: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 17. September 2007

Nett, schon, irgendwie.

Keine Ahnung, warum ich beim Fahren an den Rhein immer das Gefühl habe, auf den Spuren der KdF-Touren zu sein. Der Rheintourismus ist zutiefst biedermeierlich bis historistisch, die Nazis konnten mehr mit Kühlungsborn und Besuchen beim faschistischen Freund Italien anfangen. Trotzdem, der Rhein hat sowas beklemmendes urdeutsches, irgendwie verhaftet zwischen Saarlandeinverleibung und Wirtschaftswunder, das sich hier in vielen Details gehalten hat.

Oben, auf den Hügeln, lässt dieser Eindruck etwas nach, auch wenn es hier voll ist mit neuer Bürgerlichkeit; schlimmer als in Münchens Theatinerstrasse: Hupende blondsträhnige Frettchen in Mittelklasseopels, rosa Kleinfamilien mit Retrokinderwägen, volle Schlossgärten mit Blick zum Fluss und dieses seltsame Gefühl, dass etwas aus der Adenauerzeit überlebt hat und nun wieder hochkommt; behaglich, modern, apolitisch und zutiefst angepasst.



Aber schön ist es, es riecht nach Wein, die Sonne brennt in die Südhügel, und ich stehle dem Fürst von X. ein paar Trauben, für die Süsse des Verbotenen, während H. von zwei mehr oder weniger bebalgten Paaren ein Erinnerungsphoto macht, das sicher schon 1856 ähnlich gemalt und 1956 in Schwarzweiss erstellt wurde.

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Sonntag, 16. September 2007

Unten am Fluss

Auf grösseren Booten sitzen ab und zu die Bürger, träumen von den Yachten auf dem Mittelmeer und Decks, die so gross sind, dass man darauf tanzen könnte, mit Perlenketten und weissen Anzügen.



Auf der Uferpromenade reden dagegen die Kids mit Caps darüber, wem sie was in Fresse geben, und glauben an ihre Zukunft als Gangsta mit ihren Schlampen, nicht wissend, wie kleinlaut solche Typen später werden, wenn sie was Blödes öffentlich gesagt haben und demnächst als kleine Sexisten dastehen könnten, die für einen peinlich berührten Lacher ziemlich viel zu tun bereit sind.

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Freitag, 7. September 2007

Die Rente ist unsicher

in schlecht bezahlten Gastrojobs, auch in der Munich Area.



Die ist auch nicht mehr das unbeschwerte Paradies der Leichtsinnigen, die sie mal war. Aber wenigstens gibt es hier noch real Business, während woanders schon wieder in Web2.0 überinvestiert wird.

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Montag, 3. September 2007

Man muss es so sehen.

Wenn man es schon sehen muss, weil man einen bayerischen Trachtenmarkt frequentiert, um den Wünschen der Gäste entgegen zu kommen:



In Sachsen würden sie vielleicht nicht tanzen, sondern in Springerstiefeltracht den Weg zum nächsten Wohnheim besprechen.



Ausserdem kann ich im schlimmsten Fall immer noch darauf verweisen, dass Greding in Mittelfranken liegt und somit eigentlich gar nicht Bayern schuld ist, wir sind da nur Besatzungsmacht dringend benötigte Aufbauhelfer.



Und hey, ich habe die Castingallee überlebt, ich werde auch das hier aushalten, zumal hier die Biertischsitten immer noch über denen von Mitte azusiedeln sind - Messer und Gabel in der jeweils richtigen Hand!

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Samstag, 1. September 2007

Scheissregion

Da lacht der Fremdenverkehrsverband: Nach den Experimenten an Frankensteins Monster und den Dunkelmännern der Illuminaten nun auch noch Berühmtheit dank erschlagener Bauern in Hinterkaifeck.



Könnte vielleicht mal jemand einen Bestseller über die positiven Seiten der Region schreiben? Meinjanur.

ok ok. mit unserem high end gammelfleisch ist das etwas viel verlangt.

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Donnerstag, 30. August 2007

Werber auf Ritalin

Nachdem Sascha Lobo und Katrin Passig bei der Jahreshauptversammlung der unerfreulichen Akte gegen das Sozialsystem (oder so) darüber ausliessen (http://podcast.9to5.wirnennenesar beit.de/9to5-20070825-0456-raumbremen-dinge_geregelt_kriegen.mp3, ab Minute 23), was für eine hilfreiche Sache die Einnahme des Medikaments Ritalin bei der Arbeit sei, und mit welchen Begründungen derArzt es einem verschreibe, möchte ich hier fragen und nochmal nachfragen:

1. Haben die Städte Berlin und Bremen nicht schon genug Suchtprobleme an der Backe, dass sie dann solche Kongresse auch noch fördern müssen?

2. Was macht eigentlich das Werbenetzwerk Adical, unterder Berücksichtigung der PR-Sondertouren von einigen angeblich durch Adical exklusiv vertretenen Bloggern?

3. Wenn laut Sascha Lobo die Adical-Werbung eine Kultur sein soll, die eine andere Kultur ermöglicht, und die Konflikte darüber die Folge einer Veränderung von der Subkultur zu einer Kultur sind - ist das Ausbleiben der schönen, neuen, angekündigten Adicalideen dann der Rückfall in die Subkultur, und gleichzeitig Kulturverhinderung?

4. Welche Rolle spielt bei sowas eigentlich das Medikament Ritalin?

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Mittwoch, 29. August 2007

Das war´s dann

Des miassn´S probiarn, sagte Frau Moretti und drückte mir das Glas in die Hand. Kalt war es, bitterkalt für Ende August, und ich sagte artig danke, auch wenn sie mir den Herbst und den Winter schenkte.



Mirabellen und Zwetschgen in Glühwein. Für mich Abstinenzler ist das ohnehin nichts, aber für die Armen, die in diesen schwarzen Tagen unter einem Himmel wie Blei in Urlaub fahren und hier verweilen, ist es vielleicht eine gute Sache. Wenn schon frösteln, dann wenigstens mit gefangener Sonne im Glas und dem Geschmack der Hitze im Sud, in dem die roten Kugeln schwappen wie ein toter Wal in der Nordsee.

Des miassn´S eana ohean, sagte dann noch mein Plattenhändler und offerierte mir eine vorzügliche Aufnahme von Monteverdis Orpheo. Tod, Abschied, Kälte allerorten. Falls es in den nächsten Tagen zufälligerweise hier Bilder aus Italien geben sollte, habe ich es in diesem Land nicht mehr ausgehalten.

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Sonntag, 26. August 2007

Wahre Freunde

Man sollte diese Sommerabende als das geniessen, was sie sind: Naturtheater, gross, weit, voller Glanz und Licht.



Man kann es aber natürlich auch anders machen, wie die beiden Kerle nach diesem Sonnenuntergang. Offensichtlich betruken nach einem vor den Toren der Stadt gelegenen Prollfest, torkelten sie grölend die Strasse runter. An den Verteilerkästen noch nicht angelangt, hatte ich schon einen Platz am Fenster und die Kamera in der Hand. Man kennt das ja, Bilder können Anklagen retten*. Prompt verrichtete dort einer seine Notdurft, und der adere kletterte auf den Verteilerkasten, wo er das tut, was das Pack heute auf Biertischen macht: Er ergab sich in ungelenkige Bewegungen, und trommelte auf dem darüber befindlichen, an der Wand befestigten Einbahnstrassenschild herum. Ich zoomte mich ganz nah heran, um im Sucher hautnah die Fortsetzung zu erleben: Er ergriff das Schild mit beiden Händen, wohl in der Absicht, es abzubrechen, hängte sich mit ganzem Gewicht dran -

und verlor den Halt. Beine, Körper und Kopf verschwanden aus dem Sucher, und ein platschendes Geräusch verkündete den vollständigen Sieg der Erdbeschleunigung. Da lag er dann und ruderte mit den Armen in der frisch hinterlasseen Flüssigkeit seines Freundes. Rappelte sich auf. Schwankte. Ging ein paar Schritte, lehnte sich an die Wand und sackte zusammen. Sein Freund lachte sich scheckig, holte das Handy heraus und machte ein paar Bilder von dem offensichtlich vorerst bedienten Tänzer.

Ich überlegte, ob ich nun die Polizei oder den Krankenwagen rufen sollte. Aber auf die Fresse fallen ist noch nicht mal Sachbeschädigung, der Beton sah noch heil aus, und für den Sanitäter hätte der Freud ja das Handy dabei. Der patschte ihm ein paar mal ins Gesicht und grölte, er habe echt Glück gehabt. Irgendwie schien es mir, dass da unten bei diesen Freunden, jetzt mal in sich betrachtet, alles schlüssig und kongruent war, da haben sich welche gefunden, da will man nicht stören. Und nach ein paar Minuten schleppten sie sich weiter, zum nächstenn Besäufnisort. Nehme ich mal an.

*Ich garantiere: Wer das hätte tun müssen, was ich heute morgen vor dem Stadtpalast tun musste, würde bei den nächsten Hools auch zur Kamera greifen.

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Freitag, 24. August 2007

Aussterbender Beruf

Ich finde Zeitungshändler ja eigentlich sehr hübsch und romantisch - sie haben ein wenig vom melancholischen Charme der Tante-Emma-Läden und Altstadtbäckereien, denen sie ins Verderben vorangehen.



Gibt es vielleicht nicht doch eine Möglichkeit, die JoHurnaille verdientermassen krepieren zu lassen und diese pitoresken Zeitungshändler mit ihren neuesten, schon seit Stunden im Internet erledigten Skandale zu erhalten? Neben meiner World of Interior und der Byzance, natürlich.

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Donnerstag, 23. August 2007

Und so wurde es doch noch ein netter Tag

Ganz erstaunlich, wie ich das Erlebte ausblenden kann, sobald in die Nähe eines Antiquariats komme. Und dort einen Lacroix über Busenbaum finde.



Nein, das hat mit Sex fast nichts zu tun, es ist keine ausgefeilte Stellung, das muss jetzt keiner verstehen, denn einerseits wäre Wissen über die Kölner Publizistik von 1711 ein wenig viel verlangt, und andererseits wird das auch noch en detail erklärt. Im Gegensatz zu dem hier.



Einer der wenigen Clubs, die nicht verseucht sind mit zu vielen Erinnerungen an die Schattenseiten der New Economy. Ich war hier nur mit drei Bekannten. Und es bleibt kein bitteres Gefühl. Fast könnte man sagen, dafür hat sich all die Qual, die Lügen, das Leben mit dem Abschaum gelohnt - wäre es nicht auch weitgehend ohne das ganze Drumherum möglich gewesen.



Aber das alles ist schon sehr lange vorbei, und es wird so nicht wieder kommen. Diese Stadt hat verstanden, dass sie sich den nächsten Tripper besser in einem sauberen Haus von einem gepflegten Herrn einfängt, statt sich nochmal den Boygroups hinzugeben, und schiebt zur eigenen Verschönerung all das Tomorrow, Vanity Fair, N24 und MTV zum Krepieren zu den anderen Versagern nach Berlin, wo sie nicht so stören. Da liegt sie also im Dunkeln und wartet auf die nächste Spekaulantenseuche, um sich ihr hinzugeben und den Geldeiter unter all die Menschen zu spritzen, die nie etwas anderes gelernt haben, als den Ausfluss gierig aufzulecken. Aber diesmal kann man es ignorieren.

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