Nationale Einheit, soziale Trennung

Ich glaube nicht sonderlich an Nationen. In meinen Augen sind sie vermutlich organisatorisch notwendung und demokratisch sinnvoll, denn eine denokratische globale Regierung - nun, man siejt ja, was schon in der EU daraus wurde. Privat halte ich Kleinstaaten in Bünden für eine ganz gute Idee; ab einer gewissen Grösse fangen bei Nationen die Nachteile an, die Vorteile zu überwiegen. Ich kenne übrigens auch Staatenlose: Manche wollen das so und können es sich in diesem Staat, dessen historisches Versagen sie verfolgt, leisten. Andere sind es zwangsweise, denen macht es wenig Freude, dass es so ist. So betrachtet ist es schon ganz sinnvoll, so einen Staat zu haben.

Ich glaube auch nicht, dass Verschiedenartigkeit ein grosses Problem sein muss, solange man sich auf ein paar Grundsätze einigen kann. Was ich aus all den letzten Jahren mitgenommen habe: Ich kann sehr gut mit Menschen aus meiner Region, unabhängig vom sozialen Status. Und mit Menschen aus meiner Schicht, unabhängig von der Region, aus der sie stammen. Ich kann sehr gut mit fabulierenden Flüchtlingen, weil ich auch ein Fabuierer bin. Ich kann aber überhaupt nicht mit den Guten aus anderen Schichten, die sich benachteiligt fühlen. Das geht recht konsequent schief und reisst da auf, wo man in meiner Schicht und meistens auch in meiner Region sagen würde: Das tut man nicht.

Eines dieser Grundprinzipien ist Diskretion.

Das heisst nicht, dass man über Bekannte nichts sagt -geratscht wird in Bayern immer, insofern denkt man hier automatisch mit und geht mit Informationen lieber sparsam um. Es gibt aber sehr wohl so etwas wie eine wohlmeinende Ratscherei, ein Empfehlungsratschen, ein Vermitteln und Nahebringen, das in eine gewisse Vertraulichkeit einbindet. Man lernt das zuhause, ich mache das vermutlich instinktiv - und es ist vielleicht weder gut noch richtog, aber kulturell halt irgendwie üblich. Ich denke darüber normalerweise nicht nach. Wäre man böse, könnte man darin so etwas wie eine Clanbildung erkennen. Clans sind heute, speziell in Schichten, die wenig Familienbindung haben, ja eher negativ aufgeladen. Je sozialstaatlicher, desto clanfeindlicher.



Ich bin da in den letzten vier Jahren zunehmend vorsichtig geworden. Dass mir manche den Job zerstören wollen - mei. Ich sehe es aber an meinem Posteingang und am Umstand, wie wenig ich mein Telefon nutze: Die Netzwelt, in der sich die Guten und Unprivilegierten bewegen, ist so gar nicht meins. Ich gehöre da nicht hin, und ihnen fehlt auch das Verständnis, warum ich bin, wie ich bin. Warum Dinge wie Diskretion und Zurückhaltung sehr wichtig sind, warum man gewisse Dinge besser nicht tut und anderes schweigend übergeht, selbst wenn man das eher nicht tun will. In Clans ist das wichtig. Gegenüber dem Staat oder Personen, von denen man etwas erwartet, ist das falsche Bescheidenheit. Und natürlich gibt es auch Clanstrukturen, die ganz anders funktionieren. Ein Fussballclub ist kein Konzertverein.

Ich denke, fürchte, dass das Menschen sehr viel mehr als Herkunft oder Lebensort prägt. Es gab während meiner Studienzeit ein paar sehr seltsame Erlebnisse: Etwa, dass Südtiroler hier viel besser reinkaman, als Ostdeutsche. Es gibt bei uns - und bitte, meine Heimat ist wirklich ein beliebtes Migrationsziel - immer wieder Erlebnisse, da weiss ich: Wenn diese Leute diese Art nicht schleunigst ablegen, wird es für sie sehr schwierig. Es wird ihnen niemand lange helfen, wenn sie sich nicht die Kulturtechniken abschauen. Integration setzt Verständigung voraus. Nur dann können Unterschiede nebeneinander und im Vertrauen existieren.

Und dann gint es halt so Fälle wie "die grosse, süsse Maus" Behrends oder Appelbaum, die mich immer weniger überraschen, weil ich inzwischen eigentlich nichts anderes mehr erwarte. Opportunismus, solange es passt, dann hintrücks nach Möglichkeit beschädigen, weil es legitim ist wenn jemand oben ist.

Das führt in meinem Fall zu der nicht ganz unironischen Situation, dass ich dieses Jahr an weit über 100 Tagen gute Gäste begrüssen durfte. Ich bin freudig ausgebucht. Auf der anderen Seite gab es harte Schnitte. In Berlin braut sich was zusammen. Ich gebe aus Prinzip keine Interviews, man sucht also, was man kriegen kann und würde das gern in ein schlüssiges, negatives Bild pressen. Auf der einen Seite bin ich frei und offen. Auf der anderen Seite rede ich über das Wetter.

Nein, ich habe nicht den Eindruck, dass man in diesem Staat gerade noch sagen kann, was man will, wenn man Interesse hat, dass es einem dauerhaft gut geht. Man sollte sich überlegen, wem man was sagt. Ich erlebe in meiner Himat eine Renaissance der kleinen, überschaubaren Strukturen, die genau das erlauben - frei von den Denkvorgaben, die aus einem Verteidiger der Freiheiten wie Prantl einen Gesetzesverschärfungsforderer bei läppschen Beleidigungsdelikten machen. Wenn wir über Hufeisentheorien reden, bittschön, da ist es. Gerade schön ist das alles nicht, denn natürlich habe ich es mir früher auch zu leicht gemacht im Glauben, man müsste die anderen nur ablehnen, dann sei man auf der richtigen Seite. Es gibt sie nicht, diese richtige Seite und den richtigen Umgang. So wenig, wie es auch einen richtigen Staat gibt, und eine richtige Einheit. Ich weiss wenigstens, wie wichtig der Clan in meinem Lebensumfeld ist. Und gegen die Banden hilft, die sich bilden, um mich platt zu machen.

(Wenn sie einem nichts Sexuelles anhängen können, hängen sie einem an, dass es nichts Sexuelles gibt. Was man halt so tut, wenn man zu wenig weiss, aber gern so tut, als wüsste man etwas.)

Montag, 3. Oktober 2016, 22:48, von donalphons | |comment

 
"Können wir den Kerl nicht einfach 'drohnen'"?
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49597/1.html
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Werter Thora, werter Honigbär,
langsam wird es ernst mit den 100 Euronen.
Ja, ja ich weiß, ist dieses schmuddelige Heise.
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Werter molinero:
Filmtip 1900
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Werter Don,
sehr schöne Katze haben Sie da eingetütet.
Schaut sehr schlau aus.
Und frech.
Nette Mischung bei Katzen.

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Und fett ist sie auch nicht.
Die wird doch hoffentlich nicht vegetarisch ernährt?

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Persönlich fühle ich mich - zumindest was freie Meinungsäusserung und Staatsüberwachung anbelangt - immer mehr in das Biedermeier zurückversetzt.

Immerhin haben Sie Ihre Wohnung bereits passend eingerichtet. Ich hinke Ihnen da beträchtlich hinterher.

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Beruhigend und zugleich beängstigend
Nationen sind organisatorisch nicht notwendig, gut organisierte Verwaltungen reichen völlig aus. Demokratie, gäbe es sie denn, ist auch nicht an Größe gebunden, sondern an echte Bürgerbeteiligung. Die EU ist gerade in dieser Hinsicht gutes und schlechtes Beispiel zugleich, je nach Standpunkt. Kleinstaaten in Bünden könnten problemlos durch entsprechende Verwaltungseinheiten ersetzt werden. Nichts anderes haben wir doch in Deutschland. Übertragen auf Europa wäre das also durchaus möglich. Letztlich ist das Problem der Nationen der euphemistisch Patriotismus genannte Nationalismus. Fiele das weg, es wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Die soziale Trennung, da gäbe es aus meiner Sicht wohl noch einige Schächtelchen neu zu sortieren, insbesondere was das "Gefühl der Benachteiligung" betrifft. Die Gefühlsduselei der Kanzlerin sollte nicht kopiert werden und den Blick vor der Realität verschließen. In Schichten und Regionen zu denken ist eben auch nichts anderes, als an Nationen und ihren negativen Auswüchsen zu kleben.

Der Begriff der Clans ist in Berlin, aber auch in München etc., sicherlich ganz anders, nämlich negativ besetzt. Der Familienzusammenhalt dagegen, ist nicht positiv genug zu bewerten. Bei uns wird zwar getratscht und nicht geratscht, und das nicht ausschließlich wohlmeinend sondern auch durchaus intrigant, aber sozialstaatliches Denken mit Familienfeindlichkeit gleichzusetzen, das leuchtet mir nicht ein.

Integration ist eine Bringschuld, so wird es immer öfter formuliert und das ist auch völlig richtig, solange das Erbringen dieser "Schuld" überhaupt ermöglicht wird. Was da in der Vergangenheit an Fehlern gemacht wurde, wird seit Jahren durch neue Fehler vergeblich zu reparieren versucht. Hier wirkt immer noch das wohl dunkelste Kapitel deutscher Geschichte in unseliger Weise nach. Und das nicht nur bezüglich der Integration, sondern auch bezüglich der Rolle Deutschlands in Europa. Der Versuch, es allen recht zu machen, bewirkt eine Unsicherheit im politischen Handeln, die keine klare Linie erkennen läßt.

Das Ende der Meinungsfreiheit ist denn auch wohl dem Umstand geschuldet, daß Vorverurteilungen überhaupt nicht mehr hinterfragt werden. Zu schnell und zu oberflächlich reagieren Netz und Medien auf alles, was Aufmerksamkeit zu erregen verspricht, nicht ohne die Informationen im eigenen Sinne zu filtern. Insbesondere die permanente Konfrontation mit "Einzelfällen" und die dadurch gesteuerte Meinungsbildung versperrt zunehmend den Blick auf das große Ganze, das Zerfasern der Meinungen vereinfacht die Manipulation ungemein. Die Relativierung von Grundüberzeugungen und Werten ist in vollem Gange. Tote werden dabei nicht mehr gezählt. Auch hier ist keine klare Linie mehr erkennbar. Es scheint mir, als sei der Neoliberalismus der letzten Jahrzehnte ein nicht zu unterschätzender Faktor in dieser Entwicklung, der Opportunismus dagegen als reine Notwehr der Individuen zu verstehen. Neoliberalismus ist das Ergebnis des Sieges des Kapitals über die Politik, über die Demokratie. Neoliberalismus und das Ende der Solidarität sind untrennbar miteinander verbunden.

Beruhigend ist, daß es durchaus noch Menschen gibt, die versuchen, die Entwicklung zu hinterfragen und zu verstehen. Beängstigend aber ist, daß diese es zunehmend vermeiden, ihre Stimme zu erheben. Daraus spricht eine gewisse Resignation als Folge der Frustration, kaum noch einen Einfluß auf die Entwicklung zu haben, als Einzelne/r gar vogelfrei zu sein. Die Nichtwähler zählen zu einem Teil sicherlich ebenso dazu wie Journalisten, Politiker und wahre Eliten aus der Gesellschaft. Manche halten die neue Parteienvielfalt ja auch für ein Zeichen von lebendiger Demokratie, mir scheint es eher das Gegenteil zu bedeuten. Denn es ist ein Beleg für das Zerbröseln der Gesellschaft in Parallelgesellschaften, deren Interessen und Überzeugungen nicht mehr mehrheitsfähig sind, deren Chancen auf Umsetzung von Minderheitsinteressen dadurch aber deutlich gestiegen sind.

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Still und leise
wird in NRW gerade die Verfassung geändert. Auch etwas, was bei all den wichtigen Themen um das amerikanische Altersheim, Flüchtlinge und Feminismus untergeht.

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD16/13041&quelle=alle

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Hübsch. Grad gelesen. Nur nix problematisches gefunden?

Gruss,
Thorsten Haupts

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Auf den ersten Blick nicht, geht ja nur um die Besetzung des Landesverfassungsgerichts, die Neuregelung der Abgeordnetenbezüge und eine unbedeutende Formulierungsänderung.

Letzteres paßt ja hier ein wenig, wenn aus "für das Volk" nun "für das Land" wird. Wo es hier doch um den "Staat" geht. Wenn zwischen Volk und Staat kein Unterschied gemacht werden muß, wozu dann die Änderung?

Vielleicht hat man sich ja einfach nichts dabei gedacht?

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Ich hab gesehen, worum es geht. Nur ist mir eben dabei nichts aufgefallen, was schlechter wäre, als das, was geändert werden soll.

Die Streichung von "Volk" ist ziemlich konsequent Zeitgeist. Im kultur- und sozialwissenschaftlichen Milieu ist "Volk" seit Jahrzehnten negativ besetzt.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Nun, man hätte ja auch Bürger oder Einwohner oder etwas ähnliches schreiben können. Aber Land?

Für mich ist das Ausdruck elitärer Arroganz und Ignoranz derer, die denken, daß nur sie wissen, was gut für das Land ist, unabhängig von dem, was gut für die Gesellschaft als Ganzes ist. Da stellt sich mir eben nicht nur die Frage nach dem Wesen der Demokratie, sondern die Frage, wer mit Land überhaupt gemeint ist.

Immer vorausgesetzt, unsere Abgeordneten haben sich überhaupt etwas dabei gedacht.

Der Begriff des Volkes ist im Grunde doch völlig wertneutral. Es kommt halt immer darauf an, was von wem hinein interpretiert wird. Zeitgeist? Welcher Zeitgeist mag denn dahinterstecken, wenn die "gute Gelegenheit" dazu genutzt wird, das Volk gegen das Land zu tauschen?

Obwohl die, die meine Beiträge kennen, wohl kaum annehmen werden, ich sei völkisch angehaucht, geben mir solche, oberflächlich betrachtet, vermutlich belanglosen Änderungen doch zu denken. Unsere "Eliten" scheinen sich auch verbal immer weiter vom gemeinen Bürger zu distanzieren.

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Wir nennen es Sippe
Der Clan nimmt gern von allen Mitgliedern und gibt denen, die sich clan-konform verhalten. Versuchen Sie einmal, am Rande der Clanstruktur ein einigermaßen selbstbestimmtes Leben zu führen, aber ohne Ihren finanziellen Hintergrund. Die Sanktionen mögen von Landstrich zu Landstrich variieren, sicher ist jedoch, dass abweichendes Verhalten sanktioniert wird. Clanstrukturen begünstigen immer nur einen Teil des Clans, und man kann sie, anders als staatliche Strukturen, nicht einmal kontrollieren. (Das sage ich als Person, die derzeit gerade einmal von Clanstrukturen profitiert. In Nordhessen nennen wir Clans jedoch eher "Sippen", und die Sippen sind häufig matrilinear organisiert, was wieder einmal zeigt, dass Frauen nicht grundsätzlich humaner sind als Männer. Letzteres sage ich als Feministin.) Abgesehen davon stimme ich mit Ihnen insofern überein, als ich es ebenfalls für wichtig halte, sich auch mit dem politischen Gegner verständigen zu können, was noch nichts mit Querfront zu tun hat (wie ein ebenfalls beliebter Vorwurf lautet). Bei der Verständigung mit dem Gegner würde ich allerdings für AfDler eine Ausnahme machen. Diese und ähnliche Gruppierungen halte ich nach wie vor für indiskutabel.

(Was das Anhängen betrifft: ein Angriff über die Sexualität war schon immer der einfachste Weg. Ich wünsche bessere Zeiten.)

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