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Freitag, 9. März 2018

Ein Traum

Eigentlich wollte ich Ende des Winters noch darüber schreiben, wie ich mit einem Containerrad durch diese Zeit des Frosts gekommen bin. Aber erstens ist dieses Rad mittlerweile auf dem Weg nach Italien, wo es hoffentlich nicht mehr durch das Eis muss, und zweitens habe ich noch ein paar Geschichten, die ich lieber noch bei der FAZ mache - einfach, weil hier noch so viel Unerledigtes ist und ich die Mobilitätsgeschichten später anderweitig betreiben will. Wie auch immer, es gibt Ersatz für das schwarze Scott American.



Ich habe lange gerätselt, ob das ein altes Müsing oder ein altes Principia ist, denn es ist kein normales MTB, sondern ein richtiges Reiserad mit 26 Zoll Reifen - und von der Sorte gab es in der Qualität Mitte der 90er Jahre nicht so arg viele. Gewisse Details wie der Steuersatz wiesen es dazu als EU-Produkt aus. Inzwischen habe ich einen neuen Hauptverdächtigen für die doch recht gute Alubrutzelei: Velotraum. Die bauen heute noch Reiseräder und stellten Mitte der 90er Jahre auf Alu um. Leider steht kein Name drauf, also habe ich mit Flammen nachgeholfen, die dann wiederum zu den 330 Gramm leichten Reifen passen. Die sind eigentlich zu schade für ein Tourenrad, aber es ist egal, einen Renneinsatz, für den sie konzipiert wurden, gibt es bei mir ohnehin nicht.



Man gönnt sich ja sonst nichts und man ist nie zu alt, um sich lächerlich zu machen. Ich! will! Flammen!

Inzwischen ist auch sonst alles so, wie ich es will: Die gute, alte 8fach XT ,mit den ersten dicken Naben, Daumenschalthebeln und Mavic X-%17 Felgen war damals Stand der Technik und sollte noch lange rollen und schalten. Wie es sich für ein Reiserad gehört, ist die Position eher bequem - auf kurzen Strecken fast zu aufrecht, aber ich denke, wenn man weiter fährt, gerade jetzt, so kurz nach dem Winter, wird das schon passen. Die Kosten waren insgesamt nicht hoch, alles zusammen mit Brooks-Sattel - den ich eventuell noch gegen einen Flite austausche - und 20 Jahre herumliegender Heylightstütze aus einem Konkurs sicher deutlich unter 150€, weil günstig erstanden oder sonstwo gerettet. Wenn ich es schaffe, mache ich nächste Woche mal Gepäck hin.so wie es jetzt dasteht, liegt es bei etwas weniger als 13 Kilo trotz Gepäckträger und Schutzbleche.

Es kann ja mal sein, dass man mit mehreren Leuten unterwegs ist und einen Packesel braucht, Das wäre dann dieses Rad, und damit kann man auch die 400-Watt-Tiere einbremsen, mit denen ich manchmal unterwegs bin. Die Übersetzung ist schön gespreizt von 52-11 bis 26 - 32. Damit sollre man fast überall rauf und runter kommen,

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Freitag, 10. Januar 2014

Weltunbildung.

Ich habe es natürlich nicht probiert, aber ich bin mir sicher; Es gibt irgendwo auch Krapfen, die ein Drittel kosten und dann in einer Plastikverpackung kommen. Vermutlich wurden sie auch auf eine Art herausgebacken, die nur wenig mit Schmalz zu tuin hat, Das ist vermutlich gesund und obendrein tun sie aus Kostengründen weniger Zucker darauf und weniger, genauer gar keine Hagebuttenmarmelade hinein. Man bekäme also neinmal klebrigen Baaz in Plastik mit Schmalzanmutung für den Preis vion drei luftig weichen Krapfen.



Ja, also, Weltbild ist pleite. Wer Augsburg kennt, der weiss, dass man es besser 955 den Ungarn überlassen hätte. Die haben sich in meiner Heimat genau zwischen dem alteigesessenen Standardramschladen, den Kotzbrocken Thalia und meinem - dem einzigen - Buchladen der Stadt gesetzt. Zur Buchmesse habe ich ja schon lobend geschrieben,wieso mein Buchhändler diese und alle anderen Versuche überleben wird. Thalia ist krisenbedingt mitsamt dem Klimbim weg, und jetzt verschwindet auch Weltbild aus der Toplage, Deshalb wird kein einziges gutes Buch in dieser Stadt weniger verkauft. Das muss man auch mal schaffen: 200 m² Geschäftsfläche für Bedrucktes aufgeben und für die Literatur macht es keinen Unterschied.



Ja, es geht mir gut mit meinen Büchern. Demnächst lee ich "Der Zentaur im Garten" von Moacyr Scliar und ich hoffe, es wird so gut wie der Husar auf dem Dach. Natürlich finde ich auch in meinem Buchladen wenig erbauliches und greife schwer daneben. "Predigt auf den Untergang" von Jerome Ferrari ist hübsch aufgemacht und allein schon aufgrund des Fehlens der Absätze unlesbar. Aber ich bin selbst schuld, der Buchhändler hatte es noch nicht gelesen und konnte dazu nichts sagen. Die Franzosen, sagte ich jüngst, eerscheinen mir von der deutschen Krankheit angesteckt; halte ich mich eben an die Südamerikaner, die haben noch Druck im Blut und keine Zeit für allzu kange, elegische Betrachtungen, die wollen am Ende eine Vereinigung und kein Ekzem oder eine gute Besprechung irgendwo, die man auf Büchern abdruckt, damit ich weiss, was ich gar nicht lesen darf. Pardon, aber es gint Kollegen, da ist jedes Lob eine Pfiole Gift für meine Leselust. Lieber Hingabe als Hirnfick, so mein Motto.



Arbeitsfrei von Kurz und Rieger hatte er übrigens einfach da. Das Buch beschäftigt sich mit Automatisierung und nun ja, damit habe ich es nicht so, weil, wie soll ich sagen, also, natürlich kann man das machen, alles perfektionieren, und am Ende essen wir alle klebrigen Baaz aus Plastik. Mit ein paar bedeutenden Ausnahmen: Am Mittwoch war ich auf dem Wochenmarkt, um französische Meersalzbutter zu kaufen. Nun wurde die alte Firma wegen ihres Erfolges an einen Multi - ähnlich wie Müller Milch - verkauft, und weil damit die Garantie wegfällt, dass die Milch nur von Weidekühen der Bretagne kommt, gibt es diese Butter hier nicht mehr. Dafür bestellt er woanders, wo er die Garantie hat, aber das dauert noch ein paar Wochen. Solange Bergbauernbutter, das geht auch. Und Bestellen geht bei meinem Buchhändler auch. Es gibt so viel, was ich nicht kenne und brauche, das kann bleiben oder sterben, es ist mir egal. Ich bekomme, was ich brauche, und man geht freundlich mit mir um, egal ob beim teuren Käse oder beim preisgebundenen Buch. Es geht mir gut. Ich fühle mich wohl.

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Sonntag, 29. August 2010

Nummer 865 von 2000

Eltern tendieren ja zu der höchst freudlosen Überzeugung, dass ein Mensch immer nur auf einem Rad sein kann, und mehr als eines deshalb überflüssig ist. Abgesehen davon, dass es nicht stimmt - bei einem Crash in grösserer Gruppe kann man auch auf 4 und mehr Rädern sein - übersehen sie natürlich die unterschiedlichen Einsatzzwecke. Eine Zeitfahrmaschine für die Ebene ist kein Rad für die Alpen, ein Stadtrad ist kein MTB. Eltern sagen, dass man fahren soll, was man hat, und Söhne schauen neídig auf all die tollen Räder, für denen ihnen das Geld fehlt. 1987 stand ich desöfteren vor den Schaufenstern des alteingesessenen, aufgeblasenen und teuren Radgeschäfts in der Innenstadt, und schaute mir die wirklich teuren Rennräder an. Heute klingen Preise wie 1000 Euro für einen Rahmen nicht mehr schlimm, aber 1987 waren 2000 Mark sehr viel Geld, wenn man gerade mit dem Abitur fertig und am Beginn des Studiums nicht mit Geldverdienen beschäftigt war. 2000 Mark reichten zudem nicht mal für den Knaller der Saison, von dem das Geschäft 6 Exemplare in Italien bestellt hatte: Der Florentiner Rahmenbauer Daccordi feierte mit einem Jubiläumsrahmen seine 50 Jahre im Geschäft. Vom äusseren Eindruck her mit Anspielungen an die Vergangenheit, mit verchromten Muffen und einer speziellen Lackierung, mit enorm viel Chrom und perfekter Verarbeitung. Nur 2o00 davon gab es weltweit, und eine Nummer war im Tretlagergehäuse eingestanzt. Der Daccodi 50 Anni spielte 1987 in einer ganz anderen Liga als unsere selbst zusammengebauten Rennkisten. Die waren gut aus der Not heraus. Daccordis waren gut, weil sie nicht auf Kosten achteten.



Natürlich waren die Räder bald weg. Gekauft wurden sie von Leuten, die nicht lange nach den besten Komponenten suchen mussten, sondern einfach eine Gruppe verbauen liessen. Sie sagten ihre Wünsche, der Laden baute auf. Niemand machte sich die Hände schmutzig. Da gingen sie hin, die Daccordis, in die eine Richtung, wir in die andere, und wenn wir im Altmühltal fuhren, dachten wir oft, dass ein dunkles Rad eines Entgegenkommenden vielleicht eines sein könnte. Aber sie waren es nicht. 23 Jahre lang habe ich kein Daccordi 50 Anni mehr gesehen, aber seitdem jede Menge Schrott und Müll. Ein ganzer Berg von Müll etwa wartet hinter einem grossen Radladen auf einen Käufer, der ein paar Euro für schadhafte Räder bezahlt. Und zwischendrin war das:



Eines der sechs Daccordis von 1987. Zu klein für mich, auch nicht mit den von mir bevorzugten Teilen aufgebaut, aber billig und vollkommen unberüht. Zwischen den Ritzeln nur ein wenig Staub, kein Öl auf der Kette, keine Schrammen im Umwerfer, kein Abrieb auf den Felgen: Die Bremsklötze beweisen, dass nie jemand damit bremste. Der Damensattel weist darauf hin, dass es für eine Frau aufgebaut wurde. Oder für einen Mann, der dachte, seine Frau würde sich darüber freuen, wenn sie das Beste bekäme, was damals zu kaufen war. Dem war offensichtlich nicht so.



Auch nach heutigen Massstäben ist der Daccordi 50 Anni inmer noch ein grandioser Rahmen. Etwas schwer vielleicht, aber von einer handwerklichen Könnerschaft, die heute kaum mehr anzutreffen ist. Es sind besonders die Details, die Muffen, der Chrom, die Gravuren, das rohrschonende Silberlot, die die Qualität des Rahmens ausmachen. Mein Colnago Titanio ist toll, aber dagegen grobschlächtig und schlampig. Man kann gemuffte Stahlrahmen anders, aber nicht besser bauen. Und nach all den Jahren ist es immer noch ein Rad, bei dem man zugreifen muss, wenn sich diese Gelegenheit bietet. Es ist nicht nur der Jugendtraum. Es ist auch der Umstand, dass es neu ist. Nie benutzt. Dass es nicht verschwunden ist, sondern nur 23 Jahre gewartet hat, um mir unbenutzt und ladenneu, nur ein wenig verstaubt vielleicht, in die Hände zu fallen.



Es ist nicht irgendein Daccordi, es ist genau das von vor 23 Jahren: Unter dem Sattel klebt noch der Preis und der Name der Firma. Viel zu teuer, wie immer. Aber auch ohne Preis hätte ich es gewusst, denn die Montagequalität war so mies, wie man es von der Firma gewohnt war. Der Steuersatz war viel zu stramm angezogen, die Laufräder zu weich eingespannt, die Kette nicht richtig gekürzt, und die Kurbel nicht hart genug aufgezogen. Der Erbe der Firma wollte dann das Geschäft ganz gross machen, schloss den Laden in der Innenstadt und zog in eine riesige Halle vor der Stadt, die sich nicht rentierte. Und dann machte er pleite. Das Daccordi jedoch ging an eine Dame, die damit nichts anfangen konnte. So viel Geld. So viel sinnlose Verschwendung. So viel Elend im Überfluss. Nummer 865 von 2000 machte es nichts aus, es wartete 23 Jahre lang. Dann landete es auf dem Schrotthaufen als Kommisionsware, und ich brauchte eine Sattelklemme zu 4,95, und musste dort zufällig schnell vorbei. Warf ein beiläufiges Auge auf den Schrotthaufen und sah es hervorblinken.



Es ist nicht so, dass ich die Dinge suche. Die Dinge suchen mich. Nummer 865 ist zu klein, viel zu klein für mich, aber gerade richtig für meine Liebste. Und hätten mich meine Eltern beim Heimtransport mit noch einem Rad gesehen und gesagt, man könne nur auf einem sitzen - dann hätte ich geantwortet, dass sie wie immer recht haben, aber es gibt ja auch noch andere Hintern. Und inzwischen kann ich es mir leisten.

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Montag, 9. November 2009

Die Skalpe meiner Feinde: Specialized FSR 1998

gewidmet jener vz-mitarbeiterin, die dort gefeuert wurde und inzwischen für ein drittklassiges karriereportal als head of irgendwas um praktis für ein viertklassiges blog eines 2nulligen schinders wirbt - aus dir wird nie was, mädel, wenn du so weiterstöpselst

Wie ich Twitter entnehmen darf, ist es heute, gut 10 Jahre nach dem Höhepunkt der New Economy, in ähnlichen Klitschen schick ist, "Kickball" zu spielen - also einen kleinen Ball in die Tonne zu treten, was schon mal einen guten Vorgeschmack auf das gibt, was mit dem Ausscheiden der Investoren auch allen Mitarbeitern droht. Ja, der heutige Startup-Mitarbeiter ist schon eine arme Sau, aber das Gute ist: Er war nicht in der grossen Zeit dabei. Er weiss nicht, was auch hätte sein können. Damals, als man sich noch richtige Sportgeräte leisten konnte. Damals, als man Buffets abtrainieren musste.

Natürlich hatte das damals, in den Zeiten der High Speed Economy, als der Lejeune vortrug und der Späth nicht wie später grad keine Zeit hatte, mit schneller Bewegung zu tun. Da gab es die einerseits die Sklaven des Silicon Valley, die mit Tretrollern ihre Ambitionen auf grosse Büroräume und baldigen IPO als Young Professionals zum Ausdruck brachten - man sollte es nicht glauben, aber diese Tretrolldeppen wollten ernst genommen werden. Andererseits waren da die kleineren Gründer, die noch kreativer waren und erst mal Praktis ausbeuten wollten, um ihr Geschäftsmodell gross zu machen - also keine teuren Büros und langen Korridoren. Die traf man zur Präsi oft auf Rollerblades an.

Und dann gab es da noch die Champions. Die Jungs, die es ernst meinten. Ganz ernst. Nicht nur so ein wenig treten, sondern gleich richtig zur sache gehen. Over the Top. Gipfel erreichen. Marktführer werden und dabei alle Hindernisse niederwalzen. Die konnten keine Rollerblades nehmen. Die brauchten einen Panzer, und mit die besten Sportpanzer des Jahres 1998, brutal, avantgardistisch, extrem auffällig und voll gefedert - die baute Specialized, eine amerikanische Firma:



Zu dick, zu viel, zu laut, zu schau mich gefälligst an, zu ich kann mir das leisten. Es ist ein Glück, dass sich dieser Stil im Radbau mehr als durchgesetzt hat, weshalb dieses Rad heute nicht mehr gar so wie von einem anderen Stern wirkt. Es ist immer noch viel, aber heute geht es sehr viel krasser. Jedes Bauhausrad ist heute auffälliger gestaltet. Damals jedoch war es ein Statussymbol für Extremleister, nach dem Motto, heute im Büro und am Wochenende bis nach St. Anton. Ich schinde mich, ich quäle mich, ich gehe an Grenzen. Und, um ehrlich zu sein: Tretroller und Rollerblades sind noch etwas lächerlicher als der Anschein, den so ein Rad macht, wenn es vom Startup zur Tanke, zur Pizzeria und bestenfalls mal zum Venezia in Schwabing bewegt wird. Oder, und daher kenne ich dieses spezielle Modell, vom Chef eines gescheiterten Contentspezialisten, dem sie die Firma klein schossen, und der für ein paar Monate mit der Abwicklung beschäftigt war. In einem sehr grossen, sehr leeren Büro an der Prinzregentenstrasse. Der fuhr ab und zu ein paar Runden an den Stellen, wo früher seine Mitarbeiter waren.

Ich habe in meiner ganzen Zeit in der New Economy nur einen einzigen Mann kennengelernt, der so etwas nicht aus Showgründen besass. Alle anderen stellten die FSRs in die Büros, aber niemals auf einen Gipfel. Es musste das Beste und das Teuerste sein, um mitspielen zu können, aber gefahren wurde es, wenn überhaupt, auf Strecken, die man auch mit Rollerblades hätte zurücklegen können. Oder auf Tretrollern. Innendrin waren sie alle die gleiche Pampe. Nur Attitüde, keine Substanz. Man hätte Berge erklimmen und Rennen gewinnen können, oder wenigstens mal rauskommen aus dem Moloch, um die Gedanken zu ordnen - sie taten es nicht. Sie sassen in ihren Büros, die Räder, Rollerblades und Tretroller lagen rum, und arbeiteten sich in die Pleite. Immer nur gerollt, nie im Rennen gewesen. Die Grundlage, die Ausrüstung war da. Die Fahrer waren zu schwach.



Vorletzte Woche fragte mich jemand, ob ich helfen könnte, ein günstiges, aber gutes Rad bei Ebay für die Stadt und vielleicht auch mal raus nach Starnberg zu finden, und ich sagte zu. In die Kurzliste nahm ich, zwecks der Erinnerung an diese spassigen Zeiten, dann auch dieses FSR auf, damaliger Kostenpunkt 4000 Mark, kaum benutzt und fast kratzerfrei. So gut wie neu. Nie im harten Einsatz. Die Person fand es ganz schrecklich, sie wollte ein Rad und nicht so ein, naja, Ding. Andererseits brauchte ich ja noch ein Mountainbike für den Tegernsee, und dachte mir: Falls es weniger als 300 kostet, nehme ich es. zu meiner Überraschung - in meiner Jugend, als es noch über Dekaden die immer gleiche Campa Super Record gab, verloren Rennräder praktisch nicht an Wert - kostete es sogar weniger.

Man könnte jetzt wehklagen über den Verlust von 87% des Wertes in 11 Jahren, und ausrechnen, wie teuer dann ein Kilometer auf dem Rad war - der Hinterreifen ist vom Original und praktisch nicht abgefahren, mehr als 1000 Kilometer können es nach meiner Einschätzung nicht gewesen sein. Aber immerhin ist der Besitzer nicht damit zur Hölle gefahren und haftete nicht mit seinem Vermögen, und 13% des eingesetzten Kapitals ist etwas, das man mit Aktien des Nemax nie und nimmer zurückgekommen hätte. Und wenn ich damit mal oben auf den Neureuth bin, werde ich hinunter nach München schauen und an den Tag denken, da ich mit dem FSR auf ihren Gräbern herumwalzen werde.

10, schlimmstenfalls 7 Jahre ist es her. Aber ich kann nicht vergessen und nicht verzeihen.

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Samstag, 10. Januar 2009

Die Skalpe meiner Feinde - die Kamera der Japanerinnen

Nehmen wir mal an, wir haben uns im Mai 2006 eine dieser superschnieken kleinen Edelkameras gekauft, die wir in Salzburg und Wien in den Händen dieser feinen, jungen Japanerinnen sehen. Diese ultraschlanken Metallkästchen mit riesigen Displays, die mehr ein Modeartikel denn ein technisches Gerät sein könnten, wäre da nicht die modernste Technik des 21. Jahrhunderts verbaut, weshalb es auch keine Knöpfe mehr gibt, sondern ein zweifarbiges Gehäuse ohne Unterbrechungen und ein berührungssensibles Touchpad, auf dem dann fein manikürte japanische Finger - ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, dass es absolut keine einzige japanerin mit abgekauten Fingernägeln gibt? - Bilder herumschieben und lustige Rähmchen einfügen. Kurz, die Sorte Kamera, die wirklich kein Arbeitsgerät für die Mille Miglia mehr ist, sondern das Gadget, dessen Prestige etwas teurer ist. 400 Euro. Das kostete die Pentax Optio T10 vor 32 Monaten, als sie auf den Markt kam, und es war keine von den Billigklunkern, die mit angeblichen Riesennachlässen beim Grosshändler an Idioten vertickt werden.



Wenn wir das bezahlt haben, sollten wir es tunlichst vermeiden, heute im Photofachgeschäft in der Innenstadt eine frische SD-Karte zu kaufen. Wir könnten etwas entsetzt vor der Vitrine stehen, in der gerade sowas wie eine Preisindung stattfindet. Da ist nämlich unsere Kamera - unbenutzt, originalverpackt und funkelnd - für 50 Euro zu haben. Was in etwa bedeutet, dass selbst bei diesem teuren Luxusprodukt der Wertverlust nach 32 Monaten bei 87,5% liegt.

Früher sagte man in unseren Kreisen, wir seien zu arm, um uns schlechte Dinge leisten zu können. Oder auch, wie meine Grossmutter immer sagte "Das Glump is zwoamoi deia", und natürlich hatte sie damit wie immer recht. Hatte. Denn der Preisverfall auch hochwertigster Technikgegenstände ist ein Widerspruch, vielleicht sogar der hedtigste Widerspruch zu dieser alten Sicherheit. Bei diesem Wertverfall besitzt man auch die besten und exklusivsten Dinge nicht mehr - selbst wenn die Kamera bis heute durchgehalten haben sollte, zwei andere Pentax, die ich besass, haben jeweils nur ein paar Monate gehalten. Bei diesem Wertverfall least man allenfalls, man zahlt monatlich 10 Euro für das Gefühl, eine Kamera zu besitzen, aber eigentlich ist es nur ein Kameraupdate, das man da in Händen hält, das nur dazu geschaffen wurde, um wieder zu verschwinden und teuer ersetzt zu werden. Früher kaufte man teuer, weil das Teure seinen Wert behielt, heute kauft man teuer Geliehenes, um bald wieder teuer zu leihen.

Wenn wir das alles weiter denken, fällt uns ein, dass wir das auch aus der Religion kennen, die uns verarscht, wir hätten unsere Lebenszeit nur geliehen. Die Gadgetindustrie ist klüger, sie gaukelt Besitz vor, tatsächlich aber hat man das Eigentum nur temporär geborgt, bis zum Ausfall und Kauf des nächsten Gadgets. Und wie der Idiot im Mittelalter findet man dieses Leihverhältnis mit irgendwelchen japanischen Fabrikbesitzern normal. Es gibt Blogs, die das alles begeistert empfehlen, es ist ein Lebensstil, und wir fragen uns, wann der erste die Kirche der Gadgets eröffnet, wo man gegen Bezahlung den ganzen Plunder jährlich neu bekommt, wo einem der Ablass dieser Dinge nach einem Jahr gewährt wird und man immer das Gefühl hat, den richtigen technischen Lebensstil in seiner jeweiligen Ausformung anzugehören.

Vormodern wäre das natürlich, aber das Perverse daran ist: Vormodern funktioniert bis heute, weil der Mensch vormodern ist, sich ungern Gedanken macht und obendrein trotzdem gern modern wäre. Etwas, das in dieser Kombination nicht möglich ist, es sei denn, man findet jemanden, der einem das Leben und das Umfeld für Geld entprechend definiert. Wir dagegen sagen uns, dass wir um unsere Vormodernität wissen und daran arbeiten, aber gegen so einen Skalp von denen, die sich von der Kirche der Gadgets jedes Jahr den Arsch bis zum Haaransatz aufreissen lassen, haben wir natürlich nichts einzuwenden. Den Wertverlust haben sie, wir haben das Gadget.

Und Angst, dass es wieder so ein miserables Drecksding wie die anderen Pentax ist.

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Sonntag, 21. Dezember 2008

Die Skalpe meiner Feinde - der Lampenschirm

Vermutlich findest du es schick, wenn die Leute Schwellenangst haben. Ist ja auch eine der feinsten Adressen der Stadt, nicht ganz so fein wie die Maximiliansstrasse, aber hier kaufen, heisst dabei sein. Du bist der Meinung, dass nicht jeder einfach kommen kann und falls doch, bitteschön mit Hochachtung vor dem Konsumprodukt. Telefonische Bestellungen nimmst du natürlich entgegen, aber wenn der Kunde nicht deinen Vorstellungen entspricht, dann, also, Moment, da sind noch andere Kunden und die Farbe, ach so, die müsste, warten Sie mal, der Blick sagt: ob Sie das überhaupt zahlen können, wie sie aussehen, na, also, die Farben, nein, die sind irgendwie verschwunden, vielleicht schauen Sie morgen nochmal vorbei oder rufen an, ja? Seien Sie doch - ach so, sie sind mitten drin, ja, das ist schade, aber Sie sehen doch, und Sie müssen jedesmal 80 Kilometer, aber wir sind gerade voll beschäftigt, drei Kunden auf zehn Mitarbeiterinnen, und irgendwie sollten Sie nicht so auftreten, wenn Sie schon so den Laden betreten, denn unsere Farben verdienen es, nur auf Zegna gespritzt zu werden, und zu Colefax & Fowler können Sie natürlich auch gerne gehen, und alles nochmal streichen, und wenn wir die Farben drei Wochen später wieder finden, rufen wir Sie auch gerne an und erinnern Sie an Ihre Schulden. So in der Art gehst du mit denen um, die mitten im Streichen nicht so aussehen, als könnten sie 100 Euro für 5 Liter Farbe bezahlen, und ganz ehrlich: Sie würden es auch nicht tun, nur hat sich eine Bekannte exakt diese Farbe eingebildet, und warum soll man nicht mal zum Geburtstag das Streichen verschenken. Wenn es mit der Farbe klappen würde.

Der Kunde, den du nicht haben wolltest, sitzt ein paar Monate später bei Frau S. am Tegernsee und versucht, einen Lampenschirm auf einer umgebauten Imarivase zu befestigen, was sich als unmöglich herausstellt; zu nahe kommen die Glühbirnen dem Stoff, und Frau S. sieht ein, einen Fehlkauf gemacht zu haben. Ist der nicht, fragt er, von diesem Geschäft in dieser Strasse? Die hatten doch vor einem Jahr in der Kollektion diese gerafften Seidenschirme. Richtig, sagt Frau S., und findet es aber gar nicht so schlimm, ein Impulskauf sei es gewesen, weil dein Laden aufgrund anhaltender Lieferprobleme mit dieser Marke sich neue Firmen gesucht und den Rest verschleudert hat. Ob er ihn nicht brauchen könnte?



Er jedenfalls ist der Meinung, dass ein schöner Lampenschirm nichts für arrogantes Verkaufspersonal kann, oder für eine Firma, die im Hype mit der Produktion nicht mehr nach kam. Er hat eine passende Lampe ohne Schirm und kann sich ausrechnen, dass weder die Firma noch das Geschäft irgendwas daran verdient hat, und heute sind die Zeiten nicht mehr so, dass du Kunden hinhalten könntest. Auch die Firma wird heute keine Lieferschwierigkeiten mehr haben, denn auch die anglophonen Heimatmärkte haben mehr Sorgen, als dass man sie mit 2000-Pfund-Bettwäsche überdecken könnte. Vielleicht gehst du bald pleite. Kann schon mal passieren, bei den Münchner Mietpreisen und den Mietverträgen über 5 Jahre, davon mindestens zwei in der Rezession. Der Schirm ist wirklich gut, aber noch besser war die gelungene Eigenmischung der Farbe: Es steht zu befürchten, dass es wirklich auch ohne dich geht.

Hast du Schwellenangst beim Amtsgericht?

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Mittwoch, 23. April 2008

Die Skalpe meiner Feinde - Motobecane Mirage II

Es ist Sommer. Du wohnst am See, deine Mutter sieht gut aus, und dein Vater ist - als Sportarzt - reich. Das Wetter ist schön, du fährst jeden Morgen durch ein stilles, nobles Viertel und einen Park in die Schule, kein niederes Dasein ficht dich an, und die Haushaltshilfe nimmst du nicht wahr. Deine Bekannten sind wie du selbst, Kinder von denen, die hier den Ton angeben und festgelegt haben, dass es auch so bleiben soll. Sportarzt sollst du werden, das ist ein feiner Beruf, und garantiert die Stellung.

Allerdings, du bist gerade erst 15 geworden, einen Roller oder gar ein Auto darfst du noch nicht fahren, das fehlt noch zur Vollausstattung, die ansonsten, von Lacoste bis Amiga, längst vorhanden ist. Um diesem Defizit abzuhelfen, geht dein Vater zum Fahrradgeschäft, aus dem just zu dieser Zeit ein globaler Elektroschrotthändler erwächst, und besorgt dir dort eine blaue Motobecane Mirage, ein Rennrad mit 12 Gängen, Sachs-Huret-Schaltung und Weinmann-Bremsen. Es ist noch nicht das Beste, aber für den Schulweg reicht es, und vielleicht macht es dir auch keinen Spass, also ist es eine kluge Wahl: Robust, nicht zu teuer, schnell, aber keine hypernervöse Rennmaschine.

Es macht dir Spass. Denn jetzt bist du schneller als alle anderen, jetzt kannst du es den anderen im Viertel mal zeigen. Keiner ist so schnell wie du. Und keiner hat Lust, gegen dich ein Rennen zu fahren. Du bist nicht besser, du bist nicht sportlicher, aber du hast das bessere Material. Und keiner will sich von dir besiegen lassen. Nun aber kommt der Umstand ins Spiel, dass du nicht nur reiche Eltern und ein schnelles Rad hast, sondern auch einen Dachschaden. Du warst schon immer etwas brutal, du hast nie verstanden, dass es anderen weh tut, wenn du sie schlägst, aber du hast gelernt, dass deine Eltern dich schützen, und dass andere es cool finden, wenn du brutal bist. Du hast gelernt, dich im Viertel zu benehmen, und wenn du in der Schule über die Stränge schlägst, sagt dein Vater, dass es sicher die anderen waren, die weniger gut gestellten, gegen die du dich nur gewehrt hast.

Aber jetzt wurmt es dich. Du möchtest die anderen ihre Unterlegenheit spüren lassen, du willst leichte Siege, und wenn sie nicht wollen, zwingst du sie eben dazu. Zum Beispiel den jungen Porcamadonna mit seinem Tourenrad. Dem lauerst du auf. Du fährst voran, versteckst dich in einer Seitenstrasse, und wenn er vorbeifährt, schiesst du von hinten heran, und reisst ihm die Tasche vom Gepäckträger. Das machst du ein paar mal, und du bekommst dein Rennen. Er versucht, dir zu entkommen, nachdem er bei deiner Aktion gestürzt ist. Jeden zweiten Tag kannst du es ihm zeigen. Bis zu den grossen Ferien. Du gewinnst. Immer. Es ist ganz leicht.

In den grossen Ferien radelt der junge Porcamadonna zum ersten Mal nach Frankreich, mit seinem Tourenrad. Zwischen Bourg und Belfort macht es Zoing, dann nochmal Zoing, noch dreimal, und dann sind fünf Speichen am Hinterrad gerissen, das sich völlig verzogen nicht mehr bewegen lässt. Nach einer elenden Schlepperei kann man in Belfort wenig für ihn tun, er braucht ein neues Hinterrad, und der Patron des Radgeschäftes empfiehlt ihm, für weitere sportliche Aktivitäten das Tourenrad auf Garantie umzutauschen und sich gleich etwas ordentliches zu kaufen.

Dann kommt der Herbst, die Schule geht wieder los, und du freust dich darauf, endlich wieder ein Rennen zu gewinnen. Du siehst den jungen Porcamadonna weiter vorne, aber es ist gar nicht mehr so leicht, ihn einzuholen. Du kommst näher, er hat jetzt keinen Gepäckträger und auch kein Tourenrad mehr, sondern einen Rucksack und ein stahlblaues KTM-Rennrad. Er ist nicht mehr so langsam wie früher. Er ist schnell. Schneller. Es fällt ihm nicht schwer, schneller zu sein. Er ist von nun an immer schneller. Du gewinnst nie mehr. Mit 16 steigst du um auf einen Roller, das Rennrad ist dir egal, jetzt geht es um Frauen.

Mit 17 vergewaltigst du ein Mädchen, dein Vater haut dich vor dem Jugendrichter raus, steckt dich ein paar Wochen in die Klapse und schickt dich in die Schweiz in ein Internat, mit 22 kommst du bei einem Autounfall in Italien ums Leben.



Ein paar Dekaden später zieht der nicht mehr ganz junge Porcamadonna an den Tegernsee, wo er, sparsam, wie er spätestens seit dem Grunderwerbsteuerbescheid geworden ist, einen Teil der Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen gedenkt. Auf einem Flohmarkt sucht er vergebens noch etwas Besteck, aber bei einem Händler fällt ihm ein nach über 20 Jahren fast makelloses Motobecane Mirage II auf, bei dem die Schaltungsritzel nicht die geringeste Verschmutzung aufweisen. Es kann nur sehr kurz in Betrieb gewesen sein, bevor der Besitzer das Interesse daran verloren hat. Nach all den Jahren ist der Freilauf blockiert und die Schaltung verstellt, aber das bekommt er hin, er hat ja Erfahrung mit dem Schrauben. Er hat bessere Räder, sehr viel bessere Räder, ein De Rosa mit Campa Super Record wäre natürlich schöner gewesen, aber für das Einkaufen in Tegernsee sollte es reichen, es war kein schlechtes Rad, das du damals hattest, eine klassische Maschine. Vielleicht macht er auch noch einen Gepäckträger hin.

Hier gibt es schliesslich keine Perversen auf Rennrädern, die ihre Überlegenheit demonstrieren, indem sie ihn vom Rad schubsen. Die fahren hier SUV, Q7, X5, M-Klasse. Würdest du vermutlich auch machen, aber du bist tot.

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Montag, 25. Februar 2008

Der Niedergang der Korruption

(vom Kongress für gegenseitige Handhygiene in Rottach Egern berichtet Don Alphonso) Überlagert von Bankenkrise, Steuerhinterziehung und Empörung über die Folgen der in Deutschland üblichen Kleinstbegünstigung wird ein Werteverfall übersehen , der von Eppendorf bis Rottach-Egern Deutschlands Führungseliten heimsucht: Die Wertverluste der echten Korruption. Deutschland riskiert, auf dem globalen Markt abgehängt zu werden. Auf diesen Nenner lassen sich die Vorträge des diesjährigen Symposions "Challenging public and private Structures" in den exklusiven Räumen des vorzüglichen Nobelhotels (Redaktion bitte prüfen, ob die die Werbeseite endlich gebucht haben, sonst einfach nur "Rottach" schreiben) zusammenfassen.

Schuld sind dabei vor allem die Käuflichen der mittleren Ebene. Was sich schon in den 90er Jahren bei Fällen wie dem Münchner Flughafen oder zu Beginn des Jahrzehnts bei der Allianz-Arena andeutete, ist heute traurige Gewissheit: Bestecher suchen gezielt nach den günstigsten Anbietern in der Kette, und versuchen mit kleinsten Begünstigungen maximale Erfolge zu erzielen. Die hohe Kunst der Korruption, einst das Spiel der Eliten, hat dadurch einen vulgären Beigeschmack verstaubter Amtsstuben bekommen.

So verteilte kürzlich ein rheinischer Gadgethersteller lediglich drittklassige Flachbildschirme an Bankmanager, um so etwas Langweiliges wie seine Kreditlinie zu sichern. Ein Autohersteller organisierte für Betriebsräte sexuell ausgestaltete Lustreisen, die auch als normaler Pauschalurlaub hätten gebucht werden können. Gänzlich mehrwertfrei sind vereinzelte Fälle an Hochschulen, in denen Studentinnen den Professoren für ein Examen geschlechtlich entgegenkommen. In allen Fällen entspricht der Gewinn der Käuflichen nur einem Bruchteil der Einnahmen der Kaufenden. Unglamuröse Neigungen dieses Subproletariats der Vorteilsannahme sorgen für Umsatzverluste der Luxusgüterindustrie. "Allein deshalb sind wir schon gezwungen, uns Journalisten zu kaufen", betont der enttäuschte Vorteilsanbieter eines deutschen Automobilveredlers. "Wenn wir früher zehn Wägen an die eine Stadtverwalter geliefert haben, konnten wir sicher sein, dass zwei Wochen später der Kanalbauer der Nachbargemeinde ebenfalls mit einem Auftrag kommt. Das geht heute alles nur noch über Klickstrecken und Reality Soaps, bei denen wir das Einsammeln der Fahrzeuge vergessen."

Aber auch der Staat - und damit die Allgemeinheit - ist unmittelbar vom Niedergang betroffen. Genügte es noch in den 60er und 70er Jahren, bei ein paar bekannten Personen wegzuschauen, kann er inzwischen nicht umhin, ab und zu ein paar Neukorrupte mit hohen Kosten für Ermittlung und Verurteilung aus dem Verkehr zu ziehen. "Vollkommen unverständlich gerade bei den mickrigen Angeboten", meint der bekannte Müncher Promianwalt L., "wenn es auffliegt, ist man so oder so fällig und ruiniert. Ein angenommener Fernseher hilft da nicht weiter, deshalb raten wir unseren Kunden, angesichts der Risiken auch angemessene Preise zu verlangen". Ansonsten würden nur neue Sozialfälle auf Kosten der Steuerzahler geschaffen.

Doch es gibt auch Hoffnung. "Die Preise haben fraglos ihren Tiefpunkt erreicht, jetzt geht es wieder aufwärts", sagt der in der Szene bekannte Geschäftsvermittler S. aus Düsseldorf. Zu verdanken sei das den Geschäftsinteressen russischer und fernöstlicher Unternehmen, die auf den deutschen Markt drängen und die Preise verderben. "Bei denen ist das ein Teil der Traditionspflege, bei dem keine Kosten gescheut werden", erklärt S., "deutsche und europäische Interessenten werde zukünftig tiefer in die Tasche greifen müssen, um mitzuhalten".

Das gilt schon jetzt für den Markt der Universitäten. "Da bahnt sich ein Strukturwandel an", gibt der St. Gallener Berater T. zu bedenken, "seit die Professoren die Benutzung von StudiVZ kennen, haben sich die Machtverhältnisse verschoben: Sex gibt es schon, wenn ein Professor die Bilderfunde aus dem VZ als Drohpotenzial einsetzt, und wer wüste Drogenparties oder teure Mietwägen herzeigt, muss auch damit rechnen, dass der Professor gerne mal einen 911er fahren möchte". Ohnehin ist der Sexmarkt im Niedergang begriffen, denn im VZ gibt es genügend Gruppen, in denen sich Studentinnen für Kleinstbeträge anbieten. "Heute gehen die Zahlungen der Studenten fast schon treuhänderisch über den Prof zu den Studentinnen", plaudert T. aus dem Nähkästchen.

Vielleicht wird der Markt aber auch von den aktuellen Krisen stimuliert. "Crashszenarien sind immer gute Zeiten für investitionsintensive Vertuschungsversuche", stellt L. klar, der in den letzten Wochen bei Justiz und Staatspartei gern gesehener Gast war. Und gerade, wenn es um das wirtschaftliche und gesellschaftliche Überleben geht, oder auch der Vermeidung eines Zusammentreffens mit von Liechtensteinern engagierten Spezialgruppen der früheren Roten Armee, ist mit einer Erholung des Marktes zu rechnen. "Die Konsolidierung wird einige Marktteilnehmer mit 9 Millimeter zwischen die Augen treffen", bestätigt S., "aber es hilft dem Markt, den Sumpf der Junk-Bestechlichen auszutrocknen und sich wieder auf die Werte des Kerngeschäfts zu konzentrieren." Botschaften, die man bei Sicherheitsfirmen, Staatsparteien und Kofferherstellern in der Schweiz mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen wird.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 6. Juli 2007

Die Skalpe meiner Feinde - Das Danaergeschenk

Wirtschaftskriminalität im grösseren Stil ist immer auch eine Beziehungstat. Man nimmt niemandem grössere Summen ab, ohne ihn zu kennen. Jedem Vertrauensbruch geht Vertrauen voraus, zudem in unseren Fällen auch Gier, Dummheit und der Glaube, man sei zu klug, um reingelegt zu werden. Vor allem aber: Vertrauen. Und meist auch etwas Zuneigung zum Verbrecher. Wirtschaftskriminelle und Hammerhörder haben, vermute ich, den gleichen Charme, und nachdem ich erstere kenne, hoffe ich, ohne zu viel Kontakt mit zweiteren durch das Dasein zu kommen.

Wie schon erwähnt - der Herr mit der Calatrava hatte Charme. Selbst, als es eng wurde, sagte er noch mit einem freundlichen Lächeln zu einem Haifisch: "Wie kann so eine schöne Frau nur so etwas hässliches denken" - und er hatte Erfolg damit. Zumindest genug Erfolg, dass ihm die Zeit blieb, sich halbwegs geordnet zurückzuziehen. Halbwegs. Aber nicht ganz. Denn jeder Verbrecher macht auch Fehler. Niemand kann, wenn nicht gerade ein offener Kamin im Raum und eine Badewanne voller Schwefelsäure im Bad ist, alle Spuren verwischen. Niemand kann beim Auräumen des Büros alles mitnehmen. Und selbst, wenn alles schnell in Kisten landet, gibt es immer noch Spuren der Vorgeschichte. Und diese Spuren sind in der Papiertonne. Die Papiertonne ist das, was diesen Leuten dann siedend heiss in der Nacht einfällt, wenn sie am Tag dachten, sie hätten alles mitgenommen.

Und so war es auch diesmal. Es ist eine Weile her, dass ich das letzte Mal nach Disketten und Papier gestochert habe: 2002 war das, im Winter, als einem Mandanten die Core Assets einer Firma angeboten wurden, in die ein anderer Mandant investiert hatte. Nachdem diese Firma eine Woche zuvor noch bei bester Gesundheit schien, war es kaum zu verstehen, dass jetzt schon ihr Nachlass verteilt werden sollte. Es war eine Nacht voller Überraschungen, und als ich dann am nächsten in deren Büro stand, war ebenfalls alles verschwunden. Alles - bis auf eine Tüte in der Mülltonne, mit ein paar CD-Roms.

Die Auswertung wird sich diesmal noch etwas hinziehen, aber es sind ein paar Volltreffer dabei. Die Kritzelunterlage aus dem Sekretariat, Postits, und zum Nachweis, dass es auch wirklich aus diesem Büro kommt, vieles, was man kennt. Aus einer Zeit, als man sich noch gut verstand. Vor einem Jahr, als er Geburtstag hatte. Da wurde lange überlegt, was man ihm, der eigentlich alles hatte, schenken sollte. Am Ende wurde über 1stdibs aus Paris ein Tischset im Stil Napoleon III. bestellt, mit vergoldeter Bronze und Glaseinsätzen, damit es zu seinem Glastisch passen möge, und dazu ein sündhaft teurer Exception-Füller von Waterman. Der Füller war offensichtlich ein gutes Geschenk, denn den hat er mitgenommen. Das Tischset war dagegen im Müll.



Menschen sind manchmal irrational. Jeder von uns weiss, was es damals gekostet hat. Aber es ist Glas, und es klirrt so schön, wenn man es zertrümmert, sowas hilft dem Plebs von den Slums bis zu den Beraterkreisen beim Stressabbau. Ich bin bekanntlich der höflichste Mensch von der Welt, aber einerseits war ich aufgrund der Umstände und der Zeit inmitten des Mülls ohnehin schon geladen, und andererseits werde ich zum Tier, wenn ich mutwillige Zerstörung sehe. Wenn es dir was bedeutet, kannst du es haben, sagte der Haifisch etwas kleinlaut angesichts der nicht wirklich erfreulichen Aussicht, dass ich ihm seine Flossen durch die Kiemen von hinten in das Maul gezogen hätte, hätte er die Schale wirklich, wie angedroht, an der Wand zerschmettert. So wäre unser Präsent beinahe zum Danaergeschenk dessen geworden, um den es eigentlich geht - fast, aber nur beinahe.

Jetzt ist es auf meinem Schreibtisch, es passt gut zum vergoldeten Leder, und zudem weitaus besser als zu dem Glasschreibtisch, an dem besagter Herr im Moment an einem Ort sitzt, der mir noch unbekannt ist. Aber das Löschpapier, mit dem ich eine Unterschrift aus dem Familien-Pelikan trockne, die ich unter eine Rechnung für die Verunschönerung seiner Tage setzen werde, liegt schon in der Schublade. Ich finde das Tischset schön, aber es ist nicht genug Skalp von meinem Feind.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 5. April 2007

Heute Kinder wird´s was geben,

heute kommt Don Gnadenlos,
eine Marke wird er kleben
an die Rechnung schwer und gross.

Dann wird Wehen sein und Klagen
und Geheul im Hessenpuff
und ein Schnitt geht durch den Magen
immer raus die Kohle, feste druff.

Wer nicht blecht ist nicht sehr weise
denn in des Donnes Hintergrund
spannt Abmahnbogen still und leise
der familiäre Schwestern Bund.



Keinen elenden Pleitier würd ich belangen
Milde heiss ich zwischen Don und Fons
doch wer schleichwirbt ist gefangen
wird trinken seines eignen Blutes Schlonz.

Frisch geschliffen nun des Schwertes Stahl
und ran an technostinkendes Geschmeiss
auf dass für ewig des Kaines Mal
sei das USP von diesem Scheiss.

Gnade will ich walten lassen für ne Stunde
so bis 13 Uhr hier Vergebung wird erfleht
geht es ab auch ohne grosse Wunde
wenn nicht - Ihr bald den Weg der Schmerzen geht.

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