisierten und konsumorientierten Kultur überfordert. Keinesfalls verdienen sie in Berlin mit Drogen blendend an Touristen, keinesfalls sind sie homophob und paternalistisch und frauenfeindlich, und vermutlich wollen all die Jungs, die die Dating-Apps hier überschwemmen, auch nur Deutsch lernen, um dann Marx im Original zu lesen. Is klar. Das kann man eine Weile so behaupten, und jeden einzelnen Einzelfall irgendwie erklären. Hier in der S-Klasse wäre es: Krasse Überforderung mit dem deutschen Bahnsystem und eine fehlende Willkommenskultur, die die Flüchtlinge nicht angemessen begleitet. Auf der anderen Seite sagen dann xenophobe Aktivisten, dass wir unsere Aufstockerrentner zum Rad verdonnern und die Wirtschaftsflüchtlige mit der S-Klasse fahren.

Und ich würde beiden Gruppen raten, sich ein Buch zu kaufen: Nkem Nwankwo. Mein Mercedes ist grösser als Deiner. Manche in Europa halten das für eine Satire, was Nwankwo und jeder Entwicklungshelfer, der es gelesen hat, dementieren würde: Es ist eine zwar bittere, aber zutreffende Beschreibung der von Korruption und Bereicherung geprägten politischen Systeme Afrikas, und genauso lustig wie Evelyn Waughs Roman “Schwarzes Unheil”. Nwankwo beschreibt den Wahlkampf innerhalb einer Einheitspartei, und wie wichtig der Mercedes dabei ist. In Afrika können es sich nur die Reichsten der Reichsten leisten, sich mit so einem Mercedes chauffieren zu lassen. So eine saubere, funkelnde, nagelneue, weisse S-Klasse mit einem weissen Fahrer, das ist der Traum schlechthin, zusammen mit einer glatten, asphaltierten Strasse, und wären die Flüchtlinge in Afrika geblieben, wären sie nie soweit gekommen, das einmal zu erleben. Hier bei uns drückt man ihnen Geld in die Hand, lässt sie frei entscheiden, weil das hier ein freies Land ist, und dann steht auf der Strasse so eine S-Klasse, und sie müssen nur winken und einsteigen. Ihr Mercedes ist dann deutlich grösser als der, den ich gerade fahre. Und dass sie ihn anstelle der günstigen Bahn nehmen, liegt nicht an ihren traumatischen Erfahrungen oder an ihrem Kampf gegen heimische Despotien. Sondern nur am Mercedes.

So ist Afrika. Ich glaube, es ist eine unfassbar grosse Versuchung, aus Eritrea oder Somalia zu kommen und dann die Möglichkeit zu haben, das zu tun. Keiner in ihrer Familie wird das je getan haben, und hier bekommen sie das Geld und können es sich leisten. Einfach so. Zumindest dieses eine Mal. So wie manche sich hier bei uns einen Rolls Royce für die Hochzeit mieten oder Urlaub in einem Hotel machen, das echte Kronleuchter statt ihrer heimischen Ikealampen hat. So, wie man sich hier eben auch manchmal etwas leistet, das vielleicht nicht klug, aber nachvollziehbar ist. Muss es eine handgenähte Hirschlederhose für 2000 Euro sein, braucht man versilberte Felgen, muss eine Aktivisten den neuesten, teuren Rechner einer Firma haben, die Menschen wie den letzten Dreck behandelt?

Sehen Sie, ich bin kein Aktivist. Ich schaue mir etwas an, denke manchmal sogar darüber nach und schreibe es auf. Deshalb komme ich nicht in Gefahr, aus ein paar über die Stränge schlagenden Kerlen aus Afrika, die höchstens in der Schulerzeitung kritisch geschrieben haben können, die immer gleichen Behauptungen von unfassbar schlimmen Bedingungen vorbringen zu müssen, die sie traumatiert etwas weniger Kluges machen lassen. Ich muss nichts rechtfertigen. Ich muss niemanden überhöhen oder sein Leid, so vorhanden, aufbauschen, und dann riskieren, dass der Verfolgte zuerst einmal den Wunsch hat, dass sein Mercedes grösser als meiner ist – und ich irgendwann nicht meht formschön erklären kann, warum das SEK kommt, um wie in Suhl Leute davon abzuhalten, jemanden wegen eines Korans zu lynchen. Und wie der letzte Depp dastehe, und mir keiner mehr glaubt und mich jeder auslacht. Hallo sog. "Kollegen" von Zeit und Süddeutscher Zeitung, Euch meine ich: BWAHAHAHAHA. Gestern wart ihr noch Charlie und heute versteht ihr Lynhmobs. Aber das heisst eben auch, dass ich mit meiner nichtaktivistischen Haltung so etwas menschlich nachvollziehbar einordnen kann.

Die grosse, weisse S-Klasse ist noch lang nicht ausreichend, um ernsthaft “Ausländer raus” zu rufen – die Flüchtlinge bekommen ein Taschengeld, und beim Taxler im Mercedes ist es mir lieber als beim nächsten Schlepperverbrecher, der organisierte Massenmorde wissentlich in Kauf nimmt, oder beim Junkfoodproduzenten. Es ist ein Mercedes und kein japanisches Auto und es ist doch schön, wenn auch in Somalia die deutsche Arbeit geschätzt wird. Die grosse, weisse S-Klasse ist auch noch lang nicht ausreichend, um ernsthaft “Refugee welcome” zu rufen – weil sie den ganzen Aktivisten klar macht, dass die sozialen Zielsetzungen der Migranten keinesfalls den Idealen der Weltrevolution und der gerechten Verteilung aller Güter entsprechen müssen. Ich fahre ja auch einen Mercedes und lache, wenn es in Berlin Hipster auf Schrotträdern zusammenduscht. Ideologie füllt, egal ob rechts oder links, keinen Tank. Wenn ich Vollgas gebe, säuft mein Mercedes über 20 Liter auf hundert Kilometer. Das zahlt kein Marx und keine Le Pen.

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Samstag, 15. August 2015

Das letzte Hemd und das drittletzte Pinarello

Ein paar Repräsentanten des alten Westens sind über die letzten Monate gestorben. Das macht schreibfaul und nachdenklich. Manches Haus wird inzwischen schon weggerissen, denn die Erben haben es eilig. So gross ist der Altersunterschied zu mir übrigens auch nicht mehr, mehr so "im niedrigen zweistelligen Bereich". Ich habe mir sagen lassen, dass es dazu gehört und man mit dem zufrieden sein muss, was man hat.

Oder auch weniger.

Jedenfalls war ich die Tage im Keller, wo die Radschätze funkeln, und da ist mir das Pinarello aufgefallen.



Aufgebaut, restauriert, erheblich stabiler und einsteigerfreundlich gemacht, weil es ja für die Gäste ist, die dann aber doch andere Räder genommen haben. Es läuft hübsch und gut und war zu seiner Zeit 2001 als obere Mittelklasse fein, aber hier stehen nun nochmal ganz andere Dinge herum. Und so ist das immer mal wieder ergänzt und verbessert worden, aber nie wirklich gefahren.



Normalerweise würde man es zerlegen und dann in Einzelteilen lagern oder verkaufen, zwecks des Geldes, das dann mehr fliessen würde, aber das wäre auch schade - schliesslich ist es ganz nett ausgewogen, so wie es ist. Es steckt Arbeit drin, und daran gehe ich ungern mit dem Bolzenschneider. Ausserdem müsste, wer immer es wieder zusammenbaut, dann auch wieder rumbasteln. Zeit vergeuden. Und das Leben ist doch so schön. Und so kurz.



Ausserdem hat es ja auch so seine Macken, und daher lohnt es sich kaum, das dann wieder mit teuren Einzelteilen zu restaurieren. Die Aufkleber lösen sich, und die bei Ebay nachzubestellen und zu verkleben, sollte dem neuen Eigner eigentlich Arbeit genug sein, bevor es ins Blaue geht.



Ja, so ist das. Es löst sich der Aufkleber vom Rad, der Geist vom Körper und am Ende die Buchstaben vom Grabstein. Das sollte uns zu denken geben. Ich war jedenfalls draussen und bin es nochmal gefahren, und es ist ein gutes Rad. Ich habe es nicht so benutzt, wie es sein sollte, aber dafür habe ich gelebt und das ist ja auch etwas wert.

Es ist ein seltsames Gefühl, ein Rad zurück in die Bucht zu werfen - ich denke, ich werde es sorgfältig legen und es soll ja auch hübsch aussehen, wenn es davon schwimmt zu anderen Gestaden. Es ist aber schon mal eine gute Übung für all das, was - hoffentlich, recht sicher, fast garantiert - reichlich später kommt.

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