Fragen, die ich habe

Das ist die Nadel am Penser Joch, und drei Kilometer davor hätte mich mal beinahe ein Raser in den Abgrund des Bergwalds geschoben. Ich habe ein enorm schlechtes Gefühl gehabt, und bin ganz langsam gefahren. Ich habe das gespürt. Ich bin kein Esokrempelgläubiger, aber ich glaube an Instinkte. Es gibt zum Beispiel einen Bergrücken, an dem ich dreimal einen Aufstig abbrechen musste und danach beschlossen habe, ihn nicht mehr zu gehen. Aber obwohl es hier einmal nur um Zentimeter ging, habe ich keine Probleme mit der Strecke. Ich mag das Penser Joch, besonders diese Nordseite.



Und trotz allem sind wir hier so runtergefahren, dass ungefähr hier die Bremsen des sich bedrängt fühlenden Opel stinkend den Geist aufgaben. Da sind viele Flicken im Asphalt, und es sieht recht abenteuerlich aus, wenn im Rückspiegel zwei Rennradler im kurvenreichen Formationsflug angebraust kommen.

Dieses Bild kann man übrigens vom Aito aus so nicht machen, es gibt keine Stellfläche, und man kann hier auch nicht raus. Mit dem Rad geht das. Mit dem Rad geht vieles, wenn man nur will.

Vor allem kann man nachher sagen, dass man auf 2211 Meter Höhe war. Mit dem Rad.

Wer kann das schon von sich sagen?



Die ganzen "Ihr seid viel zu fett"- und "Ihr ernährt euch falsch"- und "Ihr müsst mehr auf eure Gesundheit achten"-Freaks jedenfalls in aller Regel nicht. Es gibt wirklich viel davon, sie heissen Ehefrau und Geschwister, Freunde und irgendwelche dahergelaufenen Deppen, die meinen, sie müssten sich einmischen.

Und die ultimative Antwort, die ich dann gebe, ist:

"Fahr erst mal innerhalb eines Tages mit dem Rad erst auf den Jaufenpass und dann noch auf das Penser Joch. Ich warte dann droben auf Dich und wenn Du noch lebst und noch den Mund für etwas anderes als eine Bestellung von Kasnocken aufbekommst - dann, mein Lieber, höre ich mir das gern nochmal an."

Das wirkt immer, denn beide Pässe sind enorm einschüchternd, wenn man sie kennt und eine unfassbare Bedrohung, wenn man sie nur vom Hörensagen kennt. Ich habe sie ja auch lange Zeit für unbezwingbar gehalten, was sie aber überhaupt nicht sind - sogar ich schaffe das. Trotz Vitamin Marzipan, Fett und Butter, trotz meines Alters und des Umstandes, dass ich nicht der sportlichste Mensch dieser Erde bin. Wenn ich das kann, kann es so gut wie jeder und jeder hat diese Nerver an der Backe. Und gleichzeitig ist das Wissen, so etwas vollbringen zu können, jederzeit, wann immer man Lust hat, das wirklich gute Gefühl mit dem Körper. Zigtausende fahren im Tal, nur wenigen ist es vergönnt, hier anzukommen, und dabei könnte es doch zur inneren Zufriedenheit betragen.



Die das Wichtigste für die Gesundheit und das Leben ist.

Und deshalb frage ich mich, ob man darüber nicht mal schreiben sollte. Wie das ist, wenn man zu den Bezwingern solcher Pässe gehört und von da an alle Kritiker mit einem Satz zum Schweigen bringen kann. Denn so einen Pass, den kann einem keiner mehr nehmen.

Einerseits sollte man wirklich etwas fitter sein. Aber andererseits auch jene abwehren können, denen es nie genug ist und die einen mit all den Bildern und Idealen für immer unter Druck setzen. Dagegen ein im Stil der verfressenen 50er Jahre aufgemachtes Buch für jene, die Torten mögen und das Gefühl, oben anzukommen, ein Buch, das hilft und versteht, statt unter Druck zu setzen, eines, das es gut meint mit den Willigen und nett ist zu denen, die keinem Ideal entsprechen wollen, sondern nur sich selbst und das gern noch etwas länger. Und so nett geschrieben, dass man es auch lesen kann, wenn man lieber unten bleibt, oder denkt - na, für den Anfang tut es auch die Neureuth oder der Weg zum Schliersee.

Ein netter, kleiner, behäbiger Verführer, der viel freundlicher daherkommt als die Freaks oder auch die Warnschüsse, bei denen man nie weiss, ob sie daneben gehen wie damals am Penser Joch dieser Raser, oder vielleicht doch nicht. Das kleinste denkbare Übel ist so eine Passfahrt, denn natürlich bringt sie einen an Grenzen. Aber diese Schmerzen sind nur Schwäche, die den Körper verlässt, und danach gehört man zum 2000er Club.

Cita Mors Ruit, schnell eilt der Tod, sagt der Lateiner, aber auch ihn macht der Pass langsamer, und ganz ehrlich, was ich jetzt zwangsweise sein muss, weil es diesmal offensichtlich und öffentlich ist: Ich war in den letzten Jahren viel zu oft auf sinnlosen Beerdigungen.

Montag, 16. Juni 2014, 18:24, von donalphons | |comment

 
Erlauben Sie mir diesen Text fett zu nennen. Und ziemlich fit.

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Ich fühle mich aber eher schlapp, fürchte ich.

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Schlappmachen gilt nicht. Vor allem nicht mit so einer Brille, Bild unten.

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Ich glaube, ich habe noch nie ein Foto gesehen auf dem der Don lacht :/

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Das kann man ändern.



Aber es war eine halbe Stunde vor der Nachricht.

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... und jetzt ist es ein Lächeln für ihn...
Respekt für die Gipfelankunft!
Bei aller Ermattung, es bleibt wirklich dieses gute Gefühl.

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Respekt, Chapeau, meine Hochachtung.

Was ich wirklich lesend genossen habe: bremsstinkende Opel Astras. Fast bin ich versucht zu sage: Wer kennt sie nicht, die Leute, die von Fahrphysik nichts verstehen, und die dann je nach eigenem Untersatz Hindernisse oder fahrende Pylonen sind…

Respekt!

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Nett :)

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Zu meiner momentanen Grúndtraurigkeit kommt noch eine konkrete hinzu, wenn ich diesen Blogpost lese: denn nie werde ich mit dem Fahrrad dort hinauf kommen. Selbst mein kleines Ziel am Zweitwohnsitz schein in unendlicher Weite!
Spätrömische Dekadenz hat mich fest im Griff!
Daher: Respekt meine Herren!

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Aber wenn du es halb nach oben geschafft hast, ist der Bauch schon auf zwei Drittel der Höhe! Ich kenn das. Dranbleiben!

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Nun ja, erstens wird es um die Möglichkeit einer Untersetzung gehen (den Jaufenpass würde ich mit 34-29 vermutlich auch nur mit Mühe schaffen) und zweitens gibt es ja genug Möglichkeiten, sich ranzufahren.

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Meinen Respekt. Allerdings: Zuletzt musste ich der Beisetzung eines überaus fitten Endvierzigers beiwohnen, den der Herztod ereilt hatte. Beim Joggen.

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Man muss halt auch wissen, wann es wieder gut ist. Aber keiner kennt Ort und Stunde.

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Es gibt wirklich schlechtere Orte, an denen man die WM verbringen kann. Gratulation!

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Am 22 wäre auch die Sella Ronda.

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Die bin ich mal auf Schi gefahren. Herrlich das... WENN Berge, dann Dolomiten. Aber es ist halt so überlaufen.

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Ganz ohne Opels

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nonnenmacher?
Soll das ein Witz sein? Meine Magengeschwüre....

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"...er war ein genialer Überwältiger, und meistens ließ man sich gerne von ihm überwältigen..."
.

"Man" ist wohl so überwältigt gewesen, dass man FS, noch bevor er unter der Erde liegt (?), als Herausgeber auf der Seite 1 entfernt hat. Habe bei so was immer ein komisches Geschmäckle.

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Abwarten ist wohl das Gebot der Stunde. Unsereins ist ja nicht im loop, bleibt also nur Teetrinken. Dazu passend könnten Sie ruhig noch etwas mehr schreiben, werter Don, über die Kraft, die aus den Torten kommt und aus dem Widerstand gegen die Orthorexie.

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@sterngucker: Habe das auf den ersten Blick auch als pietätlos empfunden, aber vielleicht ist es so besser, als ihn nach 5, 10 oder 100 Tagen zu streichen.

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Schirrmacher war keiner, der sich um wertlose Insignien der Macht geschert hätte. Soviel darf ich wohl sagen.

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Etwas seltsam ist das schon. Denn presserechtlich ist der Herausgeber juristisch nicht von Bedeutung. Rudolf Augstein wird im Impressum des Spiegels noch immer als Herausgeber genannt, und der ist seit 2002 tot.

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Das sind die Fragen, die man so oder so beantworten kann. Meiner bescheidenen Meinung nach gehen da bei manchen einfach ein wenig die Emotionen durch, und ich will mich da auch gar nicht ausschliessen, wobei Schirrmacher als direkter Vorgesetzter bei den Stützen und deren Initiator natürlich nochmal eine andere Rolle gespielt hat. Die Zeitung dagegen ist eine andere Sache. Ich würde es so sagen: Das war ganz sicher keine schöne Entscheidung für niemanden, und man sollte da keine Rückschlüsse ziehen.

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@ Don Ferrando

Auch wenn es sich vielleicht anhören mag, als empfehle ich Ihnen eine motorisierte Gehhilfe, aber ganz ernsthaft, ein gutes, stabiles Pedelec (Elektrofahrrad) kann wahre Wunder bewirken. Nicht nur, dass es Spaß macht, was aber durchaus ein Punkt ist, es hilft auch, die verschütt gegangene Kondition zu mobilisieren. Weil ganz ohne eigene Beteiligung fährt so ein Ding ja doch nicht. Der Trainingseffekt ist enorm, die Belastung hingegen reduziert.

Wirklich ein Tipp, sollte das eine oder andere Kilogramm, im Verbund mit allzu ausgeprägter Bewegungsmäßigung, sich als Hemmnis heraus gestellt haben. Ähem,und ich weiß wovon ich spreche...

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@avantgarde: Im Fall vom Spiegel wird es eine spezielle Reverenz an den Gründer sein, ich denke nicht, dass sich daraus für eine FAZ ohne Schirrmacher irgendetwas ableiten lässt.

@dr.dean: Wenn man ohne Zusatzantrieb so gar nicht in die Gänge käme, ist so ein Elektrohobel sicher besser als nichts. Schwägerin bewegt sich mit so einem Ding inzwischen recht regelmäßig. Ob sie nochmal dahin kommt, ohne elektrische Helferlein unterwegs zu sein, schwer zu sagen.

Ansonsten war mein Schwiegervater etwas älter als Don Ferrando, als er mit dem Radfahren anfing, und ersterer hat es auch noch zu Senioren-Triathlon und MTB-Touren in den Alpen gebracht. Das A und O ist eine gewisse Regelmäßigkeit in die Radlerei reinzukriegen.

Als bekennender Flachlandtiroler, der nur im Niederbergischen mühsam Höhenmeter sammeln kann, hatte ich voriges Jahr einige Sorgen gemacht, ob ich mit dem Don so Sachen wie Achenpass, Spitzingseesattel etc. mitfahren kann, ohne vom Sattel zu fallen, und das ging viel besser als gedacht. Ob ich seinen jetzigen Klettereien folgen könnte, weiß ich nicht, vielleicht sieht man da in der zweiten Jahreshälfte klarer.

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first_dr. dean,

ein E-Bike... igittigitt. Ein klein wenig Spaß und Distinktion muss schon noch sein. Dann eher so was (in Deutschland nur bei Eingeweihten bekannt)

http://www.buema.ch/vespa/v5a.htm

Und wer mal, weil wieder mal der Motor streikte, die "Pedalo" ein paar Kilometer per Beinmuskeln (Urform des Hybrid-Antriebs) fahren musste, wird sie nie wieder hergeben wollen. Gleiche Technik: Uralte Velo-Solex (erzielen inzwischen wieder Spitzenpreise).

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@dr.dean
Danke, sehr nett gemeint. Es geht aber nicht darum, diesen Berg irgendwie hochzukommen, sondern ganz alleine mit eigener Kraft. Und der Berg ist nicht nur dieser ganz bestimmte, Sonden auch ein Symbol für so vieles im Leben.
Und da wäre jede elektrische Hilfe Selbsrbetrug, ja geradezu Psychopharmakon.

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traumhaft
zwei traumhafte Pässe, beide habe ich schon mehrere Male mit dem 3er Cabrio bezwungen – ähem ja, aber genau für soetwas ist der 3er gemacht worden – und freilich ohne Radfahrer zu gefährden. Ich habe ich mir das auch schon seit längerem vorgenommen - Sterzing-Meran mit dem Rad..

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