Pirat anstelle der Piraten

Ich möchte Wahlalternativen und keine Vielversprecher, denen alles andere wurscht ist. Das habe ich vor einer Wahl über die Piraten geschrieben, die einem Sozialdemokraten wirklich nicht leicht gefallen ist. Und aus meinem anderen Erfahrungsschatz würde ich hinzufügen: Ich würde nie eine Partei wählen, in deren Spitze jemand ist, der sich philosemitisch-überidentifiziert an meine Leute ranschleimt.

Ich weiss explizit nicht, ob das ein Deutscher gezielt macht, der sich von Stefan in Aaron umbenennt - aber der muss noch nicht mal Broderist sein, um für mich inakzeptabel zu sein. Es gibt da genug hauseigene psychisch schlimme Fälle. Wir brauchen keinerlei überidentifizierte Schleimbatzen mehr, egal aus welcher politischen Richtung - und ich denke auch, dass Leute, die sich entsprechend umlabeln, ungeeignet sind, ernsthaft über was auch immer zu debattieren.

Neben der menschlichen Peinlichkeit so eines Verhaltens, das allenfalls zwischen 1933 und 45 mutig gewesen wäre, bleibt da noch die politische Dimension dieses rechtslastigen Ausrutschers auf dem Oberdeck des Piratenschiffs: Es ist ja leider nicht das erste Mal, dass rechte Kräfte sich bemühen, die schmale ideologische Nerd- und Geekbasis der Piraten unter ihre schmierigen Füsse zu bekommen, was um so leichter ist, je weniger sich die Partei inhaltlich festlegt. Man sollte denken, dass man über gewisse Selbstverständlichkeiten wie Freiheit der Religionsausübung nicht mehr gross debattieren muss, und dass gerade einem selbstgebastelten Aaron ach bewusst sein sollte, dass man dafür eben auch die entsprechenden Einrichtungen braucht - sonst kommt das nächste braune Arschloch auf die Idee und lässt jüdische Ritualbäder verbieten, um die Schweizer Hetzer mal ein wenig weiter zu denken. Aber offensichtlich denkt man da falsch, wenn man es mit den real existierenden Piraten komischer Art zu tun hat.

Ich glaube nicht mal, dass dieser angebliche Aaron in dieser Partei eine Mehrheitsmeinung vertritt, und ich hoffe, dass es dort auch die enstprechenden Reaktionen gibt. Solche Leute über Bord werfen ist die eine Sache, die andere wäre es aber, ihnen mit einem klaren, breit aufgestellten Programm zu erschweren, sich dort weiter auszubreiten. Es kann durchaus sein, dass man damit etwas an Breite verliert, aber diese Positionen sind sicher nichts, was eine Partei mit halbwegs denkenden Menschen dauerhaft aushalten kann, egal wie wichtig Partikularinteressen sind.

Ausserdem wollen die auch gewählt werden - und da ist es den Wählern sicher wichtig, welche Personen da in Ämter kommen wollen. Irgendwelche Mogelpackungen, auf denen Freiheit steht und der Inhalt sofort auf die Bremse tritt, wenn es um die Freiheit anderer Leute geht, werden die Piraten sehr schnell an den Abgrund bringen: Denn nichts und niemand kann garantieren, dass Mandatsträger jene Politikfelder, die die Partei ignoriert, nicht selbst nach Gusto beackern. Aber um das nach draussen zu zeigen, muss man die entsprechenden Ausleger auch konsequent auf Linie bringen. Oder eben feuern. Was als politisches Signal sicher die deutlichere Variante wäre.

Dienstag, 1. Dezember 2009, 17:51, von donalphons | |comment

 
Kurzbeschreibung der Piraten...
...in meiner Heimatstadt:
1) rechts, aber nicht braun;
2) antifeministisch (richtig frauenfeindlich) und deshalb nicht in der FDP.

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...vielleicht nicht braun, ein Halm im Zeitgeistwind!
Ich habe mir diesen Text mal angesehen. Das ist ein Tiefflieger, der, auch wenn man seinen Kontext mitberücksichtigt, wohl eher um Aufmerksamkeit für sich und sein Blog bemüht zu sein scheint. Dass ein Gedanke auch die Dimension ,,Tiefe" haben kann scheint dem nicht bekannt zu sein.
Deiner Bewertung, solche Figuren in einer Partei als KO-Kriterium für die Nichtwahl zu etablieren, kann ich nur zustimmen. Für mich selber ist eh klar, dass ich eine Partei, die nicht dezidiert und unkorrumpierbar anti-neoliberal ist, nie wählen würde. Die momentan mit solchen Flachpfeifen gewürzte Suppe müssen die Piraten erst mal verdauen.
Obwohl ich diesem Werbefuzzi Matt von Jung ungern zustimme: Burschen wie dieser König, wie die Achse des Guten oder gar Politically Incorrect sind wirklich das Internet-Klo.

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naja Klo nicht, eher Durchfall.
und die Achse des Guten, PI und Konsorten haben es zumindest schon in die Uni geschafft, zum Thema Anti-Muslimischer-Rassismus, es tut sich also noch was.
Ja, solche Flachzangen sollten schnell auf dem Altmetall enden bevor sie im Getriebe landen...

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Danke, mit Durchfall kann ich eher leben als mit solchen Hasspredigern. Es ist einfach ekelhaft: da wachsen junge Leute hier auf, bügeln Handicaps aus und werden ein Teil von ,,uns" (was immer das sein mag) - und werden dann brutal zurückgestoßen. Nur weil ein Teil von Ihnen (den sie schon selber als teilweise fremdartig zu assoziieren begonnen haben) entwurzelt sich an eine groteske Karikatur der eigenen Heimat/Herkunft klammert.

Das wäre so, als ich in meinem ganzen Leben stets für einen SS-Schergen mich hätte halten lassen müssen, nur weil dieses Segment/Fragment von ,,uns" zeitweise die meiste Aufmerksamkeit erheischen konnte.

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...weitere Hinweise
Hallo,

ich sehe gerade (Links könnte ich erst heute ab 19 Uhr liefern) dass es da gerade interessante Querverbindungen gibt: dieser Aaron schleimt sich dort an neoliberale Positionen heran, die offenbar im geschürten Hass auf vermeintliche ,,Islamisten" ein vielleicht nötiges Instrument für vielleicht kommende härtere soziale Auseinandersetzungen sehen. Die soziale Hängematte trägt ja nichts mehr seit wir unser Volksvermögen zur Rettung der Reichen (HRE u.a.) ausgegeben haben.

Diese Positionen sind einerseits verbandelt mit der ,,Neuen Rechten", andererseits mit der Avantguarde der Totalitarismusforscher. Unsere neue junge Kraft, Kristina Köhler, arbeitete bisher wohl wesentlich an der Integration von Wählern der Neuen Rechten im Sinne der CDU Hessen. Es wurde erwähnt, wie gekonnt sie sich mit NPDlern die Bälle zuwarf auf einer Veranstaltung gegen den Bau einer Moschee in Wiesbaden.
Einer dieser Totalitarismusforscher ist der Doktorvater einer weiteren jungen Kraft, Frau Everts (noch SPD), die soeben im gleichen Wiesbadener Umfeld der hessischen CDU aufsehenerregende Karriereschritte hinbekommen hat.
Dass diese Subkultur systemisch relevant wäre möchte ich nicht behaupten. Systemisch verbandelt erscheint sie schon.

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Es war ja klar, dass aus Hessen nichts Gutes kommen kann - auch wenn die Frau mit Twitter vielen Iwitioten positive Resonanz hat (eine von uns! Hach!). Grässlich.

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fdp goes broderline goes uni.
schade aber auch.

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Im Alter dunkeln sie nach, wie die braun werdenden Blätter. Wundert mich jetzt aber auch nicht besonders. Gerade zwischen der "libertären" Ecke der FDP, PI und Broder gab es ja schon genug Verbindungen.

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Zur FDP mag ich nichts sagen. Außer vielleicht dass ich es kaum fassen kann dass die als liberale Partei durchgeht.
Was diesen Aaron und Frau Dr. Köhler angeht, die ich beide nicht persönlich kenne, sagt mir meine Nase (also bloß eine Vermutung), dass die auch Lafontaine wählen würden käme es denn der Karriere zugute. Das neue Rechte erscheint so eher als Werkzeug der Saison, es könnte auch ein anderes geben.
Sagt bitte mal an, Ihr Insider: wie findet solch ein ,,Medienunternehmer" eigentlich seine Kunden? Ist für so Einen das Schweizer Ergebnis ein starker Hinweis auf einen neuen Markt?

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