Gewöhnung

Nach Wochen der Ruhe, ja sogar der Abgeschiedenheit im Tal, in das keine Züge mehr kommen, komme ich nun wieder hinaus, solange es eben geht und der Heuschnupfen sich meldet. Abende, Nächte, Nachmittage bin ich an der Donau oder in München und schlimm ist es nicht, aber auch nicht so, dass ich es dauernd haben müsste. Besonders München und der Umgang der Menschen dort ist gerade etwas - gewöhnungsbedüftig.



Vermutlich merken die das gar nicht, weil das Knappe und Schnelle halt so in den Leuten drin ist. Vermutlich gibt es keine andere Möglichkeit, die Kompexität so eines Gebildes zu organisieren. Was stört, muss weg, was nicht passt, wird umgeformt - solange es nicht dysfunktionale Städte sind, die ihren Aufgaben nicht gerecht werden und beginnen, das Kaputte als Normzustand und das Normale als Luxuszu begreifen begleitet von Verteilungskämpfen. Das gibt es in München nicht, aber der Ton ist mitunter knapp und gar nicht so freundlich. Ich merke das, wenn ich mit meiner langsamen Dorfnettigkeit brutal abgesägt werde:

Guten Tag - keine Reaktion - , entschuldigen Sie wenn ich störe - genervte Blicke treffen mich - könnten Sie mir bitte sagen - was denn, fragen die Augen ruhelos - wo ich denn Abteilung B

DA DRÜBEN LINKS UND DANN DAS SCHILD LESEN

Ah ja vielen Dank, auf Wiedersehen.

Das sagt man halt so, aber von beiden Seiten wird das eher nicht gewünscht. Schwierig, das alles. Nicht dass ich ein Freund der aufgesetzten Freundlichkeit der Call Center wäre, aber ich weiss, dass es anders geht, besonders, wenn die Auskunft gebende Person dann gleich wieder in ihr Handy schaut und damit verdeutlicht, dass sie, städtisch finanziert, durchaus nicht an Überarbeitung stirbt.



Mein Verdacht ist ja schon länger, dass man reiche Regionen nicht mehr nur am Ausmerzen von Werbung erkennt, sondern auch am Anteil derer, die nicht dauernd in ihre Handys schauen. Wer seinen Mitmenschen verbunden ist muss nicht dauernd connected sein, über diese Dialysegeräte der Kommunikation

Mittwoch, 15. April 2015, 00:53, von donalphons | |comment

 
Darf ich Sie um eine große Fassung des Bildes ganz unten anschnorren? Das gäbe einen sehr schönen Desktop-Hintergrund.

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Guten Tag?
Seit wann sagt man in München nicht mehr Krüß Kott? (Selbst die kaufkräftige nahöstliche Kundschaft dürfte nichts dagegen haben.)

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"Dialysegeräte der Kommunikation"
lmfao

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Ich habe dieses Auftreten jahrelang für etwas typisch Bayerisches gehalten, komme aber immer mehr zu der Auffassung, dass es eher auf München beschränkt ist. Was mich interessieren würde: wie empfinden Sie als Auswärtiger (jetzt hätte ich doch fast gesagt: Messfremder) die Frankfurter Umgangsformen?

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Doch eher eine allgemeine Verrohung der Sitten...
nach 15 Jahren Roland Berger etal. ist alles so "durchoptimiert" das wirklich jeder 3 Stellen besetzt und das überfordert die Menschen rigoros wenn man diese mit freundlich gemeinter Langsam- und Höflichkeit k0nfrontiert. Sie sind nur noch genervt und einen Spaltbreit vom burnout entfernt.
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Die Ruppigkeit und kultivierte Unruhe regiert inzwischen in allen größeren Städten; es ist ein negativer Kulturschock wenn man aus dem Ausland kommend allein schon aus der Zollkontrolle tritt und in die überaus gehetzten G'sichter, geschweige auf die gerade moderne Presswurst-Jeans schaut. Ein Grauen und da ist wirklich kein Entrinnen möglich.
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Hier in Irland schauen sich die Leute noch in die Gesichter, man grüßt und hat einen oft ironischen Spruch parat - aber natürlich nicht mehr im ebenso gehetzten Dublin; sondern eben in der countyside. Zum Glück. Ich hoffe das dies noch lange so bleibt.

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Ich hoffe tatsächlich, Sie hätten Recht. Dann liesse sich das nämlich relativ leicht wieder korrigieren. Ich fürchte allerdings eher, dass das Gehetze wirklich selbstgemacht ist. Man hat keine Zeit mehr, weil man keine Zeit mehr haben will ...

Wobei noch zu bestimmen wäre, ob das Problem tatsächlich so virulent ist. Meine persönlichen Erfahrungen sind da insgesamt eher positiv, auch in grossen Städten.

Gruss,
Thorsten Haupts

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