: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 12. November 2014

Woche der Toleranz 3

Ich war noch nie ein Anhänger der Vorstellung, man sollte ich doch mal in den anderen hinein versetzen. Wenn ich davon ausgehe, dass der andere kein Haufen banaler Triebe ist, sondern ein komplexes Wesen, werde ich bei diesem Versuch nicht weit kommen. Ein kleines Beispiel: Wir sind umfassend über das frühe Leben des Augustinus von Hippo informiert. Man könnte nun dagen, dass er im Alter einfach verbittert und bigott wurde, und sich in der Defensive. Aber das allein kann nicht den Anschlag auf die freiheit erklären, den er mit "De civitate Dei" schrieb und auch umzusetzen versuchte. Bei denen, bei denen man das mit dem Hineinversetzen angeblich machen sollte, ist immer etwas, was sie in ihrer eigenen Welt nochmal etwas unverständlicher macht. Nicht jeder Priester wurde ein Augustinus, nicht jeder Rechtsextreme ein Breivik, nicht jede Sufragette eine Nora Ehlam.

Normalerweise denke ich, dass es mehr Sinn macht, sich einen weitgehend allgemein akzeptierten Wert zu suchem, wie etwa "Freiheit", und dann zu überlegen, wie gross, wie notwendig oder wie schädlich abweichungen sind, und darüber zu reden, wo die Grenzen liegen.

Aber.

Man soll ja nichts unversucht lassen.

Und so habe ich für die FAZ ein in meiner Jugendzeit verbotenes, heute normalerweise als vollkommen harmlos betrachtetes Video genommen und versucht, es mit den Augen derjenigen Menschen der Gegenwart zu sehen, die gern von Toleranz reden und damit ihre eigene Ansicht zur Norm erheben wollen. Die gut begründbare Antwort ist eigentlich ganz einfach - so ein Video würde heute wieder nicht mehr gezeigt werden und wenn d0och, würden sich die angeblich Toleranten aufführen wie weiland die knallrechten Figuren in meiner Schule. Siehe auch im Kommentarblog.

Es macht mir keine Sorgen, weil so etwas in der Art laufend im Netz passiert - Diskriminierung durch moralisch überlegen wirkende Toleranzforderungen st da völlig normal. Mehr Sorgen bereitet mir, dass so etwas auch in den Medien passiert, und man dort auch eine Art ideologisches Hufeisen der Extremisten erkennen kann. Namentlich bei allem, was mit Sex zu tun hat, bis hinunter zu Kleidervorschrften -man hört als Kenner der Patristik Augustinus da in seinem Lavaloch lachen. Der Religionswächter im Iran und die bis zum Exzess gefotoshoppte Frau aus der bizarren Ecke der Dtitten Welle hassen beide den Wonderbra und würden ihn gern verschwinden lassen, und beide reden verächtlich über das Begehren, beide möchten beschämen, und beide sehen ihre Feinde überhaupt nicht in sich, sondern in der Mitte, die sich endlich auf einen Modus Vivendi geeinigt hat.

Das wäre vor fünf Jahren noch ein Thema für ein paar komplett Bescheuerte gewesen. Das ist es immer noch, aber die Bescheuerten stehen inzwischen an den Grenzen unserer Zivilisation, und sie sollte man ruhig etwas öfters lächerlich machen.

Ich denke, das tut ihnen wirklich weh.

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