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Dienstag, 5. Februar 2013

Ausgezogene

Diesmal waren Profis am Werk, diesmal stimmte die Verpackung, kurz, diesmal kommt die Dame nicht aus Wien oder Berlin, wo man sie wie alte Fahrradketten zu verpacken beliebt.





Und diesmal ist sie eher klein, was darauf hindeutet, dass es ein Bild zum Mitnehmen war. Man kennt das von heute, wenn Menschen Bilder ihrer Liebsten im Geldbeutel aufbewahren; damals gab es durchaus Bilder, die man beim Wechsel zwischen den Orten einpackte. Schönes Beispiel:: Die gefährlichen Liebschaften, als Valmont eine Weile in einem Schloss bei einer Verwandten lebt. Zu solchen Anlässen konnte man, treue und Zuneigung vorausgesetzt, auch die eigenen Gefährten einpacken und aufhängen und ihnen dann, sie anschauend, diese langen Briefe schreiben und dann eine Woche auf Antwort warten. Das waren noch Zeiten, da starb man als geistloser Autor gnadenlos aus. Heute dagegen pflanzen sich auch die scheusslich schreibenden Blogger fort.





Das Schöne ist, dass sich für so kleine Bilder immer ein Platzerl - auch thematisch passend - findet, man muss nicht umhängen und zaudern und überlegen, man hängt einfach den Mann weg und die Frau hin, und alles passt. Und auch für den Mann findet sich ein Ort beim Bücherschrank. Auf diesem kleinen Niveau kann das Spiel von Zuneigung und Gier noch lange weitergehen, auch wenn die grossen Flächen längst besetzt sind. Rechts rupft die Magd den Hahn und links zupft die Dame am Schleiferl, und beide schauen den Betrachter an und der kann sich überlegen, wohin das führen mag.





Das war leicht. Das nächste Stillleben dagegen ist gross, schwer, alt und wird mir noch lange quer im Bildermagen liegen. Ich werde mal in der Küche am Tegernsee ausmessen müssen, aber Hoffnung habe ich da wenig.

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Dienstag, 5. Februar 2013

Auf Durchreise

Das Heimfahren über München wird zur schlechten Angewohnheit, zusammen mit einer leichten Überdosis dessen, was München immer noch ist.





Es ist eine hübsche Stadt, und ich tue ja auch manches, um den Charme zu erhalten; so gut wie nie fahre ich hier weg, ohne Bücher zu kaufen. Selbst wenn das inzwischen eher ein Hobby für alte Männer und nicht mehr für Studenten ist. Und ich besorge die Ersatzteile beim kleinen Baumarkt des Viertels.





Was aber immer neue und obskure Blüten treibt, ist das Benutzen der Guten Stuben für Societykrempel. Eine der übelsten Veranstaltungen meiner ganzen Münchner Zeit war von einem Zigarettenkonzern in der alten Pinakothek, und die Art, wie sie gefressen haben, zeigte überdeutlich: Die haben hier nichts verloren. Die wären sonst nie in dieses Museum. Es waren sicher mehr als 1000 Leute. Inzwischen sind es auch mal weniger, die Veranstaltung wird exklusiver, und dennoch: Kunst ist nur noch der Rahmen, ansonsten macht man eben, was man immer macht. morgen lädt dann die Regierung in den Herculessaal, oder jemand mietet einen Teil des Bayerischen Hofes, man zieht weiter und macht mit.





Das ist einfach so. Das hat Tradition, und wenn es ein Musuem ist, dann ist es einfach auf der Abfolge. Kein Drama für dieses spezielle Publikum. Es gibt einen abgefuckten Ex-Journalisten in München, und ich denke immer, dass ich sein kaputtes Gesicht hier und da mal sehen könnte: Das ist nicht erbaulich. Deshalb tue ich, was zu tun ist, und fahre weiter. Für das andere bin ich einfach zu alt, und ich habe zu viel erlebt.

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Montag, 4. Februar 2013

Ein wenig Pietät

Dieses Blog ist sehr gut bekannt als Hort der Andacht und des ehrfurchtsvollen Gedenkens; stirbt nämlich jemand wie der Haider oder sonst ein fleischgewordener Alptraum, dann halte ich mich nicht zurück oder entringe mir wie die ganzen Kackbratzen der Ösimedien ein Oh schad, nein, ich halte Andacht für Wahrhaftigungkeit und gedenke das zu tun, was in dem Fall zu tun ist. So einer muss den Weg zur Hölle so antreten, wie er gewesen ist. In Schande.Und das muss man dann auch sagen dürfen: Die Welt, sie ist ein Ort, der nicht bei jedem Tod ein schlechterer wird.



Bei dem amerikanischen Massenmörder, der seine Opfer heimtückisch im nahen Osten tötete und jetzt meinte, mit einem von seinem Einsatz gestört zurückgekommenen Kollegen eine Runde ballern zu gehen, damit der wieder besser drauf sein würde -bei dem bin ich, abgesehen von der grundsätzlichen Ablehnung solcher Tätigkeiten aber gar nicht so sicher.

Denn, seien wir ehrlich: Menschen mit solchem Vertrauen braucht die Welt. Die glauiben sicher auch nicht, dass das hiesige Regime nie und nimmer bewaffnete Drohnen im Inneren einsetzen würde, sondern allenfalls zur Sicherung der Handelswege der sie schmierenden Wirtschaft, solange es nicht gerade die Hoteliers und die Glücksspielautomatenaufsteller und Legaldrogenhersteller sind. Wer es für eine gute Idee hält, einem Irren eine Knarre in die Hand zu drücken, der lässt auch E.ON und Vattenfall beim Ausbau der Netze mitreden. Oder die deutschen Verleger beim Lex Google. Oder einen Haschischbauern beim Drogengesetz, falls die Piraten mit Lauer, Peukert und Stefanowitsch bei denen doch noch fast stalinistische Erfolge einfahren. Menschen mit Glauben und Gottvertrauen und der Bereitschaft, dafür alles zu riskieren! Wo hat man das noch? Ausser bei den Schwachköpfen natürlich, die den Blogs der Ferengis glauben.

Generell hätte der Mann an jede Schaltstelle gepasst, an der zu entscheiden ist, ob man diejenigen weiter ranlässt, die es bislang in den Sand gesetzt haben. Man soll über solche Leute nicht lachen: Unser System braucht die. Solche Leute sind die wahren Stützen, auf denen man ein neues Tschernobyl errichten und eine zweite Challanger ins All schicken könnte. Und man kann auch an einer Torte ersticken.



Wobei... jetzt, wo wir einen weniger unter uns haben... vielleicht ist jetzt das Gleichgewicht ausser Kontrolle geraten? Diese Stütze ist weg. Tja. Was man da tun kann?

Vielleicht es den Markt regeln lassen. Mein Vorschlag wäre: Für alle Entscheidungsträger und ihre PPP-Partner mehr Schiessplätze, jede Menge automatische Waffen und Munition so viel bis keine oder, auch das ist denkbar, keiner mehr da ist. Öfters mal rausgehen und 100 Schuss ringsum ablassen, das ist echt gut zu den Nerven und wenn es einen selbst schon nicht ruhig macht - wie man sieht, schreibt der Ballerfreund jetzt keine Bestseller über das Erschiessen von Menschen mehr. Selten ein Schaden, wo nicht auch ein Nutzen dabei wäre, sagte meine Grossmutter immer, von der ich auch die Sache mit der Torte habe.

Und das gute Gefühl, dass man über Tote nichts ausser Gutes sagen darf. Gutes, das einem selbst gut tut. Und solange da ein Sahnekuchen vom Wagner ist, ist das auch nicht geschmacklos, sondern gut.

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Samstag, 2. Februar 2013

Bis ganz oben zugeknöpft

Auch heute, trotz Grippe und Fieber, hatte ich ein Auswärtstermin. Die Besuchte sieht schlecht, und als ich den Raum betrat, kniff sie lange die Augen zusammen. Wer ist denn das, dachte sie. Wer von meinen Bekannten trägt denn in München dicke Stiefel, lange Lodenmäntel und Hüte? Naja, diejenigen, die nicht aus München kommen, sondern aus der Einfallschneise des Winters. Ich fand Loden Zeit meines Lebens doof und Hüte trug ich nur zum Spass. Aber seitdem ich hier wohne, verstehe ich das alles. Dass im Mantel seitliche Schlitze sind, damit man Dinge herausholen kann, ohne ihn zu öffnen. Die hohen, geschlossenen Krägen. Die schweren, lederartigen Filzhüte. Das schaut in der Stadt immer ein bisserl nach Landhaus aus.





Hier draussen braucht der Winter nur drei Tage, um aus einem sonnenbeleckten Strand eine eisstarrende Wüste zu machen, da braucht man das. So muss das früher auch im Flachland gewesen sein, und der Gedanke, dass man dorthin zur Not auch entfliehen kann, ist nicht der Schlechteste. Immerhin, hier ist man auf solche Situationen eingestellt, und den Berg bin ich ganz langsam hinuntergefahren. Hinauf ist es ein wenig riskant; man will lieber nicht wissen, was sein wird, wenn der Schwung nicht ausreicht, der Wagen auf dem Eis zum Stillstand kommt und dann eventuell wieder zu Tal rutscht. Die Kunst ist, die Räder immer ganz knapp vor dem Durchdrehen zu halten. Sicher, irgendwann kommt hier auch alle drei Stunden der Räumdienst, aber so lange muss man sich selbst helfen. Und vorsichtig sein. Behutsam. Die Welt ist nicht feindlich, aber gnadenlos.





Und dann auch wieder zuckersüss und marzipamumrahmt. Trotzdem ist das hier eigentlich kein Ort für Nostalgie; so richtig angenehm kann man hier erst seit 60, 70 Jahren leben. Davor muss das mitunter recht unerfreulich gewesen sein, trotz Loden und Hut. Technik und Klimaerwärmung machen aus dem Grauen des Winters eine Option, der man sich aussetzen kann, oder auch nicht. So gern ich hier bin: Der Gadanke, das hier im zweifelsfall 3, 4 Monate ertragen zu müssen, ist nicht wirklich erfreulich.

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Freitag, 1. Februar 2013

Überkultur

Wer Blogs schon nicht schätzt, sollte sich auf gar keinen Fall Twitter antun. Wenn Blogs der Strassenanzug sind, dann ist Twitter eher sowas wie die dreckige Unterwäsche. Im Blog erzählen sie, dass sie Interesse an Kunst haben und Diskriminierung hassen. Und bei Twitter, was sie sich sonst so anschauen. Und wie Don Dahlmann komme ich überhaupt nicht damit klar, dass das eine das andere nicht ausschliesst, sondern einfach nebenbei miteinander läuft.

Die belustigten Reaktionen auf solche Formate befremden mich aber noch mehr. Und das sich offenbar niemand fragt, über was und warum er gerade lacht.





Im Palazzo Schifanoia in Parma ist unter den Monatsbildern auch eines vom Karneval, bei dem die Misshandlung der Anderen gezeigt wird: Zur allgemeinen Belustigung hat man damals psychisch Kranke, körperlich Entstellte und sozial Ausgegrenzte zusammengetrieben und nackt durch die Strasse gejagt. Dieses Detail ist innerhalb eines riesigen Saales mit umfassendem Bildprogramm nur ein kleiner Streifen, und viel grösser ist natürlich das dargestellt, was die Este in dieser Jahreszeit der Hochreinaissance tun. Man muss sich vielleicht etwas weniger über solche Bildprogramme wundern, wenn man weiss, mit welchem Menschenbild die Este ihr Fürstentum eroberten und beherrschten. Noch weniger wundern muss man sich jedoch, wenn man unsere Gegenwart kennt, die auch mit so einer sozialen Schnittstelle aufwartet. Und vieles, das man heute mit der Frage "Wie konnten sie nur?" der Vergangenheit vorwirft, wird man bei ähnlicher Gelegenheit auch bei uns tun. Und davon liefern wir reichlich. Eine Folge von zu vielen Menschen, die sich ihr kulturelles Weltbild frei zusammenstellen.

Der wirklich spannende Aspekt in dieser Sache ist in meinen Augen die Sozialkontrolle. Denn die gibt es natürlich weiterhin, und das, was das TV zeigt, sind nachgerade Experimente für ein Verhalten, das die Beteiligten vehement ablehnen würden, wenn man es auf sie anwenden würde. Was sich wirklich ändert, ist also der Kontrollmechanismus und seine Reizmuster, weg von "so etwas tut man nicht" hin zu "geh weg das langweilt mich". Was das ist, wird vorgegeben von Zeremonienmeistern, die, wenn sie sterben, von Panegyrikern besungen werden, die es so auch in der Renaissance gegeben hat. Und es finden sich auch genug Menschen mit moralischer Attitüde, die sagen: Ich kenn die. Das sind okaye Leute. Traut ihnen. Ganz ehrlich, ich empfinde historisch fundiert begründet keine Trauer um das Aussterben der Hauptlinie der Este, und bei TV-Mitarbeitern und ihren Helfern ist das auch nicht anders.





Sozialkontrolle ist auch der Aspekt, weshalb man sich damit vielleicht doch auseinannder setzen sollte, denn natürlich sind solche Veranstaltungen nur die Übungsgelände. Glaube bitte keiner, dass man das nur mal eben so macht, und dann geht es wieder ganz normal weiter. Sonderlich weit scheint mir der Weg von "Den mag ich nicht der soll Maden fressen" hin zu "Die sind anders die sollen mit einem Schild um den Hals die Strassen schrubben" nicht zu sein. Es wäre deshalb ganz famos, wenn diejenigen, die dergleichen so sehen, unter sich blieben und das unter sich ausmachen würden. Vor allem, weil das mittelfristig sicher zu einem Überdenken solcher Methoden führen wird. Anders werden sie es kaum lernen. Solange kann man ja schon mal ein paar Bücher lesen und noch welche nachkaufen, so lange es sie noch gibt; in München etwa hat die Buchhandlung Goltz geschlossen, was wirklich ein harter Schlag für "mein" Viertel ist, das schon lange nicht mehr meines ist.

Damit ich noch mehr unterbringe, habe ich meiner Wohnung zum 5-jährigen Jubiläum so einen passenden Schrank geschenkt. Eigentlich wollte ich ein eingebautes Regal haben, aber der Besuch beim Schreiner brachte zu Tage, dass er so etwas kann und zwar so gut, dass ich mich bitte ganz hinten anstellen möchte: 6 Monate Lieferzeit momentan. Und dann habe ich eben für einen Bruchteil und einen noch kleineren Bruchteil des OVP eine Buchvitrine in einem Münchner Vorort ersteigert.So baue ich mir langsam meine Alpenfestung zusammen, und so wunderlich man die Menschen hier finden kann, sie haben andere Themen und Interessen und irgendwie nettere Methoden der Sozialkontrolle.





Zu Zeiten der Este musste man sich übrigens ständig überlegen, wie man kulturell Abstand bewahrte. Man musste Bibliotheken anlegen und Musiker an den Hof holen und menschlich nicht ganz einfache Autoren betreuen. Heute reicht es eigentlich schon, exakt so zu bleiben, wie man ist; dem Rest wird ein Unterhaltungsprogramm geboten. das exakt auf seine Wünsche zugeschnitten ist und sie auch nicht zum Schleppen schwerer Bretter zwingt, die all die Kunstbände ettragen. Die Gesellschaft bricht auseinander, eine übergeordnete Identität gibt es nicht mehr, wir spielen Elite ohne die dafür nötige Unterschicht, und die Abgehängten üben Abhängen.

Der Bücherschrank jedenfalls hat genau die richtige Grösse.

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Freitag, 1. Februar 2013

Hingeröchelt

Erkältungsbedingt geht es hier nicht sonderlich weiter, solange schon mal zwei Hinweise. Einmal dieser Beitrag über die Bedeutung von Licht in der Forschung, der mir sehr gefallen hat, und dann noch der neue Gastbeitrag der Stützen über das Leben zwischen Rosenheim und München

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Sonnenstunden














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Mittwoch, 30. Januar 2013

Frühling

Das ist ja so eine Sache: Man bastelt und schraubt und denkt an den Frühling, und daran, was man damit tun wird, während es draussen eisig und kalt ist. Man baut ganz kleine Kettenblätter für die ganz steilen Berge hin, und wird über lange Monate doch nur rodeln. Und dann bricht plötzlich der Frühling mit aller Macht herein, und nach 48 Stunden ist der Schnee einfach weg.







Ja, sicher Grippe, aber da kann man jetzt auch nichts mehr machen und ein paar Stunden Sonne sind besser als ein paar Stunden mit dem gleichen Husten im Schatten. Also brause ich hinunter durch die Schmelzwasserbäche auf der Strasse und tue einfach so, als wäre das jetzt schon der Weg zum Badestrand. Je mehr Fieber, desto leicher kommen die Phantasien.







Das sind diese erfreulichen Momente, wenn man fühlt: Es geht so, wie man sich das vorgestellt hat. Das Rad ist ein Spezialaufbau nach dem Motto "Kein Berg zu steil und keine Piste zu ruppig und keine Strecke zu lang". Klingt auch besser als "Oparad", was es eigentlich mit der Übersetzung und dem hohen Lenker auch sein könnte.Ein Rad für die Tage, an denen ich nach oben kommen möchte, ohne dabei zu leiden. Es ist ohnehin zu viel Elend auf dieser Welt, da muss man sich nur mal Profiblogs anschauen.







Noch ein Spielzeug also. Für die unschuldigen Spiele auf der Alm, für das Verbleiben in den Bergen und das Meiden der Städte. Ich bin gern am See, und ich komme gern leicht wieder auf den Berg, im Frühling, wenn er nach dieser zweitätigen Illusion erst verschwindet und dann im März höffentlich wirklich kommt.

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Mittwoch, 30. Januar 2013

Alles Sexisten, Frauenkauf und die Schönheit

Ich habe ziemlich oft mit Leuten zu tun, die nur nach Äusserlichkeiten gehen. Sie neigen dazu, sich Frauen zu kaufen, und geben dafür auch wirklich viel Geld aus; für einen kurzen Kitzel beim Kauf so viel, wie andere in vier Monaten haben. Je mehr Haut man sieht, je mehr sich die Dame hingibt, je lüsterner sie schaut, desto mehr zahlen sie. Und zwar ohne alle Bedenken.

Kommt aber eine Frau züchtig und hochgeschlossen daher, ist sie gar alt und hässlich, sinken die Preise rapide. Bei Männern, die eigentlich nie als Ware dargestellt werden, geht es bei gleichen Grundlagen auch nach der Schönheit. Weil viele einfach keine alten, hässlichen Leute daheim haben wollen. es gibt natürlich Ausnahmen von der Regel, das sind dann die Perversen so wie ich, die auf rotbekleidete Kirchmänner mit intrigantem Blick scharf sind. Ein jeder Topf findet seinen Rührstab.

Aber so im Grossen und Ganzen lässt sich sagen: Je schöner, desto teurer. Eine hingeschmierte Halbnackte kostet mehr als ein fein detailliertes Pastorenweib. Viele von uns sind schlicht und einfach simpel gestrickt, wir wollen Fleisch und Haut und Anzüglichkeiten. Wir Gemäldesammler. Sittsam geht eher schlecht, es sei denn, das Kleid ist prächtig und man ahnt darunter eine Frau, die sich gern auszieht. So ist das. So ist der Markt. Ich nehme daran teil, ich schaue, was ich kriegen kann, und ich zahle dafür. Ich kaufe Lust.



Nach einiger Zeit kennt man ja die anderen so ein wenig. Sei es, dass bei einer Auktion etwas unerfreulicherweise auseinandergerissen wurde, was zusammen gehörte. Sei es, dass es sich jemand nochmal anders überlegt hat und doch mehr zahlen möchte. Sei es, dass Frauenhändler über ihre Kundschaft reden. Und was soll ich sagen: Mindestens die Hälfte ist weiblich. Diese ganzen, geifernden Sexisten mit Faible für Schönheit in einer Darreichungsform, die aus der Situation der arrangierten Ehen ganz klar ein Zeichen der Unterdrückung der Frauen ist - sind Frauen. Und sie wissen das und denken sich nichts, denn auch bei Scarlett O'Hara hängt ein Gemälde von Marie Antoinette im Schlafzimmer. Es geht um Reize, Begierden und Lust am Besitz. Nicht um das Geschlecht des Käufers.

Ich mache mir da überhaupt keine Illusionen: Mit den Femrettchen der Mädchenmannschaft muss man darüber gar nicht reden, denen fehlt jedes Gefühl für Kunst und die Fähigkeit, dass man trotz der Zeitumstände auch das Wudervolle sehen kann - und ich bin Historiker, ich bin da bei dem neoarisch-reinsten aller Totschlagrülpser - Aber die Nazis! - unempfindlich. Menschen mit Eisen im Gesicht, Blauschimmel auf der Haut und Dauerempörung im Hirn werden das per default nicht verstehen. Natürlich sind das auf den Bildern selten "die Guten", meist sind es Stützen eines andere ausschliessenden, radikalen Systems, und dass da mit den extremen Kreisen des Netzfeminismus (bei Twitter böse Tweets suchen, während in der Glotze we love Sölden läuft) durchaus Ähnlichkeiten da sind, merken weder die Gemälde, weil tot, und diese Leute, weil doktrinär hirntot.

Die nackerten Frauen in meiner Wohnung sind für mich die weiche Grenze zwischen Sex und Sexismus. Manche sind verhüllt, andere lassen alles raushängen, ich nehme es, wie es kommt, und wenn da kein Brustfleisch ist - egal. Mein absolutes Lieblingsgemälde, das ich eigentlich jeden Tag gern küssen würde, lässt das Inkarnat nur am Hals ahnen. Ich möchte frei entscheiden können, warum mir eine Frau aus einer Epoche der Unterdrückung im Rosengewand gefällt, und mich eine abgeschossene Berlinerin im Essensmüll fassungslos zurücklässt. Das ist so wie im richtigen Leben, man merkt, wenn sich eine Frau für Komplimente bereit machte, oder wann man es bleiben lassen kann. Wir nehmen und geben nach Möglichkeiten. Wir wollen das Fleisch, das ist in uns drin und weder möchte ich von dem lobbyverseuchten Brüderle ein Benimmbuch, noch eines von Gendertröten. Ich will das nach meinen Vorstellungen machen. Dass mein Verhalten bei ein paar von denen als Überrgriff und bei Brüderle vielleicht als etepetete gelten würde: Mei. Ich finde schon die, die passen.

Ich will Fleisch und ich bin bereit, viel dafür zu tun und zu bezahlen. Geld, weil es auf Leinwand nicht anders geht, Freundlichkeiten und Anpassung an Vorlieben und Wünsche, wenn es um echte Menschen geht. Ich mag es, wenn Frauen gut aussehen, und ich pfeife dabei auf die Kriterien anderer Menschen. Ich habe es mir abgewöhnt, wie Don Giovanni der Jugend nachzusteigen - ich fand solche alten Macker, von denen übrigens ein paar bei Aufschrei mitmachen und selbst eine Neigung zum Stalken haben, gell P aus M., in meiner Jugend übel und das bleibt so. Aber wenn eine Frau von 40 Jahren einen grossen Auftritt hat und zu mir gehört und ich zu ihr, ist das grandios. Ob und was danach passiert, geht keinen was an. Ich bin von grösster Höflichkeit, wenn ich Lust dazu habe.



Aber ich habe auch keine Skrupel, dem genderistischen Berliner Winselkreis zu sagen, dass sie mir nicht gefallen. Jeder kriegt das, was er will, ich streite mich weiter mit Frauen um Leinwände und sie können gern darüber reden, was sie sich als nächstes als Schimmel in die Haut stechen lassen. Es sind unterschiedliche Welten. In beiden kann man glücklich und befriedigt werden. Ich mag Mirabeau und Diderot und die Philosophie im Boudior, wegen dem Sex und der Freiheit. Das sind meine Begriffe.

Ihr habt andere?

Behaltet sie. Es sind heute viele Leute in Versailles.

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Reaktion ist ein Wert,

reaktionäre Werte sind es nicht, aber was soll's, andere haben sowas ja auch nicht - so der Buffo-Bariton meines neuen Beitrags in der FAZ, über den sich jetzt schon jede Menge Eichhörnchen und sonstige notige Nager aus Berlin aufregen.

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