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Mittwoch, 9. Januar 2013

Zweige der Entwicklung

Sollten durch einen dummen Zufall einmal nur die Server übrig bleiben, die Blogs dokumentieren, wird man zur Überzeugung gelangen, dass Wetterbilder und opulentes, langes Frühstück vor allem in Bayern stattfinden, nie aber in Berlin.







Dabei bin ich durchaus aktiv, schliesslich geht es gerade um das grundlegende Geschäftsmodell der Familie. Dabei kommen mir auch so lustige Gedanken wie: Angeblich ist die Krise vorbei, die Lage entspannt sich - aber da ist irgendwie noch diese unschöne Rekordarbeitslosigkeit in Europa, und wie das zusammenpasst, sieht man an den Immobilienpreisen in Deutschland. Man sollte sich da keine Illusionen machen, in den Randlagen des Kontinents werden ganze Regionen um Jahre und Jahrzehnte zurückgeworfen, man muss da gar nicht über den amerikanischen Traum lachen; auch der europäische Traum eines geeinten Kontinents ist nichts wert, wenn hier die Eltern eine Viertel Million für 1ZKB auf den Tisch legen und woanders halt eine Kammer freiräumen, damit das Kind nicht auf der Strasse schlafen muss. Die Biographien der Jugend laufen heftig auseinander, und unabhängig vom Targetsystem sind hier die Verwerfungen von morgen angelegt. Alles wird anders, auch Deutschland selbst; es entwickelt sich zu einem Land der Besitzenden und damit Unfelxiblen, was auch für diese Gesellschaft einschneidende Veränderungen nach sich ziehen wird. In Portugal zum Beispiel soll vor allem bei der Bildung gekürzt werden. Heisst auch: Später weniger qualifizierte Leute. Und weniger Chancen. Ich höre schon wieder das Geschrei, es gäbe zu wenig qualifitzierte Leute und man müsste sich mehr anstrengen, weil China und Indien un überhaupt.







Vielleicht wird der Unterschied zwischen "Ist bereit alles zu tun" und "Ist nur in Grenzen zu Kompromissen in der Lage" viel wichtiger werden, als die alte Teilung zwischen Arm und Reich. Mir fällt das schon etwas länger in meinem eigenen Umfeld auf, diese Zerissenheit zwischen den Wünschen und Anforderungen. Die Leute schauen sich englische Lordschaften beim Nichtstun an und hetzen dann gleich wieder in die Arbeit, sie haben klare Vorstellungen von der Erziehung der Kinder, die sie sich nicht leisten können, und wie sie den ewig fernen Garten anlegen, wissen sie auch schon. Ich habe eine Kleinigkeit vor ein paar Monaten in der Nähe von Waakirchen vergessen; da bin ich vorbeigeradelt, durch all diese gebaute Sicherheit und Zuverlässigkeit, die hier zur Schau gestellt wird. Man sollte es dann vermeiden, danach ins Netz zu gehen und nachzulesen, welche Jobs mario Sixtus momentan, vor der nächsten Sparrunde des ZDF, in Berlin anbieten kann. Und ich frage mich, ob sich Flexibilität angesichts der dadurch entstehenden Kosten überhaupt lohnt.







Also, jetzt mal vor dem Hintergrund, dass diese Kosten nicht einfach so per Garantie erstattet werden, wie das momentan beim Euro so läuft, damit die nächste krisenhafte Verschärfung nicht vor der Wahl kommt. Das Geld der Flexiblen muss ja wirklich verdient werden, und nur diejenigen an der Spitze bekommen die Umzüge voll erstattet und ein Penthouse. Der Rest muss das einpreisen und selbst übernehmen. Über all dem die Frage: Lohnt sich das überhaupt?

Draussen am Eingang hängt ein Zettel von den Bleibenden, die ihre Wohnung komplett überholen lassen, in der sie sich für die Unnanehmlichkeiten entschuldigen. Im Zweifelsfall könnte man auch hochgehen und um etwas mehr Ruhe bitten, aber vermutlich machen die Handwerker schon so leise wie möglich. Es stört kaum beim Lesen. Es ist sehr angenehm hier, und verlässlich. Zuerst erwischt es, wenn es hier auch krachen sollte, die Leute ohne Wetter- und Frühstücksbilder.

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Montag, 7. Januar 2013

Bekenntnisse des Hochstaplers "Don" Alphonso

Die bittere Wahrheit am Sonntag ist, dass ich meinen Zustand am besten als "abgebrannt" bezeichnen muss. Ich bin ziemlich pleite. Und schuld bin ich selber, weil ich ich die Post von der Bank kaum beachtet, geschweige denn geöffnet habe. Und so entwickelte sich hinter meinem Rücken das ganze Unglück bis zu jenem Moment, da ich mir im schönen Rosenheim dachte: Tanke ich jetzt mit Karte oder schaue ich doch noch, dass ich eine Sparkasse finde? Es ist nämlich auch so, dass ich gern mit leerem Tank fahre: Das diszipliniert nicht nur, es schärft auch die Einschätzungsgabe. Und dann fand ich also eine Bank, hielt an, ging hinein, schob die Karte in den Schlitz und hob etwas Geld ab. Oder versuchte es wenigstens. Der Automat aber sagte mir, die Karte sei ungültig, und ich sollte mit meinem Kundenberater sprechen. Man werde mir jedenfalls kein Geld geben. Weil nämlich meine Karte über das neue Jahr abgelaufen war. Mein famoses Gefühl für den Tankinhalt der Barchetta sagte mir, dass ich auch mit dem erhöhten Luftwiderstand heim kommen würde, knapp, aber kein Ding der Unmöglicheit, selbst wenn der Zeiger schon auf Null stand. Daheim könnte man weiter sehen, was sich so ergäbe.





Im ersten Schreck machte ich mir erst mal kostenneutrale Pfannkuchen mit Marmelade und bastelte ein wenig am Garlatti herum. Das Garlatti ist ein wenig wie der Schaumwein des Vaters von Felix Krull, glänzende und pompöse Verpackung, aber qualitativ nichts Besonderes. Man sieht die verchromten Muffen und nicht die billigen Rohre, man liest auf einem grossen Aufkleber "Campagnolo" und dennoch sind die Bremsen von Galli, die Kettenblätter von Gipiemme und der Rest von einer billigen Linie. Sieht nach etwas aus, ohne etwas zu sein - so ähnlich war es ja auch mit mir. Kein Sprit im Tank und keine Karte, mit der ich abheben kann. Meine Laune besserte sich erst, als ich einem Hoteldieb gleich die Wohnung auf den Kopf stellte: Im Koffer ein 50 Euro Schein, vermutlich in Italien dort verloren gegangen - der Tank nach Hause. Im Trikot 30 zerknitterte Euro - das Essen der nächsten Tage. Im Flickzeug 20 sauber gefaltete Euro - ein wenig Radbedarf. In der Jugendstil-Schminkschatulle 50 Euro, die ich mal zur Sicherheit hinterlassen habe, vor Jahren - ich begann mich wieder reich zu fühlen. Ein Sack Münzen im Schrank. 20 Euro zwischen italienischen Schuhrechnungen im Geldbeutel - heut geh ich in's Maxim.





Es ist ganz erstaunlich, wie dann aus der Notspeise der gefüllten Pfannkuchen wieder ein liebevoll gemachter Omelettauflauf mit viererlei Käse, Zucchini, Champignon, Tomaten undKräuterseitlingen wird. Und wie man den Chrom nicht mehr poliert, um notfalls nach Hause und zum Bankberater zu radeln, sondern das Ganze in Vorfreude auf den Sommer am See macht, denn dieses Rad ist vielleicht nicht gut genug zum Rennen, aber mehr als ausreichend für eine gute Krullfigur beim Baden. Natürlich hätte ich hier auch jemanden fragen können, oder anrufen. Aber dazu bin ich nicht erzogen, ich kann das nicht und würde das auch nie tun. Im Bitten bin ich noch schlechter als im Zahnarztbesuch.





Es wirft kein gutes Licht auf diesen meinen Charakter, wenn ich dann schon wieder beim Abendesssen auf den Lenkerstopfen deute und sage: Kein Kilometer von diesem Baptisterium, da kommt der Scamorza im Kühlschrank her, in Italien auf Buchenholz geröstet und hier, wenn Du möchtest, auf japanischem Porzellan serviert... aber bitte, das ist doch selbstverständlich... wir haben es, wer kann, der kann. Ob nun Reste oder mit Hingabe gekocht, wer vermag das schon zu sagen, und ich sage: Wenn ich nicht auf dem Riff aufsitze, segle ich darüber hinweg. Ausserdem komme ich noch aus einer Zeit, da musste man am Schalter anstehen, um Geld abzuheben, und der Schalterbeamte beobachtete einen, als wäre es ein Verbrechen, der Bank das Geld zu nehmen: Sie wollen wirklich 1200 Mark für so ein Rennrad? Verschwender! Auch damals kam man irgendwie ohne Abheben über den Sonntag.





Das alles sollte mir dennoch eine Lehre sein, aber in vier Jahren, wenn die neue Karte wieder ausgelaufen isr, werde ich das sicher wieder vergessen. Oder vielleicht sind wir dann schon so verdrahtet, dass wir quasi daurnd mit unserem Vermögen herumlaufen und jede Verkehrswidrigkeit sofort per Funkverbindung abgebucht wird. Dieser ganze Computerkram macht das Hochstapeln zunehmend schwierig, man kann sich nicht mehr drei Tage mit angeblichen Überweisungsproblemen erkaufen, und die Identität von einem Graf Venosta kann man auch nicht übernehmen. Nur der Heiratsschwindel geht vielleicht noch, als Heiratsfehlinvestment. Aber dafür bin ich nicht geschaffen. Vielleicht kann ich wenigstens mit meinen Aufläufen, für die es sicher ein mordspompöses Wort der französischen Küche gibt, und meinem chromblitzeden Garlatti beeindrucken. Wenig genug. Aber so ist das eben. Und besser als nichts.

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Mittwoch, 2. Januar 2013

浮世絵

In meiner Wohnung hängen vier Blätter aus den 36 Ansichten des Fuji von Hokusai. Als ich sie gekauft habe, war ich noch nicht lange eingezogen, hatte nicht viel Geld übrig und war froh, so billig ein wenig Erbauliches für die Wände zu finden. Sie sind nicht sonderlich wertvoll; der Umstand, dass sich darunter auch Bilder aus den geplanten 100 - und letztlich bei 46 verbleibenden - Ansichten sind, zeigt zwar, dass sie alt, aber keinesfalls die ersten Originale sind. Ich könnte mich natürlich auch mit der Frage der abgenutzten Druckstöcke beschäftigen, mit denen die Arbeiten von Hokusai zugewiesen und datiert werden, aber ich gehe lieber zum See, der mein privater Fuji ist.





Das Schriftzeichen dort in der Überschrift steht für Ukiyo-e, was übersetzt in etwa "Bilder aus einer fliessenden Welt" bedeutet. Mein Leben hier ist auch fliessend, und manche bezeichnen es als einen grossen Witz, dass ausgerechnet ich, der ich mit Wasser im Allgemeinen wenig anfangen kann und selten mehr als 10 Tage im Jahr beim Baden bin, ausgerechnet an einen See gezogen bin. Hätte ich nicht auch ein, zwei Dörfer weiter ziehen können, wo ich für den gleichen Preis ein Zimmer mehr bekommen hätte? Und warum geht man überhaupt zum See? Was hat der Mensch mit diesem Element, das zusammen mit dem Feuer dasjenige ist, das für ihn tödlich und gefährlich ist?





Ich glaube nicht, dass die alte Besitzerin des Cafe am See gewusst hat, wer Hokusai gewesen ist, und dort hingen auch keine Ukiyo-e herum, aber sie sagte einmal, dass sie den See nun schon seit Jahrzehnten kennt, und nie sieht es gleich aus. Es ist eine fliessende Welt am Wasser, und wenn ich dieses Glück habe, und es ist im Norden grau und im Süden grau, und nur über mir scheint am See die Sonne, dann bin ich zufrieden. Mehr muss gar nicht sein, der Tag ist gut geflossen, den Rest nehme ich dann gar nicht mehr so wichtig. Hier fliesst es richtig, auch wenn es anderswo überschwemmt, mitreisst und vernichtet.





Das ist in meinen Augen das Angenehme, wenn man einen Punkt erreicht hat, an dem man zufrieden ist: Dann muss man sich nicht mehr als Teil grosser Umwälzungen schlecht fühlen. Der Tegernsee hat einen grossen Zufluss, mehrere Gebirgsbäche und einen Abfluss, und es dauert drei Jahre, bis das Wasser ausgetauscht ist. In solchen Zeiträumen kann man Veränderungen gestalten und sie auch bewältigen. Es geht nicht immer gut, aber es geht letztlich doch alles glatt. Ich würde so ein Leben, und sei es auch nur geborgt oder für ein paar Wochen, auf keinen Fall missen wollen, aber so bin halt ich und andere sind anders und rechnen genau durch, was sie erringen können, wenn sie das riskieren.





Und jetzt stehe ich eben hier unten im letzten Licht des Tages, zwischen mir und dem Wasser ist nur die silbrige Luft, das Holz aus den Bergen und das Leder der Veroneser Schuhe in den Farben der Region. Dann wieder Luft und Wolken und ein Streifen für jene, die vielleicht herunterschauen können, wenn sie einen Fensterplatz, einen Flugschein, einen Auftrag und einen Moment der Achtsamkeit haben, bevor sie den ipod weiterschuffeln und sich wieder dem Filmprogramm zuwenden. Gibt es das überhaupt noch? Es ist lang, lang her, dass ich das letzte Mal geflogen bin. Das nachletzte Mal war es der verhinderte Versuch, nach London zu kommen.





Natürlich reicht in so einer sacht dahinfliessenden Welt schon wenig, damit alles durcheinander kommt. Oft sitzt man am See, nimmt einen Stein in die Hand und

denkt darüber nach, ob man ihn werfen soll. Alles hat sich so gefügt, wie es ist; wirft man ihn, wird es vielleicht Jahrhunderte dauern, bis er wieder an den Strand gelangt, oder aber er wird zu Sand zerrieben. Für das Schicksal ist man selbst nur so ein Stein. Und dann legt man ihn wieder hin. Andere sehen das natürlich ganz anders, und so wird getan und getrampelt und alles in der Annahme, dass es schon irgendwie geht, weil es schon immer gegangen ist. Und wenn es dann doch nicht geht, maulen sie auch noch rum, dass man eigentlich ganz gern wieder ruhig und angenehm weiter machen möchte, ohne sie natürlich. Das sah man beim 29C3, aber das war auch bei mir teilweise so. Man muss immer, das ist der Preis des ruhigen Fliessens, überlegen, wie man den Ausgleich bewahrt. Und wer das eine will und das andere und nimmt, was er kriegen kann, ohne Rücksicht und am besten auch noch im Gefühl, dazu ein Recht zu haben, für den gibt es irgendwann keinen Zugang mehr.





So ist das, unten am Wasser. Oh, ich habe natürlich nichts dagegen, wenn andere ihr Dasein anders gestalten, ich bin auch für die Freiheit und Selbstverwirklichung aller, und ohne jde Frage ist es auch manchmal fad am See, so dass man vielleicht dessen Wert ein wenig falsch einschätzt. Das liegt aber nicht am See, sondern am Bestreben, mehr zu haben. Mehr Reisen und mehr Platz und mehr Leute, die man rumscheuchen kann und Titel und ach ja, so ein See in den Bergen, der erzählt doch nur von den Grenzen, von der Mühsal, von der Bedeutungslosigkeit der Menschen und der Unerbittlichkeit der Gletscher, die irgendwann wieder alles wegräumen werden, und dann fängt es von vorne an. Ohne mich natürlich, aber auch ohne all die anderen.

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Sonntag, 30. Dezember 2012

Rot

Rot und geschenkt:



Rot und schnell:



Rot und warm:


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Sonntag, 23. Dezember 2012

Falsche Zuweisung der Einsamkeit

Der Ordner, in dem die Bilder ab Mitte Dezember sind, heisst bei mir seit 2008 traditionell "Bergwinter20xx". Die Beschreibung war mal mehr und mal weniger richtig. Mehr bei der letzten kleinen Tour auf den Berg. Sehr wenig dagegen heute.





So, wie der Regen und der Föhn hier dem Winter schnell wieder das Genick gebrochen haben, habe ich mit ein paar anderen Traditionen gebrochen. Früher war um diese Zeit die Bude voll, und ausserdem war besagte Bude daheim an der Donau. Dieses Jahr also zum ersten Mal am Tegernsee. Da ist die Bude so klein, dass sie nicht so sehr gefüllt werden kann, in Ermangelung einer Gästewohnung.





Ausserdem ist hier auch sonst nicht gerade Winterzauber: 2008, 2009, 2010 und 2011 konnte man hier um die Zeit stets rodeln, vielleicht manchmal nicht ideal, aber immer mit einem Finger Schnee unter den Kufen. Diesmal sollte man die Räder mitbringen, und die Picnicdecken wären auch nicht ganz falsch, und eine Flasche Sprizz. Ein, alles in allem, schönes Wetter für nicht zu viel Trubel.





Überhaupt, Bergeinsamkeit ist in unseren Zeiten ein wirklich unterschätztes Asset für moderne Menschen im Stream der Dauerkommunikation. Irgendwie habe ich es vergessen, meine Telephonnummer weit zu verbreiten, und der morgen fraglos drohende Dauerstress reicht eigentlich. Schon die Frage, ob ich denn genug Krawatten im Koffer habe, und ob dem Anlass ein dunkelgraues Sacco gerecht wird, überfordert mich leicht. Ich hätte hier gerne meine Ruhe, so einfach, eigentlich.





Zumal das Kommende auch schon am Horizont wartet. Dieser Berg. der Kampen, dort ist noch eine der angenehmsten Herausforderungen. Es werden Wahlen in Italien kommen, bald, sehr bald, es werden hässliche Nachrichten zu lesen sein, und das Gerede, die Krise sei vorbei - das hatte man auch schon die letzten Jahre um diese Zeit herum. Hier schon. Solange man nicht nach Spanien schaut. Die Krise mag öde sein, aber sie ist da.





Am späten Abend verfärbt sich der Himmel dann Blau und Rot, und der Föhn setzt mit aller Macht ein, und bläst den Himmel sauber. Wer jetzt keine Kopfschmwerztabletten hat, könnte morgen eine Überraschung erleben, und wer daran gewöhnt ist, freut sich auf den Frühling. Vorerst bleiben die Rodel im Keller und die Räder in der Wohnung.





Es ist gut so, wie es ist. Daheim friert keine Leitung zu, und hier...

sagen wir mal so, ein wenig Rücksichtslosigkeit gegenüber den Interessen anderer, die gar nicht hier sind und aus vielen Gründen nicht da sein können, ist auch nicht ganz schlecht. Arbeiten tue ich trotzdem weniger, dafür mehr nachdenken. Muss auch mal sein.

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Freitag, 21. Dezember 2012

12 Affenmonate

Man sagt, das sei so das Alter, in dem sich langsam alles einrenke, füge und finde. Mir war wichtig, dass ich vor allem Ablenkung finde.





Denn die grossen Entwicklungen des Jahres waren nicht eben erbaulich. Und ich habe mich schon ein wenig verändert. Ich kann heute Dinge tun, die mir vor einem Jahr schwer gefallen wären.





Ich bin etwas weniger verständnisvoll gegenüber den Luxussorgen, die man hier so hat. Dafür etwas mehr verständnisvoll für Sprüche wie "Die Gesundheit ist das Wichtigste". Ausserdem habe ich in Italien gesehen, wie unendloch wichtig das sichere Dach über dem Kopf ist.





Ich bin nicht undankar gegen 2012, ich weiss sehr genau, warum ich keine Kinder will und das alles auch so bleiben wird. Und generell: Man muss nehmen, was man kriegen kann, solange man noch etwas davon hat. Reich und alt werden ist erstrebenswert, aber dabei knausern ist dumm und falsch.





Im Dorf feiern sie jetzt die längste Nacht der Jahres und den Wechsel, leuchten der Finsternis mit dem Feuer heim, denn von nun an soll alles besser werden, und das nehme ich kir nach diesem Jahr auch fest vor. Weniger Sorgen, mehr Leben.





Man springt an diesem Tag über das Feuer. Diese 12 Monate bin ich hin und wieder auch ganz langsam durchgegangen. Und trotzdem nicht zu Asche zerfallen. Man lernt dazu, man wächst an den Aufgaben, man wird erwachsen, und vielleicht kommt das mit dem Einrenken ja 2013. Und das mit dem Nehmen, was man kriegen kann, bleibt hoffentlich erhalten.

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Samstag, 15. Dezember 2012

Liebe, Fürsorge und Zuneigung

Es ist nun diese Zeit, da man sich Gedanken macht um das, was da kommen wird, und was man den Menschen Gutes tun möchte. Das können Kleinigkeiten sein, wie echte Bienenwachskerzen, die für Besucher ein vielleicht noch etwas wärmeres Licht machen - seie wir ehrlich, die Stearinkerze ist die Energiesparlampe unter den Kerzen. (Übrigens, dass ausgerechnet das Büro des Berliner Finanzsenators ausbrannte, weil dort niemand sich bemüssigt sah, am Abend den Adventskranz zu löschen... ich sage jetzt nichts.)



Es ist die Zeit, da das grosse Vorbestellen beginnt, und man sich stets sagt, dieses und jenes könnte man auch noch nehmen, schliesslich kommt der ein oder andere vielleicht später auch noch vorbei und wenn man jene trifft, dann hätte man gern eine Kleinigkeit unterhalb eines venezianischen Spiegels, oder eines Gemäldes; so etwas ist immer nicht ganz leicht zu verschenken, aber etwas zum essen, das geht, hier zumindest, immer.



Selbst jene, die man nicht kennt, die nur auf der Strasse vorbeieilen, sollten einen warmen Gruss erhalten, wenn sie hoch schauen und durch das Fenster den Stuck und die Kristalle sehen; da reichen dann auch normale Kerzen, immerhin wurden wir uns nicht vorgestellt. Ich meine aber, dass so ein hübscher Schein die Seelen aufhellt und überlegen lässt, ob man zur Krönung des Abends wirklich noch Drogen nimmt, vor die Haustür kotzt und einem Auto die Tür eintritt. Allgemein sollte man netter miteinander umgehen, und ich mache gern den Anfang.



Natürlich schaue ich auch nach, wenn draussen jemand entsetzt schreit, denn dunkel ist die Nacht und ich will nicht, dass jemand Schlimmes erleidet. Ich öffne also das Fenster und schaue, ob da nur wieder jemand entdeckt hat, dass sein Mobiltelefon beim Tanzen gebrochen ist, oder eine andere Katastrophe droht - aber heute Nacht ist alles ganz anders, die Nüchternen und Betrunkenen fallen zusammen, denn es herrscht Blitzeis. Am Morgen, so lautet meine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht, müsste ich die Strasse räumen, aber ich bin ja nicht so: Es ist 2:33 Uhr, ich ziehe massives Schuhwerk an, gehe hinunter und befreie Hof und Bürgersteig vom Eis.



Um 2:47 kommen dann, sich aneinander festklammernd, Betrunkene auf der anderen Strassenseite daher. Das ist dumm, denn dorthin wird der Regen gepeitscht, und dort ist es auch stets kälter, glatter und gefährlicher. Also rufe ich ihnen zu, sie sollten vielleicht hier herüber kommen, hier wäre schon Salz und Streumaterial und der Eishacker im Einsatz, ja sogar bis zur Kreuzung und zum Nachbarn hätte ich mein fürsorgliches Werk getan. Sie betrachten das als Beleidigung, grölen zurück und schliddern weiter. Der erste rutscht aus, reisst den zweiten zuneigend mit, dessen Gesäss mit einem, ich würde sagen, knochenzermalmenden Ton aufschlägt, und ohne Halt stürzt der Dritte auf ihn, der ihm fürsorglich einen weichen Landeplatz bietet. Der Zweite kann nicht mehr gehen, läuft weiss an, und kriecht nach einer Pause auf allen Vieren weiter, bis ihn seine Kumpane dann hochziehen und weiterrutschen. Ob ich einen Krankenwagen rufen soll, frage ich, aber sie schreien mir Verwünschungen zu und bleiben weiterhin auf der falschen Seite. Als ich die Tpr schliesse, wieder die typischen Flüche der Fallenden.

Nun ja. Vielleicht nutze ich meine Zeit in Zukunft doch besser mit Staubwischen und dem Verfassen von Grusskarten.

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Samstag, 8. Dezember 2012

Also bitte

Es kann keinen Zweifel geben: Die Sonne scheint.







Und es ist auch nicht zu bestreiten, dass der Himmel blau ist. Silbrig kaltblau, aber blau.







Ausserdem ist die Strasse wirklich trocken wie die Verabschiedung eines FTD- und bald auch anderen Redakteurs.







Und obendrein, das muss man sagen, wäre es doch schade, das schöne Rad jetzt, wo alles schnurrt, nicht nochmal auszuführen.







Und ausserdem, wer braucht schon Zehen?

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Freitag, 30. November 2012

Wärmer

Manchmal kommt man bei der Arbeit auch mit Themen in Berührung, mit denen man an und für sich abgeschlossen hat; das Spreizen von Beratern zum Beispiel und die Eitelkeit, die sich mangels anderer Möglichkeiten dann im Internet äussert. Hatte ich länger nicht mehr, genauer seit drei Monaten, als mir in München ein leitender Burdamitarbeiter zufällig im Cafe begegnete. Oft äussert sich sowas in einer gewissen Distanzlosigkeit, im Realen und noch schlimmer im Netz, um der Welt zu zeigen, mit wem man alles gut kann. Die Angesprochenen können sich vermutlich dagegen kaum anders als mit Schweigen wehren, aber das hält natürlich niemanden davon ab, es nicht weiter zu tun. Geht ja schnell, bei Twitter.







Komisch finde ich das, dieses Laute und Persönliche. So nebenbei bekommt man mit, wie anonym diese Leute dann tatsächlich leben; fast ist man geneigt, das Laute einem Fehlen der normalen Kommunikationsübung zuzuschreiben, die hier pervertiert nur noch Powerpoint dient. Sie sind in grossen Städten, oft vom Wunsch getrieben, viel unterwegs und umtriebig zu sein, und gleichzeitig wenig herauszulassen. Bei mir weiss jeder, es ist ja auch kein Problem, dass ich ein neues Bergrad durch den Schneesturm da draussen über dem See trete. Bei denen weiss man herzlich wenig. Irgendwo las ich, dass Menschen Adressbücher alter Menschen traurig finden, in denen viele Namen gestrichen sind: Immerhin hattem die etwas zum Streichen. Die Leute, deren Hintergründe ich in den letzten Tagen recherchiert habe, machen mitunter nicht den Anschein, als wäre da so etwas wie ein intaktes Umfeld. Was auch kein Wunder ist, wenn die Arbeits- und Selbstbeschäftigungsbedingungen so etwas praktisch ausschliessen. Unwilkürlich frage ich mich, wie die mal als Grossvater oder Grossmutter sein würden. Oder nein, ich will das gar nicht so genau wissen. Ich weiss, dass meine Lebensbilanz später mal nicht prächtig ausfallen wird ("an den Möglichkeiten kläglich versagt"), aber das war dann meine freie Entscheidung. Bei anderen wäre ich mir da nicht so sicher, da wird das durch die Umstände des Beraterdaseins vorbestimmt.







Ich bin mit denen befremdet. Manchmal ist es ja so, da trifft man zufälligerweise einen von denen, entzieht sich nicht, hört zu und denkt sich: Oh weh. Der ist ja wirklich so. Das ist 1 zu 1, Leben zu Netz. Mehr ist da nicht, ausser vielleicht ml ein Anfall wegen Überarbeitung, wie ihn mal ein PR-Blogheini in München hatte. Da sehe ich rabenschwarz für all die angeblich so tollen Firmengeschichten, um die sich alle momentan so viele Gedanken machen: Dazu bräuchte es erst mal Leben, und wenn die Firmen keines haben und der Beauftragte auch nicht, wird es schnell roboterhaft. Aber vielleicht ist es auch ganz gut slo, je mehr von denen gehen und den Firmen auf der Tasche liegen, desto besser für lebendige Informationen und Geschichten,







Kalt war es da draussen. Sehr kalt. Aber immer noch warm im Vergleich zum Gefühl der menschlichen Kälte, das mich aus dem Netz anweht. Ich ertappe mich auf der Suche nach Blogbeiträgen über Adventskranzbau und Plätzchenbacken.

Abends dann der Beginn des Resteaufkochens, denn das Ende des Aufenthalts am See ist, hm, absehbar oder abseebar, wie man will. Pilze, Käse, Schmand, Kastanien. Zwiebeln, Butter, und aufgetaute Nudeln aus Meran.







Dann noch eine Kanne Tee und ein Vollbad und kein Internet mehr, und es wird wieder warm.

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Mittwoch, 21. November 2012

Wir werden wie Gold sein

Es ist nicht so, dass der Berg wirklich rufen würde. Aber er wartet, und in der Nacht stellt er die Frage, wo ich gewesen bin, all die Tage des Sommers und des frühen Herbstes.







Ich habe darauf eine Antwort und eine Erklärung, die mir selbst auch bessser gefallen könnte, aber es ist, wie es ist, und dem Berg reicht es aus. Jetzt bin ich da, im Tal, über dem See hängt der Nebel, aber bei mir ist alles Licht und der Wunsch, von diesem Jahr mitzunehmen, was noch da ist. Und es ist Sommer in den Bergen. Der Berg meint, er hätte oben ein Geschenk für mich. Wer kann da Nein sagen.







In den Aufstieg würde genau eine Aufführung der Missa Cellensis von Haydn passen, aber um mich ist alles nur das abgehackte, wechselvolle Gloria, und ich frage mich ob Haydn seine Inspiration nicht beim Atmen und Rasten der Sänger nahm, die sich bei den Aufführungen auch auf den Berg schleppen mussten, auf dem die Kirche Mariazell steht. Ich bin da einmal, auch in dieser Jahreszeit im Licht hinauf: Man ist golddurchwirkt, denn die Sonne der Steiermark glüht schon fast italienisch, und man atmet heftig zwischen all den Rampen. Wenn ich allein bin, habe ich das immer im Ohr, immer nur das Gloria.







Und auch heute ist es so, wo immer die Sonne etwas erfasst, Laub, Holz, Rad, Stoffe oder Steine, alles leuchtet, als wäre es Gold in den verschiedensten Legierungen. Das liegt an der Tageszeit; wenn ich um 14.30 Uhr losfahre, ist es fast schon ein Wettlauf gegen die Sonne und den Nebel, wenn ich zum Sonnenuntergang oben sein will.







Weiter oben will der Berg dann nicht mehr beradelt werden; im Steilstück muss man ihn besteigen, 20 Minuten durch den Wald, und hin und wieder funkelt die Sonne durch die Stämme. Dieser Berg war der erste, den ich hier bezwungen habe, und wenn ich alt bin wird es vielleicht der letzte sein, den ich noch schaffe. Aber es ist alles dabei, was einen Berg ausmacht, und ich mag ihn. Er gefällt mir. An ihm habe ich mich entwickelt, vom Hochkeucher zum Abendspaziergänger, dem die Phantasie Haydn vorspielt.







Das war doch gut, meint der Berg leicht spöttisch, als ich über seine Flanke hochsteige, in einer guten Zeit und ohne mich gleich ruiniert zu haben. Das ist sehr gut, sage ich, setze mich hin und schaue. Ich sehe die Berge und das Eis, das sich dort festkrallt, ich sehe den Nebel im Tal und darüber, wie eine Insel, den Hohen Peissenberg. ich sehe die Kirchen und den Sendemasten. Mit blossem Auge. Aus 60 Kilometer Entfernung. So klar ist es heute über dem Dunst.







Alles andere ist drunter, aber alles hier oben ist Gold.

In der Nacht schaue ich zum Berg, und er meint, ich hätte das Geschenk vergessen.

Die Erkenntnis nämlich, dass heute der 21. November ist, und dass von den kommenden 12 Monaten nur zwei Monate kürzere Tage haben werden. Recht viel schlechter und weniger golden als heute kann es eigntlich kaum werden, sagt der Berg, und wir lachen.

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