Scamorza

Ich bin zurück in meiner alten Wohnung, räume mein Gepäck ein und als ich wieder in der Küche bin, sitzt eine Katze auf dem Fensterbrett und will herein. Das Fenster ist zweieinhalb Meter über dem Boden, aber sie kommt nicht nur hier herauf, sie balanciert auch auf dem schmalen Brett, hinter dem ein Fliegengitter ist, drückt sich durch ein kleines Loch darin und schaut dann herein, und will etwas.

Und ich habe nichts da.

Ausser Scamorza.

Den nimmt sie aber auch, und weil sie in der Nacht dann den ganzen Käse frisst, nenne ich sie so. Es ist übrigens ein Kater, er ist sehr anschmiegsam und blieb von der Vormieterin zurück. Die ist eine Weile weg. S. kümmert sich ein wenig um ihn, aber er hat wohl instinktiv gefühlt, dass er bei mir das volle Programm bekommt. Punkt Acht am Morgen fahre ich dann auch zum Supermarkt und decke mich mit allem ein, was man so braucht, um aus einem naturnahen Kater einen vorzogenen luxusprinz zu machen.



Grana Padano Trenta Mesi liebt er auch, aber das merke ich erst, als ich den vom Markt mit nach Hause bringe. Meine Räder stehen noch hier, die Stahlplatten am See klappern wie immer, den Uferweg haben sie neu asphaltiert und das Gewucher etwas beschnitten, und die Palazzi zerfallen, wie sie das schon tun, seitdem ich sie kenne.



Dieses Ankommen geht hier immer sehr schnell, die Leute kennen mich ja und manche wissen auch in Italien, was passiert ist, und haben sich schon gewundert, ob das Auswirkungen auf mich hatte: Haben doch manche Likalpolitiker hier sehr deutlich gesagt, dass sie mit dem Bild ihrer Region nach dem Erdbeben nicht zufrieden waren. In Italien hätten solche Ansagen Folgen Aber jetzt bin ich ja wieder da und werde bald auch in die Zona Rossa fahren.



Es ist viel los, zu viel, um gut zu sein, und an den Billigständen drängen sich viel zu viele Leute. Früher wäre es die Anlaufstationen für die Armen und Migranten gewesen, heute sind hier alle. Den Kampf um den grössten Arbeitgeber haben sie in Mantua verloren, und das merkt man sofort. Bei den Preisen zum Pranzo di Lavoro, die unter zehn Euro liegen. Aber immerhin, das Pranzo wendet sich an Lute, die noch Arbeit und Geld haben.



Aber wenn man nicht allzu genau hinschaut und die geschlossenen Geschäfte übersieht, ist eigentlich alles wie immer. Es ist Markt und die Leute kaufen hier ein. Hier und in der Apotheke. In meiner Salumeria jedoch, die am Markttag immer gesteckt voll war, muss ich kaum warten.

Dafür wartet daheim Scamorza auf dem Bett, wo er nicht hin darf, und überlegt dann, ob er lieber Scamorza oder Grana mag.

Donnerstag, 14. Mai 2015, 13:10, von donalphons | |comment