: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 26. Mai 2015

Was wollen Sie mal werden?

Eine Beteiligte des Mobs, um den es hier geht, stand mal auf meiner Vorschlagsliste für Frank Schirrmacher: Feine, junge Autorinnen.

Eine andere Autorin machte dann den Anfang mit einer wirklich guten, sensiblen Geschichte. Nicht zwingend meine Geschichte, etwas ganz anderes, aber es kam gut bei den Lesern an - bei denen, die sie mitbrachte und denen, die von der FAZ kamen.

Die Beteiligte des Mobs hat sie dann öffentlich deshalb angefiest. Bei Twitter. Weil es bei mir stand, und das geht nicht. Vielleicht bin ich zu alt, aber Menschen, mit denen ich persönlich positiv bekannt bin, würde ich nie bei Twitter oder im Blog hinterrücks anfiesen. Besonders nicht, wenn es beruflich ist. Da gibt es immer noch Mails. Und es ist ja nicht so, dass in Frankfurt grosse Pfeile auf den Strassen kleben, die zur Hellerhofstrasse weisen, wo dann Diener neue Autoren empfangen: solche Übergriffe können schaden. Nicht mir, aber anderen, es kann sie verunsichern und zum Schweigen bringen, und so war es wohl auch gedacht. Sowas trifft leider oft die Sensiblen. Dass ich diese Vorschläge machen konnte, war ein deutliches Privileg. Und als das passierte, sprach ich gerade mit Schirrmacher. Das Drama lief direkt vor unseren Augen ab, und so wurde dann die Liste schlagartig kleiner. Leute, die ihren Freunden wegen der Publikationsform in den Rücken fallen, braucht man bei Medien nicht.

Was habe ich daraus gelernt? Menschen, die sich hinsetzen, nachdenken und kluge Kulturbeiträge schreiben, sind nur körperlich identisch mit den Irren, die aus ideologischen und asozialdynamischen Gründen ihre eigenen Freunde öffentlich bloss stellen. Es überrascht mich also überhaupt nicht. dass diese Person jetzt auch wieder dabei ist.

Was mich aber dann doch fassungslos macht: Solche Beiträge wie meiner gehen natürlich durch die Decke. Und da klemmen sich dann auch genug Leute aus der Leitungsebene diverser Häuser bei Twitter dazu und schauen, was passiert. Das war früher schon so, heute ist es Standardprocedere. Denn dieser Fall geht uns alle an. Und wer taucht auf und fiest mich an? Die gleiche, die damals schon auffällig und ausfällig wurde.

Und sie hat anscheinend kapiert, dass die Entlassung dieser Autorin des Westfalen-Blatts vielleicht doch nicht gewollt war, hat vielleicht sogar ein schlechtes Gewissen, sie ist vermutlich wirklich klug und kann reflektieren - und meint sich trotzdem mal eben unter voller Beobachtung durch haufenweise Medienhäuser als Wortführerin benehmen zu müssen, während dazu andere Ausgetickte aus ihrem Umfeld auch noch rumpöbeln. Tolle Vorstellung

Was ist denn das für eine Irre, lautet dann die Frage, die mir von Freund und auch einigen Eigentlichallesanderealsfreunden gestellt wird. Was soll ich da sagen?

Das wäre völlig egal, wenn sie auch nur eine Mitmach-Tröte wie all die anderen wäre, die das so nebenbei machen und morgen wieder im Sekretariat arbeiten. Ist sie aber nicht. Sie kann vermutlich wirklich was. Und sie will vermutlich da hin, wo man sie jetzt bestens kennt. Das ist keine Stimme aus dem Internet. Das war eine, die eine von uns sein möchte.

Ich finde den gesamten Vorgang, der da von den Grünen in Zeiten es Pädoskandals abgezogen sagenhaft übel. Es hat eine Frau enorm viel gekostet und genug, dass ich finde: Das reicht, solange man nicht Personen wie Charlotte Obermeier und Volker Beck direkt zur Verantwortunmg ziehen kann. die dem Mob und den Mitläufern mit Verfälschung und Dank voranstanden.

Aber der Fall wird zusammen mit Münklerwatch Folgen haben. Keine Ahnung, wie viele Leute die taz ernähren kann, aber sowas verringert nun mal Chancen im normalen Betrieb enorm.

Zu Risiken und Nebenwirkumgen frage man die Faserpiratin.

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Samstag, 16. Mai 2015

Norm, Status, Privileg, Gutheit und Offenheit

Unsere Welt neigt dazu, alles zu normieren. Nicht, weil sie böse wäre, sondern weil sie faul ist und kein Interesse hat, sich an Leute anzupassen, von denen man nicht weiss, ob sie morgen noch da sind. Früher lag das an der Pest und heute, im Westen, an unseren unendlichen Optionen. Es lohnt sich nicht für die Welt, sich da anzupassen.

Das versteht man vermutlich nur, wenn man irgendwie anders ist und im Weltgestrüpp nicht aus kann. Schwul sein ist nur eine Geschichte unter vielen. Es muss auch gar nicht immer so schlimm wie eine Behinderung oder eine schwere Krankheit sein. Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse gehört auch dazu, denn vieles davon kann man nicht einfach ablegen. Man wird halt geprägt und macht es so, wie man es kennt. Und vieles, was die Oberschicht automatisch tut, wirkt dann eben schrullig. Und in seiner Gedankenlosigkeit auch massiv provozierend. Andere Schichten haben sich das Unbewegliche bei der Welt und ihrer Unnachgiebigkeit gut abgeschaut.

Und Vermögende kaufen sich dann dafür entweder Raum, wenn sie viel Geld haben, oder eben Ausnahmeregelungen, wenn es nicht ganz so viel ist. Es gibt dann noch immerhalb der Reichen so eine Art Unterschicht. Leute, bei denen es gerade eben so zum guten Leben reicht, aber nicht zur totalen oder auch nur zeitweisen Abschottung. Vermutlich gehöre ich dazu, selbst wenn das von Aussen anders wirken mag und vielleicht sogar angesichts der derben Unterschiede so ist. Ich kann trotzdem nicht tun, was ich will, ich muss meine Privilegien schon bewusst und gezielt einsetzen. Ich kann sie nicht verschwenden. Ich muss mir im Klaren darüber sein.

Das bedeutet auch, dass es um mich herum eine gewisse Grenzschicht gibt, die anders ist. Man muss wissen, was passiert, was sich verändert, was Sinn macht und was man kaum brauchen wird. Immerhin, wir sehen da zumeist eine lange Geschichte und wie schnell sie vergeht - wir haben da sowas wie einen Riecher für das Wesentliche. Da ist so ein automatischer Denkvorgang, der einen fast schon instinktiv dazu bringt, genau so weit zu gehen, wie es sinnvoll ist. Und dann zu schauen, was passiert, wenn sich andere zu weit vor wagen. Man muss ja nicht mit. Man kann auch etwas ausharren. Aber dafür muss man offen sein, lesen, überlegen, reden, debattieren und sich darüber bewusst werden, wie andere das sehen. Ein anderer Standpunkt ist keine Beleidigung, sondern eine Option, eine Alternative oder eine Gefaht. Man muss das kennen. Dann kann man auch mit meinen begrenzten Mitteln gut leben.

Ein wenig versuche ich ja auch zurück zu geben, denn mein Blog bei der FAZ eröffnet Sichtweisen, die auf den ersten Blick vielleicht schrullig sind, aber andere treffen immer wieder auf Leute, die Privilegien haben und so denken, wie wir das tun - da kann es sinnvoll sein, diese Prinzipien zu begreifen. Ich mag es, wenn Leute das lesen und auch hinterfragen. Man wächst daran. Man versteht. Man wird schlauer. Und wenn es jemand anders sieht, tut es praktisch nie jemandem weh.

Tatsächlich ist meine Position so komplex, was die Umgebung angeht, und so einfach, wie ich das sehe, dass ich super damit klar komme und gleichzeitig genau weiss, wie höllisch das für andere wäre. Die Welt macht es anderen einfach, sofern sie die Normen repektieren, ich mache es mir einfach und halte Abstand von dieser Welt. Das macht manchmal vielleicht ein klein wenig einsam, weil manches nicht zusammengehen will, selbst wenn man spürt, dass es unter anderen, weniger komplexen Bedingungen ginge. Und es macht grau. Das System ist nicht so angelegt, dass man so leben und wirklich gut sein kann. Über Gutheit kann ich hier nur lachen, denn natürlich kommen die alten Seidenteppiche von Kinderhänden und natürlich sind die Glasschleifer der Kronleuchter nicht alt geworden, kaum älter als diejenigen, die die iPhones derer schrauben, die sich für gut halten.

Meine Ansicht zum Gutsein ist, dass dessen Grundlage der Ausschluss vieler Erkenntnisse ist. Viele würden sich übergeben, wenn sie erkennen würden, wie nah sie mir vielleicht sein könnten, also grenzen sie sich ab und imaginieren eine ganz andere Welt und sehr andere Sphären. Hauptsache, sie sind gut und sauber und besser als die anderen. Das Feine daran ist: Es kostet nichts, deshalb machen es auch so viele. Das weniger Schöne ist: Gutsein hat inzwischen wirklich was von "unterprivilegiert" oder, noch schlimmer "unterprivilegierter Stichwortgeber" an sich.

Ich mein, ich bin da ganz ehrlich: Natürlich bin ich nicht traurig über die körperliche Fülle der T,. denn darin drückt sich ihre innere Verfasstheit aus und wer es damit aushalten muss - das ist nicht nett, aber gerecht. Ich finde sie gradraus hässlich. Natürlich sollte ich ein wenig mehr Mitleid für die Leute haben, die der M. in Düsseldorf hinterlassen hat und für die armen Schweine, die ihm jetzt bei seiner öffentlich-rechtlichen Speichelleckertei in B. für Kleingeld zuarbeiten müssen, während um sie herum die Stadt reicher wird - aber solange die über mich herziehen, ist es halt so. und ich bin darüber stolz wie zehn nackte Neger. Eine Frau, die prima schreiben kann, macht lieber eine auf Proletin mit Gewaltanspielung, weil sie dafür gefeiert wird? Nur zu. Ich kann das prima mit anschauen und wenn es dann sozial zu hässlich wird, ist es nicht mehr wirklich nötig, davon zu lernen. Ob die schon mal das Wort Altersarmut gehört hat? Die Frage sollen andere beantworten.

So ist das hier. Ich kann, ich muss nicht, aber ich bin wachsam und lasse nichts liegen, ohne es mir angeschaut zu haben. Man muss nehmen, was man kriegen kann, und wenn es nur ein schlechtes Beispiel ist. So komme ich ganz gut durch das Dasein, ohne grosse Mühen und vermutlich sehr viel zufriedener als viele. Ich verzichte auf das Privileg, gut zu sein und freue mich manchmal, wie Leute mit ihrer verbohrten, lernunwilligen Einstellung über die Hürden stolpern, die ich klar sehe. Ich mag kein Elend, aber ich mag es, wenn Leute unterprivilegiert sind, weil sie sich selbst beschränken und weigern, andere Optionen auch nur zur Kenntnis zu nehmen.

Natürlich ärgert das viele, wenn es öffentlich wird. Warum nicht sie, warum nicht mit ihnen, warum der andere und warum sieht denn keiner, wie gut sie sind...

Naja. Sie sind halt nicht gut. Nur unterprivilegiert und mit einem derben Knick in der Optik und äusserlich nur so mittelschömn, und wenn sie sich da in ihrem engen moralischen Verschlag zu sehr rühren, nicht mehr weltkompatibel. Es liegt nicht an mir, Hauptsache ich muss das nicht teilen, dieses gute Schicksal, wo man keine Mohrenlampe haben darf.

Und deshalb mögen sie die Mille Miglia nicht und die Bonzenviertel und halten sich die Ohren zu, wenn andere vorüber brausen. Aber gut sind sie, und links, und recht haben sie auch und da sitzen sie dann und hoffen, dass mal einer liegen bleibt und sie ihn bis auf die Knochen abnagen können, mit ihren spitzen arischweissen Zähnchen in den verbitterten Mäulern. Die Unterprivilegierten in ihrem Weltverhau.

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Freitag, 15. Mai 2015

Nicht an der Strecke

Es regnet immer auf der Mile Miglia. sie wurde extra um zwei Wochen nach hinten verlegt, damit es weniger regnet, aber auch dann regnet es. Diesmal regnet es also am Freitag und ich bin heilfroh, mir nicht den Stress mit zwei Übernachtungen in Rimini und Rom angetan zu haben, mit der Suche nach WLAN und einem Zimmer, das ich nur in den Momenten vor und nach dem Schlaf sehe. Früher war er Start nochmals erheblich früher, da musste man um fünf Uhr morgens raus. Ich will das nicht. Ausserdem ist man ohnehin dauernd am Rande der Überlastung. Die volle Runde, verbunden mit nassen Strassen un zu wenig schlaf, ist allein einfach zu gefährlich.





Es sind die gleichen Autos wie am Vortag, nur eben im Regen und diesmal, das kommt erschwerend hinzu, fahre sie auf einer anderen Route. Kurven und Berge im Regen mögen noch gehen, aber am Meer entlang im Regen ist langweilig. Es war anders gedacht, Mare, il blu, dipinto di blu, aber so ist es nun mal, und während ich im Internet sehe, wo sich die Autos nach Süden sumpfen, bin ich lieber hier in Mantua und schneide Bilder.





Sie sind gar nicht so schlecht geworden. Früher war es ein unsagbares Geränge, durch das man sich boxen musste, um einen Blick zu erhaschen. Überall waren Menschen. Heute ist es fast ein wenig leer, Jurassic Park halt, und es ist offensichtlich, dass die Mille Miglia überhaupt nicht mehr das Grossereignis ist, das sie einmal war. Nicht mal mehr die Absperrungen am Start sind wirklich nötig. Diese Menschenfreiheit kommt den Bildern zu gute.





Aber an welcher Stelle ist die Begeisterung verschwunden? Ich kann das gebau datieren, der Knacks kam, als einer von der FAZ dort ein Werbeblog für einen Sponsor schrieb, und das war wirklich mies. Meine Meinung zu allem, was sich in dem Beruf mit auto beschäftigt, war damit nicht zu verschlechtern - es war erwartungsgemäss. Aber man bekommt halt reingedrückt, wie gross da das Interesse an Markenbilung ist. Deshalb achte ich auch darauf, dass so wenig wie möglich davon in den Bildern ist.





Bin ich vielleicht etwas kleinlich? Andere sind einfach so verschwunden. Ich weiss noch, was für Karawanen an alten Autos früher über den Brenner fuhren: Das ist vorbei. Haben sich die Leute satt gesehen, liegt es an Italien und daran, dass es zu viele Alternativen gibt? Ich weiss es nicht. Es betrifft aber auch Holländer, Franzosen, Engländer - sie alle fehlen. Die Krise vielleicht? Passt das Spektakel nicht mehr in dieses schwierige Europa? Auch die Russen sind weitgehend fern geblieben. Dafür sind die Preise jetzt sehr hoch.





Es ist seltsam. Es ist anders. Es ist gar nicht schlecht und ich mochte auch die kleinere L Eroica in Buonconvento. Aber da ist das Gefühl, dass sich etwas dem Ende entgegen neigt.

Vielleicht verlieren die Menschen einfach das Interesse an Mobilität, und starren lieber auf ihre Handies. Es gibt noch grosse Kameras wie meine und dann halt noch Handyknipser. Das reicht denen. Wie ihnen vermutlich auch ein Zugticket reicht, solange es nur billig ist. Schon komisch. Alle Bilder werden geklickt gross.

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Freitag, 15. Mai 2015

Am Start

Ich gehe zu meinem Auto, und da kommt gerade ein Deutscher und fragt, ob ich wegfahre.

Ja, natürlich, sage ich.



Danke, super, sagt er, und er ist wohl etwas in Eile, wegen der Mille Miglia.

Sie wollen zur Mille Miglia, frage ich.



Ja, die beginnt gleich, meint er.

Das wird jetzt sehr schwer für ihn, denn er ist heute sehr weit gefahren. Berliner Überführungskennzeichen an seinem alten Platt-VW-Käfer von Porsche.



Denn angeblich hat die Mille Miglia den Start auf Wunsch des Hauptsponsors nach vorne gelegt.

Die wollten ihre schönen Autos lieber am Tag vorführen.



Jahrelang ging es am späten Nachmittag los und in die Nacht hinein.

Heute sind sie bereits durch die verstopften Strassen unterwegs nach Rimini.



Keine gute Entscheidung, aber was soll man machen.

Ich habe zum Glück vorher nochmal ins Programm geschaut und bin dann auch recht hurtig aufgebrochen - kam aber genau zum richtigen Moment.



Er telefoniert hektisch mit einem Freund, der woanders einen Parkplatz sucht.

Wenn der auch eine Frau neben sich hat, dann hoffe ich, dass sie etwas anders dreinschaut als die Frau im Porsche.



Man muss kein Prophet sein um zu wissen, dass diese Nacht nur wenig erbaulich werden wird,

Ob ich denn ein Hotel in Rimini wüsste, fragt er mich.



Ich verneine und weise sicherheitshalber gleich darauf hin, dass das Wetter an der Ostseite Italiens eher mässig sein würde.

Vielleicht gleich nach Siena? Da kämen sie eh am Samstag durch, und Rom ist gar nicht so toll.



Ich sage das sehr behutsam und verlockend, denn wenn einer auf dieser Welt in solche Situationen kommt, dann bin ich das.

Ein einziges Mal schaue ich in das Programm, und genau dann war es wichtig.



Ich habe über tausend Bilder - anklicken macht tausend Pixel breit.

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Scamorza

Ich bin zurück in meiner alten Wohnung, räume mein Gepäck ein und als ich wieder in der Küche bin, sitzt eine Katze auf dem Fensterbrett und will herein. Das Fenster ist zweieinhalb Meter über dem Boden, aber sie kommt nicht nur hier herauf, sie balanciert auch auf dem schmalen Brett, hinter dem ein Fliegengitter ist, drückt sich durch ein kleines Loch darin und schaut dann herein, und will etwas.

Und ich habe nichts da.

Ausser Scamorza.

Den nimmt sie aber auch, und weil sie in der Nacht dann den ganzen Käse frisst, nenne ich sie so. Es ist übrigens ein Kater, er ist sehr anschmiegsam und blieb von der Vormieterin zurück. Die ist eine Weile weg. S. kümmert sich ein wenig um ihn, aber er hat wohl instinktiv gefühlt, dass er bei mir das volle Programm bekommt. Punkt Acht am Morgen fahre ich dann auch zum Supermarkt und decke mich mit allem ein, was man so braucht, um aus einem naturnahen Kater einen vorzogenen luxusprinz zu machen.



Grana Padano Trenta Mesi liebt er auch, aber das merke ich erst, als ich den vom Markt mit nach Hause bringe. Meine Räder stehen noch hier, die Stahlplatten am See klappern wie immer, den Uferweg haben sie neu asphaltiert und das Gewucher etwas beschnitten, und die Palazzi zerfallen, wie sie das schon tun, seitdem ich sie kenne.



Dieses Ankommen geht hier immer sehr schnell, die Leute kennen mich ja und manche wissen auch in Italien, was passiert ist, und haben sich schon gewundert, ob das Auswirkungen auf mich hatte: Haben doch manche Likalpolitiker hier sehr deutlich gesagt, dass sie mit dem Bild ihrer Region nach dem Erdbeben nicht zufrieden waren. In Italien hätten solche Ansagen Folgen Aber jetzt bin ich ja wieder da und werde bald auch in die Zona Rossa fahren.



Es ist viel los, zu viel, um gut zu sein, und an den Billigständen drängen sich viel zu viele Leute. Früher wäre es die Anlaufstationen für die Armen und Migranten gewesen, heute sind hier alle. Den Kampf um den grössten Arbeitgeber haben sie in Mantua verloren, und das merkt man sofort. Bei den Preisen zum Pranzo di Lavoro, die unter zehn Euro liegen. Aber immerhin, das Pranzo wendet sich an Lute, die noch Arbeit und Geld haben.



Aber wenn man nicht allzu genau hinschaut und die geschlossenen Geschäfte übersieht, ist eigentlich alles wie immer. Es ist Markt und die Leute kaufen hier ein. Hier und in der Apotheke. In meiner Salumeria jedoch, die am Markttag immer gesteckt voll war, muss ich kaum warten.

Dafür wartet daheim Scamorza auf dem Bett, wo er nicht hin darf, und überlegt dann, ob er lieber Scamorza oder Grana mag.

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Donnerstag, 14. Mai 2015

Mantua

Ich mag eigentlich das Gewohnte. Ich kaufe gern Colnagos, wenn ich sie günstig finde, weil ich weiss, dass sie gut passen. Ich mag silberne Gruppen, die sich schön polieren lassen, und wenn ich dann unterwegs bin, macht es mir nichts aus, immer die gleichen Strecken zu fahren - ich entdecke jedes Mal etwas Neues, denn für Wunder und Überraschungen ist überall genug Platz.



Ich war letztes Jahr allerdings kaum in Mantua. Nur eine Woche, um genau zu sein. so kurz war ich dort seit 2007 nicht mehr und einiges kam da zusammen: Einerseits ein milder Winter, der die Pollensaison auf ein halbes Jehr verteilte und mich nicht nach Italien zwang. Es gab daheim auch viel zu tun. Ich war dort zur Mille Miglia und wollte ein paar Wochen später wieder kommen, aber dann starb Frank Schirrmacher, und es begann eine lange Zeit des Abwartens. einen Tag, auf der Rückreise von der L eroica war ich dort, und was ich sah, war nicht wirklich schön: Mantua hat wirklich schwer gelitten. Im reichen München tanzen die Kinder im Brunnen und dort unten würden sie gern weg.



Zu Beginn der Krise sagte ich, dass sie sich doch umschauen sollten - sie lebten an einem der schönsten Orte der Welt, und so viel war möglich. Kann es wirklich schlimm in einem Ort sein, der gleich drei Geschäfte für feine Schreibwaren hat? Letzten Herbst war nur noch einer davon übrig. Es gibt einen phantastischen Caccioricotta bei Zapperoni - aber Zapperoni gibt es nach fünf Jahrzehnten nicht mehr. Das alles weiss ich, als ich in den absurd teuren Wagen steige, in dem ich mich angesichts der Krise deplatziert fühle, und hinunter fahre. Es wurde auch manches besser, Gianni und Nina, das weiss ich, haben es vom Corte inzwischen zum Agrotourismo gebracht, und Francesca geht es nach der Arbeitslosigkeit prima. Bei Amazon. In Deutschland. Sie ist jung und flexibel und kommt damit klar. Aber brutal ist es für jene, die noch während der Krise Wohnungen auf Kredit gekauft haben: Die kommen da nicht mehr raus. Und Mantua ist aufgrund der Entwicklung momentan eher eine schrumpfende Stadt.



Campagnolo hat seine Produktion übrigens nach Rumänien verlagert. Lauter solche Geschichten weiss und höre ich. Ich kaufe italienische Rennräder, solange sie es noch gibt - was nachkommt, hat einen italienischen Namen auf fernöstlichem Carbon und Alu vom Balkan oder Malaysia oder China - Weltmarkt halt. Die hiesigen Marken gingen pleite und wurden verkauft und kommen als Namen zurück aus Fernost. Nur ich hätte das aus Gründen des ausgleichs gern wirklich aus Italien. Denn das, was sie erleben, haben sie nicht verdient.

Und all das werde ich jetzt wohl zu sehen bekommen. Das wird nicht einfach.

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Mittwoch, 13. Mai 2015

Die Natur der Schwäne

Wer am See wohnt, der weiss natürlich, dass es keine Schwimmvögel gibt. Es gibt nur uterschiedliche Gattungen von flugtauglichen Schwimmratten, und deren grösste, brutalste und gemeinste Form heisst Schwan. Schwäne haben keinen Respekt vor Menschen und fallen sie auch an, wenn ihnen etwas nicht passt. Sie wissen genau, dass sie sich das leisten können, und so geben die Münchnerinnen am Ufer ein nettes Spektakel ab, als sie die verruchte Bestie nach der Anlandung nicht gleich wieder verscheuchen.



Denn in München hält man den Schwan für so etwas wie ein Einhorn mit Federn und nicht für eine Ratte, die gleich beginnen wird, sich über die Tasche her zu machen und dann auch noch die rechte Dame in den Fuss zu beissen, als sie die Tasche wegzieht. wir Einheimische kennen das Viech, sitzen oben in sicherer Entfernung und wissen natürlich, dass das passiert. Das Viech kommt nicht, um Frauen ein Spiegelbild ihrer selbst zu geben, sondern zum plündern. Wir wissen dass und halten den präventiv auf Abstand. Der findet auch so genug, und so bleibt uns mehr.



Der erste richtige Sommertag am See, übrigens, heiss und trocken. Das ist lyrisch genug, wer Käse hat, brauht keinen Schwanengesang. Die Eisheiligen stehen noch aus, aber es ist schon fein, so wie es ist - und der Schwanratz andere belästigt.

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AfD vs Piraten

Die gute Nachricht ist, dass Parteien besser fahren, wenn sie weniger twittern. Die andere gute Nachricht ist, dass die Linksbizarren jetzt die PDS infizieren. Und wenn die AfD untergeht, dann bitte intakt und maximalel 4,9-Prozent-Schaden für die anderen Parteien.

Lucke schafft das schon, sage ich in der FAZ.

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Sonntag, 10. Mai 2015

Anders. Aber anders.

Anfang der 90er Jahre entstand in München das Hans-Sachs-Strassenfest der schwulen Szene. Naturgemäss kenne ich es erst seit dem Ende jenes Jahrzehnts intensiv, als ich dann selbst in München die Jungs von Radio Uferlos kennenlernte. Nach Ansicht meiner Freunde aus der Szene hatte es viel von seinem Charme verloren, wobei nicht jede Veränderung schlecht war: Ziel war das Werben um sexuelle Freiheit, und da ist ein Graubereich zwischen Emanzipation und Missbrauch, speziell, sobald es um Minderjährige geht. Ich tue mir mit den aktuellen Regelungen gleichzeitig leicht und schwer - ich würde nicht wollen, dass ein Kind in der Pubertät schon seuelle Beziehungen mit erheblich Älteren pflegt - selbst wenn ich weiss, dass wir eine küstlich verlängerte Kindheit haben, die es so nur heute und nur im Westen gibt.

Pädophile argumentieren oftmals ähnlich und ich denke, die geistige Offenheit und Toleranz, die in der schwulen Szene, sofern man von "der" Szene sprechen kann, herrscht, zieht sie an. Daher traten Aktivisten auch auf diesem Fest auf. Es ist elend schwer, hier über den passenden Ort eine Entscheidung zu treffen, aber meine Sicht der Dinge ist, dass man sich mit ihrem Standpunkt auseinander setzen sollte - ich lese ja auch das Parteiprogramm der CSU im Original, den Twitteraccount einer Spongebobunterhosenverkäuferin aus Berlin und Indymedia. Es bringt wenig, solche Interessensgruppen zu ignorieren, man muss zumindest mal schauen, warum sie was fordern. Wenn solche Leute ein Anliegen haben, mag es auch moralich falsch sein - so sollte man doch darüber reden können, um zu verstehen, was sie wollen. Den früher verbotenen Schwulen ging es ja auch so.

Aber sie sollen das nicht auf diesem Fest machen, meinte die Gründerin des Frauenzentrums KOFRA Anita Heiliger, und trat dagegen Mitte der 90er Jahre in Aktion. KOFRA stammt noch aus den Achziger Jahren und damit der Latzhosenepoche; radikal, autonom und so erfolgreich, dass ich es seit jeher nur als winzigen Laden im Klenzeviertel mit wirren Texten an der Tür kenne, die ich gleichwohl lese. Sexuelle Gewalt ist ein grosses Thema bei KOFRA, und Sex mit Minderjährigen oder Prostitution lehnen sie radikal ab. In der schwulen Szene wiederum sind da die Übergänge zwischen Darkroom und zugesteckten Scheinen fliessend. Und an dem Punkt scheiden sich die Geister so, dass die Feindschaft recht offensichtlich wird: "Pädokriminelle", dieses Wort verwendet Heiliger. Und das wiederum apelliert an schwule Urängste, zum Pädophilen abgestempelt zu werden. Als ob es nicht genug andere Probleme von der AIDS-Hilfe bis zu Alterswohngemeinschaften gibt - nein, KOFRA meint beim Thema Schwulenbewegung auf Töne setzen zu müssen, die auch von der CSU kommen.

Gleichzeitig ist KOFRA recht lang in München vor Ort und hat durchaus Einfluss auf das, was in München als Frauenpolitik gilt: Unterstützung von Alice Schwarzer bei ihren sexfeindlichen Kampagnen zum Beispiel. Auch da wird so eine Art Querfront mit reaktionären Kreisen und Latzhosenpolitikerinnen aus dem Sozialbereich geübt. Es ist nicht leicht, zwischen den Standpunkten von Heiliger und KOFRA zu differenzieren, aber in der schwulen Szene und bei, sagen wir mal, gehobeneren und weniger autonom agierenden Lesben wird Heiliger nicht sehr geschätzt. Einfach, weil die das Bild ihrer Szene prägt und mit Hilfe des Sozialreferats auch nach vorne stellen kann.

Die schwule Szene ist übrigens schon vor dem Aussterben und der moralischen Bankrotterklärung der natürlichen Feinde etwa im kirchlichen Missbrauchsskandal in sich selbst zerkracht, aber sie ist vielschichtig, und man kann sich dort aus dem Weg gehen und anderweitig Spass haben. Eine grösere lesbische Szene gibt es in München nicht - manches läuft bei den Schwulen "so mit", wie früher im Morizz und immer noch bei der Rosa Liste, aber nach meiner Meinung hängt denen ansonsten FOFRA wie ein Klotz am Bein. "Ich bin schwul und da müssen wir was tun", sagen die Männer, "Ich habe eine Partnerin", sagen die Frauen in meinem Bekanntenkreis und das war es dann schon wieder. Lesbentum hat autonom politisch zu sein und wenn es das nicht ist, kann man sich ja anschauen, wie KOFRA gegen Rosa Liste und Hans-Sachs-Strassenfest agitierte.

Wir sehen etwas Ähnlichen natürlich auch gerade beim Netzfeminismus, aber ich will das nur als Hintergrund erwähnt haben, weil Hadmut Danisch bei seinem Besuch bei der grünen Bundestagsfraktion den Eindruck erweckt, die Grünen könnten über ihr Speichellecken bei den krassen Rändern der Bewegung neue Kräfte bei "den Schwulen" einfangen. Der Kern der schwulen Bewegung hat die Schnauze voll von all den Randgruppen, die mal ein Transparent hochgehalten haben und nun denken, ALLE Schwulen müssten sich nun für ihre Forderungen bis zur letzten Patrone einsetzen - auch wenn diese Ränder seit Jahren der Szene vorwerfen, sie seit fett und träge und nur noch an Party interessiert, was ich wiederum als Bayer nach den Jahren mit Uhl und Gauweiler verstehen kann: Nichts hassen die Rechten mehr als glückliche, zufrieden Schwule, die gut integriert und sympathisch sind. Und nicht a soichane Zwiedawuazn und Bissguakn wie das, was die Grünen da einladen.

Denn Genderstudies sind eine relativ neue Wissenschaftsvortäuschung aus der Soziologie, und treffen bei der schwulen Szene auf ein längst gefestigtes Weltbild. Da wehrt man sich mit Händen und Füssen gegen die Vorstellung eines Gender Mainstreamings, das nicht die Toleranz für andere Einstellungen fördert, sondern versucht, Normen abzuschaffen und andere zu zwingen, ihre Ansichten über andere aufzugeben. Wie etwa Lederschwule über Theaterschwule. Da gibt es längst so eine Art schwulen Burgfrieden in unserer Gesellschaft, und von da aus könnte man auch weiter machen - statt dessen kündigen der radikal-lesbische Flügel diesen Frieden auf, und will die Gesellschaft auf ihre Linie bringen. Nach meinem Gefühl wird das noch nicht mal bei den Grünen was. Und ganz sicher nichts bei den Schwulen, die dank Heiliger, Schwarzer und anderen wissen, auf wessen Seite sie da in einen Kampf ziehen sollen, den sie früher vielleicht auch mal probiert haben, bevor sie dann den richtigen Weg über Verständnis und Kompromisse fanden.

Ich privat empfinde die friedliche Emanzipation der Schwulen von der strafrechtlich unterdrückten Minderheit zum selbstbewussten Teil dieser Gesellschaft als eine grössere Geschichte als die Wiedervereinigung. Die Jungs haben das durchgezogen, und sind nicht wie die autonomen Lesben in ihren Büros verschimmelt. Das ist keine berufsbeleidigte Szene, die nach Arbeitsplätzen in der Benachteiligungsopferindustrie sucht. Da mache ich mir wirklich keine Sorgen.

Die Querfront, die da entsteht, kommt eher im Kampf gegen Sex, Porno und Lebensfreude zusammen.

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Samstag, 9. Mai 2015

Mehr Prunk

Man muss sich doch heute nur mal die wenig auf ihre äussere Erscheinung achtenden Leute anschauen, die angeblich Kultur machen: Dann versteht man sofort, warum dieses Gschleaf aus dem akademischen Betrieb halt genau so bei niedrigen Kosten vor sich hin lebt, wie es eben in Berlin geht, bis sie die Gentrifizierung nach Leipzig und dann weiter nach Zwickau vertreiben wird. Ich finde die Verdrängung speziell der "kreativen" Kaste super, denn wenn die erst mal als abschreckendes Beispiel durch die Medien gehen, wenn ihre Arroganz sie in den Staub gezogen hat - dann malen ihre Nachfolger uns mal wieder das an die Decke, was zu unserer Verherrlichung und nicht zu ihrer kleingeistigen Olchokratie passt. Gut für uns und, wie man in Lucca sieht, gut für die Vorübergehenden.

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