1964
war ich noch nicht geboren und es war auch nicht absehbar, dass es dazu kommen sollte. aber auch vieles andere war nicht absehbar. Zum Beispiel, dass es Menschen geben könnte, die freiwillig in alten Häusern leben, wo doch jetzt so viele schöne, neue Blocks entstehen. Hätte man beispielsweise 1964 einen Stadtpalast mit Hinterhaus gehabt und hätte man das alles verkauft: Dann hätte man sich sogar einen Bungalow leisten können. So wie in Amerika. Mit flachem Dach! Und eine neue Einrichtung mit Furnier und einen Opel hätte es auch noch gegeben.
Dummerweise jedoch hätte man dafür den Stadtpalast alleine besitzen müssen, was aber manchmal bei Erbteilungen nicht der Fall ist. In dem Fall hätte man ihn gemeinsam verkaufen müssen, und dann wäre man immer noch begütert genug gewesen, sich mit einem Kredit den Bungalow zu kaufen.
Bungalows, die damals bestens gelegen waren: Nicht in der Stadt. An der Autobahn! Mobilität! Jederzeit losfahren! Mit Garten! So dachte man damals, 1964. Andererseits gab es noch eine Alternative: Ein Besitzer zahlt den anderen aus und behält den Rest. Das konnte 1964 niemand verstehen, diesen Drang, ein altes Haus zu behalten, wo es doch so schöne Bungalows gibt.
Gab. Heute muss man sagen "gab", denn die Bungalows sind nur noch Belastung für Grundstücke, und wurden während der letzten Jahre abgerissen. Auch wenn die Lage nicht gut ist, weil zu nahe an der Autobahn: Man braucht den Platz. Aber mit Bungalows kann niemand mehr etwas anfangen.
Kein Mensch kann sich heute noch vorstellen, dass ein imposantes Gebäude in der Innenstadt einmal so wenig wert war wie so eine undichte Kaschemme an der Autobahn. so wie sich damals kein Mensch vorstellen konnte, warum man in der Stadt in so einer bruchbude bleiben sollte. Hätte meine Grossmutter weniger auf ihre eigene Grossmutter gehört und mehr auf andere, würde man hier jetzt vielleicht darüber lesen, wie es ist, einen eilig gebauten Bungalow an der Autobahn zu erhalten.
So ist das mit den Menschen und dem, was sie zu wissen glauben. Wenn alle einer Meinung sind, muss etwas falsch sein.
Dummerweise jedoch hätte man dafür den Stadtpalast alleine besitzen müssen, was aber manchmal bei Erbteilungen nicht der Fall ist. In dem Fall hätte man ihn gemeinsam verkaufen müssen, und dann wäre man immer noch begütert genug gewesen, sich mit einem Kredit den Bungalow zu kaufen.
Bungalows, die damals bestens gelegen waren: Nicht in der Stadt. An der Autobahn! Mobilität! Jederzeit losfahren! Mit Garten! So dachte man damals, 1964. Andererseits gab es noch eine Alternative: Ein Besitzer zahlt den anderen aus und behält den Rest. Das konnte 1964 niemand verstehen, diesen Drang, ein altes Haus zu behalten, wo es doch so schöne Bungalows gibt.
Gab. Heute muss man sagen "gab", denn die Bungalows sind nur noch Belastung für Grundstücke, und wurden während der letzten Jahre abgerissen. Auch wenn die Lage nicht gut ist, weil zu nahe an der Autobahn: Man braucht den Platz. Aber mit Bungalows kann niemand mehr etwas anfangen.
Kein Mensch kann sich heute noch vorstellen, dass ein imposantes Gebäude in der Innenstadt einmal so wenig wert war wie so eine undichte Kaschemme an der Autobahn. so wie sich damals kein Mensch vorstellen konnte, warum man in der Stadt in so einer bruchbude bleiben sollte. Hätte meine Grossmutter weniger auf ihre eigene Grossmutter gehört und mehr auf andere, würde man hier jetzt vielleicht darüber lesen, wie es ist, einen eilig gebauten Bungalow an der Autobahn zu erhalten.
So ist das mit den Menschen und dem, was sie zu wissen glauben. Wenn alle einer Meinung sind, muss etwas falsch sein.
donalphons, 11:48h
Donnerstag, 17. November 2016, 11:48, von donalphons |
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arboretum,
Donnerstag, 17. November 2016, 12:47
Deine Großmutter war eine kluge Frau.
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stoiker,
Donnerstag, 17. November 2016, 20:19
Ein schöner Beitrag zum Schmunzeln, vor allem über den vorvorletzten Satz habe ich sehr lachen müssen. Wunderbar!
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booooster,
Donnerstag, 17. November 2016, 23:37
Mark Twain sagte dazu…
It ain't what you don't know that gets you into trouble. It's what you know for sure that just ain't so.
Und dem ist einfach so.
So wie heute "alle" fest davon überzeugt sind, dass ohne Binnen-I oder x die Welt untergeht.
Und dem ist einfach so.
So wie heute "alle" fest davon überzeugt sind, dass ohne Binnen-I oder x die Welt untergeht.
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trippmadam,
Freitag, 18. November 2016, 06:46
In meiner Heimat, wo alles zehn Jahre später ankommt als im Rest der Welt, grassierten die Bungalows erst Mitte der 70er Jahre. Ich kann mich erinnern, wie meine Cousinen versuchten, ihre Eltern zu überreden, das 1848 wieder aufgebaute "alte Haus" der Familie zu verkaufen und einen Bungalow zu bauen. (1847 hatte das Haus der Bahnstrecke weichen müssen und war dann Stein für Stein wieder errichtet worden.) Trotzdem wurden in der Bungalowzeit mehrere Bausünden an dem Haus begangen, wie der Einbau von Garagen im ehemaligen Kuhstall sowie der Abriss des Backhauses und des "Vorplatzes". Letzterer war eine Art überdachter Balkon mit Treppen auf beiden Seiten, über den man das Haus sozusagen im ersten Stock betrat.
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colorcraze,
Sonntag, 20. November 2016, 11:51
Tippen
Nachdem es vor einiger Zeit hier in dieser Richtung schon losging, äußert sich der Don selbst nun explizit:
http://blogs.faz.net/stuetzen/2016/11/20/bunte-kinder-deren-eltern-es-einmal-schlechter-haben-sollen-7141/#comment-140759
http://blogs.faz.net/stuetzen/2016/11/20/bunte-kinder-deren-eltern-es-einmal-schlechter-haben-sollen-7141/#comment-140759
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rollproll,
Sonntag, 20. November 2016, 20:12
hatte kürzlich auch das vergnügen einen 60er Jahrebau etwas näher inspizieren zu dürfen (ohne verblender und so gedöns) und bin nachhaltig überrascht, mit was für einer groben schlamperei selbst die begüterten abgespeist wurden. pfusch wie an nem englischen haus für die arbeiterklasse.
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