: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 26. Mai 2004

Filbinger, der 68er-Schreck

Nur falls jemand in meiner Alterskohorte glauben sollte, dass die 68er reaktionäre, verkiffte, stinkende nicht übermässig auf Körperpflege achtende Kleingeister des Jeans-Faschismus sind: Stimmt.

Aber die Alternative der alten Nazis, der neuen Rechten und die reaktionären, alkoholabhängigen, stinkenden mit Boss-Produkten auf Körperpflege achtenden Knallchargen in den conservativen Jungunternehmerverbänden mit ihren Wirtschaftsraum-im-Osten-Phantasien sind noch weniger lecker.

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Sonntag, 2. Mai 2004

e-Type

Es gibt zwei mögliche Gründe, warum der Jaguar E-Type trotz seines Namens keine Reliquie der New E-conomy wurde.

Zum einen heisst er im Land der unbegrenzten Vorbildfunktion nicht E-type, sondern XKE, wie jeder weiss, der in seiner Jugend Deadman´s Curve von Jan & Dean gehört hat: "I was cruising in my Stingray late one night, when an XKE pulled up on the right..." Das Lied endet übrigens damit, dass der XKE bei zu hoher Geschwindigkeit aus der Kurve fliegt und zerschellt.

Zum anderen war die New Economy geprägt durch eine totale Geschichtslosigkeit; eine Verweigerung aller historischer Bezüge vor den 90er Jahren, es sei denn, es ging gegen die verhassten 68er. Und deren Inbegriff war nun mal auch der E-Type.



In dem Medienpark, in dem ich manchmal bin, steht ein später E-Type V-12 herum und wartet auf die Restauration. Die grossen Nasen aus den umliegenden Crea-Headquartern, oder dem, was davon nach dem Sturm noch übrig ist, kommen ab und zu vorbei und bewundern die Speichenräder, die eleganten Linien und die lange Motorhaube. Inzwischen wissen sie das Alte wohl zu schätzen.

Aber keiner von denen hat noch das Geld, sich diesen E-Type zu kaufen. Wenn sie Glück haben, kommen sie noch mit der Leasingrate ihrer orangen Barchettas über die Runden.

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Montag, 26. April 2004

Räder rollen für den Frieden

Es sind die letzten ihrer Art. Man hört sie schon von weitem, weil der Motor unrund klingt und brummelt, wie ein alter K-Gruppen-Sack, dem man sagt, dass es vorraussichtlich nichts mehr wird mit der Weltrevolution. Sind sie erst mal vorbei, ist da dieser seltsame Geruch, der wohl mit den seltsamen Schwaden in Zusammenhang steht. So gesehen, hätte es die Lackierung mit den diversen Aktionsort´-Aufschriften gar nicht gebraucht



Dazu läuft Reboot FM. Eine PDS-Altlast schwadroniert von Gegenöffentlichkeit, und von der Notwendigkeit der staatlichen Kunstförderung. Und überhaupt sei die Jugend heute so grauenvoll apolitisch, da muss der Staaat was unternehmen (da muss der Staat die Penunze für all die endgeilen subversiv-politischen Projekte der PDS-Freunde rausrücken, meint sie), um endlich ein anderes Bewusstsein zu schaffen.

Der Tag ist schön. Die Sonne lächelt vom Himmel. Nur der Peace-Bus schnorchelt Gestank in die Atmosphäre, und der Äther hallt wieder vom Gekeife der politisch Bewussten. Bald biegt der Bus ab, und der Moderator sagt, dass Reboot bald abgeschaltet wird.

Das war´s dann mit der Revolution, für´s erste.

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Donnerstag, 22. April 2004

Ideologischer Autofriedhof

Vielleicht waren sie damit in Wackersdorf. Oder, näher, bei den Castortransporten im Wendtland. Das AKW Stade ist auch nicht weit weg.



Aber inzwischen bleiben sie da. Der TÜV ist lange abgelaufen. Ein Reifen ist ziemlich platt.

Und der Strom kommt immer noch aus der Steckdose mit dem AKW dahinter

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Dienstag, 20. April 2004

Er ist wild

Er mag das Wüten der 1200 ccm unter seinem Hintern. Den Wind im Gesicht. Das Risiko durch den dünnen Helm, der klar macht, dass er auf seinem Bock zum Sterben bereit ist. Einmal Rocker, immer Rocker, und das nun schon seit 35 Jahren, im Summer of love. Gut, damals war es noch ein Moped. Aber heute ist es ein echtes Moonster, fett, laut, geil.

Dann klingelt das Handy.



Aber ja doch. Heute Abends, die Hubers kommen, er hat es nicht vergessen. Klar, Pralinen kauft er gleich ein. Wein müsste noch daheim sein. Tschüss Schatzi.

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Dienstag, 6. April 2004

Schimpfwort für die nachgeborenen Hyänen,

die uns Leoparden aus der New Economy mittels Alt-68er Ideologie fressen wollen (danke die Herren Wolf und Lampedusa)

milchkaffeegeschwängerten amzionskirchplatzsitzer.

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Samstag, 3. April 2004

Pflasterstrand

Unter dem Pflaster



unter der Strasse
und der hilflosen, lachhaft kleinen Grünfläche irgendwo zwischen den Betonfesseln der Infrastruktur
und der S-Bahn, die müde Menschen von B nach A bringt und von A nach B, es sei denn, dass sich jemand davorwirft und sich umbringt
und den Klinkerbauten aus einer Zeit, die dachte, dass man die Arkaden darunter braucht, weil diese Stadt wirtschaftlich florieren würde
und den Betonröhren der Kanalisation
und nur 5 Minuten vom wasserdurchdrungenen Plattenbau einstiger DDR-Funktionäre
sowie 3 Minuten von den Punks in ihren versifften Wohnwägen entfernt

der Strand. Viel zu weit weg, auch wenn er da ist.

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Samstag, 27. März 2004

Verloren haben beide

Die Punks unten in den Wägen werden noch geduldet, weil niemand den Platz braucht. Weiter hinten kommt eine Ruine, dann noch eine, eine Brachfläche, und dann erst ein altes Lagerhaus. Die letzten Autonomen des früher berüchtigten schwarzen Blocks stören hier nicht weiter, und die Stadt ist so pleite, dass sie sich noch nicht mal den Polizeieinsatz zur Räumung leisten kann.



Also können sie in ihren kalten Wägen weiterhin von der Autonomie und vom gewaltsamen Umsturz träumen. Niemand wird sie dabei stören, denn der Nachwuchs bleibt aus.

Über ihnen sind die Relikte eines anderen Traumes. Exorbitante Wertsteigerung, hohe Mieten, gute Rendite bei hoher Verlustzuweisung, erzählten die Projektmanager. Die Revolution bei den Immoblilienanlagen, hiess es in den 90ern über Berlin. Leerstand, Kosten, insolvente Fonds, sagt das Plakat.

Zum Überarbeiten der Werbestrategie bleibt viel Zeit, denn Kunden sind, man mag es im Kapitalismus kaum glauben, Mangelware. Und wenn, wollen sie erst mal so mietfrei wohnen wie die letzten verschimmelten Autonomen.

Den Autonomen und den Miethaien fehlt schlichtweg der Markt für die Revolution, an die sie geglaubt haben.

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Freitag, 26. März 2004

Neue deutsche Literathuren

Spitzentitel, 50.000 Startauflage, Amazon Platz etwa 4.000. Tendenz nach 1 Woche schon wieder fallend. Open Mic noch super, Verlag gefunden, Literaturinstitut hat sich gelohnt, nur kauft es keiner, ooopps. Bestsellerautorin, neues Thema eindrücklich wie nie New Economy ganz grosser Erfolg, oder auch nicht, oder so.



Verlässt man die Autobahn Berlin-Leipzig bei Coswig, kommt nach drei Kilometern auf der linken Seite eine Ruinenansammlung. Es hat in einer Lagerhalle aus den 70er Jahren gebrannt; innen ist alles voller Trümmer, die die Hitze zersprengt hat. Unter dem Steinversturz ragen die Federn einer verkohlten Matratze ins Nichts. Hier wird es keinen Sex geben, keinen Spass, nur Leere und Abwesenheit. Niemand braucht das.

Wenn man das gesehen hat, kann man wieder ins Auto steigen und zurück nach Berlin fahren. Auf der Buchmesse gibt es zwar mehr Platz für neudeutsche Tristesse, aber die hat dann weniger Qualität.

Verdünntes Coswig, sozusagen.

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Dienstag, 23. März 2004

Alptraumvision

für Bessermenschen. Wer sowas isst, verrät die Bloggerbewegung und ihre hehren Ziele, mit der sie startete.



Ich war vor ein paar Jahren mal beim Bürgerradio. Da gab es eine echte Hexenjagdstimmung gegen alles, was es wagte, nicht für die Weltrevolution hier, jetzt und heute zu sein. Was immer die Welt nicht als politischen Prozess sah, galt als unwert, sinnlos, Stütze des Schweinesystems. Und besonders böse war der selbstreduplizierende Medienbetrieb. Verwerflich war Genuss in allen Spielarten, solange es nicht die Marx-Lesegruppe war. Hart, musste aber so sein: Die Leute dort waren doch ganz allein gegen diese böse Welt da draussen. Dachten sie.

Und die Weltrevolution konnte nur von ihnen kommen, dem frühpensionierten Elektriker, der immer die Post anderer Leute las, dem Jungrevoluzzer, der eine feste Anstellung beim Staatsfunk wollte, dem Luxusöko in seiner Finca, der aus Spanien Themenvorschläge schickte, und der überidentifizierten Unausgelasteten, die sich so gern als Opfer sah und förmlich danach lechzte, Juden für ihre Weltsicht zu instrumentalisieren.

Geflogen bin ich dort wegen "bildungsbürgerlichem Konservativismus". Ich putzte den Staub der Alt-68er von meinen Kleidern, und machte mich auf ins damals noch junge Internet, wo nicht einer gegen viele, sondern jeder für sich selbst verantwortlich ist. Ich schrieb und schreibe über alles. Es ist mir egal, ob eine Revolution kommt.

Solange sie bloss nicht von Psychos kommt, die in Chips eine Bedrohung für ihr System sehen.

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