: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 2. Oktober 2007

Vegetarische Bifteki

Es gibt Blogtexte, die verfolgen einen jahrelang. An meinem ersten Studienort war der Hund begraben, und nur Franken wollten dort gern tot über den Zaun hängen, und so verliess ich am Montag Mittag irgendwelche Parties in München, fuhr in die Provinz und weiter nach Franken, langweilte mich dort, weil ich ignoranterweise die Anwesenheit von einigen wirklich tollen Leuten erst in der Woche vor meinem Weggang entdeckte, mit den dortigen Kräuterweiblein, und sass am Donnerstag schon wieder im Auto Richtung Süden. In der Provinz trafen sich die anderen Wochenendheimkehrer immer im gleichen griechischen Restaurant und fanden ihre Studienorte unerträglich. Das griechische Restaurant jedoch war toll, und es hatte eine grosse Ähnlichkeit dem dem, was Modeste in ihrem famosen Text über die Grillplatte Akropolis geschrieben hat. Und natürlich verbindet man Text und Erinnerung mit einem Geschmack, der einem als Vegetarier verbaut ist, und ganz offen: Was nun in den Fleischbergen des Bifteki drin war, das will man gar nicht mehr so genau wissen.

Zumal man sie, wenn man Nachts Hunger bekommt, perfekt vegetarisch fälschen kann, und das geht so:



Man wäscht pro hungrige Person rund 150 Gramm Baumpilze, schneidet sie sehr klein und dünstet sie in Butter mit ein wenig klein geschnittenen, weissen Zwiebeln. Gleichzeitig hält man eine gute Handvoll Fladenbrot kurz unter das fliessende, warme Wasser, drückt es fest aus, zerpflückt es und gibt es in eine Schüssel. Dazu ein Ei und eine fein gehackte, halbe Knoblauchzehe, die gedünsteten Baumpilze dazu, Salz und Pfeffer, ausserdem klein geschnittenen Thymian, Petersilie und Salbei, und dann wird das alles gut durchgeknetet. Falls die Masse zu feucht ist und nicht richtig zusammenhalten will, vorsichtig etwas Mehl dazu kippen. Öl in eine Pfanne, den Teig pflanzerlmässig dünn ausformen und braten lassen, bis beide Seiten ordentlich braun sind, und die andere Hälfte der Knoblauchzehe klein geschnitten zum Abschluss in das Öl kippen, einen Schuss Rotwein rein - der Alkohol verdampft ja schnell - noch etwas Öl drüber, und schon hat man nicht nur Bifteki, die sich geschmacklich und vom Gefühl im Mund her ziemlich nah an der Akropolis befinden, sondern gleich auch noch die Sosse für die Pasta.

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Kalorienhinweis - Dieses Weblog ist für Esser unter 18 Jahren nicht geeignet. Enthält orgiastische Akte und Food-Porn-Darstellungen mit Anklängen an Stilleben des Barock in Wort und Bild. Bleiben Sie, wenn Sie Ihre Ideallinie haben und halten können, oder eh schon alles zu spät ist, was ich in der Regel bevorzuge. Ansonsten verlassen Sie diese Seite und gehen direkt zu den Hungerleiderseiten des Berliner Prekariats.
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Donnerstag, 20. September 2007

Kürbistarte für einen Koch und zwei verhinderte Golferinnen

Gestern Abend waren Susi und Iris zu Gast, und weil ich in den letzten drei Wochen sowieso mein Glück am Herd gefunden habe, und beim Abholen der beiden an einem Berg mit Hokaidokürbissen vorbeikam - gab es die erste Kürbistarte des Jahres. Wenn schon Herbst, dann so!



Der Teig esteht aus 250 Gramm Mehl, einer odentlichen Prise Salz und Tymian, 100 ml Öl und 70 ml Wasser, durchkneten und mit Zugabe von Wasser oder Mehl schauen, dass er nicht mehr nässt oder trocken wird. Er muss ein wenig feucht sein, dann ist es richtig. Für 2 Stunden in den Kühlschrank damit!

Anschliessend ein Drittel von einem grossen Hokaidokürbis abschneiden, entkernen, schälen, würfeln und mit Wasser und Creme Fraiche 20 Minuten in einer Pfanne mit fein gehackten weissen Zwiebeln dünsten, bis die Stücke schön weich sind. 200 Gramm Egerlinge oder Champignons in Scheiben schneiden, 50 Gramm Grana Padano reiben, 30 Gramm Gorgonzola zerbrechen, ein paar Blätter Basilikum und Salbei schneiden und alles mit frisch grob gemörserten Pfeffer und Salz vermischen, und die Kürbispaste einmischen. Dann noch 2 Eier dazu (der bauernhof ist gleich hinter dem Golfplatz), kräftig umrühren, gerne auch mit den blossen Händen.

Zwischendrin Teig holen, 10 Minuten warm werden lassen, und im Verhältnis 60/40 teilen. Erst den kleineren Teil für den Deckel auf Backpapier rund ausrollen und beiseite tun, dann den grösseren Teil ausrollen, und zwar so gross, dass man ihn mitsamt Backpapier in die Backform setzen kann, und er an den Rändern ca. 5 cm hoch aufsteht. Füllung rein, Teigdeckel drauf und mit dem Teigrand verdrücken, ab in den auf 200 Grad vorgeheizten Ofen und ca. 40 Minuten backen.

Nach ca. 20 Minuten sevieren. Göttlich. Das nächste Mal mehr machen, denn obwohl die Gäste nach dem 5. Loch keine Lust mehr hatten, sind sie sehr hungrig.

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Sonntag, 24. Juni 2007

Ich hasse Vollkornbrot

Es gibt Grenzen gesunder Ernährung, und die verlaufen von der Toastkitteinöde über die Knäckesteinwüste bis an die Kruste des Vollkornelends. Ich habe ein Faible für gutes Brot, aber es muss den richtigen Biss haben, und die drei Sorten sind zu weich, zu nichtsschmeckend und zu öko. Vollkornbrot war das, was die besonders engagierten Mütter aus dem Norden meinen Freunden mit in die Schule gaben, während ich zu der perfekten bayerischen Bäckerei ging, die ich bis heute aufsuche und aus der, wenn es nach mir geht, auch mein letztes Stück Brot bekommen werde. Die haben ein Baguette, das französisch sein könnte, Kastenweissbrot aus dem Kasten, Semmelbrösel für die, die es brauchen, bayerischen Apfelkuchen, Rouladen - und absolut kein Vollkornbrot. Das danke ich ihnen durch meinen Besuch an vier Tagen in der Woche.

Nur Mittwoch und Samstag ist das meist anders, denn dann ist Wochenmarkt, und dort gibt es ebenfalls ein Brotritual. Bei einem Stand gibt es nämlich hausgebackenes Olivengiabatta und Dinkelbrot zum Sterben. Während die leichte, italienische Köstlichkeit perfekt zu Frischkäse, einem Grana Padano oder Mozarella passt, ist das nussige, massive, helle Dinkelbrot die ideale Ergänzung zu einem Gaperon, Tete de Moine oder gebratenen Halloumi. Gesternn war ich reichlich spät dran, nur noch ein Giabatta war vorhanden, doch ich kenne die Verkäufern und signalisierte ihr über die Schlange der Wartenden hinweg, sie möge es doch beiseite legen, was sie, das Ritual kennend, auch tat. Als ich dann fast an der Reihe war, fragte die Frau vor mir - nach einem Olivengiabatta. Glück gehabt.

Statt dessen stellte die Verkäuferin ihr Angebot vor: Walnussbrot, Bauernbrot mit Gewürz, Katrtoffelbrot (übrigens auch sehr fein, aber nichts gegen das Dinkelbrot), und - Dinkelvollkornbrot.

Aber das ist so hell, fragte die Dame, und ich fand, dass sie recht hatte.

Ja, bestätigte die Verkäuferin, aber das sei bei Dinkelvollkorn immer so, es sei zwar weicher in der Konsistenz als (im Original sagte sie natürlich: wie) normales Schwarzbrot, aber Dinkelvollkorn wird, wenn es gut gemacht wird, nie dunkler.



Und jetzt frage ich mich: Was bringen einem die schönsten Vorurteile, wenn man seit Jahren unwissentlich dagegen ankaut? (Der Käse auf dem Bild ist ein Gaperon aus der Auvergne, den Rest verdanke ich Berlin, England sowie eigener Arbeit an Holz und Leder)

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Dienstag, 24. Januar 2006

Kümmelkuppeln

Zwei Stück, das sind eigentlich vier Semmeln, jeweils zwei miteinander verschlungen und zusammengebacken, das ist genau richtig für das Frühstück. Kümmelkuppeln sind eine dieser prägenden Erinnerungen der Kindheit, eine bayerische Spezialität, denn Kümmel regt die Verdauung der hiesigen schweren Speisen an, und ausserdem wird Kümmel mit lautem Fluchen gesäht, was der bayerischen Mentalität auch sehr entgegenkommt. Es gibt noch Bäckereien, die formen die Kuppeln von Hand und streuen so viel Kümmel drauf, dass die Kruste leicht ölig glänzend wird.



Wenn man eine Stammbäckerei hat, dann weiss man auch, wann die erste Fuhre aus dem Ofen kommt. DiesenZeitpunkt muss man abpassen, gerade im Winter, denn daheim sollten sie noch ein klein wenig warm sein, wenn man sie mit einem intensiven Frischkäse wiesaint Ceols isst. Wenn dann noch die Sonne durch die Fenster fällt, auf all das Brot und die anderen unverfälschten Backwerke, in einem 500 Jahre alten Betrieb, wo die alten Kinden bestätigen, dass es hier noch immer so schmeckt wie vor 80 Jahren, als sie Kinder waren, dann wird die Provinz zur Heimat, für ein paar Minuten.

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Donnerstag, 19. Mai 2005

L´Escargot

Unitalienisch sowieso, aber auch extrem unfranzösisch. Ganz gleich, wie sehr diese Stadt mit ihren neu gebrandeten Carreés und Quartiers angibt, sie bleibt so unpariserisch wie das langgezogene Fladenbrot, das die Türken hier als Baguette verkaufen. Allenfalls die Slums am Stadtrand von Paris ähneln den zentrumsnahen Teilen Berlins. Ansonsten ist Paris so sehr die Hauptstadt der Grande Nation, wie Berlin die ehemalige Frontstadt ist, die noch immer nicht weiss, wie sie mit dem Umstand umgehen soll, dass jetzt Friede ist und die Soldatenverpflegung nicht mehr kommt. Berlin wie Paris? Mais non, würden deine französischen Freunde sagen. Sie sind höflich. Und bald nicht mehr da.

Aber natürlich hat die Stadt schon früher versucht, sich nach Frankreich zu orientieren, schliesslich ist auch Potsdam an Versailles angelehnt, und auch die früher reichen Bürger leisteten sich französischen Schick, und auf dessen Spuren, bei den Wohnungsauflösern, Trödlern und Antiquitätenhändlern führt es dich in die noch intakten, fast idyllischen Wohngegenden des Weddings, wo die Strassen relativ sauber, die Wande nicht verschmiert und die Häuser halbwegs gepflegt sind. Mitunter hängen hier noch Kronleuchter statt der üblichen nackten Glühbirnen von der Decke, Marmor glänzt matt in den Hausfluren, die Gegend der Brüsseler Strasse war früher gar nicht schlecht.

Du kriechst langsam die Strasse runter, um ja keinen Laden zu übersehen, behutsam lauernd, denn du hast Zeit, und hier fährt sowieso keiner ausser dir. Die Hektik der Müllerstrasse gen Mitte verschweindet, es wird sehr bürgelich, rechts sitzen ein paar Leute auf der Strasse, und du siehst das Schild über dem Lokal, und da steht: L´Escargot, die Schnecke, na prima, denkst du dir, wer hier schon mit dieser wenig beliebten Spezialität wirbt, muss es wohl ernst meinen mit den französischen Ansprüchen - und du hast heute Abend ohnehin ein Date, und französisch, das wäre doch mal wieder schön...



Essen gibt´s bei Restaur.antville

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Freitag, 25. Februar 2005

EKA.Cafe.Bar

Sie tanzen. Sie tanzen langsam, eng aneinandergeschmiegt, hingebungsvoll, und dazu singt die tiefe Frauenstimme auf französisch, mit dem Dialekt der Kolonien, von der Liebe und vom Schmerz. Sie könnten auch Franzosen sein; er hat das markante Gesicht der Provencalen, sie ist das Idealbild der Garconne. Sie tanzen sehr anmutig, und es ist für dich gut so, denn es ist ein sehr schöner Anblick, wenn das Personal in einem Cafe hingebungsvoll tanzt, und du hast Zeit, zumindest bis das Stück zu Ende ist, die Frauenstimme verklingt, denn solang dauert es, bis dein Darjeeling 2. Ernte ausreichend gezogen hat. Dann ist die Musik aus, sie trennen sich, lächeln sich an, und er bringt deinen Tee, nicht ohne auf die Vorzüge hinzuweisen, und es tut dir fast leid, du hättest gerne noch etwas gewartet und zugeschaut, und vielleicht würdest du auch selbst gern mit ihr tanzen.

Du hast also Zeit, weil du zu früh losgefahren bist, und sie pünktlich, aber nicht überpünktlich ist. Es ist gut so, denn du kannst dir den Platz frei raussuchen, und du nimmst natürlich die braunen Lounge Chairs ganz hinten, wo die EKA.Cafe.Bar besonders intim und entspannt ist. Es ist nicht so, dass die anderen Sitzecken quasi auf dem Präsentierteller liegen; tatsächlich ist der Raum verwinkelt, der Blick wird oft abgelenkt, von der Weltkarte an der Decke, von den lederbespannten Decken, die eine ganz andere Atmosphäre schaffen als die Lederwülste im Greenwich, wohin du ab und zu mit den angeblichen Top Dogs der digitalen Wirtschaft gehst. Es ist also kein Cafe zum Gesehen werden, aber ganz hinten, wo man in den tiefen Polstern versinkt, bleibt man unter sich. Die Musik ist hier eher leise, die Akustik ist gedämpft, und niemand ist gezwungen, dem anderen ins Ohr zu brüllen - wenn man sich hier körperlich nahe kommt, dann nur in voller Absicht.



Sie ist also noch nicht da, hastet durch den kalten Abend über die zerborstenen Gehwegplatten, und du solltest den Rest bei Restaur.antville lesen.

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Donnerstag, 10. Februar 2005

Stoffe Bonacker

Da liegt sie, faul, rund und zufrieden. Das Bett ist warm, die Daunendecke weich, die Luft draussen eher kalt, aber das stört sie nicht, solange andere in der Küche das Frühstück zusammenstellen. Diese Anderen bist du, und du hast Scamorza, Tete de Moine, gefüllte Champignons, Trüffelkäse aus der Champagne im Angebot, und dazu frisches Brot, das du besorgt hast, als sie noch vor sich hindöste und was von binmüdelassmichnochschlafn brabbelte. Du bringst es ihr ans Bett, spiesst die Champignons mit der tordierten Vorlegegabel auf und schiebst sie ihr behutsam, einen nach dem anderen, zwischen die Lippen, dort, wo ihre zartrosa Zunge sie zerdrückt.

Eh, sagt sie misstrauisch, als der Trüffelkäse an der Reihe ist, was sind denn das für schwarze Krümel da im Käse. Tote Fliegen? Du sagst, es hat schon seine Richtigkeit, sie soll einfach mal probieren, und sie findet diese Geschmacksnote ein wenig komisch, aber gut, was dir zur Erkenntnis verhilft, dass auch Elitessen nicht zwingend über einen elitären Geschmack verfügen. Dann prustet sie los und findet all das total komisch, in einem Bett unter Stuck gestopft zu werden, meterweise antiquarische Bücher neben sich, und dann noch dieser obszöne Vorhang, sie kommt sich vor wie in einem 60er-Jahre-Film über das Leben am Hofe von Ludwig dem na den den sie damals geköpft haben, den wie hiess der nochmal?

Der XVI, Louis Seize, sagst du, und gibst ihr recht, denn zufällig hat sie tatsächlich den Stoff des Vorhangs richtig eingeordnet, den man vor dem Bett fallen lassen könnte, um ein Maximum an Intimität zu schaffen. Für genau diese Momente, für dieses Frühstück danach hast du den Soff besorgt und nähen lassen, und bist damals keine Kompromisse eingegangen. Trüffel verlangt nach feinem Porzellan, Frauen nach edlen Stoffen, um darunter das Lied ihrer Schönheit zu singen. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, diesen Stoff zu kaufen, aber wenn schon der Einkauf orgiastisch sein soll, im Stile der Zeit, dann gibt es nur eine Adresse: Bonacker in der Reichenbachstrasse in München.



mehr Frühstück im Restaur.antville

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Dienstag, 25. Januar 2005

Goldman´s Bar

Danach ist es noch zu früh zum Heimgehen. Wenn die kaputten Kids mit ihrer haschgebleichten Haut bis um 7 Uhr die Bürgersteige vollkotzen, kannst du nicht schon um 11 wieder zurück an den Rechner, wo noch die unerledigten Aufträge des Wochenendes einen unflotten Dreier machen - nachher, wie sich rausstellt, schwillt ein To Do von 3.500 auf 7.000 Zeichen an. Unterdessen gehst du mit einem Freund Richtung Auto, weg von den Touristen, die dir entgegen kommen und mit slawischem Dialekt fragen, wo es hier zum Kurvenstar geht. Jetzt wäre eine gute Location sehr angenehm, irgendwas Unaufgeregtes. Deshalb streichst du das Greenwich von der Liste, denn am Wochenende sind da nur neue Jamba-Troubleshooter, denen du den Laden mal gezeigt hast. Bleibt also noch die Goldman´s Bar.

Die Goldman´s Bar hat keinen Türsteher, der dich wegen deines Verhaltens beim vorletzten Mal rausschmeissen könnte, und die Typen an der Bar hast du damals ordentlich geschmiert. Eigentlich hat da niemand Grund sich zu beschweren, denn du hast nur zugeschaut, wie sie sich betrunken hat, und im Vergleich zu dem, was heute im Internet an Porno zu finden ist, war der weitere Abend auf dem Sofa wirklich nur Kindergarten. Ausserdem hätten sie ja was sagen können, wenn es ihnen nicht gepasst hätte. Mein Gott, sollen sie halt nur Barhocker reinstellen, dann weiss man wenigstens, dass man mit Horizontalem nichts anzufangen braucht. Es gab keinen Grund, so zu gaffen, die 10 Euro Trinkgeld waren einfach nur nett, und der Knutschfleck, den sie durch Sakko und Hemd gemacht hat, war eine Woche später abgeheilt. Dein Leben war schön an diesem Abend, also gehst du mit deinem Freund nach so langer Zeit wieder die schmale Treppe am Rosenthaler Platz runter und hast mal wieder das Vergnügen zu erfahren, dass es hier keinen Tee gibt. Vergessen. Kein Wunder. Ficken dummt gut.



Du sitzt auf dem Barhocker und schaust dich um. Und was siehst du? Mehr bei Restaur.antville!

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Mittwoch, 19. Januar 2005

Hyatt Hamburg, 2. Floor Lobby , später Vormittag

Hyatt Lobby, schlägt dir dein Freund als Treffpunkt vor, da kann man in Ruhe alles bereden. Hyatt, ok, sagst du, und als du am nächsten Morgen durch die gesichtslose, mecklenburgische Tiefebene mit ihren immer gleichen Wiesen, Feldern und zerfallenden LPGs fährst, fühlst du dich ein wenig seltsam bei dem Gedanken, mal wieder ein Hyatt aufzusuchen. Vor ein paar Jahren war das die Standardadresse für die Sorte Hypekonferenz, die es heute nicht mehr gibt. Hyatt war ein Werbemittel, um Leute wie dich einzusammeln, weil man dachte, du bist einer von ihnen. Du bist gekommen, und nur die wenigsten haben begriffen, wer du damals warst. Im Hyatt lagen sie friedlich nebeneinander, die Löwen, Schafe und Wölfe, bis dann am nächsten Tag der Krieg jeder gegen jeden weiterging, bis am Ende alle verloren hatten. Hyatt, mal wieder, noch 170, 140, 110 Kilometer, und the Doors singen dazu "Into this world we´re born, into this world we´re thrown".



Man kann da nicht einfach rein. Du musst dich an der Rezeption melden und sagen, dass du hoch willst, und man geleitet dich zum Aufzug. Du fährst in den zweiten Stock des ehemaligen Speichergebäudes, oben nimmt dich eine dieser idealtypischen, hohen nordischen Frauen im Empfang, nimmt dir den Mantel ab, und du erkennst ihn sofort wieder, den dem Ritual innewohnenden, indiskreten Charme der borgeoisen Unruhe, denn die Freundlichkeit soll den Rastlosen zumindest ein paar Momente die Illusion normaler zwischenmenschlicher Beziehungen erlauben. Gut gemacht, wirklich, und irgendwo traurig.

Mehr bei Restaur.antville

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Freitag, 10. Dezember 2004

Bäckerei Stern

Als sie auf das Tiramisu verzichtete, hast du verloren. Danach bis du mit zu ihr, hoch in die Wohnung, du hast im Aufzug an ihrem verspannten Nacken herumgespielt, und oben machte sie Tee, aber als sie dann die Kanne aus der Küche holen wollte, waren ihre Lippen schon an deinen, und der Tee zog und zog durch die Ewigkeit der Küsse. Deine Hand glitt auf und unter den warmen, weissen Pulli, und du hast an Beate gedacht, die damals in Chamonix auch so einen Pulli trug, als es draussen klirrend kalt war, und alles, alles, was du in diesem Moment nicht wolltest, als du ihre leicht geöffneten, klippengleich aufgeworfenen Lippen gesehen und den sanften, warmen Hauch gespürt hast - war das, was du jetzt, eine Stunde später, nachts um 4 Uhr in Berlin gerade tust: Durch eine klirrende Kälte über die Bornholmer Brücke nach Hause laufen, ihren Geschmack auf der Zunge und den Geruch ihres Halses in der Nase, und das bescheuerte Wissen, die höllenelendlange Erfahrung, dass Frauen, die am Ende der Mahlzeit nichts Süsses zu sich nehmen, immer irgendwo zwischen Häkchen Nummero 3 am BH hinten und dem Abstreifen des Slips die Bremse reinhauen. Weil wegen Freund, wegen morgen aufstehen, wegen PMS, wegen tausend anderer blöder Gründe, von denen du weißt, dass alles diese verdammt kleine Extraportion Zucker weggewischt hätte, die sie mit dem Tiramisu verweigert hat. Frauen, die kein Tiramisu nehmen, ficken nicht - so einfach, banal und gnadenlos ist das Leben, und so dumm und lächerlich gehst du durch die diesige Luft, und zitierst Tucholsky.

Dass wir uns nicht besassen!
So aalglatt war mein Kinn.
Jetzt irr ich durch die Strassen, Malwine,
Und weine vor mich hin


Tucho hatte es einfach, der schrieb einfach ein Gedicht - Peng - schon hatte er eine Lydia, eine Prinzessin, ein Lottchen mitsamt ihren Rechnungen. Du lebst dagegen in einer Zeit, in der man auch als Schriftsteller keine Erfolgsgarantien mehr hat. Du gehst über den Jülischer Platz, und irgendwo vor dir surrt eine Lüftung. Du kommst näher, und dann trifft es dich wie ein Schlag in die Magengrube:

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