Real Life 13.07.06 - Die Naturgewalt

Er braucht nur eine Gummidichtung. Er trägt sie lässig, das Holzfällerhemd ist hochgekremüelt und gibt den Blick auf dicht behaarte Oberarme frei. Ein paar Tatoos hat er auch, und seit seiner besten Zeit, Ende der 50er, hat er seine Frisur nicht mehr gewechselt. Der Hals ist dick und kurz, der Körper gedrungen und kompakt, aber nicht fett. Ein Akkordler aus der grossen Fabrik wahrscheinlich, der vor ein paar Jahren ausgestiegen ist. Solche Leute steigen mit bis zu 200.000 Abfindung in den Vorruhestand aus. Den Rest ihrer Tage, solang es die Beine mitmachen, rennen sie herum, zeigen bei jeder gelegenheit ihre am Stahl gehärteten Muskeln, stehen sie nicht still und schieben die Hände nicht in die Taschen. Wer sich in der Firma nicht bewegt und die Hände in der Tasche hat, der hat nichts zu tun und wird von der Seite angesprochen. Man muss immer etwas in der Hand haben, man muss sich immer bewegen, immer bereit sein und immer etwas tun, hinlangen, zupacken, ein Mann sein, a guada Mo mit allen Folgen für das Machotum und Zuschlagen und den Bordellbesuch oder den Abstecher nach Tschechien. Deshalb steht er nicht einfach an der Kasse, sondern wackelt rum, schüttelt die Arme, begutachtet die Dichtung, schaut sich um, und dann, als er an der anderen Kasse sieht, dass dort weniger los ist, wendet er sich an seine ähnlich kompakte Frau im braunen Blümchenkleid und sagt:

Kumm, do is stenga weniga o, gemma niba.

Sie schaut ihren Brocken Mann regungslos an, er schaut zurück, hört auf, ungeduldig herumzuwackeln und schaut wieder den Dichtungsring an. Kurz danach sind sie an der Reihe. Sie nimmt ihm den Dichtungsring aus der Hand, legt ihn auf die Theke, zieht einen Geldbeutel heraus, ein mächtiges schwarzes Ding, wie es hier die Kellnerinnen tragen, mit vielen Fächern, in denen sich Karten und Bilder türmen, zieht dann einen grossen Schein heraus.

Woat, sagt er, zückt einen kleinen Geldbeutel, ein scharzes Lederheft, wie es Kinder bei der Sparkasse geschenkt bekommt, flach und abgegriffen, und stellt dann fest, dass er so viel nicht dabei hat, was sie sowieso schon wusste, weshalb sie die Kassiererin mit einem Kopfschütteln instruiert, auf den grossen Schein herauszugeben. Sie nimmt das Geld, drückt ihm wortlos den Ring in die Hand und einen Zehner, und dann gehen sie, sie vorran und er wackelnd hinterher, und du schwörst dir, nie mit anderen Frauen als zickigen, verwöhnten Grossstadtgewächsen zu schlafen, die sind in Wirklichkeit viel anspruchsloser und handzahmer und überhaupt nicht so tödlich wie die Frauen, die diese Provinz hervorbringt. Gleich nachher gehst du Pralinen kaufen und dann auf die Post.

Freitag, 14. Juli 2006, 15:27, von donalphons | |comment

 
wie es der zufall so will...
hat der don mich entdeckt

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Nein, es war ein Bayer, kein Franke :-)

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Sehr gut beobachtet! Für viele kommt's wohl leider zu spät.

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Viele sind damit vielleicht ganz zufrieden.

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Das wäre ja äusserst deprimierend. Na ja, evtl. so eine Zufriedenheit nach dem Motto 'was man nicht kennt, vermisst man nicht'.

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Sicher, Provinz kann hart sein, aber nach einem Abend mit Medienbla-Studentinnen fragt man sich aber auch, ob solche urbanen Frauen eine ernsthafte Aussicht für die Zukunft bilden... Sie mögen zahmer und anspruchsloser sein, aber ob das allein ausreicht?

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Es gibt solche und solche KWlerinnen. Ganz famose und ganz grässliche. Die grässlichen gehen sowieso BWLer heiraten, und wenn Du dann noch die karrieregeilen Unternehmerstöchter und die Ich habs gemacht weil das andere noch chancenloser ist Mädchen weglässt, ist die Auswahl passabel.

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Schlimm ist ein Studiengang in dem 70% der Studierenden gelandet sind, weil "irgendwas mit Medien" genau das ist, was sie wollen. Und dann sagt der Professor in der ersten Vorlesung doch glatt, dass es ihm eigentlich gar nicht um MTV, Spiegel usw. geht. So richtig ganz famose sind mir da noch nicht begegnet, aber du hast schon recht, man sollte nicht komplett schwarz sehen.
Deine Beschreibung ist doch recht interessant, nach meiner Beobachtung ist die Herkunft hier nämlich in großen Teilen ein wenig anders: fleißige Mädchen aus ländlichen Gegenden, coole Hauptstadt-Typen die immer mindestens 3 Projekte am laufen haben und eher-Ende-20-als-Anfang-20 Studenten, die vorher schon eine Ausbildung/Studium in Richtung Medien haben. Vielleicht ist das der Hauptstadt-Bonus.

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