Der Koch, die schwarze Brühe und Rotrotgrün

Ich denke, es gibt genau zwei Gründe, um Roland Koch dankbar zu sein.

1. hat er mit seiner Herrschaft in Hessen dafür Sorge getragen, dass man sich als Bayer mit dem CSU-Regime nicht mehr wie der allerletzte Depp in diesem Land fühlen musste. Die Existenz von Koch bewies: Es gibt andernorts Mehrheiten, die noch mangelintelligenter als Rottach-Egern und Neuburg an der Donau und Passau zusammen sind, selbst wenn man das allenfalls den Kärtnern zugetraut hätte. Bei uns hat das Böse und Schlechte wenigstens noch einen fiesen Humor und Lebensfreude. Erst der Blick nach Wiesbaden macht Bayern erträglich.

2. hat er mit dem Verhalten nach dem Scheitern von Ypsilanti durch vier Verräter aus den Reihen der SPD - Durchgriff beim ZDF, immer neue Affairen, Unbelehrbarkeit, reaktionäres Gekeife, Liebedienerei für den Bankenstandort Frankfurt - so wenig Einsicht gezeigt, so wenig dazugelernt, dass sich mancher heute fragt, ob es trotz unschöner Farbenkombination mit Ypsilanti nicht doch lustiger geworden wäre.



Das alles reicht nach meinem Dafürhalten nicht aus, um später einmal, sollte ich postmortal einen Posten in der Sünderverwaltung bekommen, den Vorrat an brennbarem Material in seinem Sektor zu klein werden zu lassen. Es ist noch nicht mal einen Eiswürfel pro Woche wert, denn nichts davon tat er mit Absicht, es waren nur Nebenwirkungen. Tatsächlich sehe ich die historische Rolle von Koch in dem von ihm ausgeübten Zwang auf die SPD, sich in Bezug auf neue Mehrheiten etwas einfallen zu lassen. Es bringt nichts, Wahlen wieder zu bestehen, wenn man am Ende doch wieder nur einen Rüttgers, Carstensen oder Koch vor sich sitzen hat. Und die Grünen in einzelnen Ländern ohnehin schon für die CDU offen sind. Sonst erstarkt man sich zu Tode, und hat auch keinerlei Druckoptinen gegenüber FDP und Union.

Ich weiss, dass Sigmar Gabriel allgemein belächelt wird, aber nach der Nominierung von Gauck ist die Minderheitsregierung in NRW der nächste Coup, der sich auszahlen könnte. Es ist endlich mal wieder ein Zeichen, dass die SPD an die Macht will und bereit ist, dazu auch harte Entscheidungen zu treffen - die, auch das sollte man sagen, nur begrenzt mutig sind, solange Union und FDP mit ihrer Nepotenschmonzette in Berlin noch unattraktiver wirken. Alternativen hatte man letztlich so oder so nicht, egal was manche Medien in Sachen demokratische Pflichten erfinden - an die sie sich selbst ohnehin nicht halten.



Für die CDU ist das Verschweinden von Koch und Rüttgers auch mal eine gute Gelegenheit, sich zu überlegen, was sie eigentlich noch sein wollen. Die SPD hat seit der Bundestagswahl eine erstaunliche Regenerationsfähigkeit gezeigt, die FDP ist auf dem Weg zurück in die Bedeutungslosigkeit, und all die Probleme im Umgang mit der Moderne, angefangen bei den Kirche und ihrem Niedergang über Bildung bis hin zu sozialem Ausgleich sind bei der Union bis heute nicht effektiv angegangen worden. Man wurschtelt sich als Kanzlerwahlverein und rechte SPD mit Wiertschaftsflügel halt so durch. Gestaltende Politik geht anders. Wenn die Kraft in NRW einen guten Job macht - was ich aber auch erst glaube, wenn ich es sehe - könnte es vielleicht doch mal passieren, dass in diesem Land die gefühlte Mehrheit regiert, und nicht die Lakaien der Bankvorstände.

Samstag, 19. Juni 2010, 16:54, von donalphons | |comment

 
...statt weiterhin am Tegernsee zu wohnen, sollten Sie nach diesem Statement schnellstens ins Kraft-Land NRW umziehen. In Haltern am See soll es auch schön sein...

... link  

 
Neinnein, ich will das Ende der CSU aus der Nähe betrachten.

... link  

 
Oh, lieber Don, rede du nicht über Politik in NRW. Die ist so anders, dass man es sich in anderen Bundesländern kaum vorstellen kann - in bayern schon gleich gar nicht. Frau Kraft war hauptberuflich sozialarbeiterische Unternehmensberaterin - also im Zentrum des hiesigen Filzes. Alle Sozen auf Subventionsposten in der Ruhrpottindustrie hoffen nun auf Ministerposten oder wenigstens als Frühstücksstaatssekretäre - die haben Hannelore zum Jagen getragen, nicht der Siegmar Pop.

... link  

 
NRW hat außerdem noch Köln und das Rheinland. Deren Politik-Filz (dort Klüngel genannt) reicht in direkter Erbfolge zurück bis ins Hochmittelalter, wenn nicht gar die Römerzeit.

Dagegen ist die Ruhrpottindustrie noch eine ganz neue Erscheinung.

... link  

 
Ja, ja, der rheinische Klüngel...
...ist nix gegen die tiefreichenden Sozenseilschaften im Revier. Da werden Ex-Bürgermeister auf Vorstandsposten zbV geparkt und alimentiert bis irgendwo wieder ein Rathaus erobert wurde. Und ohne Parteibuch bleiben Aufträge für Dienstleister außerhalb der Reichweite.

... link  

 
Seilschaften...
... sind doch aber der eigentliche Zweck der Politik. Warum sonst macht man das? Man möchte selbst versorgt sein, wieder und wieder, auch wenn einem der eine oder andere kleinere Skandal in die Quere kommt, und man möchte die eigene Leute versorgen, mit Posten, gerne aber auch mit Beraterverträgen und sonstigen Aufträgen. Putzig finde ich, dass der Don das ein wenig als Alleinstellungsmerkmal der CSU zu betrachten scheint, wo doch Parteien in anderen Bundesländern jahrzehntelang ebenso ausgefeilte Techniken darin entwickelt haben sich den Staat zur Beute zu machen. Im Land von Fischmaul Koch hat die 40 Jahre lang regierende SPD gar mit dem Helaba-Skandal die Mutter der bundesdeutschen Bankenpleiten hervorgebracht. Die CSU hat sich einfach nur etwas ausdauernder gehalten, das ist alles.

... link  


... comment
 
Bin anderer Meinung
Damit das hier nicht eine "wir sind uns ja so alle einig in unserer Ablehnung" Veranstaltung wird:
Koch war einer der besten CDU Leute. Die Partei bräuchte mehr davon und nicht lauter so sozialdemokratisierte Muttis aus der Uckermark.
Kein Wunder, dass es mit der Partei nun auch bergab geht.
Es fehlen einfach Merz und Koch Persönlichkeiten.
Erst hat Brioni-Schröder die SPD ruiniert, jetzt Mutti die CDU und Seehofer die CSU und über die FDP schweigt man besser.
Eine dumme Soße der Beliebigkeit allerorten.

Nein, ich will wieder Wehners, Strauß' und richtige Politiker!

So, jetzt kann man mich hier wieder als veranrwortungslosen Primaten titulieren !

... link  

 
Einer meiner zentralen Vorwürfe an Koch ist ja, dass er letztlich auch nur ein Nützlichkeitsreaktonär war. Es war der Freiraum, der sich ihm bot, und er hat ihn besetzt, solange er glaubte, damit etwas erreichen zu können. Bis er eben eingesehen hat, dass es nicht geht. Erinnert sich noch jemand an seine plötzliche Bereitzschaft, doch was mit den Grünen zu machen, als er die Wahl gegen Ypsilanti verloren hatte?

... link  

 
Was ist denn an Koch - bzw. seiner Art und Weise, Politik zu betreiben - gut? Das Lügen in Sachen jüdischer Vermächtnisse? Das Hetzen gegen Ausländer? Das Sparen auf Kosten der Bildung? Die Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkungen auf hessischen Autobahnen? Mir fehlt auch nur im Ansatz etwas, das ich im Blick auf die zehn Jahre Kochregierung als positiv bezeichnen könnte. Keine Visionen, keine Ziele, nur große Worte und kleine Taten.

Jedoch: trotz meines fortgeschrittenen Alters vermag ich mir auch in der Erinnerung den Strauß nicht schönreden. Er mag zwar nicht so trottelig aufgetreten sein, wie sein Kofferträger und Nachnachfolger Stoibär, aber den Strauß einen "richtigen" Politiker zu nennen, nur weil der körperlich kleine Strauß neben dem Personal, das diese CSU ansonsten ihren Mitmenschen zumutet, herausragt, halte ich für vermessen.

... link  

 
Natürlich wollte er lieber was mit den Grünen machen, als dass Y und die SED Hessen regieren.
Und zum Glück war er reaktionär.
ES brauchte eine Reaktion auf die rot-grünen Regierung.
Leider reagiert ja Mutti nicht auf Brioni-Gerd, sondern macht genauso weiter.

... link  

 
"Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen"
Helmut Schmidt

... link  

 
Wer Helmut Schmidt zitiert und sich einbildet, damit ein Argument geliefert zu haben, soll nochmal die Schulbank drücken.

... link  

 
...ad hominem ? ...mehr fällt Herrn Holgi nicht ein ?

Im übrigen: Herrn Ferrando ist zuzustimmen - und zwar umfänglich.

... link  

 
Wenn Koch einer der besten Leute gewesen sollte, über welche die CDU verfügt hat, so frage ich mich doch, warum dieser Spitzenmann sich zum Schluss nur noch auf Grund der Unfähigkeit der politischen Gegner halten konnte und nicht mit überzeugenden Wahlergebnissen. Bei der erneuten Wahl hatte Koch ja NOCH WENIGER Stimmen bekommen ...

Ja, doch, Spitzenpersonal, wirklich.

Neenee, Koch war "nur" ein recht skrupelloser Machtmensch, dem keine Taktik zu schade war, um sich an der Macht zu halten und der einfach den Bettel hinschmiss, als ihm klar wurde, dass ER PERSÖNLICH nichts mehr reissen konnte.

Ja, doch, Spitzenpersonal, wirklich.

... link  

 
Warum muss einem zu dem ausgelutschen Schmidt-Zitat, das übrigens auch nur ein ad hominem - allerdings ein implizites - ist, denn mehr einfallen?

... link  

 
Koch ist bzw. war doch genau der Prototyp von Politiker, der die Menschen von den Urnen wegtreibt. Und zwar brutalstmöglich.

Unter Spitzenpersonal verstehe ich etwas anderes.

... link  

 
Nach dem ad hominem nun auch ein tu quoque. Mit Verlaub, ist das heute vielleicht nicht Ihr Tag, Holgi?

... link  

 
Wer keine Visionen hat, soll zum Optiker gehen, oder weiter Buchhalter bleiben

... link  


... comment
 
Darauf hinzuweisen, dass die SPD
wieder an die Macht will, ist in der Tat angebracht. Denn das passiert ja viel zu selten ... So einmal im Jahrzehnt im Durchschnitt. Und manchmal auch mal ein ganzes Jahrzehnt lang nicht.
Die Union hat solche Ausfälle komischerweise so gut wie nie.

... link  


... comment
 
Don, für einen Bayern nicht schlecht...
Der Koch war eine Zumutung in Hessen.
Schöner Schlußsatz außerdem.

... link  


... comment
 
".......das Verschweinden von Koch und Rüttgers ...."
Sie haben ein ziemlich schwarze Seele, Herr Alphonso.

... link  

 
Die Macht...
...verschleißt nur den, der sie nicht hat.
Und wenn sich die SPD jetzt an Andreotti orientiert, kann es ja noch lustig werden...

... link  


... comment