: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 30. Juli 2013

Auf dem Dach und innen drinnen

Für glühend heisse Tage wie heute, wenn man ohnehin mit dem Arm nicht viel machen kann und die Pflaster nicht gerade neckisch aussehen - meine sind eigentlich für grössere Operationen, der Arzt im Haus ersetzt die Apotheke im Ort - für solche Tage also kann ich nur empfehlen, Jean Gionos Husar auf dem Dach noch einmal zu lesen. Da fühlt man sich nämlich gleich erheblich besser, und die Frau bekommt er am Ende auch nicht ab. Ich mag diesen Roman und die Stimmung der Seuche in der flirrenden Hitze sehr, und tue das, was ich in Italien gelernt habe: Drinnen bleiben. und nach draussen nur mit Hut.



Das sind dann übrigens auch die Tage, da ich doch ganz gerne Vorhänge hätte. Es wäre wunderbar, wenn man die je nach Wetter hinmachen und entfernen könnte, und zwar so, dass es auch stilistisch passt - und das ist leider nicht möglich. Der grosse Raum jedoch kommt langsam an seine Grenzen und muss ohnehin einmal neu gemacht werden, denn mit den Farben bin ich von Anfang an nicht ganz zufrieden. Dann hänge ich vielleicht auch die grossen Kerzenhalter um und die kleinen Kerzenhalter weg - man muss ehrlich sein und zugeben, dass hier dann immer noch, Moment - 20 andere Kerzen sind, und würde man die alle nutzen, wäre es nach ein paar Stunden doch recht warm. Und sauerstoffarm. 2 mehr oder weniger spielen da keine Rolle.



Unabhängig davon habe ich dieses Jahr vor, der Sonne im Herbst nachzureisen - Ferragosto ist ja nicht mehr sonderlich weit weg, dann arbeiten die Italiener wieder, soweit sie noch Arbeit haben oder nicht hoffentlich bald, wie der Berlusconi, im Gefängnis sitzen.Auch die Hälfte der Deutschen ist dann schon wieder weg. Irgendwas mit alten Autos, Ravenna, Tivoli, und Toskana kommt später und noch später Meran, aber davor wird es auch Gelegenheiten geben, Wildlederschuhe zu tragen und zu beweisen, dass nicht alle Deutschen dem Fluch der Sportsandale anheim gefallen sind.Und ausserdem ist mir, als ich zufälligerweise an dem Laden vorbei gekommen bin, eingefallen, dass ich nur zwei Paar Wildlederschuhe habe (zum schnüren, andere habe ich, äh, mehr) (und dass ich welche vergessen habe, nämlich drei Paar am Tegernsee und nochmal drei Paar hier, liegt an der Ordnung, die ich im Moment halte und ich krame doch nicht jeden Tag die Schuhkommode Modell Imelda durch, bei der Hitze).



Und wenn dann der Giono gelesen ist, dann geht es damit noch einmal nach draussen in die letzten Tagesstunden. Ratschen. Hören, wie es den anderen so ergeht. Alles ist erstarrt, die üblichen Gespräche über wer mit wem sind erstorben, denn bei der Hitze sind warme Körper nicht wirklich gewünscht. Nächste Woche ist es hier mit der Schule vorbei, dann wird es ruhiger in der Stadt, und es lässt sich angenehmer dämmern.

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Sonntag, 28. Juli 2013

Grosstat des Tages

Sehen, dass die FAZ eine Reihe mit Beiträgen zum Thema "Arbeiten in der Hitze" hat, geschrieben von den Kulturkorrespondenten. Prima! Da drängle ich mich natürlich sofort rein, weil ich einerseits em See entsetzlich faul war, ohnehin nicht weiss, was Arbeiten bedeutet, und es am Tegernsee gar nicht heiss war. Ich schlage also noch, was es mit dieser ominösen "Arbeit" auf sich hat, und versuche das auch mal. Ich schmiere also nicht nur runter, as ich sonst tue, ich schreibe ernsthaft und fast ein wenig seriös. Ja ich denke sogar nach. Und lese durcj, damit die Satzstellung stimmt. Draussen scheint die Sonne, drinnen entstehen 7500 Zeichen, wie im Rausch. Vielleicht leide ich ja auch an einer Überdosis Faulheit aus den letzten Wochen.



Dann bin ich fertig und male mir aus, was ich mit den zusätzlichen Einnahmen vielleicht so alles anstellen werde. Dazu muss man wissen, dass ich exakt so viel arbeite, wie es mir sinnvoll erscheint. Ist die Existenz mit zweieinhalb Wohnsitzen, Auto, einem Barockportrait im Monat und Nahrung vom Wochenmarkt gesichert, werde ich nämlich nur dann nicht träge, wenn ich meine, jetzt noch ein Rennrad zu benötigen. Übrigens ist das auch der Grund, warum ich mir mit dem Verkaufen von Rädern so schwer tue: Weil ich dann nämlich nur schneller faul werden würde. So gesehen ist behalten auch fleissig sein.

Das klingt unlogisch, aber es ist noch gar nichts im Verhältnis zu meiner Überlegung, dass doch am kommenden Wochenende Flohmarkt in Pfaffenhofen ist und das Geld für Printarbeit eine prima Ergänzung wäre, um es bei den Franzosen so richtig krachen zu lassen. Lüster habe ich zum Beispiel seit 5 Monaten mehr keinen gekauft. Und Porzellan aus Sevres wäre auch mal nett. Das erfreut, und so mache ich mein Glück perfekt mit einem Stück Torte von der Konditorei, wo mein Blick dann auf das Datum der Zeitung fällt. 28. Juli. Und wenn am vierten Sonntag im Monat der Termin in Pfaffenhofen ist, dann sind das noch genau - 0 Wochen.

Gut, mit meinem Arm hätte ich ohnehin nicht Beute schleppe können -

willst Du schwerste Marmorprünke tragen
sollten aus Schultern mehr als Strünke ragen

aber das Wetter zeitigt doch auch langsam bei mir erste Folgen. Arbeiten geht noch. Denken eher nicht.

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Samstag, 27. Juli 2013

In Ausschnitte starren

Ich habe ein Faible für die Entwürfe von George Hepplewhite. Dessen Verdienst ist es, mit hohen Pfeilerfüssen eine Alternative zu den geschwungenen, gequetschten Beinen gefunden zu haben, die für das Werk des etwas früheren Thomas Chippendale typisch sind. Kontinental gesprochen steht steht Hepplewhite für Louis Seize/Klassizismus und Chippendale für Louis Quinze/Rokoko. Auch damals waren Möbel der Mode unterworfen, und der Umstand, dass Chippendale in Auktionen so viel teurer als Hepplewhite ist, liegt auch ein wenig daran, dass trotz der enorm umfangreichen Produktion in Chippendales Fabrik über die Zeitläufe mehr verloren ging. Hepplewhite geht mit seinen schlichten Formen eigentlich immer, Chippendale dagegen verlangt nach passender Ergänzung.



So oder so ist es heute jedoch nicht einfach möglich, in ein Geschäft zu gehen und zu sagen: Bitte westindisches Mahagoni, runde Intarsien und runde Kranzbeschläge, Pfeilerfüsse und das alles bitt'schön, wenn schon nicht von 1770, dann wenigstens als gute Kopie des 19. Jahrhunderts. So etwas muss man sich heute langsam zusammenkaufen, und man darf nie warten, bis man es braucht: Dann nämlich findet es man nicht.

Einen Sekretär oder echten Schreibtisch habe ich seit Jahren nicht mehr gebraucht. Fragte mich jemand, wo ich arbeitete, sah ich ihn verständnislos an und sagte: Arbeiten? Auch so, ja, da liege ich auf dem Sofa, dann tippe ich schnell was in den Rechner, aber so richtig arbeiten, über Stunden, nein, das tue ich nicht, dazu brauche ich auch keinen Schreibtisch.

Das war, wie leider ziemlich oft in meinem Leben, nur ein Drittel Wahrheit, denn zudem ist das Schreiben auf dem Sofa in zusammengekrümmter Haltung nur so mittelbequem, und wie jeder andere Mensch muss ich mich auch bei meiner Arbeit hin und wieder quälen, bis daraus ein guter Text entsteht. Man kann nicht immer kreativ sein. Man muss auch etwas erleben. Eigentlich arbeite ich immer, nur ist es keine Arbeit, die man, wie ein verkommener Medienrunterschreiber oder Postprifaqschist, allein am Rechner machen kann.



Insofern sind das Fehlen eines echten Arbeitsplatzes in den repräsentativen Räumen und der lächerlich kleine Schreibtisch im Schlafzimmer auch stets ein guter Grund gewesen, nicht immer vor dem Rechner zu sitzen. Das würde mein Rücken auf Dauer nicht mitmachen.Nun aber macht mein Arm diese spezielle Haltung überhaupt nicht mehr mit, denn irgendwie ist es mir beim unfreiwilligen Abgang in die Bergbotanik gelungen, ihn so zu verzerren, dass er weiterhin funktioniert, wenn ich auf dem Rad sitze, und er zwischen Lenker und Oberkörper verspannt ist. Beim Schreiben jedoch, das an dieser Misere vollkommen unschuldig ist, macht sich das Fehlen einer Auflage schnell in der Schulter bemerkbar. Ich kann den Arm nicht abgewinkelt stundenlang hoch halten.

Und weil es auf die Frage "Zum Arzt oder eunen Sekretär beschaffen" nur eine einzige richtige Antwort geben kann, und weil nun einfach auf die Schnelle kein Hepplewhitesekretär verfügbar ist, und auch keiner im Bestand war, musste ich notgedrungen auf Chippendale zurückgreifen. Die Beine, die Ornamente, das zu lebhafte Furnier: Alles passt zum Rokoko, aber weniger zu meiner Hepplewhite-Einrichtung. Da hilft es auch nicht, dass das gute Stück nun auch schon wieder etwas älter ist.

Damit das nicht zu sehr ins Auge sticht, habe ich darüber zu maximalen Ablenkungsmassnahmen gegriffen. Bei solchen freizügigen Bildern, nehme ich an, schaut keiner zu genau auf die Füsse des Sekretärs, sondern dahin, wohin man eben instinktiv schaut.



Andere hängen sich Postkarten über den Schreibtisch, oder ihre Überraschungseierfigurensammlung, oder Plakate von Veranstaltungen, bei denen sie teilgenommen haben; ich schaue mir halt gerne Ftauen an. Mein Rechner ist klein genug für die winzige Schreibfläche, die Handauflage ist bequem, und wenn die ungewohnte Sitzhaltung auf Dauer zu anstrengend wird, werfe ich mich unter andere Frauen auf ein Sofa: Es sind ja genug Sofas und Frauen bei mir daheim. Daran kann man sich noch schneller als an Chippendalebeine gewöhnen.

Ehrlich möchte ich sagen, dass mir die Wohnung ohne erkennbaren Arbeitsplatz erheblich besser gefallen hat, das schien alles so unernst und frei von Plackerei. Aber das sind eben so die Kompromisse, die man mit der Realität shliessen muss; es dient zwar weniger hehren Zielen denn vielmehr der Unwahrheitsfindung in meinen ethisch fragwürdigen Texten, aber auch meinem Arm und meinem Einkommen, damit das nicht die letzten Brüste sind, die ich begaffe.

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Mittwoch, 24. Juli 2013

Es ist nur Blut, es tut nicht lange weh

Und eigentlich fällt mir zum himmelschreienden Unrecht des Falles Gustl Mollath auch wirklich nichts mehr ein ausser dass ich nicht in Regensburg vor Gericht stehen möchte. Unfassbar. Bitte, wenn Ihr in Bayern seid und demonstriert wird: Geht da hin. Dass es noch geht, unterscheidet uns von Russland. Jetzt bekommt jetzt die grosskotzige CSU die Quittung von den Juristen, die sie im Untersuchungsausschuss hat davonkommen lassen, weil die sich mit ihrer unerträglichen Art bestätigt fühlen: Im Gefängnis sollten andere sitzen für diesen Justizskandal.

Zurück zum Blut - natürlich tut es weh, wenn es wtwas mehr kostet, aber dann hat man trotzdem sehr lang Freude daran, die Erben werden es dereinst nicht wegwerfen. Solche Freuden rosten nicht und Konflikte bleiben dann den anderen Objekten der Begierde überlassen:



Die Geschichte dahinter ist nicht ganz so schön und dreht sich um einen italienischen Sammler, der in guten Zeiten viel erwarb und nicht schlechten Zeiten der Steuerkontrolle von den Kosten für die Restaurierung überrascht wurde, weshalb meine Wohnung jetzt wieder nach Firnis riecht. Ich mag das sehr, das ist der süssliche Geruch der gemalten Sünden, die man sich leistet, aber mir ist auch klar, dass man damit nicht jeden Besuch erfreut. Und den Italiener, der sich das sicher anders vorgestellt hat, auch nicht.

Dass ich so verkniffen dreinschaue, liegt übrigens nicht am Preis, den ich längst vergessen habe, sondern an einer Kurve, dem Schotter und der dichten Botanik, die ich nicht durchschlagen habe, weshalb ich dann auch zum Rad hinuntergeklettert und ihm nicht vorgestürzt bin. Der Gesellschaftsfinger tut gerade ein wenig weh, aber so ist das Leben: Geld lässt man für Öl und Blut für den Berg.



Die mehrfach sichtbare Lilie am Kleid verrät, dass es sich hier um eine Angehörige des Bourbonenhofes von Neapel handeln dürfte, und vermutlich war es einmal eine Serie der Sinne; hier also der Geruch.Man hat das ja gern gemacht in jenen Zeiten, die Lautenspielerin war das Gehör, die Gierige der Geschmack, die Üppige der Tastsinn, die Schönste für das Sehen und die Aufgedonnertste für den Geruch. Wer weiss, was mit den anderen vieren passiert ist, in den 250 Jahren, die vergangen sind. Aber sie ist da und ich bin in diesen Schlafzimmerblick ziemlich verliebt, muss ich sagen. Auch wenn das sonst niemand verstehen wird.

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Sonntag, 14. Juli 2013

Alternativen suchen, finden und ausnutzen

Angestachelt und aufgewühlt vom gestrigen Erfolg und schon wieder teilweise der Neuerwerbungen beraubt, hat sich dann gezeigt, dass in Hausham ein weiterer Markt ist und weil da sowieso tout München im Anmarsch an den See war, lag die Frage und Antwort nah, ob ich nicht nochmal mein Glück versuchen will. Hausham ist ja das kleine, schmutzige Geheimnis der Region und vielleicht nicht gar so ausgeräubert.





Meinen privaten Grundstock für Tischdecken habe ich in den 90ern gelegt, als ich eine verschlossene Biedermeierkommode mit Inhalt kaufte, und so etwas würde ich gern noch einmal finden. Aber wie es so oft ist: Wo sich gestern noch Tischdecken stapelten,war nun nur noch ein Stickrahmen als Reminszenz, und so ein Rad könnte ich ja schon brauchen - aber nicht hier, sondern an der Donau und das wäre dann doch etwas weit, zumal ich mir ja gedacht habe: 12 Kilometer. Das fährst Du mit dem Rad und dem Rucksack. Da passt dann nur Fayence hinein, die dann aber - 28 Grad Temperatur und 6% Steigung, Voralpenland Baby - auch nicht ganz leicht waren.





Fairerweise muss man zugeben können, dass ich solche Gefässe mindestens so brauche, wie Tischdecken, naämlich gar nicht, aber eines ist immerhin ein Sieb und daher wirklich nützlich, und das andere gab es dann im Paket günstig dazu, und so kommt das, und ausserdem passt es wiederum zu den Tischdcken, womit ein famoser Zirkelschluss formschön getätigt ist. Plastiksiebe wären leichter, unzerbrechlich, praktisch und deshalb habe ich ja auch keine. Plastik sieht bei mir dagegen so aus:





Ich habe dann dort oben Dutzende anregender Bilder vom See gemacht, und man kann sich auch gut vorstellen, wie das zusammen mit dem Gras und den Fayencen aussehen mag und, das passt auch zu diesem allenfalls teilerfolgreichen Tag, ich hatte viel Zeit, darüber nachzudenken. Weil sich in etwa an jenem Orte auch der Schuh auflöste und die Sohle frei in der Luft hing. Da setzt man sich dann anstelle einer Radtour erst mal nieder und überlegt, ob man nicht doch besser ins Wasser gehen soll, bei solchen Fingerzeigen des Schicksals.





Und dann wird es Abend. Und dann Nacht. Und man überlegt sich so, ob man wieder heimfährt, oder antruft, ob man nochmal eine Woche Aufschub bekommt. Wie sich dann zeigt, braucht man mich erst gar nicht. Na dann, bleibe ich eben hier und mache mein jährliches Bad im Tegernsee. Einmal im Jahr wage ich das. Schön sieht er aus, nur bin ich halt kein Schwimmer.

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Samstag, 13. Juli 2013

Blumensprachen

Man kennt das, man will nur schnell mal zum Bäcker und von da aus weiter an den See, denn was wäre das für ein Tag, hätte man den See nicht gesehen. Es gibt von der Bäckerei zwei Wege zum See, aber beide führen am Parkplatz vorbei und damit in das Elend, denn auf dem Parkplatz ist, ohne dass ich daran gedacht hätte, der Markt zur Verbreitung alpiner Lebensweise von denen, die sie nicht mehr brauchen an jene, die sie wollen. Nach dem Tode des Bayern nämlich wandern die Lederhosen nicht in der Altkleidersammlung, sondern bei den Händlern und von da aus geht es weiter zu Zugereisten, die irgendwie glauben, man hätte so etwas in der Stadt getragen.





Indes stirbt der Bayer nicht allein, es stirbt auch die Bayerin und zwar, ohne dass sie die Aussteuer jemals wirklich verwendet hätte, die ihr die eigene Familie in all den langen Wintermonaten gestickt hat. Und da, in den Kisten dieser Nachlässe, wo die Tischdeken noch so gestapelt sind, wie die vor 60, 70 Jahren in den Schrank geschlichtet wurden, wird es dann auch für denjenigen spannend, der in aller Unschuld zum See geht, und gar nicht mir grösseren Anschaffungen geplant hat. Aber sie passen halt so gut hierher, sie ergänzen sich mit dem Landleben, wie man später am Tag in Tegernsee bewundern darf.





Erwartungsgemäss herrscht daheim natürlich zuerst blanke und rigorose Ablehnung - nicht schon wieder! - gefolgt von erwachendem Interesse - schön gehäkelt - und von da aus geht es über Anerkennung - das ist aber gutes Leinen - bishin zur schon erwarteten Enteignung - die könnte ich gut brauchen. Ich brauche nur drei oder vier, und weil ich das alles schon nach vielen Jahren der üblichen Reaktionen vorhersagen kann, habe ich gleich sechs gekauft und auf den Berg geschleppt. So sind dann alle zufrieden, und es geht weiter mit dem Sommertag in den üblichen Bahnen.





Zu jenen nämlich, die es mit den Blumen übertreiben. So eine bestickte Decke ist ja nett und wirkt im Allgemeinen nicht übermässig pompös, selbst wenn man die Handarbeit heute kaum mehr bezahlen könnte, falls man denn eine Frau fände, die das noch kann. Was aber viele nicht daran hindert, für Blumen, sei es nun zur Deko des Garten oder den kommenden Unheils, nochmal erheblich mehr auszugeben.Ich glaube ja nicht, dass heute mehr geheiratet wird; es wird nur mehr auf besondere "Locations" geachtet, und das kriegt man hier besonders am Wochenende voll ab.





Vermutlich wäre mir so ein Auftrieb enorm peinlich, schliesslich ginge es um einen Bund für das Leben, während mir das alles eher wie das Vorspielen von Erwartungshaltungen erscheint, deren Erfüllung in den meisten Fällen doch eher schwierig sein dürfte. Zumal das beliebte Nachspielen der im Übrugen sehr spiessigen und reaktionären Vergangenheit ganz brutal auf die Realitäten gestossen wird, wenn der Alltag einkehrt, und nicht alles so wird, wie man sich das gedacht hat; man mache sich keine Illusionen, früher hat man einen Apfelbaum und einen Birnbaum gepflanzt, die zusammen wachsen und heute nimmt man eben schnell welkende Blumen.





Aussteuer gibt es bei dem dabei getätigten Aufwand natürlich auch nicht mehr, weshalb es besser ist, das jetzt zu kaufen und zu behalten. Für ein paar Jahrzehnte wird es schon noch reichen, und vermutlich wird auch die ein oder andere daran erzählen, dass es doch nicht so gut gegangen ist, und dann bekommt sie Tee und Kuchen und die Gewissheit, dass Freundschaften machnmal besser als Ehen halten, und man heute beser nicht für alle Zeiten planen sollte, sondern nur so lange, wie es dauert, dass das Tischtuch den Besitzer wechselt. Man kann das Beste daraus machen, und generell auf Gütertrennung achten.

Blumendecken und ewige Beziehungen, das passt irgendwie nicht mehr in das Anspruchsdenken.

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Samstag, 29. Juni 2013

Dinge, die man in Oberschleissheim lernt

1. Man kann nie zu viele Bilder haben.



2. Der Kunsthandel war schon immer etwas für Exzentriker und Masslose.



3. Gold geht imner und passt zu allem, solange es nur pompös genug ist.



4. Behauptungen, bei mir sähe es wie im Museum aus, sind in Relation dazu stark übertrieben.



Auch nach der nächsten Umhängung, für die ich mir im Schloss den Mut geholt habe.

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Sonntag, 23. Juni 2013

Transalpin

Lange Jahre ist es so gewesen, dass sich der neu entstehende Wohlstand Italiens negativ auf die Preise für Antiquitäten in Deutschland ausgewirkt hat, wenn man kaufen wollte: Einerseits war da einfach viel Schwarzgeld, das eine neue Heimat suchte und nördlich der Alpen gefunden hat, und dann war da die Einwicklung einer vermögenden Mittelschicht in einem Land, die dergleichen jenseits der norditalienischen Städte kaum kannte. Die Italiener als Hausbesitzer gibt es in der heutigen Form noch gar nicht so arg lang, da haben Generationen dafür geschuftet, um aus erbärmlichsten Miet-, Pacht- und Ausbeutungszyklen zu entkommen. Mit den Häusern jedoch kam ein gewisser Wohlstand und die Neigung, sich die Geschichte schön zu erfinden. Einerseits entstand so südlich von Verona die grösste Stilmöbelregion der Welt, andererseits wurde Echtes gekauft. wo es viel gab und die Preise niedrig waren. Italiener mögen beispielsweise historistische Möbel, denn das steht für heldenhaftes Risorgimento. und nicht wie bei uns für peinlichen Wilhelminismus.







Nun durchläuft Italien gerade immer noch eine fundamentale Krise bei den Banken, den Staatsfinanzen, in der Politik und der Gesellschaft; das Konsumklima ist abartig schlecht, und es ist wenig überraschend, dass so viele Firmen gerade ausstellen. Deutschland bekommt dadurch Arbeitssuchende an der Spitze und Zuwächse bei der Prostitution und Schwarzarbeit, weil die Südländer mehr und mehr zu einem zweiten Balkan verkommen. Das ist auch kein Gesundungsprozess, der da läuft; die alten Fehler der Kleptokratie werden nahtlos fortgesetzt, es wird nur nicht mehr so laut darüber berichtet, weil bei uns Wahl ist und man davor nicht schon wieder mit jenen Wochenendrettungen aufwarten möchte, die gerade jetzt schlecht ankämen, da man alte Undenkbarkeiten für neue Banksterbetrügereien formschön angepasst hat. Den Menschen hilft das natürlich gar nicht.







Und nein, so leicht mit dem Arbeiten gehen ist es da nicht - noch nicht mal schwarzarbeiten, auch dafür bräuchte man Aufträge und Abnehmer, und es gibt auch dort jede Menge Komkurrenz. Putzen in Deutschland ist unter diesen Rahmenbedingungen des Schreckens für Akademikerinnen oft attraktiver, als ein Anfangsgehalt südlich der Alpen. In dieser sich auflösenden Sozialstruktur gibt es natürlich auch keine Basis für die Erfindung einer Vergangenheit mehr, und auch keinen Platz: Italien rückt zusammen. Und was nicht mehr passt, wird eben zu Geld gemacht. Die Folge ist: Der Warenstrom nach Süden versiegt. Und meine Händler fangen an, gebrauchte Räder nach Deutschland zu verschicken, weil dort die Preise sehr viel besser sind.







Und man sieht auch in Pfaffenhofen plötzlich wieder Händler aus Italien. Es ist nicht gerade die erste Qualität, die sie mitbringen, vieles ist nicht restauriert, es ist verstaubt und beschädigt, wie es nun einmal so ist, im Niedergang. Die grossen Familien müssen noch nichts anderes als manche zu auffällige Yacht verkaufen, aber weiter unten löst man, soweit möglich, den Besitz auf, und weil der Markt im Süden fehlt, kommt das jetzt zu uns: Venezianische Spiegel, Kupfergeschirr, bröckelnde Statuen. Über Ebay, teilweise mit noch sehr optimistischen Preisen, über einreisende Händler oder über deren Partner, die dann aus Italien ein paar Waschkörbe Zeug mitbringen. Alles folgt nur noch dem Geld, nichts erfüllt mehr seinen ursprünglichen Zweck. Man kann gut kaufen. Aber der Preis, den wir in Europa zahlen, ist hoch.

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Sonntag, 16. Juni 2013

Kreislauf nach München

Der See am Sonntag ist nur etwas für Hartgesottene: Dann nämlich kommt auch die BOB an ihre Belastungsgrenzen, und die 12 Plätze für Räder pro Zugwagen sind überbelegt. An jeder Station blockieren sie die Ausstiegswege, und ob sie nun in Gmund oder in Tegernsee aussteigen, spielt keine Rolle: Man muss auf dem Berg vorsichtig sein, denn sie bringen Münchner Manieren in den Wald mit. Und weil sie davor und zwischendrin auch dem Bier zusprechen, ist das mitunter keine schöne Erfahrung. Die Hiesigen, die unter der Woche fahren, sind meist rücksichtsvoll, aber am Wochenende lässt man das Rad besser stehen.







Das mache ich auch und lese. Andrea Camilleri. Unterwegs. In der BOB. Weg vom Tegernsee, nach München. Denn ich München steht ein Rad, das schon lange nicht mehr am Tegernsee, geschweige denn zum Tegernsee gefahren wird; jemand hat die Lust verloren und dessen Bruder verkauft es nun im Internet, Neupreis 630o Mark, damals, 1998 das Beste, was man kaufen konnte, Weltmeisterrad und überhaupt... heute Altaluminium und schon ein Geschäft, würde man allein die Kurbel und die Laufräder verkaufen. Ein Reifen ist sogar noch original. Da wurde nicht viel gefahren. Aber das ändert sich jetzt. Durch mich und eine Idee.







Denn es sind von der Donnersberger- bis zur Mangfallbrücke allein schon 55 Kilometer und danach ist es dann so spät, dass ich auch noch auf den dann vereinsamten und münchnerfreien Berg kann, was am Ende auf 70 Kilometer und eine Steigleistung von 431 auf 1261 Höhenmeter hinausläuft. Ziemlich genau das, was ich in Studienzeiten mit Gepäck auf dem Rennrad nach Hause gefahren bin. Nur geht es diesmal über von Müttern mit Doppelkindanhängern verseuchte Isarhochuferwege, vorbei an überfüllten Schwaigen und dem, was Münchner für ein akzeptables Freizeitangebot halten. Die schlimmsten Kilometer sind immer die ersten 10, bis dieses München vorbei ist. Ein paar Tage später wird es hier am Strand eine Massenschlägerei geben, aber heute ist es zu heiss. Es ist nicht ganz einfach, aber wenn es wieder geht, dann geht es auch noch wie früher.







Was ich wirklich nicht an dieser Strecke mag - obwohl ich sie allen Münchnern, die sonst mit der BOB am Tegernsee einfallen, wärmstens empfehlen würde - ist die Art, wie sich die Schotterebene erhöht. Man sieht das kaum, aber man fühlt es beim Treten. Man ist nie so schnell, wie man in der Ebene sein könnte, aber die 350 Höhenmeter nach Gmund müssen irgendwo sein. Sie sind überall, in all den Schlafdörfern hinaus bis zur Landkreisgrenze, wo sie dann in eine leichte Hügellandschaft übergehen. Was habe ich nicht alles dabei! Kamera, normales Gewand und Schuhe, Buch, Werkzeug - einen Sattel habe ich daheim gelassen, und jetzt erfahre ich wieder, dass ich auf den elenden Fizikdingern nicht lang ohne Probleme sitzen kann. Das ist aber auch schon das einzige Problem. Es läuft. Es läuft prima. Trotz der abartigen Hitze, trotz des Verkehrs und des Umstandes, dass mehr Wasser besser gewesen wäre.







Andere gehen schon wieder, als ich dann ankomme. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre das eine wirklich gut ausgebaute Radler"autobahn" von München an den Tegernsee, die das alles leichter und weniger verkehrsträchtig machen würde, denn das Tegernseewochenendelend bekommt man auch auf der Landstrasse voll ab. Auf dem Rennrad könnte man ausweichen, auf dem Bergrad dagegen, mit dem Wunsch, auch noch die Neureuth zu packen, muss man zu oft auf den Asphalt zusammen mit reichlich unfreundlichen Autos im Freizeitstress. Aber, ich komme an, es geht, auch der Berg geht dann noch, und das Gefühl, dass jeder etwas Teures kaufen kann. Aber das Gute zu erspähen, zu ergreifen und dann noch artgerecht zu erringen, das macht einfach mehr Spass. Sogar an einem Wochenende, wo alle Münchner ausnahmenweise mal nicht arbeiten und die Region reich machen müssen, um sich dann wieder extrem teure Räder zu kaufen, die bald nichts mehr wert sind.

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Freitag, 14. Juni 2013

Bedient

Es gab (und gibt sie, weil ein paar kochunfähige Leute noch immer nicht am Hunger krepiert sind, leider) in Berlin ein paar Restaurants, die sich damit gross tun, dass man die Gäste nicht gerade mit Wertschätzung behandelt. Restaurants, in denen man Politiker, Lobbyisten und Kreativrektalsauger trifft. Nun ist Berlin nicht gerade die Welthauptstadt der Freundlichkeit, aber wenn man mir sagt, das muss so sein, auch in Restaurants, die sich irgendwie alpenräumlich geben, dann muss ich leider sagen: Nein. Blöd von zumeist inkompetenten Leuten angemacht werden gehört nicht zu meinen Vorstellungen eines schönen Abends, da drehe ich die Hand zwischen Gast- und Schauspielstätte nicht um. Kurz, ich gehe gern essen und nicht hegemannen.



In drei Minuten bekomme ich beim Lengmüller oder Wagner (dem Konditor natürlich, nicht dem Drecksnazi aus Bayreuth) mehr freundliche Aufmerksamkeit als in Berlin an einem Abend, und das ist dann eben der Weg des Geldes, und wenn man mal wieder mault, dass einer dieser Berliner Läden untergeht: Mei. Die Kunst, mit dem Gast angemessen umzugehen, ist nun mal die Grundlage des wirtschaftlichen Überlebens, wenn man nur eine Abspeise und nicht die Deutsche Kriminellenbank oder jenes Institut ist, das vom Wegsperren des Aufdeckers ihrer Skandale profitiert. Mein Geld geht dorthin, wo auf meine ausgeprägte Freundlichkeit ebenso geantwortet wird.

Natürlich wird man im Alter milder und vergisst manche Zurücksetzung, was einen anfällig für neue Reinfälle macht. Man entfernt sich von schlechten Erdfahrungen und hört dann hin und wieder, dass es doch nicht so schlimm ist, und ich etwa hatte vor nicht langer Zeit einige Kontakte mit Leuten, die sich um alte Segelboote kümmern. Zum Beispiel hat mein Rodelhändler hier am See im Sommer die Wartung von Schiffen übernommen. Man redet halt so und sagt sich, dass all die Zurücksetzung und Arroganz der Segler aus den 80er Jahren, als ihnen das Windsurfen das Wasser abgrub, vielleicht vorbei ist. Es gab da mal einen Fall, dass bei uns ein Segelboot gekentert ist - sofort waren ein halbes Dutzend Surfer da, und haben das Schiff aufgerichtet. Man sollte meinen, dass das dem Verhältnis gut tut, aber eine halbe Stunde später fuhr am gleichen kleinen See ein Segler einen Surfer über den Haufen. Und wehe, man kam beim Halsen den verankerten Booten zu nahe! Sofort begann das Geschrei. Es wird unter Wellenreitern viel über das miese Benehmen der Locals gesprochen, die andere buchstäblich von der Welle prügeln; genauso mies habe ich die Segler in ferner, verwaschener Erinnerung, in Verbimdung mit einem ökonomischen Überlegenheitsgefühl. Das in meinem Fall nicht unbedingt angebracht war, aber so ein Boot ist gross und so ein Brett ist winzig. Aber schnell.



Das ist lang vorbei, und weil am Tegernsee so wenig Wind ist, habe ich natürlich Informationen eingezogen, bis ich die Segelsache aus rein logistischen Gründen begraben habe. Hätte ich es nur wirklich getan. So richtig. Also: Nicht kaufen und auch nicht den Mund aufmachen. Nicht am Strand plauschen. Weil:

Eine 470er? Was willst Du mit der Nussschale.

Hier Mitglied werden? Eventuell schauen wir im Winter mal den Antrag an.

Generell haben wir Interesse, wenn man es schon kann und vielleicht auch Wettkämpfe bestreiten will, für die man scheussliche Pokale bekommt.

Diese Stehpaddler machen den See kaputt.

Probier es doch erst mal als Bootsanteilseigner, da kann man gerade 1/3 kaufen für einen Preis, für den man woanders ein ganzes Boot bekommt. Hiuer, der Jockel, Jockel komm mal her und biete diesem unerfahrenen Idioten etwas an, das ihn richtig gut Geld kostet.

Ja, also danke für die Gespräche, Ihr dummen Snobs, für das Vereinsheim empfehle ich Berliner Gastronomen und für die Jahresverammlung die Regie des Volkstheaters. Der weisse Sport, so scheint es mir, hat sich in den letzten 25 Jahren nicht grundlegend verändert, es sind immer noch die gleichen Parvenüs, bar jeder Grosszügigkeit und mit einem Ton, dass ich mir sage: Das brauche ich nicht in meiner Freizeit, und ich will nicht irgendwo Mitgleid sein, wo man sich nicht mal wehren kann. Ich bin ja auch nicht bei einer Burschenschaft und der einzige beiden Komplexe in meinem Leben, wo leider auch solche miesen, aufgeblasenen Typen rumrennen, kann ich mich wehren und zurückschlagen. Auf dem Rennrad, auf dem Rodel, beim Bergsteigen bin ich allein, aber selbst wenn nicht, geht es da ganz anders zu. Ich habe so eine Arroganz noch nie irgndwo auf einer Hütte erlebt, da ist man zufrieden mit dem, was geht, und macht anderen nicht die Leistung schlecht. Für das, was der Spass kosten würde, bekomme ich ein Jahr lang jeden Tag ein Stück Torte, jeden Monat eine Karte für die Staatsoper und eine komplette, gebrauchte Surfausrüstung.

Und beim nächsten Wind über 3,5 Beaufort schauen wir mal, ob das noch geht wie früher.

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