: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 1. Mai 2007

Corriere del Benaco, 1. Mai 2007

Verlängerungen: Don Alphonso Porcamadonna, Reisejournalist und Schriftsteller

Signore, wollen Sie den Lesern unserer Blattes erklären, was sie dazu bringt, auch über den 1. Mai hinaus in Italien zu verbleiben?

Nun, ich betrachte es als meine heilige Pflicht, denen daheim zu zeigen, dass hier unten auch nicht alles immer grandios ist. Nehmen wir nur mal das Wetter. Nicht nur, dass der gestrige Tag mit Wolken begann, nein, es gab später am Nordteil des Gardasses auch richtigen Regen.



Also, hat man mir gesagt. Ich habe es ja erst gesehen, als ich am Abend nach Hause kam. Schwarze Wolken, nasse Touristen, verschlammte Biker dann in Riva, wo ich einen Freund zum Essen abholte. Ich musste sogar den Roadster schliessen. Das war so: Ich war nämlich in Verona, Hemden, Spezialitäten und Mitbringel kaufen. Und aus alter Erfahrung weiss ich, dass der Gardasee schnell zum Hexenkessel wird, wenn in der Ebene Veronas immer noch die Sonne scheint. So war es dann auch. Das müssen Sie sich vorstellen: Ich komme zurück, fahre statt zum See weiter östlich die Autobahn nach Affi, die Strecke nach Garda ist zu mit Urlaubern, also presche ich im goldenen Abendlicht rauf auf den Monte Baldo fast bis nacht S. Zeno und dann über die Tornate wieder runter nach Torri del Benaco -



und dann muss ich unten doch tat-säch-lich das Verdeck schliessen. Das Leben kann hier wirklich grausam sein. Hart, Brutal. Allerdings ist es heute schon wieder sonnig. Ich denke, ich fahre nach Vicenza.

Meinen Sie, das reicht den Lesern Ihres Blogs als Erklärung? Heisse Kommentarschlachten gibt es dort doch schon lang nicht mehr.

Das ist richtig, kontrovers ist dieser Urlaub nicht richtig. Die Themen brennen mir durchaus auf den Nägeln, in den nächsten Wochen wird da aller Bohei der Welt sein, aber so hart es auch ist: Meine Gesundheit geht vor. Ich mache das hier ja nicht zum Spass, das hier ist eine Kur. Ich hole den Schlaf der letzten Wochen nach, jeden Tag 10 Stunden, ich esse wieder richtig. Jetzt kann ich es ja auch zugeben: Vor drei Wochen war ich knapp vor der Einlieferung in die Intensivstation, so sehr waren meine Lungen angegriffen. Keine Nacht mit mehr als 4 Stunden Schlaf, kaum Essen, die Medikamente - das war kein Spass. Man glaubt gar nicht, was es bedeutet, tief Luft holen zu können, wenn man nicht kurz vorher eine ganze Nacht durchgejapst hat. Aber es gibt schon Gesprächsstoff. Der 1. Mai nämlich, der zu einem Anlass für einen Brückentag verkommen ist. Ich mein, hier ist ganz München (winkt einem Haufen Touris, die unter seinem Balkon mit dem grandiosen Panorama hochgaffen, wo das Interview stattfindet). Und gleichzeitig hatten wir in den letzten Monaten Wirtschaftsskandale und übelstes Benehmen, dass man sich eigentlich ein paar Scheiterhaufen vor den Zentralen der Massenkonzerne wie Siemens, der Post und der Telekom erwarten würde. Zumindest am 1. Mai. Wenn man dort arbeitet, wieso lässt man es nicht zumindest an diesem Tag voll raus? Warum geht man nicht geschlossen hin, um denen zu zeigen: Basta! Finito! Macht so weiter, oder wundert Euch nicht, wenn ich einmal den Mussolini a la Milanese gebt! Die da oben haben längst keine Angst mehr vor denen da unten. Sie machen den Terror gegen die Mitarbeiter. Oder die Kapitalsklaven der Union, die sich gegen Mindestlöhne sperren und ansonsten mit ihren Verbandskumpels den Staat auspressen: Wir sagen Euch, Drogenproduktiion beim Hanfanbau ist für Euch das kleinere Problom, Euer Problem könnten die daraus hergestellten Stricke werden. Oder die sie unterstützenden, käuflichen Medienstricher: Woll Ihr ein zweites Loch in den Arsch? Und da ist die Frage berechtigt: Welche Form des Terrors ist praktikabel, um darauf zu antworten? Was könnte man am 1. Mai noch tun? Es muss irgendwas geben, was mehr ist als der Aufmarsch der Mitglieder, und sinnvoller als die Randale in Berlin.

Signor Porcamadonna, vielen Dank für das Gespräch.

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