: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 21. August 2015

Der Winter wird kommen

Ich habe zu Suhl und Heidenau in der FAZ geschrieben.

Ein Blick auf das Datum verrät, dass sich der August dem Ende zuneigt. Und damit auch der Sommer. Es war ein sehr schöner und heisser Sommer, und die kurzen Berliner Hirne haben längst vergessen, dass demnächst der sibirische Winter kommt.

Nun, ich wohne ja in Bayern, und dort kann es sein, dass auch im Sommer mal Schnee auf den Gipfeln liegt. In den letzten beiden Jahren waren die Winter recht mild, deshalb blühen hier die Rosen so schön, aber wir denken schon dran und wissen genau, dass die kalte Jahreszeit kommt. Deshalb höre ich bei meinen Reisen durch das Land auch, wie momentan der Beginn der kalten Jahreszeit berücksichtigt wird, wenn es um die Unterbringung der Flüchtlinge geht. In meiner Heimatstadt wird jetzt der Bedarf angepasst und man geht davon aus, dass man, wenn es kalt ist, diese Unterkünfte hat.



Wir nehmen übrigens bei einem völlig überhitzten Immobilienmarkt prozentual deutlich mehr Flüchtlinge als das jetzt schon völlig überforderte Berlin auf. Es ist schwierig, es sorgt hier bei uns natürlich auch für weitere Preissteigerungen, weil der freie Markt voller wird: Aber ich habe mit Politikern diverser Parteien gesprochen und sie sind zuversichtlich, dass sie es schaffen. Das ist bei uns auch bei CSU-Mehrheiten ein Thema grosser Koalitionen, anders geht es nicht.

Berlin wird im späteren Winter, im Februar, vermutlich 40.000 Flüchtling irgendwie warm unterbringen müssen. Vielleicht auch etwas mehr, weil die, die jetzt ankommen, nach Berlin weiterreisen. Berlin ist wegen der kompletten Überforderung eher ein Wunschziel als Bundesländer wie Bayern, die hart durchzugreifen drohen - und ja, ich sehe da bei Seehofer auch Strategie. 40.000 ist also, selbst wenn manches nicht dem Sinne der Gesetze entspricht, eine gute Zahl. Die brauchen, da müssen wir nicht reden, ein Dach über dem Kopf, das dem Berliner Winter standhält. Und Hostels fallen oft weg, weil Berlin ein schlechter Zahler ist. Man kann sie auch nicht die ganze Zeit in kleinste Räume sperren, so kalt, wie es in Berlin sein kann.

Eine Stadt, die also jetzt nicht mal in der Lage ist, Flüchtlinge von der Strasse zu bekommen, müsste in drei Monaten Lösungen präsentieren, wie man all diese Leute gut und sinnvoll zentrumsnah - wegen Teilhabe - unterbringt. Wie ich die Aktivisten verstanden habe, ist das doch das Ziel, auch im Hinblick auf Integration. Es ist auch im Hinblick auf die Notunterkünfte wichtig, weil weitere Flüchtlinge kommen werden. Ich sollte vielleicht schon mal ein Hotel buchen, weil das sicher ein galaktisches Thema wird, je nachdem, wie hart der Winter in Berlin ankommt.

Das ist der Grund, warum ich trotz aller Nachteile so gern in Bayern bin. Ja, wir haben die CSU. Aber ich weiss auch, dass in schlechten Zeiten immer noch halbwegs tragbare Lösungen gesucht und gefunden werden, und nicht sofort das Chaos ausbricht, wenn man mal einen Tag weiter denken muss. Und damit meine ich in Berlin nicht nur die Machthabenden, sondern besonders das inkompetente Aktivistenpack, das durch die Piraten und die Grünen und Linken in das AGH un die Bezirke kam, und die mit all dem Wahnsinn des Camps auf dem Oranienplatz und den Zuständen im Görli und in der Eisfabrik und der Cuvry-Brache gut leben konnten. Es sollten ruhig alle das Elend sehen, das lässt sich dann in Aktivismus und Stimmen und Kampagnen ummünzen. Scheiss auf das Romakind, das unter dem Busch lebt, betteln muss und nicht in die Schule kommt - Hauptsache, man kann an ihm aufzeigen, wie grausam die Welt und das System ist, smash capitalism und so. Diese Haltung bekommt in diesem Winter nicht nur ein paar Kinder, sondern seht, sehr viele. Und es wird nicht mit ein paar Einkäufen im Rossmann getan sein. Ich weiss, was für eine enorma Aufgabe das bei uns ist. Mensch ist Mensch. Auch in Berlin.



Meine Idee wären Grossunterkünfte auf dem Görlitzer Park und auf dem Tempelhofer Feld. Das ginge vergleichsweise günstig und effektiv und wäre nahe an den Menschen, die Refugee welcome sagen. Gut, nachher wären natürlich die Flächen weg, aber Opfer müssen wir alle bringen.

Natürlich läst jetzt die Süddeutsche Zeitung angesichts des Berliner Wahnsinns ausgerechnet ihre erfahrnde SJW- und Genderhetzerin Beitzer leitartikeln, dass nun der Bürger gefragt sei. Kann man so sehen: Berliner wollen ihre Stadt als Dienstleisterin, die sich ansonsten mit lästigen Gesetzen und Auflagen raushalten soll, und die damit einhergehende Gewalt und den Dreck und die Wurschtelei nimmt man dafür eben in Kauf. Nur wird es diesmal in Berlin mit Crowdfunding nicht getan sein. Es braucht zigtausend Zimmer, Heizung, und es gibt jede Menge Vorschriften, die zu beachten und umzusetzen und - was für ein Wort - zu kontrollieren wären. Da macht sich so ein Aktivist vermutlich gar keine Vorstellung, aber die Aktiven bei uns kennen das.

Ich will hier niemanden nachher verhöhnen, wenn die ersten Kältetoten gemeldet werden. Ich will nur darauf hinweisen, dass der grosse Notstand hundert Tage entfernt ist und fünf Monate dauern wird. Ich glaube nicht, dass Berlin das schafft. Das wird ein sehr interessantes psychosoziales Experiment. Aber man sollte sich wenigstens klar sein, dass der Winter ein ganz anderes Problem als eine Schlange vor dem LaGeSo ist. Dafür habt Ihr ja mich, Euren verständnisvollen Freund aus Bayern.

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Montag, 17. August 2015

Mein Mercedes ist kleiner als die S-Klasse der Flüchtlinge

Ich wollte diese Geschichte nicht erzählen.

Eigentlich hätte sie der Abschluss einer der Folgen meiner Serie „Fluchtlinien“ sein können, in der noch ein paar Teile kommen werden. Eigentlich ist sie lustig, zumindest habe ich sie so empfunden, selbst wenn sie den dort anwesenden Helfern unendlich peinlich war, und man mir wohl am liebsten die Kamera entrissen hätte. Die Helfer - und ich werde Ihnen ganz sicher nicht verraten, wo sie sind, ausser „irgendwo in Bayern“ - haben einen schweren und entbehrungsreichen Beruf freiwillig und ohne Bezahlung übernommen, und sind davon abhängig, dass die Bevölkerung sie weiterhin unterstützt und ihre Motive mit Spenden für die Flüchtlinge honoriert. Diese Helfer, die Woche um Woche die unangenehmen Jobs machen, die ganz anders leben könnten, aber aus Überzeugung oder aus dem Gefühl, dass man das jetzt zusammen bewältigen muss, anpacken und das in Bayern nach meiner Beobachtung bewundernswert routiniert machen – das sind die eigentlichen Helden dieser Geschichten. Nicht die Plärrer in Berlin, weil mal ein Amt nicht schnell genug ist, und die Antifa zusammen mit ihren Freunden in den Medien einen billigen Sieg in der berlinöffentlichen Meiung einfahren kann. Meine Helden sind die freiwilligen Feuerwehren, die nach einem Tag in der Hitze mit der Wurstsemmel vor der gerade schliessenden Metzgerei sitzen und ihren Urlaub drangeben. Leute, die mich gern erwürgt hätten, als ich die Kamera hob und die S-Klasse photographierte.

Bei der ganzen Debatte ist es meines Erachtens wichtig, den Blick von den ganz krassen Ausrutschern zu lösen, und darüber zu reden, was das Thema Migration und Flucht wirklich langfristig bedeutet. Links wie Rechts streitet man sich gerade gern über Smartphones der Flüchtlinge – als ob die paar lumpigen Euro angesichts der Integrationskosten, Leistungen und Anforderungen irgendwie ins Gewicht fallen würden. Die immensen Überstunden und Rückstände, die jetzt in den Ämtern entstehen, die Sprachkurse, die dauerhafte Unterbringung - das wird teuer. Nicht die paar Handies und die Telefongebühren nach Ghana oder Nigeria. Das wäre die eigentliche Debatte, aber man hängt sich an den Petitessen auf. Ein Telefon sieht jeder. Die Kostenstelle im Rathaus sieht niemand. Meine Geschichte, die ich nicht erzählen wollte, macht natürlich genau diesen Fehler und richtet den Blick auf ein einziges Detail.

Erzählen möchte ich sie aber trotzdem. Weil Witzfiguren vom Schlage Sascha „Sobooks“ Lobo, die ich persönlich für unverantwortlich halte, in Gossenpostillen nun mit der Forderung vorstellig werden, wir müssten angesichts des Rassismus – besonders in den sozialen Medien – nun etwas tun. Wer will das? Die Frage ist berechtigt, der nächste Aufruf zum Aktivismus kam von einem Herrn Georg Diez aus der gleichen Kloake, der seine Bekanntheit dem Umstand verdankt, dass er andere mal eben in die Nähe des Rechtsextremismus rückt. Solchen Leuten sollte man nicht folgen. Wen sollen wir uns denn als Vorbild nehmen? Die Antifa, die in Berlin Jagd auf Leute macht, die ihr Grundrecht auf Demonstration in Anspruch nehmen? Die Aktivisten, die zugunsten der Flüchtlinge in der Gerhart-Hauptmann-Schule einen Brandanschlag auf die U-Bahn unternahmen, damit die zwangsweise wartenden Leute mal Zeit haben, sich über das Schicksal der Flüchtlinge Gedanken zu machen? Die Aktivisten, zum Boykott eines Discothekenbetreibers aufrufen, der nach einer ganzen Serie von Konflikten bis zu einer versuchten Doppelvergewaltigung durch einen Flüchtling die Notbremse in seinem Lokal zieht? Oder einfach nur wie die Journalistenaktivisten für den Applaus der Filterblase rumpöbeln im Internet, damit dort die Schweigespirale im eigenen Umfeld läuft? Aktivist werden ist leicht, das kann jeder Depp und falls nur genügend mitmachen und mitzündeln und nicht mehr genau hinschauen, bekommt man exakt die Zustände, die man hierzulande eigentlich mit einem „Nie wieder“ verhindern wollte. Die Aktiven der Feuerwehr haben meinen Respekt. Die Aktivisten....

Den Aktivisten will ich diese Geschichte erzählen. Die Geschichte beginnt in einer nordbayerischen Aufnahmeeinrichtung, wo neue Flüchtlinge ankommen, und man sie auf neue Lager verteilt. Einige junge Männer kommen bei diesem Transfer in ein neues Heim abhanden. Eine gewisse Anzahl junger Männer sollte beim Landratsamt erscheinen und dann weiter zur Unterkunft transportiert werden, aber etliche kommen nicht an. Sie werden bei der Reise nicht überwacht, sie lassen sich einen Tag Zeit, und das hat die Folge, dass niemand im Ankunftslager weiss, wo sie bleiben und wann sie kommen. Aber die Presse - also ich – kommt und ist da. Schaut sich um, erkundigt sich über Belegungspläne, Erweiterungsfragen, Zeiträume, was man halt so macht. Es ist heiß, es ist mitten im Ort und laut, gegenüber der Strasse stehen Bäume, und da kann man sich gut unterhalten. Da stehen wir. Und dann kommt eine weisse S-Klasse. Ein Taxi. Eine grosse, weisse S-Klasse, und zwei Schwarze steigen aus. Die Ankommenden sind jung, kräftig, haben eine schöne Fahrt hinter sich – es ist wirklich eine reizvolle Landschaft - räumen ihre Taschen aus dem Kofferraum und sind dann endlich da. Unter Hinterlassung der Szenerie, dass Flüchtlinge mit der S-Klasse beim Lager vorfahren.

Aktivisten erzählen einem immer, dass Flüchtlinge so viel Leid, Krieg und Folter erlebt haben, dass sie traumatisiert und oft gar nicht schuld sind, wenn etwas Erklärungsbedürftiges vorfällt. Wir sollten doch erst mal unsere Privilegien checken, denn und bei uns sind sie von der fremden, also unserer, übersexualisierten und konsumorientierten Kultur überfordert. Keinesfalls verdienen sie in Berlin mit Drogen blendend an Touristen, keinesfalls sind sie homophob und paternalistisch und frauenfeindlich, und vermutlich wollen all die Jungs, die die Dating-Apps hier überschwemmen, auch nur Deutsch lernen, um dann Marx im Original zu lesen. Is klar. Das kann man eine Weile so behaupten, und jeden einzelnen Einzelfall irgendwie erklären. Hier in der S-Klasse wäre es: Krasse Überforderung mit dem deutschen Bahnsystem und eine fehlende Willkommenskultur, die die Flüchtlinge nicht angemessen begleitet. Auf der anderen Seite sagen dann xenophobe Aktivisten, dass wir unsere Aufstockerrentner zum Rad verdonnern und die Wirtschaftsflüchtlige mit der S-Klasse fahren.

Und ich würde beiden Gruppen raten, sich ein Buch zu kaufen: Nkem Nwankwo. Mein Mercedes ist grösser als Deiner. Manche in Europa halten das für eine Satire, was Nwankwo und jeder Entwicklungshelfer, der es gelesen hat, dementieren würde: Es ist eine zwar bittere, aber zutreffende Beschreibung der von Korruption und Bereicherung geprägten politischen Systeme Afrikas, und genauso lustig wie Evelyn Waughs Roman “Schwarzes Unheil”. Nwankwo beschreibt den Wahlkampf innerhalb einer Einheitspartei, und wie wichtig der Mercedes dabei ist. In Afrika können es sich nur die Reichsten der Reichsten leisten, sich mit so einem Mercedes chauffieren zu lassen. So eine saubere, funkelnde, nagelneue, weisse S-Klasse mit einem weissen Fahrer, das ist der Traum schlechthin, zusammen mit einer glatten, asphaltierten Strasse, und wären die Flüchtlinge in Afrika geblieben, wären sie nie soweit gekommen, das einmal zu erleben. Hier bei uns drückt man ihnen Geld in die Hand, lässt sie frei entscheiden, weil das hier ein freies Land ist, und dann steht auf der Strasse so eine S-Klasse, und sie müssen nur winken und einsteigen. Ihr Mercedes ist dann deutlich grösser als der, den ich gerade fahre. Und dass sie ihn anstelle der günstigen Bahn nehmen, liegt nicht an ihren traumatischen Erfahrungen oder an ihrem Kampf gegen heimische Despotien. Sondern nur am Mercedes.

So ist Afrika. Ich glaube, es ist eine unfassbar grosse Versuchung, aus Eritrea oder Somalia zu kommen und dann die Möglichkeit zu haben, das zu tun. Keiner in ihrer Familie wird das je getan haben, und hier bekommen sie das Geld und können es sich leisten. Einfach so. Zumindest dieses eine Mal. So wie manche sich hier bei uns einen Rolls Royce für die Hochzeit mieten oder Urlaub in einem Hotel machen, das echte Kronleuchter statt ihrer heimischen Ikealampen hat. So, wie man sich hier eben auch manchmal etwas leistet, das vielleicht nicht klug, aber nachvollziehbar ist. Muss es eine handgenähte Hirschlederhose für 2000 Euro sein, braucht man versilberte Felgen, muss eine Aktivisten den neuesten, teuren Rechner einer Firma haben, die Menschen wie den letzten Dreck behandelt?

Sehen Sie, ich bin kein Aktivist. Ich schaue mir etwas an, denke manchmal sogar darüber nach und schreibe es auf. Deshalb komme ich nicht in Gefahr, aus ein paar über die Stränge schlagenden Kerlen aus Afrika, die höchstens in der Schulerzeitung kritisch geschrieben haben können, die immer gleichen Behauptungen von unfassbar schlimmen Bedingungen vorbringen zu müssen, die sie traumatiert etwas weniger Kluges machen lassen. Ich muss nichts rechtfertigen. Ich muss niemanden überhöhen oder sein Leid, so vorhanden, aufbauschen, und dann riskieren, dass der Verfolgte zuerst einmal den Wunsch hat, dass sein Mercedes grösser als meiner ist – und ich irgendwann nicht meht formschön erklären kann, warum das SEK kommt, um wie in Suhl Leute davon abzuhalten, jemanden wegen eines Korans zu lynchen. Und wie der letzte Depp dastehe, und mir keiner mehr glaubt und mich jeder auslacht. Hallo sog. "Kollegen" von Zeit und Süddeutscher Zeitung, Euch meine ich: BWAHAHAHAHA. Gestern wart ihr noch Charlie und heute versteht ihr Lynhmobs. Aber das heisst eben auch, dass ich mit meiner nichtaktivistischen Haltung so etwas menschlich nachvollziehbar einordnen kann.

Die grosse, weisse S-Klasse ist noch lang nicht ausreichend, um ernsthaft “Ausländer raus” zu rufen – die Flüchtlinge bekommen ein Taschengeld, und beim Taxler im Mercedes ist es mir lieber als beim nächsten Schlepperverbrecher, der organisierte Massenmorde wissentlich in Kauf nimmt, oder beim Junkfoodproduzenten. Es ist ein Mercedes und kein japanisches Auto und es ist doch schön, wenn auch in Somalia die deutsche Arbeit geschätzt wird. Die grosse, weisse S-Klasse ist auch noch lang nicht ausreichend, um ernsthaft “Refugee welcome” zu rufen – weil sie den ganzen Aktivisten klar macht, dass die sozialen Zielsetzungen der Migranten keinesfalls den Idealen der Weltrevolution und der gerechten Verteilung aller Güter entsprechen müssen. Ich fahre ja auch einen Mercedes und lache, wenn es in Berlin Hipster auf Schrotträdern zusammenduscht. Ideologie füllt, egal ob rechts oder links, keinen Tank. Wenn ich Vollgas gebe, säuft mein Mercedes über 20 Liter auf hundert Kilometer. Das zahlt kein Marx und keine Le Pen.

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Samstag, 15. August 2015

Das letzte Hemd und das drittletzte Pinarello

Ein paar Repräsentanten des alten Westens sind über die letzten Monate gestorben. Das macht schreibfaul und nachdenklich. Manches Haus wird inzwischen schon weggerissen, denn die Erben haben es eilig. So gross ist der Altersunterschied zu mir übrigens auch nicht mehr, mehr so "im niedrigen zweistelligen Bereich". Ich habe mir sagen lassen, dass es dazu gehört und man mit dem zufrieden sein muss, was man hat.

Oder auch weniger.

Jedenfalls war ich die Tage im Keller, wo die Radschätze funkeln, und da ist mir das Pinarello aufgefallen.



Aufgebaut, restauriert, erheblich stabiler und einsteigerfreundlich gemacht, weil es ja für die Gäste ist, die dann aber doch andere Räder genommen haben. Es läuft hübsch und gut und war zu seiner Zeit 2001 als obere Mittelklasse fein, aber hier stehen nun nochmal ganz andere Dinge herum. Und so ist das immer mal wieder ergänzt und verbessert worden, aber nie wirklich gefahren.



Normalerweise würde man es zerlegen und dann in Einzelteilen lagern oder verkaufen, zwecks des Geldes, das dann mehr fliessen würde, aber das wäre auch schade - schliesslich ist es ganz nett ausgewogen, so wie es ist. Es steckt Arbeit drin, und daran gehe ich ungern mit dem Bolzenschneider. Ausserdem müsste, wer immer es wieder zusammenbaut, dann auch wieder rumbasteln. Zeit vergeuden. Und das Leben ist doch so schön. Und so kurz.



Ausserdem hat es ja auch so seine Macken, und daher lohnt es sich kaum, das dann wieder mit teuren Einzelteilen zu restaurieren. Die Aufkleber lösen sich, und die bei Ebay nachzubestellen und zu verkleben, sollte dem neuen Eigner eigentlich Arbeit genug sein, bevor es ins Blaue geht.



Ja, so ist das. Es löst sich der Aufkleber vom Rad, der Geist vom Körper und am Ende die Buchstaben vom Grabstein. Das sollte uns zu denken geben. Ich war jedenfalls draussen und bin es nochmal gefahren, und es ist ein gutes Rad. Ich habe es nicht so benutzt, wie es sein sollte, aber dafür habe ich gelebt und das ist ja auch etwas wert.

Es ist ein seltsames Gefühl, ein Rad zurück in die Bucht zu werfen - ich denke, ich werde es sorgfältig legen und es soll ja auch hübsch aussehen, wenn es davon schwimmt zu anderen Gestaden. Es ist aber schon mal eine gute Übung für all das, was - hoffentlich, recht sicher, fast garantiert - reichlich später kommt.

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Freitag, 14. August 2015

Keine Komplimente für "wie Vorderschinken"-Stokowski

Komplimente sind schön. Sie kosten nichts und sind trotzdem wertvoll. Sie bringen Menschen zum Glänzen und helfen über den Tag hinweg. Ich mache gern Komplimente, wenn mir Beiträge gefallen, wenn ich den Eindruck habe, jemand könnte das gebrauchen, und wenn ich dabei über das Ziel hinaus schiesse, so merke ich das vermutlich meistens. Ich komme recht gut in meinem Privatleben mit Menschen aus, was wohl bedeutet, dass ich die richtige Balance öfters treffe.

Natürlich differenziere ich. So, wie nicht jede Form der Höflichkeit am Platz ist, ist auch nicht jedes Kompliment immer angebracht. Das Kompliment gegenüber einer bewussten Dirndlträgerin lautet "fesch", das gegenüber einer Anzugträgerin "sehr kleidsam" und das für eine neue Brille "rasend klug". Das heisst nicht, dass andere deshalb dumm, verschlunzt oder zu aufgebrezelt sind. Komplimente sollte man zielgerichtet machen. ey geil ey ist atürlich dumm. Gut, es kann sein, dass eine Spezialisierung vielleicht Aspekte auslässt. Möglichkeiten ignoriert und Chancen verspielt, die eigentlich auf Komplimente angelegt sind.

Manchmal gibt es auch, das gebe ich zu, Frauen, da wahre ich Distanz. Es gibt da zum Beispiel so eine gewisse norddeutsche Nassforschigkeit, da fehlen mir manchmal die Komplimentwerkzeuge. Manchmal bin ich einfach auch überfordert. Das kompliment gedeiht am besten in langsam wachsender Vertraulichkeit, und allzu schnelle Annäherungen nehmen ihm den Raum.

Möglicherweise ist es das, was in der SZ steht, dass das Kompliment aussterben soll, wegen des Feminismus. Ich glaube das nicht, aber ich weiss von mir selbst, wie wenig Komplimente ich gegenüber Kolleginnen mache, wenn es nicht um die Arbeit geht. Viele sind vom Beruf geprägt, und der ist aus einer Vielzahl von Gründen nicht gerade das ideale Umfeld für Vertraulichkeiten. Es gibt konkurrenzkämpfe und Misstrauen, und wie gesagt: Es bräuchte für ein echtes Kompliment Vertraulichkeit. Ich bin gegenüber manchen sehr chamant, aber mit denen arbeite ich nicht. Journalismus ist auch sonst ein sehr unromantischer Beruf. Und er ist nicht vertraulich.

Was ich in diesem Beruf schon etwas länger, sagen wir, vor anderthalb Jahrzehnten, mehrfach feststellen musste: Komplimente sind da auch oft verschwendet. Man ärgert sich, wenn man sich Mühe gibt, ein sauberes menschliches Verhältnis aufzubauen, und für den nächsten eigenen Vorteil verraten wird. In besonderer Erinnerung bleibt mir da jemand, die immer nur ihre eigenen Optionen im Sinn hatte und gern klagte, dass all ihre männlichen Stiftungskollegen Chefs wurden, nur die Frauen nicht - und als sie dann die Chance hatte, Chefin zu werden, ein komplettes Desaster angerichtet hat. Aber Hauptsache, sie bekam ihren Willen, und ich kann mich auch nicht beklagen, weil es im Ergebnis auch für mich besser wurde. Anders, aber besser.

Sprich, man lernt dazu und wägt im Alter mehr ab. Man könnte auch sagen, man wird strategischer. Man akzentuiert. Man ist nicht mehr so doof und verschwendet seine Worte an jene, die das nur aufsaugen, ohne auch nur einen Funken Anerkennung zu zeigen. Es gibt so emotionale schwarze Löcher, die ganz gross sind im Einsaugen von Aufmerksamkeit und vollkommen unfähig zur Empathie.

Wenn so ein schwarzes Loch sich für seine psychischen Defizite dann auch noch eine ideologische Begründung sucht, spricht man entweder von Bigotterie, die oft im kirchlichen Bereich anzutreffen ist, oder von Hardcore-Feminismus aus der Familie totalitärer Weltbilder. Beide Richtungen sind im Kern erst mal extrem feindlich gegenüber anderen Frauen, die nicht so sind. Die sind der eigentliche Gegner. Die müssen auf Linie gebracht werden, und sei es mit blankem Sexismus. So etwas habe ich das letzte Mal vor einem viertel Jahrhunert in der Audi gehört und noch nicht einmal dort war es akzeptiert: "Wie Vorderschinken", so vergleicht die taz-Autorin Margarete Stokowski Frauen, die Aufmerksamkeiten erlangen wollen. Das könnte auch von einer Betschwester im Kaiserreich kommen. Sie behauptet, der Feminismus wollte Komplimente nicht verbieten, aber ihr Umfeld verteilt Creeper Cards für das Aufhalten von Türen und lacht gezielt heterosexuelle Praktiken öffentlich aus: Das ist verbrannte Erde.

Ich glaube, dass es diesem Umfeld darum geht, Menschen zu verunsichern. Queer-Strategie halt. So wie die Deppen, die eine Ubahnverkabelung in Brand setzen, damit Leute überlegen können. wie es wohl Flüchtlingen gehen mag. Ihr Ziel ist das Aufbrechen des weithin gültigen Konsenses durch Aktionen. Es ist wie Terrorismus, sie wissen genau, dass sie gegen die normalen Wünsche der Menschen nicht ankommen, also kübeln sie Drek darüber. "Vorderschinken" steht da sicher auch nicht zufällig: Frauen sollen sich beschmutzt und entehrt fühlen, und Männer sollen vor die Wahl gestellt werden, ob sie nun das Fleisch oder doch lieber den sog. Charakter wollen.

Welchen Charakter? Margarete Stokowski hat bei der Zeit ein Buch ihrer damaligen FAZ-Blogkollegin Annika Reich distanzlos über den grünen Klee gelobt und dann in diesem FAZ-Blog einen vollkommen distanzlosen Werbebeitrag über Laurie Penny geschrieben, der sie zum "Star" machte, nur weil die Peergroup zu den Lesungen kam. Nach diesen Vorstellungen könnte ich auch jede Nachwuchsgeigerin, deren Mutter ich privat kenne, aus unseren heimischen Matineekonzerten zum Star in der FAZ hochschreiben. Stokowski kann das jetzt nicht mehr, das besagte Blog ist nicht mehr bei der FAZ. Stokowski hat als erste in der taz mit dem übergeigten Nazibezug gegen Ronja von Rönne aufgewartet und kommt jetzt mit Vorderschinken um die Ecke. Das sind reichlich seltsame Vorstellungen von Kompliment und Charakter, woanders hiesse das wohl eher "problematischer Interessenskonflikt".

Naürlich verbietet dieser Feminsmius keine Komplimente. Aber da kommen wir wieder zum nötigen Raum: Da ist einfach nichts, auf dem ein Kompliment eine Grundlage finden könnte. Auf keiner Ebene, in keiner Dimension. Mir ist völlig bewusst, dass die Stokowskis, Stricks und wie sie alle heissen, in einem Paralleluniversum leben, aber solange Feministinnen so etwas in ihrem Umfeld haben, gehe ich mit meinen Möglichkeiten da hin, wo der nötige Raum grundsätzlich und ohne ideologische Vorgaben verhanden ist. Man kann in der Wüste kein Tulpen züchten und auf dem Mars keine Bäume pflanzen. Es gibt da eben ein für Komplimente untaugliches Brachland. Es kann katholisch daherkommen, iranisch, als NS-Doktrin der deutschen reinen Frau, oder eben der Abgrenzung gegen "Vorderschinken". Privat denke ich, dass die grundlegende Haltung bei der Durchsetzung des eigenen Weltbilds sehr ähnlich ist.

Aber ich weiss auch, dass bei uns wie blöd Blumen und Pralinen gekauft werden. von Männern für Frauen, und das Spiel des Gebens und Nehmens weiterhin prima funktioniert. Ich weiss nicht, was für eine Schokolade Frau Stokowski kauft, aber ich weiss, wo die Pralinen zu bekommen sind. Klassische Familienmodelle sind jetzt auch nicht so meine Sache, aber ich bin durchaus fr0h, dass es sie gibt, und Menschen damit glücklich sind, und es nicht nötig haben, andere als Haufen Fleisch zu titulieren. Diese üblen Zeiten sind in Bayern glücklicherweise vorbei, man lässt sich Freiheiten und andere Lebensmodelle, wir poussieren nach Lust und Laune und wenn es bei den Waldfesten hoch her geht, dann ist das eben so. Da ist dann auch der Raum für alle Freundlichkeiten und die Empfagsbereitschaft gegeben. Diese Freiheit gibt es heute. Wer etwas anderes will, bekommt keine Kekse.

Die anderen würde gern definieren, was da erlaubt ist und was nicht, aber sie kriegen halt am Ende neben dem Belegexemplar ihrer Ergüsse genau die Partner, die damit umgehen können. Soll es auch geben. Wenn es ihnen gefällt, warum nicht. Da mischt sich auch keiner ein und redet über Liebhaber von wenig erbaulichen Schlachterzeugnissen. Es gibt viel zu viele andere, schöne Optionen und Möglichkeiten, da ist man gut beschäftigt und gestern habe ich wieder Pralinen und Torte gekauft.

Und der Konditorin Komplimente gemacht.

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Mittwoch, 12. August 2015

Der Unsägliche

Ich lese die New York Times und bin meistens angetan. Nicht immer, aber meistens. Ein paar kulturell bedingte Unterschiede lassen sich nicht bestreiten, und dafür ist es auch ein anderes Land. Multi-kulti halt. Die Times hat sich zudem ein paar mal kräftig verrannt, aber ich lese so eine Parteinahme und überlege dann, wie ich es besser machen würde. Meistens ist sie toll.

Ich lese auch die Washington Post. Auch die WaPo hat sehr gute und sauber arbeitende Journalisten, auch die WaPo kann vielschichtig und ausgewogen berichten, und verschiedene Standpunkte darlegen. Aber die WaPo hat auch eine Galerei mit dem Titel "Best Bang for the Buck", wo es um das Preis.Leistungsverhältnis von Handwaffen geht.

Der Guardan ist mir seit den Lügen, die er über Tim Hunt verbreitet und gezielt unterstützt hat, nicht mehr geheuer, aber natürlich arbeiten da in den USA ebenso gute, aufgeklärte Leute.

Und auch in vielen Regionalzeitungen.

Aber auch da finde ich Beiträge, da schüttelt es mich. Das ist alles noch meilenweit entfernt von FOX oder den ganzen Radiopredigten, die viele Leute gern hören. Das ignoriere ich. Ich brauche das nicht und decke mein Bedürfnis an Information bei der NYT.

Wo man überhaupt nicht fassen kann, dass diese Amerikaner immer noch niht Trump abgeschworen haben. Ich kann das übrigens auch nicht fassen. Bei aller auch mir manchmal innewohnender Lust an der Provokation: Nein. Wirklich nicht. Das ist ein unterkomplexes Niveau, auf dem sich wichtige Debatten nie abspielen sollten. Es ist das Niveau von "Best Bang for the Buck", bei dem ich aussteige, und wo für viele offensichtlich ihr Land erst richtig anfängt.

Vom Machismo geprägte Bevölkerungsgruppen. Sich notorisch benachteiligt fühlende Südstaatler. Stand-your-Ground-Fetischisten. Waffennarren. Staathasser. All die Gierigen, die sich maximal selbst verwirklichen wollen. Die ganzen krassen christlichen Sekten. Abtreibungsgegner. Und all die Unzufriedenen, die den letzten Wahlsieg Obamas schon eher schwer machten. Das alles sucht und findet offensichtlich einen unterkomplexen Nenner. Man muss das nicht verstehen, es ist nun mal so wie Best Bang for the Buck. Best Bang for the Vote. Trump sieht nicht gesund aus und vielleicht scheitert er, und alles wird gut. Aber es ist so wie mit dem Iran, wo wir auch immer Geschichten von jungen, engagierten Frauen lesen: Die Realität wird dort von ganz anderen Gruppen bestimmt. Und die nehmen keinerlei Rücksicht auf unsere Erwartungen.

Ich lese auch viel über Geschichte und weiss, dass es zwar insgesamt seit einiger Zeit voran geht, aber der Abstand zwischen den Möglichkeiten und dem, was wirklich getan wird, mist gleich gross bleibt. Insofern, für die Beibehaltung dieses frustrierenden Abstandes, brauchen wir Trump un kriegen ihn vielleicht auch. Es gibt keine Garantie auf Fortschritt nach unseren Vorstellungen. Er spricht einfach Leute an, die die NYT nicht lesen, den Guardian auch nicht und froh sind, dass es eindlich mal jemand wieder so sieht, wie sie es sehen.

Das ist schlimm. Aber ich möchte ohnehin kein Amerikaner sein.

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Samstag, 8. August 2015

Stelvio

Natürlich habe ich Angst. Mehr als eine Angst sogar. Ich habe keine Angst davor, irgendwo aufzugeben und umzudrehen, dazu war ich zu oft in den Bergen. Manchmal muss es sein und es rettet Leben.

Ich habe eine Angst vor der Selbstüberschätzung, also vor meinen dunklen Seiten. Das klingt vielleicht etwas seltsam, wenn man weiss, was ich sonst so an hellem Irrsinn jetzt schon tue, und mit was für doch recht geringem Sicherheitsmargen ich unterwegs bin. Aber danach kommt dann auch der Punkt, an dem ich fühle, dass ich zu weit gegangen bin. Dieser - im Übrigen noch nicht mal besonders schmale - Grenzbereich wird von einer schlagartig einsetzenden Angst beherrscht, die man vielleicht auch als Instinkt bezeichnen könnte. Es geht theoretisch noch, aber wenn etwas Unvorhergesehenes kommt... man darf solche Gedanken eigentlich nicht haben, aber der Moment, da sie sich selbst melden, auch wenn man sie nicht will, ist ein guter Moment, auf sie zu hören.

Das hat mir ein paar Mal durchaus den Allerwertesten gerettet. Man glaubt gar nicht, was manchmal hinter kurven alles so auf der Strasse liegt.

Die andere Angst ist die vor echten Gewalten. Ein Gewitter am Berg kann ein existenzielles Ernachhernichtmehrlebnis sein. Erdbeben. Steinschläge. Aber auch eine wild gewordene Kihherde. Heute kam ich an einer Alm vorbei und da haben die Kühe aus Tollerei ein Wettrennen mit mit veranstaltet. Das möchte man nicht zu Fuss ohne Elektrozaun zu denen machen. Ich mag Kühe. Aber ich weiss auch, wie die sein können, wenn sie schlechte Laune haben. Wie eine 700 Kilo schwere Katze.

So eine Gewalt ist auch das Stilfser Joch. Früher dachte ich, ich könnte bis zur Neureuth nicht durchradeln, ich würde den Jaufenpass nie schaffen und das Penser Joch erst recht nicht -heute geht das alles. Aber das Stilser Joch ist in meinem Kopf immer noch so fern, abweisend und unberührbar wie früher, und manchmal denke ich, dass es zum Leben einfach dazu gehört, manches zu sehen und zu begehren, aber es nicht zu bekommen. Wie Gemälde, Frauen, Bücher, Erfahrungen - es ist eben nicht jedes allen bestimmt. Und das ist vielleicht auch ganz gut so.

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Freitag, 7. August 2015

Ihr seid Lageso

Natürlich ist das, was sich vor dem Lageso in Berlin und in der Zeltstadt von Dresden abspielt, alles andere als schön und eine Werbung für Deutschland. Aber mal ehrlich: Wer hätte von Berlin etwas anderes erwartet? Die Stadt und ihre Verwaltung und ihre Bürger suhlen sich ja geradezu in ihrer lockeren Art, und das geht fast immer auf Kosten anderer gut, wie jede Form von Parasitentum. Und manchmal, wenn die inkompetenten Strukturen auf ungewohnte Probleme treffen, eben nicht. So wie vor dem Lageso in Berlin. Dann kommen Helfer, zu spät, dann auch mit zu viel Essen, und die Antifa und nutzt das aus, um etwas Randale zu machen. Die Polizei setzt Pfefferspray ein und vertwittert wird, dass es ein Mädchen erwischt hätte.

Ich weiss nicht, warum die Berliner sich aufregen. Das ist der Normalzustand, ich kenne Berlin nicht anders, und wenn dort wirklich mal was Grösseres passieren würde, kann man nur sein Auto nehmen und hoffen, dass man noch rauskommt. Die Stadt wurschtelt sich als die Balkanfavela durch, die sie ist, bis es nicht mehr geht, und dann kommt es zum Kollaps. Das ist kein Zufall, das ist System. Die Bewohner bekomen genau die Verwaltung, die sie verdienen und von deren Rückzug aus vielen Lebensbereichen sie zwischen Kiffen, irregulären Arbeitsmodalitäten und fettigem Fressen aus dem Späti auch profitieren.

Dass es auch ganz anders sein kann - darüber schreibt niemand. Frühzeitige Bedarfsplanung, Suche nach Optionen, Entscheidung für die beste Unterbringung, Bereitstellung der Kapazitäten, ein Zeitplan, der eingehalten wird und angemessene Versorgung von der ersten Sekunde an - das geht. Ich weiss es. Ich wohne in einer Stadt, deren politische Kaste ich nicht mag, aber planen, prüfen, umsetzen und effektiv betreiben - lauter Sekundärtugenden, auf die man in Berlin meint verzichten zu dürfen - das können sie hier. Da gibt es keine Klagen. Eigentlich ist das eine schöne Geschichte, und ich habe sie deshalb aufgeschrieben.

Den Berlinern möchte ich nahelegen, das Lageso nicht als Einzelfall zu begreifen, sondern schlichtweg als Ergebnis eines traditionell unfähigen, von ihnen selbst betriebenen Molochs, für den sie alle gemeinschaftlich verantwortlich sind. Da stehen jetzt also linke Krawallbrüder, die gestern noch "No Border, no Nation" forderten und zu diesem Zwecke Anschläge auf solche Ämter verübten, und winseln nach dem Staat, wenn die Grenzen tatsächlich offen sind. In Bayern hätte sich da längst eine freie Wählergruppe gebildet und das Rathaus übernommen, mit dem Ziel, es auszumisten. Das wird in Berlin, wo man jeder Subkultur fördernd nachkriecht, nicht passieren, denn eigentlich finden es ja alle super, dass die Stadt so viel Geld aus dem Bundesfinanzauglich bekommt. Für die Bettelrunden nach Transferleistungen braucht man auch genau so ein irregulär und schludrig arbeitendes Lageso mit seinen unezahlten Hostelgutscheinen anstelle einer ordentlichen Lösung. Es gibt kein Interesse, den Saustall auszumisten, statt dessen macht man Volksbegehren für niedrige Mieten und fordert die Bürger auf, sich als Schlepper zu betätigen, weil Gesetze nicht so wichtig sind. Gesetze sind den Aktivisten egal, also, wieso sollte sich dann ein Amt sonderlich um Konventionen scheren?

Ich hätte gern eine Hauptstadt, die vorzeigbar ist. Ich hätte gern Bonn zurück.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 3. August 2015

Freiheit, die ich meine

bedeutet auch Freiheit von Zusatzangeboten, die ich nicht brauche. Ein Konto von der Post, wenn ich einen Brief hole, ein Downloadpaket der Telekom, wenn ich Internet brauche, Spamware auf dem Rechner und ganz besonders - Museumspädagigik. Ich finde, wer sich nicht vorher selbst bilden will oder nicht einen Führer mitnimmt, sollte es einfach bleiben lassen oder aber sich darin abrackern. Mehr hohe Ansprüche bitte. Weniger Belohnung für Denkfaulheit und Bildungsmangel.

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