: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 16. Juni 2014

Fragen, die ich habe

Das ist die Nadel am Penser Joch, und drei Kilometer davor hätte mich mal beinahe ein Raser in den Abgrund des Bergwalds geschoben. Ich habe ein enorm schlechtes Gefühl gehabt, und bin ganz langsam gefahren. Ich habe das gespürt. Ich bin kein Esokrempelgläubiger, aber ich glaube an Instinkte. Es gibt zum Beispiel einen Bergrücken, an dem ich dreimal einen Aufstig abbrechen musste und danach beschlossen habe, ihn nicht mehr zu gehen. Aber obwohl es hier einmal nur um Zentimeter ging, habe ich keine Probleme mit der Strecke. Ich mag das Penser Joch, besonders diese Nordseite.



Und trotz allem sind wir hier so runtergefahren, dass ungefähr hier die Bremsen des sich bedrängt fühlenden Opel stinkend den Geist aufgaben. Da sind viele Flicken im Asphalt, und es sieht recht abenteuerlich aus, wenn im Rückspiegel zwei Rennradler im kurvenreichen Formationsflug angebraust kommen.

Dieses Bild kann man übrigens vom Aito aus so nicht machen, es gibt keine Stellfläche, und man kann hier auch nicht raus. Mit dem Rad geht das. Mit dem Rad geht vieles, wenn man nur will.

Vor allem kann man nachher sagen, dass man auf 2211 Meter Höhe war. Mit dem Rad.

Wer kann das schon von sich sagen?



Die ganzen "Ihr seid viel zu fett"- und "Ihr ernährt euch falsch"- und "Ihr müsst mehr auf eure Gesundheit achten"-Freaks jedenfalls in aller Regel nicht. Es gibt wirklich viel davon, sie heissen Ehefrau und Geschwister, Freunde und irgendwelche dahergelaufenen Deppen, die meinen, sie müssten sich einmischen.

Und die ultimative Antwort, die ich dann gebe, ist:

"Fahr erst mal innerhalb eines Tages mit dem Rad erst auf den Jaufenpass und dann noch auf das Penser Joch. Ich warte dann droben auf Dich und wenn Du noch lebst und noch den Mund für etwas anderes als eine Bestellung von Kasnocken aufbekommst - dann, mein Lieber, höre ich mir das gern nochmal an."

Das wirkt immer, denn beide Pässe sind enorm einschüchternd, wenn man sie kennt und eine unfassbare Bedrohung, wenn man sie nur vom Hörensagen kennt. Ich habe sie ja auch lange Zeit für unbezwingbar gehalten, was sie aber überhaupt nicht sind - sogar ich schaffe das. Trotz Vitamin Marzipan, Fett und Butter, trotz meines Alters und des Umstandes, dass ich nicht der sportlichste Mensch dieser Erde bin. Wenn ich das kann, kann es so gut wie jeder und jeder hat diese Nerver an der Backe. Und gleichzeitig ist das Wissen, so etwas vollbringen zu können, jederzeit, wann immer man Lust hat, das wirklich gute Gefühl mit dem Körper. Zigtausende fahren im Tal, nur wenigen ist es vergönnt, hier anzukommen, und dabei könnte es doch zur inneren Zufriedenheit betragen.



Die das Wichtigste für die Gesundheit und das Leben ist.

Und deshalb frage ich mich, ob man darüber nicht mal schreiben sollte. Wie das ist, wenn man zu den Bezwingern solcher Pässe gehört und von da an alle Kritiker mit einem Satz zum Schweigen bringen kann. Denn so einen Pass, den kann einem keiner mehr nehmen.

Einerseits sollte man wirklich etwas fitter sein. Aber andererseits auch jene abwehren können, denen es nie genug ist und die einen mit all den Bildern und Idealen für immer unter Druck setzen. Dagegen ein im Stil der verfressenen 50er Jahre aufgemachtes Buch für jene, die Torten mögen und das Gefühl, oben anzukommen, ein Buch, das hilft und versteht, statt unter Druck zu setzen, eines, das es gut meint mit den Willigen und nett ist zu denen, die keinem Ideal entsprechen wollen, sondern nur sich selbst und das gern noch etwas länger. Und so nett geschrieben, dass man es auch lesen kann, wenn man lieber unten bleibt, oder denkt - na, für den Anfang tut es auch die Neureuth oder der Weg zum Schliersee.

Ein netter, kleiner, behäbiger Verführer, der viel freundlicher daherkommt als die Freaks oder auch die Warnschüsse, bei denen man nie weiss, ob sie daneben gehen wie damals am Penser Joch dieser Raser, oder vielleicht doch nicht. Das kleinste denkbare Übel ist so eine Passfahrt, denn natürlich bringt sie einen an Grenzen. Aber diese Schmerzen sind nur Schwäche, die den Körper verlässt, und danach gehört man zum 2000er Club.

Cita Mors Ruit, schnell eilt der Tod, sagt der Lateiner, aber auch ihn macht der Pass langsamer, und ganz ehrlich, was ich jetzt zwangsweise sein muss, weil es diesmal offensichtlich und öffentlich ist: Ich war in den letzten Jahren viel zu oft auf sinnlosen Beerdigungen.

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Sonntag, 15. Juni 2014

Weiter

Das Blog und seine Bilder sind wieder da.

Danke, Dirk Olbertz, herzlichen Dank.

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Donnerstag, 12. Juni 2014

https://stuetzendergesellschaft.wordpress.com/2014/06/12/das-war-ein-schirrmacherblog/

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Mittwoch, 11. Juni 2014

Die Esche

Die Esche ist so gut wie nie auf den Bildern, denn besonders schön ist sie nur von der Bergseite her. Und wenn ich sie sehe, kann ich schlecht die Kamera benutzen: Dann quäle ich mich eine steile Rampe hoch, die mehr als nur der Vorgeschmack der Alpen ist. Die Esche lugt irgendwann nach viel Gekeuch über die Kante der Steigung hinweg und dann weiss ich, dass ich das Schlimmste geschafft habe. Aber das ist dennoch nicht der Moment, um zur Kamera zu greifen.

Die Esche ist genau so weit von der Terrasse entfernt, dass diese im Hochsommer drei Stunden im Schatten ihrer Blätter ist. Auch dieses Licht kann man nicht abphotographieren, es wird nie so schön expressionistisch, wie es ist - man müsste es malen. Seit gut 150 Jahren steht die Esche hier und sie kann sicher noch zu einer Zeit hier stehen, da ich nicht mehr bin - sie ist das Symbol der Anlage und im Sommer ein Segen. Im Winter steht die Sonne so tief, dass der Schatten ihres Stammes nach nur einer Stunde die Wohnung durchlaufen hat. Das sind so Details, die man zu schätzen lernt.

Und sie ist unverwüstlich. Sie wurde schon mehrfach beschnitten und jedesmal trieb sie kräftig wieder aus. Um den Stamm rankt sich Efau, aber der kann ihr nichts anhaben. Ich habe in ihrem Schatten sechs schöne Sommer zumindest teilweise verbracht, und die letzten Tage, als es auch am See fast 30 Grad warm wurde, und alle Welt Richtung Norden stöhnte, war es in ihrem Schatten einfach nur - angenehm. Sehr angenehm. Ich musste die Augen nicht zusammenkneifen, ich habe nicht geschwitzt. Ich ging in der Früh an den See, als noch keiner da war, und als alle kamen, nach Hause in den Schatten unter dem Baum.

Die Rosen verblühen hier nicht so schnell, es nisten darin Amseln, und um sie herum ist eine Lücke in der Hecke, durch die ich Kühe sehe, wenn sie unten auf der Alm sind. Ich wünche dieser Esche ein langes, langes Leben und mir selbst noch viele Jahre von diesem Privileg, unter ihr zu sein. Denn was bringt der bestbezahlte Job des Landes, wenn man ihn nur mit Klimaanlage aushält und die Lamellen der Industrievorhänge verstellen muss, während draussen die Stadt kocht.



Ich mache nachher mal ein Bild von ihr. Aber im Moment sitze ich gut, zu gut und es gibt noch ein Stück vom Zitronenbaiser, das ich für das Bild aus dem Baumschatten dahinter heraushalte.

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Dienstag, 10. Juni 2014

1:55

Ich hetze nicht auf den Berg, denn der Berg braucht seine Zeit und wer sich die nicht nimmt, ist schneller in der Ewigkeit, als ihm lieb ist. Trotzdem bin ich mit einer halben Stunde auf dem Bankerl in weniger als zwei Stunden hinauf und hinunter gekommen. Und dabei hat mich auch nicht die Wut getrieben, oder die Hitze, sondern einfach das Training der letzten Tage und meine Muskeln.



Ist "Jürgen Geuter" ein Begriff? Neben Michael Seemann und Christian Heller einer der Vordenker - naja, Denken ist da schon ein etwas zu lobender Begriff - der Post Privacy in Deutschland, einem Land, das immer wieder mal totalitäre Ideologien hervorbringt. Geuter wurde letzte Woche von Spiegel Online angeheuert, um Jaron Lanier niederzuschreiben. Meine Vermutung geht dahin, dass der Spiegel sich seine, sagen wir mal, bewusst gesetzte "Google kritisiert seine Freunde und Partner von der NSA"-PR-Story nicht durch den Umstand versauen lassen wollte, dass der deutsche Buchhandel dem Googlekritiker zur Unzeit Öffentlichkeit verschafft. Naja, und Geuter bettelt gerade in seinem Blog die Leser um ein paar Dollar an, um sich den Flug zu einer Konferenz leisten zu können. Offensichtlich reichen andere Fleischtöpfe für so eine Figur trotz allem nicht aus. Aber es ist halt typisch für die aktuelle Klingelbeutelmentalität im Netz und fast immer geht es um Geld, Geld, Geld für nicht mehr als irgendwas mit Internet.



Und wenn man Zweifel hat, ist man ein Spielverderber, der der Netzgemeinde schadet.

Der man viel zu selten eigentlich mit anlauf in ihren fetten, dummen, krautgefaulten Hintern tritt. Aber das habe ich in der FAZ jetzt vor dem Gipfelsturm gemacht, wie auch im Kommentarblog und daran kann die gute Zeit nicht gelegen haben. Das muss andere Ursachen gehabt haben. Wie etwa die Vitamine Fett, Zucker, Marzipan und Sahne.



So kommt man mit Freude und ohne Ärger auf den Berg.

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Freitag, 6. Juni 2014

Was

könnte einen hier schon aufregen?



Der negative Leitzins nicht.

Aber sehr wohl die Gothaer Versicherung, die ich, wäre ich dabei, jetzt verlassen würde. Und statt dessen ein lukratives Geschäft mit mehr Rente jenseits der FAZ aufziehen würde, in der ich darüber schreibe, wie auch im Kommentarblog. Das ist Notwehr.

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Donnerstag, 5. Juni 2014

Minuszinsen

Ich wurde gerade um vermutlich 10-20.000 Euro reicher. Auf dem Papier der Immobilienbewertung aber nur, und zudem in Euro. Also zusammengerechnet eher ärmer. Aber mei. Wo geht es zum nächsten Auktionshaus?

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Mittwoch, 4. Juni 2014

Dünnes Eis

Die Band Frei.Wild,. die wirklich unschöne Musik macht, hat eine nicht falsche, aber auch gern missbrauchte Textzeile in einem Lied, in der es um den Unterschied zwischen Heimatliebe und Nationalismus geht. Man kann es natürlich auch übertragen und sagen, nur weil ich Frau A liebe, verachte ich nicht alle anderen, und weil die Apfelstrudel von Prenn schätze, lasse ich nicht den vom Häusler stehen. So gesehen wäre auch einer "gefühlsbetonten Zuneigung zum Lebensumfeld mit klaren Präferenzen" nichts vorzuwerfen, selbst wenn ich aus Bayern komme und natürlich weiss, wie schnell das eskalieren kann. Aber das heisst auf der anderen Seite auch nicht, dass ich mir jegliche derartige Regung ausreden lassen möchte, wie das eine erstaunliche Hufeisenkoalition von neoliberalen Globalisierern und Linksradikalen gern ohne Rücksicht machen, beide übrigens mit dem gleichen Argument, dieses Kleinstaatdenken sei 19. Jahrhundert und man müsste die globalen Entwicklungen sehen. Pardon, ich bin nicht an den Tegernsee gezogen, um mir so einen Müll anzuhören Prügelt euch bitte draussen, danke.

In der Folge wird dieses mein ansatzweise auch vorhandenes Gefühl gern als dumme Sentimentalität oder gleich Nationalismus gebrandmarkt, und um da ein wenig die Unterschiede zwischen gangbaren Wegen und unmöglichem Benehmen herauszuarbeiten, habe ich am Beispiel der historisch gebeutelten Region Südtirol in der FAZ einmal aufgeschrieben, wie das ganz natürlich gut gehen kann, und auch im Kommentarblog finden sich Worte darüber, wozu das reichlich ungesunde Verhältnis der Deutschen führt. Es geht mir dabei um Trennschärfe für etwas, das sich eigentlich jeder Erklärung widersetzt, aber versuchen sollte man es mal.

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