Die Haut

Die letzten paar Reisen bin ich in Italien gewesen, ohne Tierhaut zu erwerben. Ich esse bekanntlich kein Fleisch, was in Italien manchmal die Auswahl erschwert, aber nachdem leder ohnehin bei der Fleischprodujtion anfällt und ich nicht gerade mit Jesuslatschen herumlaufen möchte, greife ich gemeinhin zu Lederschuhen. Besonders in Italien. Bis vor zweieinhalb Jahren.

Danach sass die Copilotin auf dem Beifahrersitz und kümmerte sich beim Schuhkauf um Standards. Meine Füsse sind nicht gleich gewachsen, was die Suche nach passenden Schuhen erschwert, und seit einem Missgeschick mit meinem kleinen Zehen ist die Auswahl noch enger geworden. Ich unterscheide Schuhe nach den Kriterien "passt", was selten ist, und "passt nicht", was die Regel ist. Legt man nun den Qualitätsfilter der Beifahrerin drüber, die Leder, Nähte und Machart besonders begutachtet, bleiben eigentlich nur extrem teure Schuhe übrig, die sich bei mir aber nicht lohnen, weil ich sie mit meinen unterschiedlichen Füssen und Druckpunkten so oder so schleunigst ruiniere. Wirklich. Ich habe eine Menge Erfahrungen mit Schuhen von Bally: Es macht keinen Sinn. Eigentlich wäre ich der ideale Kunde für Moonboots im Winter und Plastiksohlen im Sommer. Wie auch immer, die Copilotin blickte jedesmal streng drein, wenn meine Hand nach minderwertigen Lederwaren griff, und so liess ich es dann auch bleiben, während die Copilotin jedesmal viel Platz für eigene - aber das ist eine andere Geschichte. Wie auch immer, diesmal lag Nebel über dem nördlichen Gardasee, wir hatten noch 2 Stunden Zeit, um den Jaufenpass 3 Stunden nach der offiziellen Schliessung zu erreichen, und so versuchten wir es erneut an einem Ort, den die Copilotin schon bei einem ersten Versuch als nich angemessen eingestuft hatte, und siehe:



Es gibt sie noch, die Schuhe, die mir zusagen und passen, der Copilotin zusagen, preislich nicht gleich auf dem Niveau des Hauses B. liegen und obendrein durch Handarbeit einen scheingebrauchten Touch haben. Manche werden sagen, dass zweifarbige Budapester ein wenig aus der Mode sind, aber unmittelbar davor bin ich die Gardesana hoch und habe beschlossen, dass ich dieselbe im Sommer gerne mit einem Wagen fahren möchte, der exakt zu diesen Schuhen passt. Vielleicht probieren wir auch ein gebloggtes Wettrennen aus: Ich und die Copilotin rasen in einem Audi R8 von Frankfurt aus durch die Schweiz nach Monte Carlo, um dort 50.000 Euro im Spielkasino zu verjuxen, und in Frankfurt hat ein Zocker ebenso lang Zeit, seine 100.000 auf ebenfalls 50.000 Euro zu reduzieren. Das wären dann die passenden Schuhe.



Und ausserdem gab es, auch hier wieder ohne Widerspruch, in Italien den passenden, gebrauchten Koffet für das Bare: Innen Hirschlederfutter, aussen Rindsleder, offensichtlich keine Fabrikware, Messingbeschläge und genau die Art Koffer, in denen der Mafioso dem Politiker einen Besuch abstattet. Und weil meine diversen Uhren bislang in einem Fach des Koffers auf dem Gepäckträger grossen Risiken ausgesetzt waren, fanden wir in einem kleinen, genau richtig riechenden Handwerkerbetrieb gleich an der Engelsburg auch noch eine spezielle Tasche für Uhren, Karten und einem Extraband für Manschettenknöpfe für, man darf das gar nicht laut sagen, jedenfalls: Die Zeiten, da ich Angst haben musste, die Rolex könnte die Longines zerkratzen, sind durch Einzeltäschchen aus Hirschleder erst mal vorbei.



Und dann war da noch die vorletzte Unterkunft, in der man alles hätte mitnehmen können, in der nichts Schlechtes oder - mit Ausnahme von Matratzen, Bettzeug und ähnlichem - Neues zu finden war, in der man inmitten der Familienerbstücke residiert. Die Copilotin sah es und meinte, es würde mir sicher gefallen, und abgesehen davon, dass so ziemlich jeder Gegenstand mich daran gemahnte, dass ich so etwas nicht habe, oder solche Ideen nicht hatte - der Computer etwa war hinter einen Paravent verborgen, und den Mut, einen Tisch in Hellblau und Gelb zu streichen, hätte ich nicht - mal abgesehen von diesen, auf mich selbst zurückzuführenden Makel fand ich es wirklich grossartig. Da waren etwa zwei kleine Terrinen auf der Anrichte, die, ach... In Mantua stand ich dann vor dem Schaufenster eines Juweliers, und dort standen sie dann, erstklassige Nachschöpfungen barocker Originale einer französischen Firma, die es seit zwanzig Jahren nicht mehr gibt und deren feinste Produkte nach längerer Zeit im Lager 2009 zum Preis von 1979 angeboten wurden. Ideal, wenn man etwa im Sommer draussen Erdbeerquark...

Bleibt nur eine Frage, auf die ich keine Antwort weiss: Warum habe ich nur zwei genommen? Aber demnächst bin ich wieder dort, und wenn ich dann nach der ganz grossen Anschaffung und deren Reparaturen und sonstigen Kosten noch Geld haben sollte, werde ich dort nochmal vorbeischlendern. Denn das Leben ist für Bescheidenheit viel zu kurz, und wenn man alt und krank ist, hilft einem auch die schönste Terrine nicht weiter.

Dienstag, 14. April 2009, 00:29, von donalphons | |comment

 
Freudscher Verschreiber
Aber so ein schöner: "...wenn meine Hand nach minderwertigen Leserwaren griff..." Herrlich!

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oh pardon
Jetzt stimmt es wieder. Nie würde ich Leser als minderwertig bezeichnen!

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Na, ich dachte da mehr an minderwertige Bücher, denen (nach Deinen Beschreibungen) ja weder Du noch die Frau Co-Pilotin etwas abgewinnen könnten (siehe zweites Photo, ist's noch was historisches im Bezug auf die Romfahrt?).

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Homers Odyssee und ein Vergil, beide so um 1800.

Alte Bücher sind in Rom übrigens enorm teuer.

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Dann nehmen wir welche von deinen mit und verscheuern die da unten. HAR HAR HAR

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Abgesehen davon, dass die auf meinen Viertvergil 400% draufschlagen würden: Ich hatte nicht den Eindruck, dass dort jemand kaufen würde. Aber wir können Dich ja mal ein Jahr unten lassen und dann schauen. HAR HAR HAR.

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In Italien gibts günstig iPhones. gnihihi

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Ach wirklich? Und wozu?

Was mich übrigens schwer überrascht hat: Das Telefonino wird inzwischen gar nicht mehr so oft benutzt. Da hat sich wirklich was gebessert.

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Wozu? Du willst wirklich wissen, wozu? Internet! Das ist das, was auch MacBooks können.

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Die haben den Trend mit dem Dauergesabbel möglicherweise an Reisende in der zweiten Klasse der Deutschen Bahn abgegeben.

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Da finde ich erste Klasse DB schlimmer. Kommt mir immer vor wie gehobenes Prolltum - wir haben ja dafür gezahlt... Alleine das Essen vom Schaffner an den Tisch. Irgendeiner in den 2 Reihen vor oder hinter ist immer am schmatzen.

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ich fahre ja gerne Auto. Da ist man allein, und ganz ehrlich: Das ist es mir dann auch wert. Gerade wegen sowas. Und wenn sie dann im Flieger sind, wird das auf offline betrieben. Ich fahre wirklich gerne Auto.

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Solange ich nicht ankommen muss, fahre ich auch gerne Auto.

In der ersten Klasse, beim Upgrade-Gutschein-Abfahren, bin ich allerdings noch nie so dauerhaft belästigt worden, wie in der zweiten.

Eine dritte Klasse, das wär was.

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Sollte ich lieber nen Kombi nehmen? ;)

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Ich habe heute Nacht 400 Liter erworben. Und eine Rücksitzbank! Wir werden Italien gotisieren.

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Yippie! :D

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Wenn nicht gleich gewachsen
sich vor allem auf die Länge und rel. Breite bezieht, bieten Meindl und andere den Service an, gegen ca. 20% Aufpreis ein Paar Schuhe von der Stange für jeden Fuss in der passenden Größe zu liefern. Falls vorhanden, kann man bei einem guten Schuhhändler je 1 mitnehmen und der ergänzt die Singles dann durch Nachbestellung.

Ob die Treter dann zum Rest-Equipment passen, ist eine andere Frage. Doch wozu gibts die Abwrack-Prämie und derentwegen notleidende ambulante Altauto-Händler in Hamburg, Frankfurt, Berlin...

Auch möglich wäre schottische Krisen-Bescheidenheit:

You don't want no stand-by pair
'Cos these'll take the wear and tear
Made to take good care of you
For that trip by road or rail
For extra grip on those rocky trails
You're gonna need a quality shoe

Now they maybe ain't too hot for dancing
But I don't foresee too much of that
You ain't exactly gonna be prancing
Around in the moonlight
With a cane and a top hat

Mark Knopfler, Quality Shoe

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Schöne Schuhe. Wirklich. Wenn man so etwas findet, kauft man am besten gleich zwei Paare. Ich habe mir vor etwa fünfzehn Jahren (nur) ein Paar für mich perfekter Schuhe in Italien gekauft, die ich noch immer trage. Ein fähiger und bemühter Orthopädieschuhmachermeister macht es-wie auch regelmäßige Lederpflege- möglich. Mal sehen, wie lange sie sich erhalten lassen.

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15 Jahre ist ein guter Schnitt. Das schaffe ich absolut nicht, unter gar keinen Umständen. Und das heisst nicht, dass ich Schuhe nicht pflegen würde - es passiert eben, egal wie gut und teuer sie sind.

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Nun, nachdem ich es vor der Abwrackprämie in England rette, dürfte es schon passen. Eine Weile musste ich speziell gefertigte Schuhe tragen, aber das hat das Problem auch nicht verkleinert. Im Prinzip ende ich immer bei der gleichen Kosten-Nutzen-Rechnung.

Ansonsten würde ich überlegen, welche Schuhe man braucht, sollte es wirklich so düster werden, wie es gerade aussieht. Stahlkappen vielleicht.

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Was wohl? Sicherheitsschuhe nach EN ISO 20345. Die Zeiten werden hart und die Löcher in den öffentlichen Kassen werden ihr Pendant in Schlaglöcher haben.

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Wenn das so wird wie in Italien, empfiehlt sich auch der Erwerb eines alten Land Rover. Das war wirklich schlimm.

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Wenn das Geld für so einen Säufer noch langt.

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