18 statt 14

Da ist dieses Gefühl, dass man niemandem trauen kann. Weder den Russen noch den Amerikanern, und den diversen Konfliktparteien im Nahen Osten sowieso nicht. Da ist diese Ahnung, dass der nächste Kalte Krieg multilateral und klassenübergreifend sein wird, nicht mehr eine ideologische Konfrontation, sondern ein von Einfluss und wirtschaftlichen Eroberungen getriebener Bürgerkrieg, der nur deshalb "Bürger" heisst, weil die dabei drauf zahlen. Die Gewinne werden für die Sieger und Profiteure natürlich weiter sprudeln, und während alle nach Gaza und Doneszk starren, zeigt sich, dass die schönen Stresstests der Banken in Europa nur insofern stimmen, als sie mit jenen falschen Annahmen richtig rechneten, die dafür ausgelegt wurden. Wir haben das eine Weile übersehen, es ging uns ja gut dabei.



Fast 300 Menschen, die vom Himmel geschossen werden, ändern das natürlich, und sollten es die Russen gewesen sein, dann erinnert ihre Reaktion an jene, die die USA dem Iran zukommen liessen, als sie während des ersten Golfkriegs eine zivile Maschine abschossen: Leugnen, Ausreden suchen, kein Wort des Bedauerns. Auf dem Niveau sind wir angekommen. Jetzt also wirtschaftliche Sanktionen als Antwort, und ich habe wenig Zweifel, wem die betroffenen Firmen ihre Rechnungen präsentieren werden, sofern sie nicht ohnehin schon früher den Zukunftsmarkt Russland verlassen haben. Nicht mehr vereint arbeiten Blöcke gegeneinander, jeder einzelne Söldner von Nation und Kapital schaut zuerst, wo er bleibt, und welchen Preis er verlangen kann. Die Methoden werden fieser, und was man sich vor einem Jahr nicht vorstellen konnte, ist nächstes Jahr dann vermutlich längst gelebte Praxis. Man wird sehen, wie viel Zypern die Griechen als Antwort auf ihre neuen Bitten um einen Schuldenschnitt erhalten werden.



Natürlich, 1914, werden manche sage, aber ich sage eher 1618 und nöchte zu bedenken geben, dass die Auflösungstendenzen, die letztlich den 1. Weltkrieg beendeten, den 30-jährigen Krieg erst so lang und unlösbar haben werden lassen. Wenn man bedenkt, wie schwer es war, den auseinander brechenden Balkan halbwegs friedlich werden zu lassen, dann ahnt man vielleicht, wie widerlich das alles wird, was da noch kommen mag.

Trotzdem nehme ich das neue, fertige und wieder hergerichtete Colnago mit in die Sommerfrische, werde mich mit Freunden herumtreiben und so tun, als ginge mich das alles nichts, gar nichts an. Und schreibe über die Liebe und ihre Wege. Darüber wird generell zu wenig geschrieben, also nicht nur in der FAZ, sondern auch im Kommentarblog.

Donnerstag, 24. Juli 2014, 04:58, von donalphons | |comment

 
Schwenken Sie jetzt auch in den Kanon der "Qualitäts"presse und schieben alles "den Russen" in die Schuhe? Bitte nicht.
Nicht nur Kompa meint recht logoisch: "Obwohl es für Moskau nicht das geringste schlüssige Interesse geben kann, zivile Passagiermaschinen vom Himmel zu holen oder Verbündete bei derartigem Terrorismus zu unterstützen, titeln unsere deutschen “Qualitätsmedien” unisono gegen Putin."

... link  

 
Ich warte, aber dass Putin ein widerlicher Socken ist, steht doch seit der Krim ganz ausser Frage. Und ich glaube auch nicht, dass der ehemaligen Spion eines Terrorregimes schlecht wegen 300 Toten schläft.

... link  

 
So kompliziert ist es nicht: dass es ein Zivilflugzeug erwischt hat, war Künstlerpech, die Schützen haben sich vertan. Die Heiligsprechung Putins muss noch warten.

... link  

 
Die einen haben ihren Putin. Die anderen hatten ihren Rumsfeld als psychopathischen Socken und pflegen überhaupt ein von Industrieinteressen gesteuertes Militär, die beide dringend nach neuen Aufgaben zur Existenzrechtfertigung suchen.
Putin macht Machtpolitik. Wenn wir uns mal zurücklehnen und das Ganze aus der Perspektive eines "Risiko"-Spielers beobachten, unter Berücksichtigung der Entwicklungen seit ca. 1988, kommt man m.E. schnell zu dem Schluss, dass das Verhalten der Akteure nichts weiter ist als die Fortsetzung des bisherigen Ringens um Macht und Einfluss und v.a. Rohstoffen. Nur mit weniger Ideologie als früher, die Oligarchen fahren halt heute lieber Cayenne als Lada. Und mit besserem Marketing bzw. besserer Agitation, die heute halt über Bilder, abgehörte Telefonate, Filme, Twitter, Forenbeiträge, und immer noch ein bisschen über Presse läuft.

Man spürt auch grad bei der Presse förmlich, wie so mancher wohlig wieder in die alten Haltungen zurückschnappt. Böse Russen, böser Ostblock, wir die Guten, wie herrlich einfach war das doch. Da wird man doch wieder jung, da schreibt man wie früher, hach! Das Leben ist kompliziert genug, da ist es doch schön, mal undifferenziert an die Sache ranzugehen.

Das ist ein bisschen zynisch und macht es für die Opfer nicht besser, aber ich fürchte, das ist die traurige, schäbige Wahrheit. Es geht um Öl, Geld, Kohle, Erze, Macht, vielleicht noch Ackerland (die Krim hat einen ganz besonderen Boden), und die auseinandersetzung wird nicht nur mit Schusswaffen und Panzern geführt. Der Flug und die Aufklärung der Ereignisse drmherum wurde und wird dazwischen zerrieben.

... link  

 
Die Presse hat das Flugzeug nicht abgeschossen. Wer sich derzeit einen Gefallen tun will, kann nur jeden Eifer beiseite lassen, auch die Nummer mit dem übertriebenen Verständniseifer für Wladimir Wladimirowitsch.

... link  


... comment
 
Amerika verhält sich auffällig ruhig, wahrscheinlich weil sie eine solche 'Glanzleistung' auch schon mal vollbracht haben. Es gab danach zwar keine Entschuldigung, aber zumindest Entschädigungszahlungen. Das ist diesmal kaum zu erwarten.

... link  

 
Die FAZ beschuldigt Putin explizit des "Massenmordes".
Ohne jeden Beweis.
.
Und das kommt von der selben schreibenden *Personengruppe* die CIA-"Erkenntnisse" nie hinterfragt, die USA für einen Rechtstaat hält und die Folter im Zweifelsfall für Notwehr hält.
.
Ich kann mich schon gar nicht mehr empören. Empörung bedeutet ja, an jemandes Moral zu appellieren. Das tut man, solange man die Vermutung hat, jemand hätte eine solche und diese im Moment nur nicht befragt.
.
Aber im Zeitalter von Guantanamo und NSA weiss ich wirklich nicht mehr, was einen, sagen wir, Lammert oder Steinmeier von einem KGB-Spion unterscheided. Nach mener jetzigen faktengestützten Einschätzung würden die alle ohne mit der Wimper zu zucken über 300 Tote gehen.
.
Nicht vergessen, das Böse ist banal.

... link  

 
Es ist alles so unendlich widerlich.

... link  

 
Vermutlich haben es die meisten schon gelesen, aber ich verlinke trotzdem den Artikel von Bröckers auf Telepolis: http://www.heise.de/tp/artikel/42/42386/1.html
Der bringt eigentlich auf den Punkt, wie man zur Zeit mit "Informationen" umzugehen hat. Dann muss man auch nicht mehr kritisches Hinterfragen mit Verständniseifer verwechseln, es sei denn, man ichwillichwillichwill das unbedingt. Mei.

... link  

 
Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren..."
Verarbeiten von all dem, was da rundherum abläuft, ist ohne innere Radikalisierung und/oder Schadennehmen kaum mehr möglich.

Ich frage mich aber immer öfter, was ist von der ganzen 68er - Bewegung übriggeblieben, hier in Europa wie in den USA, wofür sind wir damals auf die Strassen gegangen, haben gegen Pershing II demonstriert etc. p.p., wofür sind in Amiland gegen Vietnam und sonstwas demonstrierende Studenten im Kugelhagel der Polizei gestorben?

Caroline Emcke - 2008 - sollte man nochmal lesen:

http://www.bildblog.de/nicolaus-fests-verkleideter-rassismus/

.

... link  

 
Was Putin für einer ist, liess sich seit 1999 erahnen, als in Moskau mehrere Wohnblöcke explodierten, was dann den Vorwand für die Rückeroberung Tschetscheniens dastellte.
.
Und sein Ziehvater Jelzin hat einmal mit Panzern ein gewähltes Parlament auseinandergeschossen. Diese Aktion kostete über 100 Tote und brachte ihm ganz viel Beispiel aus dem demokratischen Westen. Hauptsache die bösen Kommunisten kommen nicht wieder an die Macht!
.
Also man fragt sich wirklich, worauf man früher eigentlich seine Illusionen so mauerte. Es war nie besser und wer zum Mord nicht fähig ist, hatte in der politischen Klasse noch nie was verloren.

... link  

 
Wie muss man jetzt das SPIEGEL-Titelbild und den FAZ-Kommentar bewerten?
.
Als eine aktive offensive Selbst-Immunisierung gegen Tatsachen. Der politisch-mediale Komplex macht der ganzen Welt (also dem Putin draussen und der 5. Kolonne im Inland) unmissverständlich klar, dass er seine Sicht der Dinge von jetzt an nicht mehr von irgendwelchen "objektiv" oder "unabhängig" erbrachten Tatsachen mehr abhängig machen wird.
.
Man hat die Brücken hinter sich abgebrannt.
.
Wenn jetzt noch rauskommen sollte, dass es eigentlich das ukrainische Militär war, das den Flieger abgeschossen hat, dann hätte auch das keine Beudeutung mehr.
.
Wenn der Putin bisher geglaubt haben sollte, eine solche Wendung könnte ihm nützen, dann hätte er sich getäuscht!
Auch wenn er es nicht war, können wir es ja trotzdem so hinstellen!
.
Und er soll sich mal nicht darauf verlassen, dass wir das dann nicht auch tun. Doch, dazu sind wir durchaus bereit.
.
Das ist die Politik, an der FAZ und SPIEGEL voller Begeisterung mitwirken.

... link  

 
@Melonenhut. „Kritisches Hinterfragen“ gibt ein besonders stattliches Bild ab, wenn man allen üblichen Verdächtigen dieselben kritischen Fragen auf die Bemme schmiert, die moralische Riesenlatte eben nicht nur an die anlegt, deren Werte man sowieso verabscheut. Mehr wollte ich nicht sagen.
(Übrigens, was „die Presse“ gerade verzapft, habe ich nicht verfolgt. Welche politischen Sanktionen die Moralverwalter im Begriff sind sich auszudenken, ebenfalls nicht.)

... link  

 
Don Alphonso müßten wir mal eine liebenswerte Freundin aus Kiev verschaffen, eine mit vernünftigen Ansichten, d.h. Ansichten, die von den Realitäten ausgehen, u.a. von der Tatsache, daß die Ukraine ein Staat ist, in dem es 100 ethnische Minderheiten, mehrere religiöse Gruppen gibt, wobei einige nur des Hasses wegen existieren, daß der Staat aus Territorien besteht, die erst nach dem ersten bzw. dem zweiten Weltkrieg zur Ukraine gehören, der größere Teil bis vor hundert Jahren noch zum Zarenreich gehörte und dieses Land noch gar nicht existierte. Don Alphonso berichtet dann aus der Ukraine, so wie er es schon aus Südtirol getan hat, das auch ein klein bißchen Ukraine ist, also ein Gebiet, das eher widerwillig zu Italien gehört, und im Falle einer Sezession Siziliens gegen die Mobilmachung protestieren würde, wie es im Augenblick die rumänischen, ungarischen und ruthenischen Volksgruppen in der Ukraine tun, denen es vollkommen am Arsch vorbeigeht, wenn sich Galicier und Russen gegenseitig die Fresse polieren.

... link  

 
Ergänzung: Marina Weisband meine ich nicht. Es gibt vernünftige Menschen sogar in der Ukraine.

... link  

 
Es gibt leider überall diesen Typus "Macher", dem es völlig egal ist, ob sich andere Menschen wohl fühlen oder nicht - Hauptsache ist, alles läuft nach seinen Plänen. Solche Figuren gibt es im Osten wie im Westen. Und überall finden wir Militärs, die der Meinung sind einen atomaren Krieg gewinnen zu können. Und Industrielle, denen es völlig egal ist, ob Angestellte und/oder Bevölkerung verseucht, verstrahlt oder sonst was passiert - solange es nicht auf sie zurückfällt und nicht vor ihrer Haustür geschieht, ist alles in Ordnung. Und wir haben überall Bürger, die für solche Menschen "Hurra" schreien oder "Heil" oder was gerade in Mode ist. Deshalb halten sich solche Typen überhaupt.
Alles selbstgemachte Probleme. Eigentlich mag man gar nicht mehr die Nachrichten angucken. Lügen und Betrug überall.

So, Weltschmerz ausgeschüttet, nun muss ich die Kohlen für den Grill anheizen.

... link  


... comment