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Mittwoch, 19. November 2014

Ich bin ein lausiger Interviewer

Effektiv bin ich nach München gefahren und habe drei Stunden ergebnislos geredet, wenn es um verwertbares Material ging. Ich konnte das beim Radio schon eher schlecht. Das ist einfach nicht mein Ding, ich bin ja eher unsicher und das merkt man bei der Gesprächsführung, kurz, ich hasse Interviews und das Zusammenschreiben, aber das gestern, das war einfach



grossartig.

Viel zu toll, um es in einem Beitrag oder in einem Interview durch die Blogsoftware zu quetschen. Da hätte man auch zehn Beiträge draus machen können und sich geärgert, dass nicht mehr Platz ist. Deshalb bin ich dann genz schnell weg von der eh nicht real vorhandenen, professionellen Distanz und es war ein richtig toller Nachmittag. Ergebnisoffen und ganz sicher nicht so, wie es geplant war, aber hey. Ihr habe ja keine Ahnung.



Danach haben wir noch ein paar Männer und Frauen angeschaut, im Schnelldurchlauf. Ich liebe das Cafe in der Glyptothek, wirklich. Es ist ein grossartiger Ort, zwischen den Tempelfriesen, und man kann dort über alles reden und mitunter ist die Akustik besser, als einem lieb sein kann.

Andere haben jedenfalls interessiert zugehört und ich denke, das wird, egal wie es sich letztlich menifestiert, famos.

Bin ich kryptisch? Das Verborgene hat eben auch seinen Reiz.

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Dienstag, 18. November 2014

Pralinen.

Ja, ich nehme mir Kritik schon zu Herzen und dann versuche ich eben, aus dem Morast der Ressentiments und Schuldzuweisungen über Berge von Pralinen in der FAZ wieder das Gipfelglück der Blasiertheit zu erreichen, die manche an mir mit dem freundlichen Wort "Leichtigkeit" kaschieren. Und solange es nötig ist, natürlich auch im Kommentarblog.

All I want for X-mas is a working wordpress.

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Wie es wirklich war

Kein Blog läuft ewig. Als Schirrmacher starb, habe ich der FAZ umgehend meine Kündigung angeboten. Die Stützen waren eine Schirrmachersache, ich war ihm direkt verantwortlich mit meinen Erfolgen und meinen nicht seltenen Ausrutschtern. Und es war immer klar, dass ich wie jeder andere dort die Verantwortung für mein Tun trage. Das ist nun mal so im Journalismus, der Chef entscheidet und wie er entscheidet, hat man oft in der Hand - und Schirrmacher mochte keine Kriecher, er hat sich gern Widerspruch angehört. Meinen Vertrag mit ihm habe ich jedes Jahr erneuert. Die Hater da draussen, die mich gefeuert sehen wollen, werden sich vielleicht wundetn, aber jedes Jahr, am 20. Januar, habe ich eine Kündigung geschrieben, und die wurde jedes Jahr abgelehnt. Aber das war nie eine Garantie und wenn sich etwas geändert hätte, wäre ich eben gegangen.

Die FAZ hat viele Blogs wieder geschlossen. Manche, weil sie einfach nicht gelaufen sind. Andere, weil die Autoren meinten, sie wären jetzt im Olymp und könnten tun, was sie wollen - betrügen, hintergehen, dem Chef auf der Nase herumtanzen. Schirrmacher hat sich nie dafür interessiert, dass seine Meinung in den Blogs stand, aber gegen Hinterfotzigkeiten und Indiskretionen war er, das ist kein Geheimnis, nicht weniger allergisch als die meisten anderen Menschen auch. Und wer so etwas getan hat, wer unbedingt illoyal sein wollte, der passte halt nicht und musste sich anders orientieren. Das ist die übliche Arbeitswelt, das kennt eigentlich jeder, und dass drei Personen nach ihrem Scheitern noch Shitstorms im Netz hinterlassen haben, ist das alleinige Problem deren gekränkter Egos.

Um mit über vier Jahren Abstand mal mit den Unterstellungen aufzuräumen, die Michael Seemann jetzt nach seinem Tod über die Schliessung des ihm zur Verfügung gestellten Blogs verbreitet: Nein, es gab damals keinen Konflikt in der FAZ, was mit Seemann zu tun sei. Das ging oim ersten Schritt alles viel zu schnell, und danach war es vollkommen klar, dass es keine Chance mehr für ihn gibt.

Ich war kurz davor in Frankfurt und habe im grossen Kreis nochmal eindringlich auf die Probleme des Bilderklaus hingewiesen. Danach kam auf Schirrmachers Anweisung eine verschärfte Mahnung an alle, das auf keinen Fall mehr zu tun, und wer ein Hirn hatte, hat damals auch die alten Beiträge gesäubert. Seemann hätte mit seinem Verhalten dazu jeden Grund gehabt, es war ja nicht der erste Missgriff. Man muss das verstehen, die FAZ stritt auf der einen Seite für das Urheberrecht und da kann es nicht sein, dass die eigenen Leute auf der anderen Seite sich nicht daran halten.

Kurz darauf schrieb Seemann seinen letzten Beitrag. Ich war damals in der Schweiz und habe den mitsamt den fragwürdigen Bildern gesehen. Dazu kam, dass Seemann die bis zu diesem Zeitpunkt unrechtmässig verwendeten Bilder immer noch im Blog hatte, und das habe ich in Folge der Frankfurter Besprechung Minuten nach der Veröffentlichung auch gemeldet - auch das war keine einmalige Handlung, es ist normal, dass man, wenn etwas schief läuft, darauf hinweist. Daraufhin hat die Redaktion den Beitrag offline genommen, was eine völlig normale Sache ist. Danach hat Seemann nicht etwa gefragt, sonden den Beitrag ohne Bilder wieder veröffentlicht und gleichzeitig einen Shitstorm gegen die FAZ angezettelt - manchen steigt halt die Einladung, dort zu schreiben, zu Kopf. Die Redaktion hatte gar keine andere Wahl, als das Blog runterzunehmen, weil man nicht weiss, was so ein Freidrehender so treibt und ja, ich habe das angesichts der von seemann losgetretenen Twitterlawine auch mit angeregt, denn die Sache war damit erkennbar nicht mehr zu vernünftig bereinigen. Seemann mag seine Position anders gesehen haben, aber er war halt nur ein Freier, der unverzeihliche Fehler gemacht hat. Die Annahme, dass sich Schirrmacher seemannfreundlich mit dem Fall eines offenkundig krass am Rad drehenden Typen, dem gerade in New York die Finanzierung wegbricht, auseinander setzen sollte, ist völlig abwegig. Schirrmacher war einer der vielbeschäftigsten Medienmanager der Landes, Seemann ist eine bilderklauende Lachnummer - das ist der Abstand gewesen.

Seemann hat dann neben dem Shitstorm sehr wütende, sehr wirre und unter Druck verfasste Mails an Schirrmacher geschrieben, die der nicht wunschgemäss beantwortet hat. Es gibt einfach keinen Grund, warum man auf so einen via Twitter und Blog öffentlich ausgetragenen Erpressungsversuch mit Forderung nach Weiterbeschäftigung eingehen sollte - Seemann hatte gerade jeden, der es Schirrmacher mal zeigen wollte, die Möglichkeit eröffnet, auf den Shitstorm aufzuspringen. Mit so einem Mobanführer verhandelt man nicht, sowas gibt man keinen Raum, man ignoriert ihn und was zu sagen war, hat die Redaktion damls gesagt. Für manche im Netz wirkte es gross, für die FAZ war es nur ein besonders ekelhat agierender freier Mitarbeiter. Über ihm standen die Online-Redakteure, die betreuenden Redakteure, die Feuilletonleitung aus Stellvertretern und Chef und dann war da noch Schirrmacher daheim in Berlin. Weit, weit weg. Ich stand damals aber im direkten Kontakt mit dem Herausgeber und es wurde vollkommen klar ausgedrückt - Seemann hat hier nichts mehr verloren. Und an dieser Haltung hat sich auch nie mehr etwas geändert. Gründe, diese Person zu vermeiden, gab es ja weiterhin genug.

Von da an war Seemann in Bezug auf die FAZ und besonders in Bezug auf Menschen, von denen er dachte, sie wären mit Schirrmacher in gutem Einvernehmen, fast so eine Art Stalker. Seemanns Verhältnis war extrem feindselig und es gab da auch keine Nachsicht oder freundliche Entwicklung. Dass mein Beitrag über Nudelseemann auf der Seite Eins des Feuilletons stand, war auch alles andere als ein Zufall.

Ich war Teil des Vorgangs, und ich bin froh darum. Es gab nach dem Affront überhaupt keine Debatte darüber, dass dieses Blog verschwinden wird. Aus dem Umstand, dass es keine geforderten Zugeständnisse des Herausgebers auf die hysterischen Mails gab, kann man lediglich auf die hysterischen Mails schliessen, aber nicht auf den Empfänger. Seemann weiss, dass Schirrmacher sich heute nicht mehr gehen seine Andeutungen wehren kann. Aber wie es nun mal mit dem Kontrollverlust so ist, sind diese seine Mails nicht verloren, ganz im Gegenteil.

Das eigentlich Lustige zum Schluss: Seemanns Blog wurde dadurch lediglich ein paar Wochen früher als geplant eingestellt. Es lief nicht, es war enorm viel Kreisen um das eigene, schräge System, es war egoman und es war angesichts des ausbleibenden Erfolges einfach zu teuer. Der Ärger hatte schon mit dem ersten Beitrag begonnen - da behauptete Seemann, Tausende wären schon auf dem Blog gewesen, bevor überhaupt ein Inhalt zu sehen war. Es war damals gar nicht möglich, das am internen Counter zu sehen, der nur Einzelbeiträge mass. Ob das gelogen war, ist nochmal eine andere Frage - denn der Beitrag lief extrem gut. Ungefähr sechs mal so gut wie mein Erstling. Aber dafür strengte bei mir nachher auch Google keine Untersuchung wegen Klickbetrug an. Ich will nicht sagen, dass die Manipilation von Seemann stammte, das weiss ich nicht. Aber es fing schon mal gut an und wer sich dann so aufführt, als sei er fast schon der neue Feuilletonchef, darf sich über eine wachsende Distanz nicht wundern. Ich bin selbst ein wenig Schuld daran, weil Seemann mehr aus einer Laune heraus angeheuert wurde, ohne dass man seinen Hintergrund überprüft hätte - das habe ich nachträglich geliefert, aber blöderweise nicht dazu geschrieben, dass man den besser gleich wieder entlässt, und Schirrmacher war ein Freund der Experimente. Dieses Experiment lief, wie andere auch, eher bescheiden, und das führte dazu, dass schon Monate vor dem Rauswurf eine Liste aufgestellt wurde, welche Blogs wegen ihrer mangelnden Performance eingestellt werden. Seemann war da aus guten fachlichen Gründen mit drauf. Als die Liste dann später umgesetzt wurde, gab es von den anderen auch keinen Aufstand - nur Seemann hat sich so verhalten.

Der Grund war meines Erachtens nicht mal nur, sein Blog wieder zu bekommen. Es war vollkommen klar, dass es nicht mehr passieren wird. Seemann wollte nicht nur meiner Ansicht nach die FAZ, das Projekt und darüber auch Schirrmacher beschädigen. aber ion der Medienwelt zählt so ei Schreihals nicht, und nicht jeder Blogger ist ein illoyaler Borderliner. Schirrmacher wusste schon, warum er mir dann Deus ex Machina gab, das bewusst auf den rauchenden Ruinen des CTRL-Verlusts errichtet wurde. Es ist nicht nur ein Internetblog, es ist auch dazu da, solche Figuren bei rivva ans Tor zu nageln. Es ist ein niederschwelliges Mittel, um sich mit den Seemanns dieser Welt auseinander zu setzen, ohne dass man sich damit direkt die Hände schmutzig machen muss. Es wurde gezielt als Antwort auf diesen damaligen Vorgang entwickelt und auch so umgesetzt. Schirrmacher war, das darf ich hier sagen, ein phantastischer, unglaublicher Mensch, ein lebender Roman, so einen kann man gar nicht erfinden, und seit seinem Tod mache ich nie das New-Post-Fenster auf, ohne an eine Kündigung zu denken. Ohne ihn macht es eigentlich keinen Sinn. Aber er wollte, dass ich weiter mache und das tue ich, und auch im nächsten Januar werde ich meine Kündigung anbieten. Es ist keine Frage, irgendwann wird auch meine Tätigkeit dort enden. Ich weiss das, es macht mir nichts aus, so ist das Leben. Vielleicht mag die FAZ nicht mehr, vielleicht verliere ich die Lust am Thema. Es ist, wie es ist.

Aber bis dahin und auch darüber hinaus wäre ich an anderer Leute Stelle vorsichtig mit Geschichtsklitterung, siehe oben, Kontrollverlust und so.

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Montag, 17. November 2014

Und plötzlich

steht die Wortwalz vor der Tür. Die Wortwalz hat kein Kommunikationsmittel bei der Hand, also bin ich etwas überrascht - aber ich habe auch

- eine Gästewohnung für zwei
- frische Bettwäsche
- einen randvollen Kühlschrank
- Porzellan für 40
- und eine halbe Stunde Zeit, bis sie aus der Gästewohnung kommt und man glaubt ja gar nicht, was man alles aufräumen kann, wenn es schnell gehen muss und man zufälligerweise eine halbe Stunde davor schon damit begonnen hat.

Vermutlich glaubt sie jetzt, ich übertreibe mit meiner Schlamperei und ich tue nur so und in Wirklichkeit sieht das bei mir immer so aus.



Als sie zu Beginn ihrer Reise kam, war es Sommer und sie war Gesellin, und jetzt ist es fast Winter, und sie kommt als Burgfräulein in spe. Eigentlich eine märchenhafte Geschichte - sie ging von hier weg, weil sie nicht im Luxus versumpfen wollte und hat nun ein Schloss für sich gefunden, in dem sie ein halbes Jahr leben muss. Das Leben ist voll mit Glück, Freude und liebevollen ironien, und bis weit nach Mitternacht sitzen wir da und erzählen.

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Sonntag, 16. November 2014

Kurzausflug

Das alles passt überhaupt nicht zu meinem Tagesablauf, so gegen Dri bin ich erst fertig mit dem Nötigsten und dann kommt auch schon die Finsternis.



Dieses Gefühl, dass das Leben beschnitten wird, selbst wenn ich früh aufstehe, was ich im moment wirklich tue - dieses Gefühl macht mich gerade fertig. Für einen Büromenschen mag es nicht so schlimm sein, aber ich habe mich an die zwei, drei Stunden draussen gewöhnt, und das fehlt mir jetzt.



Ich brauche dringend Licht am Rad, aber es geht einher mit dem Gefühl, Geld auszugeben für Umstände, die ich nicht mag. Und darin bin ich ebenso schlecht wie im Bereich Zeiteinteilung.

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Mittwoch, 12. November 2014

Woche der Toleranz 3

Ich war noch nie ein Anhänger der Vorstellung, man sollte ich doch mal in den anderen hinein versetzen. Wenn ich davon ausgehe, dass der andere kein Haufen banaler Triebe ist, sondern ein komplexes Wesen, werde ich bei diesem Versuch nicht weit kommen. Ein kleines Beispiel: Wir sind umfassend über das frühe Leben des Augustinus von Hippo informiert. Man könnte nun dagen, dass er im Alter einfach verbittert und bigott wurde, und sich in der Defensive. Aber das allein kann nicht den Anschlag auf die freiheit erklären, den er mit "De civitate Dei" schrieb und auch umzusetzen versuchte. Bei denen, bei denen man das mit dem Hineinversetzen angeblich machen sollte, ist immer etwas, was sie in ihrer eigenen Welt nochmal etwas unverständlicher macht. Nicht jeder Priester wurde ein Augustinus, nicht jeder Rechtsextreme ein Breivik, nicht jede Sufragette eine Nora Ehlam.

Normalerweise denke ich, dass es mehr Sinn macht, sich einen weitgehend allgemein akzeptierten Wert zu suchem, wie etwa "Freiheit", und dann zu überlegen, wie gross, wie notwendig oder wie schädlich abweichungen sind, und darüber zu reden, wo die Grenzen liegen.

Aber.

Man soll ja nichts unversucht lassen.

Und so habe ich für die FAZ ein in meiner Jugendzeit verbotenes, heute normalerweise als vollkommen harmlos betrachtetes Video genommen und versucht, es mit den Augen derjenigen Menschen der Gegenwart zu sehen, die gern von Toleranz reden und damit ihre eigene Ansicht zur Norm erheben wollen. Die gut begründbare Antwort ist eigentlich ganz einfach - so ein Video würde heute wieder nicht mehr gezeigt werden und wenn d0och, würden sich die angeblich Toleranten aufführen wie weiland die knallrechten Figuren in meiner Schule. Siehe auch im Kommentarblog.

Es macht mir keine Sorgen, weil so etwas in der Art laufend im Netz passiert - Diskriminierung durch moralisch überlegen wirkende Toleranzforderungen st da völlig normal. Mehr Sorgen bereitet mir, dass so etwas auch in den Medien passiert, und man dort auch eine Art ideologisches Hufeisen der Extremisten erkennen kann. Namentlich bei allem, was mit Sex zu tun hat, bis hinunter zu Kleidervorschrften -man hört als Kenner der Patristik Augustinus da in seinem Lavaloch lachen. Der Religionswächter im Iran und die bis zum Exzess gefotoshoppte Frau aus der bizarren Ecke der Dtitten Welle hassen beide den Wonderbra und würden ihn gern verschwinden lassen, und beide reden verächtlich über das Begehren, beide möchten beschämen, und beide sehen ihre Feinde überhaupt nicht in sich, sondern in der Mitte, die sich endlich auf einen Modus Vivendi geeinigt hat.

Das wäre vor fünf Jahren noch ein Thema für ein paar komplett Bescheuerte gewesen. Das ist es immer noch, aber die Bescheuerten stehen inzwischen an den Grenzen unserer Zivilisation, und sie sollte man ruhig etwas öfters lächerlich machen.

Ich denke, das tut ihnen wirklich weh.

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Dienstag, 11. November 2014

Woche der Toleranz 2

Eine lange, rote Fahne. Mit einem weissen Kreis, in dem in roten Lettern 25 steht. 25 Jahre deutsche Einheit. Was ist das? Eine lange, rote Fahne mit einem weissen Kreis mit roter Schrift. Das ist halt mal die Farbe der Sparkasse. Die Sparkasse ist eine Bank und feiert mit bei der Deutschen Einheit.

Für mich ist das kein besonderer Tag, aus privaten Gründen; ich bin nicht sonderlich nationenbewusst, und fühle mich auch eher in Italien daheim. Ich habe historisch gewisse Probleme mit dem Land, aber wer feiern will, darf das natürlich, herzlichen Glückwunsch. Fahnen finde ich per se doof, aber das ist so eine Geschmackssache. Andere finden rennräder doof, oder Gemälde.

Nun fühlten sich aber manche unter dem Hashtag Fahnengate von der Flagge an eine NS-Fahne erinnert. Es ist nicht ganz zu bestreiten, dass man da ein Hakenkreuz reinkleben könnte, dann wäre es problematisch. Man könnte aber auch unter einen Adler von Armani ein Hakenkreuz bappen und viola... und in so jedes Rondell, davon haben wir übrigens in Deutschland auch noch genug aus der Zeit, man muss nur hinschauen, die sind alle och da. Ich habe ein altes Rad von Adler. Der stilisierte Adler könnte auch ein Nazisymbol sein, oder eines des New Deal. Auch der New Deal hatte übrigens ein Faible für Fahnen, die uns vielleicht wie Nazifahnen vorkommen würden - das war, global betrachtet, einfach die Mode von Stalin über Hitler bis zu den republikanischen Garden in Spanien. Man hatte es damals so. Davon sang die HJ und davon sang die KPD und auch so mancher in der Mitte.

Wie auch immer, die Fahne wird weggeshitstormt. Von guten Deutschen per Empörungsklick. Weil nicht sein darf, was sie an etwas erinnert. erinnerung muss nicht sein. Wobei: Es gibt da zum Beispiel einen fantastischen Katalog zum Führerbau und Parteizentrale der NSDAP am Königsplatz, der den sog. "NS-Stil" in Bezug zu Art Deco und Neoklassizismus der restlichen Welt setzt. den könnte man auch mal lesen, bevor mach klickt und mitschreit und einen deutschen Mob veranstaltet, und denkt, damit aus der Geschichte gelernt zu haben - stimmt ja auch, man kann nicht sagen, dass das 20. Jahrhundert ein Beweis für den Erfolg von Nachdenken und Zurückhaltung gewesen wäre.

Man könnte sich auch einfach bemühen, die Sparkasse auf den leichten Fauxpas dezent hinzuweisen. Das war sicher keine böse Absicht, man muss deshalb keinen niederbrüllen wie in den Kasernenhöfen Preussens. wirklich. Es geht auch anders.

Aber offensichtlich nicht bei jenen, die denken, sie hätten aus der Geschichte die einzig richtigen Schlüsse gezogen.

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Montag, 10. November 2014

Und ewig

schweift der Blick über kahle Landschaften und reduzierte Farben des späten Herbstes.



Aber drinnen funkeln neben dem Arbeitsplatz die Suppenterrinen und versprechen Wärme und lange, schöne Abende.


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Woche der Toleranz 1

Ich finde Toleranz ganz wunderbar. Ich bin zum Beispiel der Meinung, dass man sich erst mal in aller Ruhe überlegen sollte, was eine Gruppierung mit dem Namen "Zentrum für politische Schönheit" mit den Kreuzen der Mauertoten in dieser symbolträchtigen Zeit macht. Die haben sie nämlich genommen, um damit an Europas Aussengrenzen gegen die dortige

jetzt wird es schon schwierig

sagen wir mal neutral und ohne deren Schlussfolgerung, an den Aussengrenzen auf die Toten an diesen Grenzen hinzuweisen. Dass es zu Unglücken, bewusst herbeigeführten Notsituationen und gewaltsamen Konflikten innerhalb der Flüchtlingsbewegungen kommt, ist bekannt, und das endet für viele tödlich. Das nehmen die Organisatoren solcher Bemühungen bewusst in Kauf.

Nun sagt dieses Zentrum, das läge an der EU-Politik und der neuen Mauer gegen die Welt. Der kleine Unterschied, dass der Ostblock eine Diktatur war, die niemanden entkommen lassen wollte, und die EU ein Staatengebilde ist, das nicht jedermann bedingungslos einreisen und teilhaben lässt, spielt beim Blick auf die Zahlen und deren Aufrechnung keine Rolle was ein wenig bedenklich ist, so wie Neonazis ja auch gern deutsche Kriegstote gegen russische Kriegtote aufrechnen - ups, wäre ich beinahe etwas intolerant geworden, aber egal.

Wie auch immer, auf der einen Seite bin ich durchaus der Meinung, dass in der Integrations- und Zuwanderungspolitik viele Fehler gemacht werden. Von den Regierungen und Behörden, aber auch von denen, die da kommen und irgendwie denke ich dabei auch an meine eigene Haut, weil meine Erfahrungen auf der falschen Seite des gezielten Tritts nicht eben ideal waren, aber so ist das nun mal mit der Toleranz, wenn man gewaltsam kommt. Aber wir wollen ja trotzdem tolerant sein und uns bewusst machen, dass Wanderungsbewegungen durchaus ihre Vorteile für alle Seiten haben können. Ich bitte da auch um etwas Toleranz für diejenigen Deutschen, die aus eigener Erfahrung genau wissen, wie Flucht auch sein kann und es damals auch nicht wirklich komfortabel hatten - wer etwa ins gelobte Kanada wollte, brauchte einen Bürgen und wer in Deutschland nicht durchaus hart gearbeitet hätte, wäre oft schlichtweg verhungert, denn für flüchtlinge hatten viele einfach nichts übrig. Diese Leute sind nicht intolerant, aber sie haben ihre Erfahrungen und das macht sie einerseits empfänglich für die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt - aber auch nicht gerade allzu verständnisvoll für Forderungen der Linksextremen.

Weniger prickelnd, ich kann mich da nur wiederholen, sind italienische Verhältnisse und ich bezweifle - ganz tolerant natürlich - dass sich das Zentrum mit seinen Kreuzen vollumfänglich klar ist, dass Schleuserkriminalität zuerst nicht armen Flüchtlingen dient, sondern dem Gewinnstreben der Schleuser und ihrer Partner in Europa. Und da kam mir vor kurzem diese kleine vergessene Meldung aus Bayern unter Man sollte sich bewusst machen, die 39 Kosovaren, die hier aus dem Wagen geholt wurden, wurden bei uns in den üblichen Ablauf des Asylrechts mit all seinen juristischen und finanziellen Möglichkeiten eingebracht, was, so darf man vermuten, ohnehin das Ziel der Reise war. Aber diese Schleuser - die haben in einem Kleinbus 39 Menschen, darunter viele Kinder gepfercht. Das ist lebensgefährlich und wenn etwas passiert wäre, dann hätten unsere Freunde der Toleranz einmal mehr weitere Striche auf ihrer Todesliste, auch wenn man hier erst einmal darüber reden müsste, wer die Verantwortung trägt.

Aber mit den Kreuzen wird nur vor der Nase von Frontex gewedelt, vor der Politik und natürlich auch vor den fetten, reichen Europäern, die ihren Wohlstand auf den angeschwemmten Leichen der Flüchtlinge geniessen. Die Schleuser nehmen Tote in Kauf und das Zentrum die Schleuser als Folge der Grenzen. Kein Name ist vergessen, sagt das Zentrum, ausser den Namen der Schleuser, der süditalienischen Plantagenbesitzer und wer sonst noch bei der Sache gut verdient. Das Zentrum weiss, dass bei denen nichts zu holen ist, und es möchte natürlich, dass die Normalen ob der Toten erschüttert schweigen und sich schuldig fühlen, aber das ist weder eine Argumentation noch eine Lösung der Probleme. Es ist das Besteigen einer moralisch überlegen scheinenden Haltung.

Opfer sein ist übrigens kein Spass, da würde man an sich gern auf die moralische Übrlegenheit verzichten, und es ist kein Zufall, dass sich mit diesem Zentrum diejenigen ein Kreuz genehmigen, die nichts, aber auch gar nichts zu befürchten haben. Mir ist das zu einfach und ich hätte hier gern ein wenig Toleranz für eine genaue Betrachtung der Angelegenheit und Ausgewogenheit bei der Analyse. Sonst wird Toleranz nämlich ganz schnell eine einseitige Sache, und dann sollte sich das Zentrum nicht wundern, wenn manche über die Benutzung des Andenkens ihrer Toten für Propaganda ein wenig intorelant werden. Ich bin der Letzte, der den Tag der Einheit feiern würde, aber dieses gezielte Hineindrängen in die Vorstellungswelt anderer Menschen mit dem Ziel, sie mit Mauerkreuzen in etwa auf eine Stufe mit einer Diktatur zu stellen, ist

hässlich.

Und es bringt auch nichts.

Edit: witziges Detail am Rande ist die Finanzierung, denn das Zentrum war sich auf der anderen Seite nicht zu fein, öffentliche Fördergelder in Höhe von 10.000 Euro anzunehmen. Das dann schon. da ist man nicht so.

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Freitag, 7. November 2014

Der wütende Zausel mit der Klampfe

Ich habe etwas über die absurde Vorstellung der Deutschen Bank geschrieben, dass man dort besser nicht mehr sparen sollte - das gäbe eventuell nir Negativzinsen, besser sollte man das Geld ausgeben. Für eine Bank ist so etwas peinlich, und ich habe eine famose Idee, wie dieses Institut seinen Ruf retten und wieder gute Zinsen bieten kann. Auch im Kommentarblog. Triggerwarnung Bankenspott.



Mehr als nur einen Moment habe ich aber nachgedacht, das abzubrechen und etwas über den elenden Gitarrenfolterer Biermann zu machen.

Ich hatte ja vor zehn Jahren das Vergnügen. Indirekt. Und das kam so - wir hatten in Berlin einen Mitarbeiter, der unbedingt etwas über den machen wollte. Ich habe dem schon vorher gesagt, dass Biermann thematisch ausgelutscht und inhaltlich reichlich überholt ist, nicht ins Spektrum unserer an der DDR reichlich desinteressierten Leserschaft passt, und dass er das gerne machen kann. Aber es gibt keine Garantie, dass wir das nehmen und er soll dem Mann halt auf den Zahn fühlen und an unsere Leser denken.

Was der Typ mitbrachte, war ein Musterbeispiel dafür, wie man ein Interview nicht führen sollte. Das war hündische Verehrung, und der Befragte steigerte sich in historisch nicht wirklich fundierte Thesen über seinen Beitrag zum Mauerfall hinein, bis er sich dann seinen politischen Gegner zuwandte, und zwar in einer Art, dass einem sofort jeder Medienanwalt abgeraten hätte, das zu bringen. Das war nicht journalistisch, da waren zwei völlig neben jeder Spur, und das wäre uns um die Ohren geflogen. Zumal dieses egomane Gequatsche drei volle Zeitungsseiten in Anspruch genommen hätte, und auch entsprechend teuer gewesen wäre. Also habe ich glatt Nein gesagt.

Was dann folgte, war, kurz gesagt, der Versuch, mich von meiner Stelle zu entfernen. Ganz, grosses. Drama. wie ich es denn wagen könnte, dieses für unseren Bereich so wichtige Interview mit all den neuen Details zur Familie des Befragten, dieses Überlebenden abzulehnen - auch wenn eine simple Suchabfrage ergab, dass diese Details schon in vielen Zeitungen nachlesbar waren. Ob ich denn überhaupt wüsste, an welcher Figur ich mich da vergreife. Und es war nicht der Typ allein, der Befragte war wohl auch ziemlich scharf darauf, das alles in einer jüdischen Zeitung lesen zu können. Da hatte der Frager recht hohe Erwartungen geweckt, und die sind dann über den Umweg New York auf mich zurück gefallen.

Ich sage es mal so - der Weg vo, der Stilisierung eines Helden der Meinungsfreiheit zur wütenden Forderungsstellung inhaltlicher und personeller Art beim Chefredakteur ist kurz und führt über ein zu grosses Ego. Bis dahin habe ich den Herrn für einen weiteren Klampfenspieler aus einer geschmacklich fragwürdigen Zeit gehalten, mit dem uns damals die CSU in der Schule malträtieren liess, aber im Zuge der Geschichte habe ich schlagartig verstanden, warum der in die DDR gegangen ist, und einen Mitgliedsantrag bei der SED gestellt hat. Was damals abging und versucht wurde, ist nach meinem Gefühl das, was passiert wäre, wenn ein Redakteur des ND es abgelehnt hätte, einen Text von Honecker zu drucken. Für mich gehört Biermann einfach zum Komplex DDR und wenn er sich davon absetzen will, würde ich ihm eventuell raten, etwas Grundlegendes mit seinem Verhalten zu tun. Was, wie wir heute erlebt haben, vergeblich ist.

Es gab natürlich personelle Konsequenzen - danach hat diese Person bei uns keinen Beitrag mehr vorgeschlagen und ich hätte das auch gar nicht mehr gewollt. Es gab da ein ererbtes und sehr Berlinerisches Problem mit der Disziplin, das wurde mit den Biermannabsonderungen zusammen entsorgt. Der Typ ging irgenwann wieder zurück in die USA, weil ihm ohne bequeme Quelle und reichlich benutzter Infrastruktur das Geld ausging. Wie auch immer, ich weiss, aus welcher Geisteshaltung heraus gestern die Feierstunde zum persönlichen Eklat wurde und man sollte sich bewusst sein - der macht das öffentlich, weil er sich moralisch überlegen fühlt. Mir kommt immer noch die Wut hoch, wenn ich die alten Mails meines Chefs von damals lese. Ich habe das Gwäsch verhindert und leider, leider nicht in Hamburg angerufen, um dem direkt zu sagen, was ich davon halte.

Vielleicht mache ich da doch noch was in den Stützen.

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