Der Unsägliche

Ich lese die New York Times und bin meistens angetan. Nicht immer, aber meistens. Ein paar kulturell bedingte Unterschiede lassen sich nicht bestreiten, und dafür ist es auch ein anderes Land. Multi-kulti halt. Die Times hat sich zudem ein paar mal kräftig verrannt, aber ich lese so eine Parteinahme und überlege dann, wie ich es besser machen würde. Meistens ist sie toll.

Ich lese auch die Washington Post. Auch die WaPo hat sehr gute und sauber arbeitende Journalisten, auch die WaPo kann vielschichtig und ausgewogen berichten, und verschiedene Standpunkte darlegen. Aber die WaPo hat auch eine Galerei mit dem Titel "Best Bang for the Buck", wo es um das Preis.Leistungsverhältnis von Handwaffen geht.

Der Guardan ist mir seit den Lügen, die er über Tim Hunt verbreitet und gezielt unterstützt hat, nicht mehr geheuer, aber natürlich arbeiten da in den USA ebenso gute, aufgeklärte Leute.

Und auch in vielen Regionalzeitungen.

Aber auch da finde ich Beiträge, da schüttelt es mich. Das ist alles noch meilenweit entfernt von FOX oder den ganzen Radiopredigten, die viele Leute gern hören. Das ignoriere ich. Ich brauche das nicht und decke mein Bedürfnis an Information bei der NYT.

Wo man überhaupt nicht fassen kann, dass diese Amerikaner immer noch niht Trump abgeschworen haben. Ich kann das übrigens auch nicht fassen. Bei aller auch mir manchmal innewohnender Lust an der Provokation: Nein. Wirklich nicht. Das ist ein unterkomplexes Niveau, auf dem sich wichtige Debatten nie abspielen sollten. Es ist das Niveau von "Best Bang for the Buck", bei dem ich aussteige, und wo für viele offensichtlich ihr Land erst richtig anfängt.

Vom Machismo geprägte Bevölkerungsgruppen. Sich notorisch benachteiligt fühlende Südstaatler. Stand-your-Ground-Fetischisten. Waffennarren. Staathasser. All die Gierigen, die sich maximal selbst verwirklichen wollen. Die ganzen krassen christlichen Sekten. Abtreibungsgegner. Und all die Unzufriedenen, die den letzten Wahlsieg Obamas schon eher schwer machten. Das alles sucht und findet offensichtlich einen unterkomplexen Nenner. Man muss das nicht verstehen, es ist nun mal so wie Best Bang for the Buck. Best Bang for the Vote. Trump sieht nicht gesund aus und vielleicht scheitert er, und alles wird gut. Aber es ist so wie mit dem Iran, wo wir auch immer Geschichten von jungen, engagierten Frauen lesen: Die Realität wird dort von ganz anderen Gruppen bestimmt. Und die nehmen keinerlei Rücksicht auf unsere Erwartungen.

Ich lese auch viel über Geschichte und weiss, dass es zwar insgesamt seit einiger Zeit voran geht, aber der Abstand zwischen den Möglichkeiten und dem, was wirklich getan wird, mist gleich gross bleibt. Insofern, für die Beibehaltung dieses frustrierenden Abstandes, brauchen wir Trump un kriegen ihn vielleicht auch. Es gibt keine Garantie auf Fortschritt nach unseren Vorstellungen. Er spricht einfach Leute an, die die NYT nicht lesen, den Guardian auch nicht und froh sind, dass es eindlich mal jemand wieder so sieht, wie sie es sehen.

Das ist schlimm. Aber ich möchte ohnehin kein Amerikaner sein.

Mittwoch, 12. August 2015, 09:09, von donalphons | |comment

 
Wie ich unlängst gehört habe, macht man sich hier keine Vorstellung davon, wie viele Amerikaner in eher "ländlichen" Bundesstaaten die Regierung verabscheuen und ihr zutiefst mißtrauen. Washington ist für die unendlich viel weiter weg als Berlin oder Bonn für uns jemals war oder sein könnte. Deswegen haben auch Verschwörungstheorien aller Art von jeher in Literatur und Film ein Ausmaß, das wir mit unserem oft doch noch vorhandenen Vertrauen in den Staat (!) überhaupt nicht nachvollziehen können. Deswegen gibt es vielleicht auch so eine starke Waffenlobby - es ist auch Mißtrauen gegenüber der Regierung dahinten irgendwo in Washington. Da hat jemand wie Trump schon eine zeitlang eine Chance. Aber wie man so eine Haltung durchhalten soll, wenn man dann an die Regierung kommt, möchte ich mal wissen.

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So weit weg wie für uns Brüssel.

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Was denn an dem so schlimm -- von ein paar blöden Sprüchen stirbt doch keiner.
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Und er kann ja eine Vize ernennen, die dann die eigentliche Arbeit macht und für die Kontinuität seriöser Politik sorgt -- Sandra Palin z.B.

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Laut ZEIT kommt auch Frankenstein aus Ingolstadt.

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Ist Sandra die Tochter von Sarah?

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OT: Was, wenn Roboter uns das Denken abnehmen?
Schon längst passiert, wie man an den Beiträgen im Finanzblog der FAZ unschwer erkennen kann.

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Trump hat doch eine einzigartige Qualifikation: er war schonmal Pleite und hat sich wieder berappelt. So eine Erfahrung hat kaum jemand, und die könnte noch nützlich sein...

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immer noch niht Trump abgeschworen haben.

Tja. Nur als unsortierte Gedanken: Würde die deutsche Unterschicht noch zur Wahl gehen, müsste man ihr einen "Trump"-Typ anbieten, also jemanden, der ungefiltert sagt, was er denkt. Und vielleicht hat Fleischhauer Recht, wenn er im SPIEGEL schreibt, die Menschen hätten ganz generell einfach die Schnauze voll von imagekuratierten, zeitgeistgesiebten und klinisch toten Meinungsabsonderungen von existierenden Politikern.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Hat Cornelia Kopetsch den Nagel auf den Kopf getroffen?
" ... Die einst gegenkulturell formulierten Ideale wie Autonomie, Emanzipation, Eigenverantwortung, Freiheit, Kreativität sind vom kapitalistischen Mainstream vereinnahmt worden. Sie enthalten kein Widerstandspotenzial mehr. So erkläre ich mir auch die Wiederkehr der Konformität, den Neokonservatismus: als Abwehr von neoliberalen Freiheitszumutungen. Kreativ zu sein und eigenverantwortlich zu handeln ist heute nicht mehr subversiv, sondern gehört zu den von Arbeitgebern geforderten Tugenden. Diese Attribute sind auf die Seite des Kapitalismus gewandert. Deshalb sagen gerade jüngere Menschen jetzt: Wir möchten nicht mehr frei sein, wir möchten Tradition. Sicherheit. Etwas, was bleibt. Gesetze und Verbote. Das, was heute knapp und kostbar erscheint, ist nicht mehr die Freiheit, sondern die Bindung. Sicherheit ..."

http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/43404/2/1

Klaus Jarchow schrub dazu: "Konformität als Abwehrreaktion, Ablehnung des immer rasender rotierenden Neoliberalismus durch die Flucht ins Spießige, Konservatismus als eine Form der Subversion – darüber muss ich erst einmal nachdenken. Aber es trifft viele Erscheinungen schon …"

Um so mehr ich über veränderte Verhaltensweisen in meinem Umfeld in den letzten 2 - 3 Jahren nachdenke, die ich lange für reine Resignation hielt, sehe ich das ziemlich genau so. Cornelia Kopetsch, muss ich mir merken.

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"Vertrauen ist ein Mittel zur Reduktion von Komplexität", schrieb Niklas Luhmann. Und solches Vertrauen setzt man dann eher mehr auf Dinge, die sich bewährt haben. Das habe ich auch schon so gemacht, schon immer!

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Da hat der Luhmann mal was richtiges gesagt und das Konzept hinter "Markenware" erklärt.

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Ah, verstehe, deshalb sagte vor vielen Jahren der Präsi des Bundesverbands Deutscher Banken, Eberhard Martini, einmal: "Der Kunde muss seiner Bank das gleiche Vertrauen entgegenbringen wie seinem Arzt". Verstehe.

P.S. Martini war Vorstand der Bayerischen Hypotheken und Wechselbank

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kapitalistischen Mainstream vereinnahmt worden

Ich bewundere schon seit vielen Jahren den kapitalistisch-neoliberalen Mainstream. Der vereinnahmt einfach alles.

Etwas, was Religion, Tradition, Kultur oder andere Ideologien natürlich niemals auch nur versucht haben - die hatten ja immer nur das Wohl der Menschheit im Auge und würden nie versuchen, kulturelle Konzepte zu integrieren. Geschweige denn, darin erfolgreich zu sein. Ahemmm ...

Nur dieser Kapitalismus ist so genial, so kreativ, so überwältigend und so erfolgreich, dass er einfach alles überwältigt. Ich bin wirklich schwer beeindruckt.

Gruss,
Thorsten Haupts

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"Würde die deutsche Unterschicht noch zur Wahl gehen, müsste man ihr einen "Trump"-Typ anbieten"
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Umgekehrt heisst das, dass ein rhetorisch geschickter Pöbler (das muss kein Widerspruch sein) aus dem Stand über die 5% kommen kann.
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Da ist eine Stelle frei, für jemanden, der gerne auf dem Tiger reitet.

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Ja klar. Der hätte nur ein bisher praktisch ungelöstes Problem - die Übernahmeversuche der Rechtsradikalen abzuwehren, die immer wieder glauben, sie hätten für ihr ganzes "Programm" eine bisher nicht aktivierte Mehrheit.

Bisher hat die Gradwanderung keiner geschafft. Und in Deutschland gibt es bisher kein mit Fox News vergleichbares Medium, dass dabei behilflich sein könnte.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Guardian nicht mehr geheuer
Der Guardian ist das Zentralorgan der Bescheuerten (Google: Rainer Paris, "Bescheuertheit").

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Immerhin: ein USA-kritischer Artikel sogar in der FAZ. Der erste (einzige?) bisher: "Aus Prinzip verantwortungslos"; http://bit.ly/1Pr8pow
Die Kommentatoren dazu: endlich traut sich mal mal einer in der FAZ etwas Wahrheit über die USA-Politik zu schreiben.

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Hätte man der Unterschicht rechtzeitig "jemanden vorgesetzt", der ihre Interessen vertritt, dann würde sie vielleicht noch zur Wahl gehen.
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Einen Dagobert würden die Deutschen nie als Idol wählen, auch wenn er sich 1000 mal Donald nennt.

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Hätte man der Unterschicht rechtzeitig "jemanden vorgesetzt", der ihre Interessen vertritt, dann würde sie vielleicht noch zur Wahl gehen.
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Einen Dagobert würden die Deutschen nie als Idol wählen, auch wenn er sich 1000 mal Donald nennt.

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