: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 1. März 2013

Die 40 Geraden

Nach dem 41. Kontakt nehme ich die Anzeige wieder runter. Drei Stunden, nachdem ich sie aufgegeben habe.

Es ist keine so gute Idee, mir in der ersten Zeile gleich zu sagen, dass man als Autoverkäufer 3500 netto im Monat verdient. Das ist so ein "Du willst es doch auch"-Spruch. Wir, die Top Dogs. Ich die Kohle und Du mein Facility Management mit der Adresse, die im Büro gut ankommt.

Es ist keine so gute Idee, sich mir gegenüber als anspruchsvoller Aufsteiger zu prösentieren, der eine adäquate Bleibe sucht, bevor ihn der Weltkonzern schnell weiter schickt.

Es ist keine gute Idee, mir den Eindruck zu vermitteln, dass ich froh sein sollte, welche tollen Kunden ich haben kann. Ich glaube, das lernen sie bei Vorstellungsgesprächen, das Schnelle, Direkte, den Hook, die Punchline, die Bullet Points.



Bekommen hat sie der, bei dem klar war, dass er sich riesig freuen würde. Im Prinzip ist bei mir die Entscheidung nach 5 Minuten gefallen: Die sind es. Der Nebeneffekt der Erfolgreichen und Direkten ist leider, dass andere, die mit Sicherheit keine schlechteren, sondern sogar bessere Mieter im Sinne der Verständigung wären, angesichts der geldscheinwedelnden Drängler letztendlich die schlechteren oder teureren Wohnungen nehmen müssen. Ich hatte mal einen Massentermin mit vielen Geldscheinwedlern, und ich wusste: So, wie die um die Wohnung kämpfen, würden sie auch kämpfen, wenn es um das Herausholen weiterer Vorteile geht. Ich will aber keinen Performancejunkie, der immer das Beste herausholen will und einen ganzen Abend nervt, nur damit dieses und jenes auch noch geht. Ich will einen Mieter, mit dem ich gut kann. Deshalb mache ich auch nur Einzeltermine, und halte mich an meine Grossmutter, die gesagt hat: Man muss reden mit den Leuten. Ich erzähle viel von mir selbst, dann sieht man, ob es passt.



Es sollen unsere Erben sein. Dass diese Viertel diesen entspannten Ruf haben, liegt ganz sicher nicht darn, dass es damals, vor 25 Jahren, die Strassen der Jungmanager und Vorstandsassistentinnen waren. Wer hier einzog, wollte etwas erleben. Das war nicht nur Studium und Beruf, das war vor allem das Leben, das uns lockte.Die richtige Infrastruktur lag vor der Haustür, das Leben war leicht und schnell und sorglos, und mangels Netz und Mobiltelefonen auch recht stressfrei, und nicht so zerhackt wie heute. Es würde sich wie ein mieser Verrat anfühlen, würde ich jetzt meine alte Wohnung jemandem überlassen, der eine gute Adresse auf seiner Visitenkarte haben will, und dem Viertel der nächste Mörder seines Flairs sein wird. Ich wollte nie einer der 45-jährigen werden, die im Parkcafe an der Bar den Mädchen hinterhergafften, ich wollte dann angemessen leben, und anderen Platz machen. Meine Geschichten werden verschwinden wie der Lärm im Parkcafe verhallte, und es sollen neue Geschichten kommen, Hoffnungen, Freuden und Leben. Nicht Leute, deren erster Satz ihr Einkommen ist, und stets bereit sind, sich finanziell vollkommen nackich zu machen.



Mein Lebensweg war nicht gerade, der Lebensweg meiner Mieter ist es auch nicht wirklich. Wir sind die Krummen. Lasst es krachen, sage ich ihnen. Macht da weiter, wofür wir zu alt geworden sind. Lasst nichts aus, und wenn ihr mit einem Gehörsturz nach Hause kommt, sagt in 30 jahren, dass euch nicht das Alter taub gemacht hat, sondern die Jugend. Wir leben heute lang, sehr lang, viel zu lang, und sehr viel Zeit davon im Zustand der schwindenden Möglichkeiten. Die Wohnungen sind nicht so teuer, dass nur die Bestverdiener sie beziehen könnten, aber auch nicht so billig, dass ihr es euch leisten könntet, auf einen Vorteil zu verzichten, den das Leben hier bietet. Das ist die beste Lage für das beste Leben. Unsere Geschichten waren laut und schrill, wir standen in Gaultier und Alaia auf den Boxen und wo ihr stehen werdet, das bleibt euch überlassen. Aber bitte nicht in diesem Alter unter den Zwängen der Ökonomie. Es hätte so viele andere gegeben, so viele Gerade. Aber ihr seid krumm und die Richtigen.



München belastet mich, weil mich dort meine eigene Geschichte verfolgt. Nicht ohne Grund, aber ohne den schlimmsten aller Gründe: Dass ich dort etwas verpasst hätte und nun unter dem Zwang stünde, das nachzuholen. Ich bin nicht allzu gern dort, auch, weil sich so vieles verändert hat. Es macht keinen Spass zu sehen, wie die Antiquariate verschwinden. In meinem Viertel hätte man sich diee Pinakothek der Moderne wirklich sparen können, das war eins zu viel, dieser glatte und nun schon wieder marode Marketingklotz neben der halben Ruine der Alten Pinakothek und dem gammligen 70er-Jahre-Flair der Neuen Pinakothek. Früher war das die Maxvorstadt, fertig. Heute ist es das Museumsviertel. In der Abgusssammlung bin ich immer noch allein, zum Glück. Wenn ich das nächste Mal dort bin, werde ich sie wieder besuchen. Ich hatte viel Spass mit den Koren aus Gips und denen aus Fleisch, ich war sehr glücklich in München. Und für die 40 Geraden findet sich sicher auch ein Platz. Da muss man sich keine Sorgen machen.

Tut mir Leid, dass ich nicht schrftlich abgesagt habe, aber auch ich muss leben.

... link (48 Kommentare)   ... comment


Vielleicht

ist morgen der Tag nicht der Leistungsschutzrechthaberei (FAZ-Version, LSR-fragwürdige Version, bei der die Kommentare funktionieren) sondern auch der Tag, da die guten Leute unter den Onlinern begreifen werden, dass es so nicht weitergehen kann. Sie können sich nicht immer als Geiseln nehmen lassen für jeden Blödsinn, den ein paar Leute aushecken, die weder unsere Welt noch die unserer Leser verstehen. Niemand liest einen Internetauftritt für einen Döpfner oder einen Keese, man liest das wegen denen, die sauber liefern. Es kann auch der Tag werden, an dem sie ihnen die Pistole auf die Brust setzen und sagen: Dummes Middle Management gibt es wie Sand am Meer und Euch am Arbeitsamt. Aber wir sind eine seltene Spezies. Und wenn wir uns zusammentun, warum sollte man Eure miese Propagananda, Eure DPA-Abschreiberei, Eure angenehmen Umfelder noch lesen?

Ich habe für den Beitrag lang recherchiert, und es sind viele, die so denken.

Das Einzige, was vielleichtvom Leistungsschutzrecht bleibt, ist der Kulturkampf innerhalb der Medien, und der hat gerade erst begonnen. Ich bin da wirklich froh, im Feuilleton der FAZ zu sein.

... link (29 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 27. Februar 2013

Interludium

Es wäre leichter aufzuzählen, was 2012 nicht liegen geblieben ist, als das, was alles in den Hintergrund trat. Musik gehört dazu. Das fing beim Erdbeben in Italien an; wenn man auf der freien Wiese ist, und es kommt ein Stoss, ist das ganz seltsam. Man hört nichts, man denkt, man müsste etwas hören, weil sich etwas bewegt, aber da ist kein Geräusch. Oder wenn man fährt und Musik läuft, dann denkt man sich, komisch klingt die CD, das war doch ... und dann erst versteht man, dass die Schwingungen kein Bass oder eine Strassenunebenheit sind, sondern die bebende Erde. Kurz, man gewöhnt sich im Erdbeben ab, unnötige Geräusche von sich zu geben. Das Erstaunlichste war, wie still Italien wurde und in den betroffenen Gebieten teilweise immer noch ist. Das war der Moment, da die Musik bei mir schwieg, und aufgrund anderer Dinge auch weiterhin geschwiegen hat.



So still ist es in der Wohnung, sagen Besucher am Tegernsee. und es stimmt natürlich, denn unter all den Dingen, die nicht geschahen, war auch der Ausbau einer feinen Anlage in den Bergen. Eigentlich hatte ich mir das so vorgestellt, dasitzen und hinausschauen und Musik hören, aber die Musik, die ich mag, ist so komplex und zwingt zum Nachdenken; da habe ich lieber betäubendee Portraits aufgehängt, die einen anlächeln. Oh, ich bin nicht einsam, überhaupt nicht, es ist nur angenehmer, wenn man hochschaut, und da ist eine hübsche Frau, und nicht ein schmerzensreiches Lamento.

Aber wie auch immer:



Vermieten macht glücklich und zwingt mich in die grosse Stadt, und neben einer Wohnung ist auch ein Laden für gebrauchtes HiFi und Elektronik. Und dort war nun ein Ion Obelisk im Schaufenster, für einen sehr günstigen Preis, und ich suche ja schon länger nach einem Verstärker, der die Audiodata Mignon gut antreibt, die an der Donau bleiben. Und ich sagte mir: Wenn ich einen Mieter habe und das Ding noch immer nicht weg ist, dann nehme ich es. Es kam der Mieter, ich kaufte den Obelisk, und damit beginnt wieder die Zeit der Musik. Langsam natürlich, denn britisches G'raffel braucht Zeit, wenn es kalt ist. Ein paar Stunden, dann klingt es gut.



Ökologisch und ökonomisch ist das natürlich nicht, und deshalb lasse ich trotzdem davor schon Musik laufen. Aber der ganze Genuss, der Augenblick des Oho kommt erst, wenn alles schön warm ist. Man kann darüber reden, ob ein sehr neutraler Verstärker zusammen mit sehr neutralen Boxen nicht ein wenig zu analytisch klingen, aber, wie gesagt, wenn alles warm ist, klingt das schon fein. Nicht für jede CD, ich werd natürlich einen Teil an den See mitnehmen und den anderen hier lassen, aber es gibt schon überkräftige Aufnahmen, denen ein klein wenig Darstellungsdisziplin nicht schadet. Messen zum Beispiel. Nach einem dreiviertel Jahr ist auch mein Gehör ein wenig eingerostet, aber nach einem Tag weiss ich nach ein paar Minuten, welche CD an welchen Wohnort kommen wird.



Die CD da oben zum Beispiel ist mit Dudelsack, und da ist so viel Vibration, dass sie bleiben kann. Ich sollte sie auch besprechen, denn sie ist ausgefallen und so wunderbar vielschichtig, dass man einen ganzen Beitrag darüber verfassen könnte. Ich habe weiterhin CDs gekauft. Ich habe sie danach nur ungehört abgelegt. Da war dieses seltsame Gefühl, dass ich dies und jenes gehört haben sollte - oder wenigstens besitzen. da ist viel aufgelaufen. Und das wird jetzt, man will nichts überstürzen, ganz langsam angehört. Ob ich etwas nach Italien mitnehme, weiss ich nicht. Ich glaube, das wäre jetzt noch zu viel. Für Italien reichen Italohits, um den Schmerz wegzubrüllen.



Das Problem am Tegernsee wird sein, den richtigen Platz für die Gerätschaften auch wirklich zu bestellen. Ich weiss, wo es hin muss, aber ich weiss nicht, ob der Platz wirklich reicht. Es bleibt Zeit, denn es fehlen mir noch die Kabel und ein trocken klingender CD-Spieler; echtes Parkett und Duevel und man braucht keinen Röhrenmaterial mehr, damit alles harmonisch vibriert. Holz schwingt schön. Ich hätte gern einen alten Naim oder einen Rotel oder einen Linn. Aber das eilt nicht. Vorerst kommen ganz andere Dinge mit warnender - und unzutreffender - Aufschrift bei mir an.



Davon dann mehr in der nächsten Woche. Diesmal geht es schon wieder zurück nach München, und weiter an den stillen See, über dem nur mein Keuchen im Bergwald erklingen wird, wenn ich der Sonne entgegenstapfe.

... link (7 Kommentare)   ... comment


Fracking

bei den FAZ-Stützen und bei den Kommentarstützen.

... link (2 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 26. Februar 2013

Belle, donnez-moy vostre ergot

Jeden Tag beim Bäcker komme ich auch an den Printprodukten vorbei, und ich kann auch erklären, warum ich die Süddeutsche Zeitung nicht kaufe: Der Wirtschaftsteil ist im Bemühen um die schleimigste Position inzwischen so dogmatisch geworden, dass mir schon das blanke Elend reicht, das mich da aus dem Netz anspringt. Keine Ahnung, warum die Versuchen, eine ökonomische Antwort auf die Rechtsextremen bei PI zu finden: Es setzt nur mein Mitleid für diese Zeitung und die Klagen, die ich von dort leise mitbekomme, auf Null. Der FTD-Effekt. Mit so einer Wirtschftspropaganda verdient man es, an den Gleisanlgen zu hausen.







Dieses kaputte Pedal gehörte einst einem Medienmanager zusammen mit einem ganzen Rad, das nur drei Jahre alt ist. Aber auch drei Jahre draussen vergammelte. Jemand aus der Finanzabteilung. Ich dachte eigentlich immer, dass Prokuristen sparen, aber nein. Dadurch ist das Pedal in das Gewinde eingerostet, aber mein Radhändler Goggenbichler hier am See ist nicht nur wegen seiner alten Werkstatt sehenswert, er macht so etwas auch gut und professionell. Und damit ist das nächste Gästedamenrad fertig und wartet auf Besucher.Die erste Testfahrt geht - das Wetter klart auf und über dem Dunst ist es schön - geht gleich zum Rodeln.







So wie um diesen Hund, so muss man sich um Leser kümmern.

Wenn vieles Schlechter wird, ist es natürlich schön, wenn man einen Berg hochkeucht, und der Himmel wird immer blauer, die Sonne kracht herein, und man hat wieder den Eindruck: Es macht Sinn, sich anzustrengen. Man verpulvert nicht das Dasein hinein in das Versagen und die Inkompetenz anderer Leute, man wird am Ende belohnt und kann Schlitten fahren. Der Aufstieg ist wie eine Parabel des guten und gerechten Lebens, und man verzeihe das einem alten Mann: Dass ich vor den beiden sportlichen Mädchen geblieben bin, ist eine gute Erfahrung. So ganz ohne den Drand nach den Feiertagen, sich irgendwie mit dem Abnehnen panisch gemacht zu haben. Ein Berg alle zwei Tage, und das Leben ist in Ordnung.







Es sieht übrigens so aus, als würde das noch Wochen so weiter gehen, denn die Unterlage ist gut und darüber ist genug Schnee, um hier oben noch viel Spass zu haben. Der Berg zeigt sich von seiner schneefreundlichen Seite, so dass ich den Frühling gar nicht erst vermisse. Draussen sitzen kann man trotzdem, wenn es nur schön blau ist. Es gibt keinen Grund daran etwas zu ändrn, selbst wenn ich nächste Woche einmal nach Frankfurt fahre, wo alles schneefrei sein soll. Aber das alles weicht am Berg zurück, und so, wie man beim Aufstieg nur an den nächsten Schritt denkt, denkt man später nur an die nächste Kurve.







Etwas zu spät komme ich an, die Sonne ist schon weg, und der Dunst ist mir aus dem Tal nachgekommen. Ich bin exakt an der Grenze zwischen der Reinheit des Himmels und den Ausdünstungen der Niederungen und ich kann sagen: Es ist kein schlechter Ort. Es ist kalt, man kann nicht lange in der Nachtluft bleibem, aber die Minuten in der Einsamkeit gerinnen zu Zeitaltern. Es ist schon gut so, wie es ist.





Und dann hinunter, in die Finsternis. So sieht das aus, wenn ich heranbrause, ein Nachtzug ins Tal, und ich hätte gern noch ein Signalhorn, um es vor jeder Kurve zu tröten, denn die Strecke ist gut und schnell und zum ersten Mal habe ich auch den Eindruck, den neuen Rodel zu kennen. Es geht richtig gut, wie jede kleine, effektive Einheit.

Der Berg hat mir viel geschenkt.

... link (28 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 25. Februar 2013

*****

Ich finde das Ergebnis der Grillini in Italien gut. Sehr gut sogar.

Zuerst einmal, weil mit jedem Angehörigen der Fünf Sterne jemand ins Parlament kommt, der einem Apparatschik, seiner Familie und seinen Freunden ein Amt und eine Einflusssphäre nimmt. 20% mehr Grillini bedeutet schlicht und einfach 20% Abbau des alten Systems.



Dann muss man neidlois anerkennen, dass es bei den Grillini ganz anders als bei den deutschen Piraten gelaufen ist. Startpunkt war die Wahl in Parma, wo ein christdemokratischer Bürgermeister und Hoffnungsträger mitsamt seiner Kamarilla wegen der Vergabe des Krankenhauses an Schmiergeldzahler festgenommen wurde. In Parma gingen dann die Bürger auf die Strasse. Und wählten einen Grillini nach dem Motto "Jetzt reicht es" mit 60%. Und seitdem läuft der Laden in Parma. Der Grillini hat die Pickel und Mitesser entsorgt und macht Politik, von der Italiener glauben, sie sei "deutsch". Siena wird vermutlich der nächste Ort sein, den sie nach dem Skandal der Monte dei Paschi knacken - dort sind es übrigens die Linken, die bis zum Hals in der unschönen Suppe stecken.



Und Beppe Grillo ist auch kein Pomader, der sich ins gemachte Nest setzt und es dann komplett ruiniert, sondern einer, der seit Jahrzehnten kämpft und rackert und dem man, egal wie man zu ihm steht, auch abnimmt, dass er ein anderes Interesse als BGE für sich selbst hat. Man muss sich verdeutlichen, dass in Italien grössere Unterschiede zwischen dem Streit und der Versöhnung als in Deutschland sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das alles sachpolitisch einrenken wird, ist gar nicht mal so schlecht. Und das Gewinsel der deutschen Medien, dass Monti keinen Fuss auf den Boden gebracht hat: Das kann auch nur Deutsche verwundern, die glauben, die Kanzlerette sei eine in Europa geschätzte Politikerin. Zwischen "wir hätten gern deutsche Zustände in der Verwaltung" und "wir möchten schon wieder eine deutsche Zwangsherrschaft" sind grosse Unterschiede, die man hierzuulande noch erlernen muss.



Das Gejammer für Neuwahlen kann man sich deshalb sparen: es würde nur Berlusconin und die 5 Stelle noch stärker machen. Der eine, weil er gelernt hat, wie man einen Teil der Wähler schlichtweg kaufen kann, auch heute noch. Und die anderen, weil die Wut über das System nicht kleiner wird. Die Leute sind nicht so doof, dass sie den Zusammenhang zwischen der - in Italien wirklich problematischen - Immobiliensteuer und der Korruption bei der Müllentsorgung nicht verstehen würden. Die wollen das anders und werden deshalb nicht anfangen, Bersani oder gar Monti zu wählen.



Und das Europa, das uns ACTA, Verbraucherschutz zjm Ermorden der kleinen Läden zugunstern der Multis und andere Wohltaten bringt, kann schon mal einen Tritt der Grillini ins Gesicht vertragen, zur plastischen Optimierung.

... link (24 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 25. Februar 2013

Die richtige Inszenierung

Ich mochte diese ganz besonderen Applaus, wenn Sawallisch zum Dirigentenpult schritt. Das war anders als bei den eingeflogenen Stars und auch ein wenig anders als der Apllaus, den Everding von seinen Anhängern bekam. Manche sagen, Sawallisch wäre ein Reaktionär gewesen. Aber ich denke, er hat einfach nur die Musik geliebt und verhindert, dass sie zum modischen Spektakel wurde.



Das war ein guter Mann, der Sawallisch. Und er passte auch zur Stadt und ihren Menschen, was in der weiteren Folge dann zu vielleicht doch etwas zu schrägen Experimenten führte. Man wurde nicht belästigt und gut behandelt, und das liess man ihn auch spüren: Du gehörst zu uns und wir gehören zu Dir. Heute ist die Staatsoper nur noch eine Stufe in der Karriereleiter. Sawallisch und Everding konnten nicht miteinander, und es ist schade, welche sinnlosen Streitereien da geführt wurden, angesichts dessen, was wirklich drohte.



Es verschwinden die Restaurants und die Antiquariate, es gehen die Inszenierungen dahin, und die knallenge Lederhose des Don Giovanni wird beim Kostümverkauf verramscht. Es gibt Oper für Alle. Und das System kennt die glühenden Wangen der wartenden Studenten in der Form nicht mehr. Man musste aufpassen, manchmal hat ein Versetzter die verbleibenden Karten einfach oben aus dem Fenster geworfen; das war immer sehr lustig und führte zu Überraschungen. Ich glaube, Sawallisch tat gut daran, dorthin zu gehen, wo wir alle zum Sterben hingehen: In den Münchner Süden. Da ist man abgeschnitten von den Veränderungen.



Ja. So war das früher. So etwas wird nicht mehr kommen, man glaubt nämlich, nur das Ausländische sei gut genug und wenn der Leiter nicht auf drei Kontinenten war, dann ist er nicht metropolitan genug. Und englisch können wir doch auch alle. Es ist ein wenig traurig, an so einem Tag nach München zu fahren, und 30 Anfragen für eine Wohnung in Erwägung zu ziehen, jetzt mal formal, die anderen, die Makler, die Geschäftemacher lässt man besser raus, und 5 davon sind auf Englisch und die Hälfte davon definitiv nur auf der Durchreise. Das gehört zur Weltstadt mit dazu und wenn man sich fragt, wer sich eigentlich noch die teuren Karten leisten kann: Die gleichen internationalen Wanderer, die auch die Logen draussen im Stadion besuchen. Das gehört einfach mit dazu.



Der Rest ist im Münchner Süden und macht sein eigenes Ding. es gibt hier Nachwuchshoffnungen und alte Meister und Klassen und Schlösser, man braucht München gar nicht mehr so sehr wie früher. Den donnernden Applaus bekommen auch die alten Knochen vom Tegernsee noch hin, wenn sie im Barocksaal des Schlosses zufrieden sind, dass es kein Spätwerk von Hindemith gab. Hier bleibt man, hier stirbt man, hier geht man unter, die einen an diesem See und die anderen am Chiemsee. Und mit uns verschwinden all die alten Geschichten und Erinnerungen, und auch die Hoffnung, dass diese ganzen Manager den See nicht finden werden. Sie haben aus dem Gärtnerplatzviertel eine Partywüste gemacht, das Morizz hat auf immer seine Pforten geschlossen, niemand wird hier nach der Oper noch sein, und wenn diese Leute das können, dann finden sie auch den See.



Ich hatte so viel Glück in München. Ich habe nichts ausgelassen. ich habe nicht nachgedacht und trotzdem das Richtige getan, und die Wehmut hält sich deshalb in Grenzen: Da sind keine Versäumnisse, und in mir wird sich immer der Vorhang zu den grossen, alten Freuden heben, und den Stunden, da der kleine, quietschgelbe Uno Turbo in den Sonnenaufgang fuhr und alles erfüllt war von Mozart, Parkcafe und Nachtcafe, alles in einer einzigen Nacht. Das waren gute Zeiten.

... link (27 Kommentare)   ... comment


Der neue Beitrag der Stützen

Es geht um korrekte Mimosenforschung.

Einmal komplett bei der FAZ im neuen Kommentarlayout.

Und einmal mit dem gewohnten Laout bei Wordpress, aber ohne Schlusspointe.

... link (10 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 23. Februar 2013

We got ways to make you dance

Freundlich gesagt, könnte man es so formulieren: Mit der Kommentarnichtansicht über Scripte, die das massive Klicken fördern sollten, ist bei den Stützen der Gesellschaft die Musik im Salon ausgegangen, und der Kronleuchter mit einem lauten Krachen der Kritik heruntergefallen. Mich hat von diesen Plänen vorher niemand informiert und wenn ich es gewusst hätte...

Ich bin finanziell nicht darauf angewiesen, ich arbeite zum Glück von daheim aus, ich habe das alles nur unter der Massgabe gemacht, dass ich nicht lügen und andere schlecht behandeln muss, und auf diese Art und Weise haben die Stützen auch funktioniert. Jetzt sind drei Tage (und ein angeblicher Neustart, der keine relevante Verbesserung brachte) vergangen, und ich merke, dass ich mit dem bestehenden System den Salon einfach nicht mehr betreuen kann. Ich habe in diesen drei Tagen versucht zu verstehen, warum das System ist, wie es ist, und warum es tut, was es auf keinen Fall soll: Das war viel Arbeit, und sie war umsonst. Im Backend ist es wahnsinnig unübersichtlich, gewisse Anforderungen des Systems machen das Administrieren zum russischen Roulette, und vorne rum muss ich dreimal klicken, wenn ich auf eine Kommentar antworten will, der aber nach 10 neuen Kommentaren sowieso auf die nächste Seite verschwindet. Das ist zumindest bei meinen Kommentarzahlen - Schnitt 200 - einfach nicht möglich. Möglich wird es erst wieder, wenn das Projekt an die Wand gekracht ist und nur noch 10 Leute etwas dazu sagen.

Ich will mich hier jetzt nicht mit der Ursachenforschung aufhalten; vermutlich erkennt jeder ausser denen, die das gemacht haben, dass es so nicht geht und kein Blog dieser Welt so funktionieren kann. Ich werde bei der FAZ für Texte bezahlt und die Kommentare, die man da unter dem geplatzten Stuck von Javascript und Begrenzungstrümmern begrub, sind mein Privatvergnügen. Das zahlt mir keiner. Meine Texte laufen auch so, ob ich mit 15k oder 10k Klicks rausgehe, ist für mich egal. Und es gibt natürlich auch immer wieder Bemerkungen aus dem Netz, das mit den Kommentaren sei doch nichts.

Das sehe ich anders. So, wie ich weiss, wie Wordpress zu sein hat, fühle ich auch, was so eine Kommentarstrang ist: Nicht eine Klickhurerei, sondern Konversation, und die FAZ hat, soweit ich das sehe, wirklich tolle Leser, die etwas Besseres als so eine Behandlung verdient haben.

Hier ist es:

https://stuetzendergesellschaft.wordpress.com/

Und am Montag werde ich weiter daran arbeiten, dass man die Probleme und Fehler erkennt und revidiert, und das am Ende - das hoffentlich bald kommt - so aussehen wird, wie es von mir geplant war. Solange bitte ich zum Plaudern in einen anderen Salon, bei der FAZ werde ich zwar freischalten, aber mich nicht inhaltlich beteiligen: Ich habe das versucht, es ist weder technisch noch sozial sinnvoll. Es kostet enorm viel Zeit und bringt niemandem etwas.

... link (55 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 17. Februar 2013

Der Köckster

Das ist so eine der Geschichten, die man erzählen muss, wenn sie einem wieder erzählen, dass das Wissen der Menschen doch im Netz steht: Schmarrn. Man muss nur mal nach 5 Jahre alten Radmodellen suchen, oder bestimmten Gemälden mit Damen, die Perlenketten tragen. Ich wage zu sagen; wenn ich an den Bücherschrank gehe und drei Folianten zur Kostümgeschichte herausziehe, finde ich bessere Beispiele. Das Netz vergisst rasend schnell, das meiste, was über die New Economy geschreiben wurde, ist weg, und was nie drin stand, kommt auch nicht mehr hinein. Ausser natürlich, man tut es selbst. Und damit sind wir in Holzkirchen, dem kleinen, schmutzigen Geheimnis des Münchner Südens mit würfelförmigen Blocks. Nicht schön, aber bei Vaterstetten war so ein Schneesturm, dass man die Autobahn kaum ahnte: Da ist man auch froh um Holzkirchen.





In Holzkirchen also hat jemand einen Köck Rodel angeboten. Angeblich fast neu, was nicht sein kann, denn Köck gibt es schon lang nicht mehr. Dabei war die Firma einmal eine Marke wie Uhu oder Tempo: In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg und, das muss man zugeben, vor dem Alpinskiboom, war Köck die Firma für Rodel schlechthin. Auf Köck fuhren fast alle österreichischen Rennrodler, die Firma entwickelte auf Basis einer deutschen, nicht patentierten Idee flexible Rennmodelle mit speziellen Gelenken und Böcken aus Federstahl: In den 50er Jahren trug man damit die Weltmeisterschaften aus, und fuhr damit den alten Holzrodeln um die Ohren. Heute findet man noch manche dieser Rodel in Österreich, aber fast immer sind sie über die Jahre hinweg zu Schanden gefahren und oft genug verzogen. Der hier sollte laut Beschreibung anders sein. Natürlich brauche ich keinen mehr, aber wo er doch so eine hübsche Bezeichnung hat.





Favorit klingt in unseren egogestählten Zeiten, da jeder Hartz-Ponader seine Personality in die Flanke einer Partei rammt, doch irgendwie putzig. Noch nicht mal ein Hyperultrawinner, nur ein möglicher Favorit. Und dann noch diese Lettern. Und das zweifarbige Holtz. Das kann man nicht ernst nehmen, das sieht irgendwie verträumt und romantisch aus und gar nicht nach brutalem Wettkampf, aber das waren noch andere Zeiten. Und der Favorit war das Exemplar, mit dem man damals um die Medaillen und Pokale rang, gegen die Dopingwunder der DDR auf Germina und die anderen Nationen auf Köck, Köck, Köck und natürlich auf Köck. Bis in die 70er Jahre dauerten die guten Zeiten, dann sah man nicht mehr ein, schwere Böcke auf den Berg zu schleppen, wenn man doch ganz bequem mit dem Lift und den Ski jeden Berg bezwingen konnte. Und in Österreich waren manche normalen Rodel wie die von Bär aus Schwaz günstiger und andere von Gasser und Ebner schneller. Sehr viel schneller und flacher. Ich habe selbst drei Gasser Supersport aus jener Epoche: Bis zu 30 Jahre alt und immer noch so schnell, dass man sich nichts Schnelleres wünscht, wenn man noch seine Sinne beisammen hat. Ein guter Ruf allein macht nicht reich, und auch andere wie Bär oder Ebner mussten aufgeben: So war das eben in den 80er Jahren. Bis dahin baute Köck die alten Renner unverdrossen weiter. Dieser Favorit dürfte einer der spätesten sein.





Und ich glaube dem Vorbesitzer auch, dass er nur ein paar mal damit gefahren ist, denn auf den Kufen ist immer noch die Schutzlackierung weitgehend erhalten. Holzkirchen liegt halt nicht am Berg, da muss man hinfahren und wenn man das macht, nimmt man doch eher die Ski, und man braucht auch mehr Platz im Keller. Und so ist das gekommen; hätte ich so einen in Innsbruck gekauft und hätte ich bis dorthin fahren müssen, wäre es insgesamt teurer geworden als dieses nicht ganz billige, aber wunderbar erhaltene Exemplar mit zweierlei Holzfarben, Esche natur und mahagonifarben gebeizt. Viele Rodelbauer waren auch Möbelschreiner - Bär etwa gibt es bis heute - das erklärt, warum die Rodel manchmal von der ganzen Verarbeitung her an Wohnungseinrichtung erinnern. Eigentlich ist so ein Rodel ja auch nur eine Chaiselounge, nur eben mit Kufen und vorne einem Seil und nicht ganz optimal für, zugegeben, den Geschlechtsverkehr. Also, glaube ich. Probiert habe ich das auch noch nicht.





Jedenfalls, so also sah das Topmodell der damals berühmtesten Marke aus, sehr flach, 1,25 meter lang und 9 Kilo schwer. Genau das, was man gern in der Hütte oder im Chalet herumstehen hat, immer griffbereit, um auf den Berg zu gehen. Mit Skiausrüstung würde man das nicht machen, aber so ein Köckster hat auch eine gewisse künstlerische, dynamische Form, die den Brettln einfach abgeht. Draussen pfeift der Wind, und der Schnee saust auf den Berg, drinnen dampfen der Tee und der Strudel, alles ist gut. Wer wissen will, ob er so einen Köck Favorit kaufen soll: Neue Rodel sind wendiger. Aber nicht so elegant. Aber er ist schneller als ein Rokokoportrait mit Perlen, und eine bessere Anlage als eine Pixelparkaktie: Im Winter wird sich immer ein Käufer finden, zumal in Deutschland, wo man von den Ski wieder abkommt und feststellen muss, dass es hierzulande gar nicht so viele alte, feine Renner gibt.

... link (96 Kommentare)   ... comment


Beleidigender Erstschlag

Normalerweise sollte man ja warten, aber bei den Nichtkollegen der Welt habe ich schon mal vorher geschrieben, was ich von dem halten werde, was sie nachher so pseudokonservativ rülpsen werden.

... link (86 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 16. Februar 2013

Die grosse Katastrophe im Kleinen

Früher waren es 6 oder 8 Ster, und dann zogen sich die Holzstösse am ganzen Haus entlamg, bis vor zur Terrasse. Das war in der Zeit, als zuverlässig jedes Jahr das Land im Schnee versank, Woche für Woche, manchmal von November bis März. Da brauchten wir das Holz, und es war natürlich schön, vom Schlittschuhlaufen heimzukommen, und an der warmen Ofenbank zu sitzen. Einen Tag war man mit dem Holz, halb Buche und halb Fichte, gut beschäftigt, ein Spass für die ganze männliche Familie.







Dann kamen die Winter des späten 20.und frühen 21. Jahrhunderts, und die Klimaerwärmung. Man muss nicht drum herum reden: Es kamen Winter wie Frühling, und manchmal bliesen Stürme am ersten Januar die Eisschicht auf dem See weg, so dass wir surfen gingen. Das waren die Winter, in denen manchmal 1, 2 Ster übrig blieben und dann im nächsten Herbst wie Papier wegbrannten. Man macht das dreimal in Folge mit, und dann bestellt man weniger. Manchmal reicht es, manchmal muss man nachbestellen. 2008 war ein Jahr, in dem von den 4 Ster etwas übrig blieb. Diesmal kommen nochmal zwei Ster dazu.Denn es ist trotz des globalen Temperaturanstiegs ein richtiger Winter, auch im Flachland. Man kann wieder von zu Hause aus losloipen, wenn man will. Ich dagegen habe anderen Sport.







Vielleicht wird das später mal so sein, wie die sinnlosen Pelzmäntel in Italien, die auch bei 20 Grad um Ostern herum noch getragen werden: Eine Tradition, etwas, das man so macht, weil man es gern knistern hört, und weil ein Kachelofen da ist. Aber man braucht es nicht mehr unbedingt, wenn draussen alles matschig braun und feuchtkalt ist. Das wird dann so eine sinnlose Tradition wie die Knöpfe an den Jackenärmeln sein, und die Älteren werden dann erzählen, wie das war, als man hier am Damm noch Schlitten fahren konnte: Damals war dort Schnee und dahinter kein alljährliches Jahrhundertfluthochwasser. Und man wird nicht mehr so entsetzlich viel essen, denn man hat auch nicht mehr so viel zu tun, wenn die Seen nicht gefrieren, und zwei Stern für den ganzen Winter reichen.







Wie all die Ster von Fichte und Buche werden sich dann auch die Erinnerungen auflösen und verschwinden, man wird sich arrangieren und hier, fern der Meere, wird nicht viel passieren. Die Bauern, die heute noch jammern, werden vielleicht gentechnisch verändertes Getreide bekommen, das keinen Schnee als Isolierung vom Frost braucht, die Äpfel blühen eher und sind lange schon reif, überreif, wenn das Restholz kommt. Die alte Welt ächzt in den Fugen und die neue Welt wird sie vermörteln, damit alles wieder gut aussieht. Es gibt keine Gründe, bewusst zu leben, wenn man bewusst Probleme vermeiden und die Folgend es eigenen Handelns anderen aufbürden kann. Für ein paar Euro würde man auch einen Bulgaren finden, der einem das Holz trägt, und auch ohne Apfelstrudel.

Aber wir sind nun einmal so, wie wir sind. Und wenn es doch bis März dauern sollte, kommen eben nochmal zwei Ster. Hauptsache, es brennt im Herbst nicht weg wie Papier.

... link (19 Kommentare)   ... comment