Mittwoch, 22. August 2007
Real Life 22.08.07 - Dead on Arrival
Es gibt da einen, den kannst du seit über drei Jahren. Die Sorte Kundenbetreuer, die eingesetzt wird, wenn der Kunde zum Problem wurde. Und er hat eine Menge dieser Kunden. Die du wiederum kennst. Und deshalb kennst du ihn. Seit dreieinhalb Jahren.
In dieser langen Zeit entstanden Briefwechsel, die in ihrer Gesamtheit nicht viel kürzer als "Krieg und Frieden" sein dürften. E gab Meetings zwischen München, Berlin, Hamburg und dem Starnberger See, die zurückgelegten Strecken der Beteiligten in ihrer Gesamtheit reichen fast bis zum Mond, und du vermutest, dass allein die Kosten dieses Hin und Hers bald so hoch sind, wie die strittigen Summen, die der Betreffende bestenfalls erhalten könnte, wenn er einer sinnvollen Einigung frühzeitig zugestimmt hätte.
Aber nun ist es dreieinhalb Jahre später, keine Immobilie steht besser da als damals, und auch die Problemfälle haben in dieser Zeit zu wenig errafft, um dem Verlangen des Kundenbetreuers zu entsprechen. Privatinsolvenzen waren nicht auszuschliessen, oder auch 30 Jahre abstottern für einen Fehler bei der Beteiligung an einem Steuersparmodell. Zwischenzeitlich hatte man den Eindruck, die andere Seite wollte den ein oder anderen Gang zum Amtsgericht, um die anderen Betroffenen zu terrorisieren. Bei denen würde sicher keiner mehr Kunde werden, aber sie sind es nun mal und kommen nicht mehr aus, egal wie teuer die möglichen Einigungen ausfallen würden. Bis gestern.
Gestern hattest du befürchtet, dass dein angenehmes Treffen danach ml wieder im Sturm der Streitigkeiten und des zähen Ringens untergehen könnte, und die schwarzen Fluten des Zorns dich privat und geschäftlich überschwemmen könnten. Doch es ging schnell, enorm schnell, die andere Seite legte einen Plan auf den Tisch, der finanzierbar ist, der unbedingt anzunehmen ist, die Rettung, und die könnte fair wirken -
gäbe es keine ameriknische Kreditblase. Denn die andere Seite hatte dreieinhalb Jahre alle Zeit der Welt. Geld war in enormen Mengen da, es gab keine Probleme, ausser eben mit den alten Geschichten im Berliner Immobilienmarkt. Nun jedoch hat sich herausgestellt, dass die andere Seite von ihren eigenen Geschäftspartnern dank AA-gewerteter Anlagen in den USA in der selben Situation ist wie die, die sie seit dreieinhalb Jahren bedrängt. Da nutzt all der Anspruch auf Immobilienvermögen nichts, da geht es nur noch um Geld, um Liquidität um jeden Preis: Die Bilanzen werden nach jedem Euro durchwühlt, als fehlte dem Alkoholiker nur noch der Groschen für de Kauf des Korns, und lieber lebt man mit weniger sofort weiter, als mittelfristig zu auf seinen Forderungen zu verhungern.
Du verlässt nach einer Stunde die Sitzung. Für die Verfolgten hat die Pein ein Ende. Aber in den Augen der anderen war die blanke Angst um die Existenz. Das sist kein Markt mehr. Das ist der Abgrund.
In dieser langen Zeit entstanden Briefwechsel, die in ihrer Gesamtheit nicht viel kürzer als "Krieg und Frieden" sein dürften. E gab Meetings zwischen München, Berlin, Hamburg und dem Starnberger See, die zurückgelegten Strecken der Beteiligten in ihrer Gesamtheit reichen fast bis zum Mond, und du vermutest, dass allein die Kosten dieses Hin und Hers bald so hoch sind, wie die strittigen Summen, die der Betreffende bestenfalls erhalten könnte, wenn er einer sinnvollen Einigung frühzeitig zugestimmt hätte.
Aber nun ist es dreieinhalb Jahre später, keine Immobilie steht besser da als damals, und auch die Problemfälle haben in dieser Zeit zu wenig errafft, um dem Verlangen des Kundenbetreuers zu entsprechen. Privatinsolvenzen waren nicht auszuschliessen, oder auch 30 Jahre abstottern für einen Fehler bei der Beteiligung an einem Steuersparmodell. Zwischenzeitlich hatte man den Eindruck, die andere Seite wollte den ein oder anderen Gang zum Amtsgericht, um die anderen Betroffenen zu terrorisieren. Bei denen würde sicher keiner mehr Kunde werden, aber sie sind es nun mal und kommen nicht mehr aus, egal wie teuer die möglichen Einigungen ausfallen würden. Bis gestern.
Gestern hattest du befürchtet, dass dein angenehmes Treffen danach ml wieder im Sturm der Streitigkeiten und des zähen Ringens untergehen könnte, und die schwarzen Fluten des Zorns dich privat und geschäftlich überschwemmen könnten. Doch es ging schnell, enorm schnell, die andere Seite legte einen Plan auf den Tisch, der finanzierbar ist, der unbedingt anzunehmen ist, die Rettung, und die könnte fair wirken -
gäbe es keine ameriknische Kreditblase. Denn die andere Seite hatte dreieinhalb Jahre alle Zeit der Welt. Geld war in enormen Mengen da, es gab keine Probleme, ausser eben mit den alten Geschichten im Berliner Immobilienmarkt. Nun jedoch hat sich herausgestellt, dass die andere Seite von ihren eigenen Geschäftspartnern dank AA-gewerteter Anlagen in den USA in der selben Situation ist wie die, die sie seit dreieinhalb Jahren bedrängt. Da nutzt all der Anspruch auf Immobilienvermögen nichts, da geht es nur noch um Geld, um Liquidität um jeden Preis: Die Bilanzen werden nach jedem Euro durchwühlt, als fehlte dem Alkoholiker nur noch der Groschen für de Kauf des Korns, und lieber lebt man mit weniger sofort weiter, als mittelfristig zu auf seinen Forderungen zu verhungern.
Du verlässt nach einer Stunde die Sitzung. Für die Verfolgten hat die Pein ein Ende. Aber in den Augen der anderen war die blanke Angst um die Existenz. Das sist kein Markt mehr. Das ist der Abgrund.
donalphons, 15:55h
... link (28 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 21. August 2007
Skype, Adical und das Elend des Web2.0
Ich weiss nicht, wie lange es Firme wie Skype und Adical noch geben wird. Aber in meinen Augen sind sie tot. Nun ist der vor kurzem aufgetretene Ausfall von Skype nicht anders als die Pannen anderer Softwarefirmen, und das Ausbleiben von Werbung von Adical lässt keinen sofort verhungern. Ausfälle und Durststrecken haben auch StudiVZ und anderen wenig seriösen Firmen nicht geschadet, warum sollte es jetzt also ein Problem sein?
Ich denke, man kann die Frage in Berlin stellen, und in Kreisen, die sich vor allem in Kreativ- und Medienkomplex herumtreiben. Für Startups und ähnliche Firmen klingt das alles vollkomme normal, da kennt man es nicht anders: Miese Kommunikation, Nutzerverarschung, dumme Protzerei von toller, neuer Kultur mit anschliessendem Totalausverkauf an den nächsten Drecksack; das alles sind Leute gewohnt, die ohnehin täglich ihr Dasein zur Disposition stellen, die mal so und mal anders überleben. Es ist auch die Ticke der Investmetberater, so funktioniert ein Teil der Wirtschaft und einTeil des Landes von den Strichjungen bis zur Topagentur -
aber auch nur, weil die grosse Mehrheit dieses Landes nicht so funktioniert. Wirtschaftsorganisationen können es sich nicht leisten, dass ihre Kommunikationssysteme auf unbestimmte Zeit mit unbekannten Ursachen ausfallen. Da kann es auch keiner akzeptieren, dass eine Weile mal die Kohle reinkommt und dann zwischendrin wieder vier Wochen gar nichts geht, nachdem der Vertrieb ohnehin nicht die besten Kunden ranschleppt. Das geht alles im Prekariat, bei 200-Euro-Mieten und Döner für 1,50 und Leuten, die wissen, dass ab und an die Telekom die Leitungen wegen der Rechnung sperrt, oder auch bei denen, die irgendwo ein Sicherheitssystem haben, das die schlimme Zeit überbrückt. Es gibt sogar ein Web2.0, das ist Nice2have: Xing, Bookmarkdienste, Blogs, alles, was man auch später machen kann.
Aber für alle, die kontinuierlich Einnahmen brauchen, um auf einem Markt zu bestehen, für Geschäftsleute, die von dummen Sprüchen nicht leben können, sind solche Aussetzer nicht hinnehmbar. Mit Skype geht der Traum der sicheren Telefonie vor die Hunde, und mit Adical hat sich der Traum des Profibloggens weitgehend erledigt. Beta kann keine Zuverlässigkeit ersetzen, und wer nicht verantwortungsvoll agiert, ist beim nächsten Geschäft draussen. Ausser bei denen, die genauso ticken: Den bedauerlichen Nebeneffekten einer funktionierenden Wirtschaft, die dergleichen erst ermöglicht.
Ich denke, man kann die Frage in Berlin stellen, und in Kreisen, die sich vor allem in Kreativ- und Medienkomplex herumtreiben. Für Startups und ähnliche Firmen klingt das alles vollkomme normal, da kennt man es nicht anders: Miese Kommunikation, Nutzerverarschung, dumme Protzerei von toller, neuer Kultur mit anschliessendem Totalausverkauf an den nächsten Drecksack; das alles sind Leute gewohnt, die ohnehin täglich ihr Dasein zur Disposition stellen, die mal so und mal anders überleben. Es ist auch die Ticke der Investmetberater, so funktioniert ein Teil der Wirtschaft und einTeil des Landes von den Strichjungen bis zur Topagentur -
aber auch nur, weil die grosse Mehrheit dieses Landes nicht so funktioniert. Wirtschaftsorganisationen können es sich nicht leisten, dass ihre Kommunikationssysteme auf unbestimmte Zeit mit unbekannten Ursachen ausfallen. Da kann es auch keiner akzeptieren, dass eine Weile mal die Kohle reinkommt und dann zwischendrin wieder vier Wochen gar nichts geht, nachdem der Vertrieb ohnehin nicht die besten Kunden ranschleppt. Das geht alles im Prekariat, bei 200-Euro-Mieten und Döner für 1,50 und Leuten, die wissen, dass ab und an die Telekom die Leitungen wegen der Rechnung sperrt, oder auch bei denen, die irgendwo ein Sicherheitssystem haben, das die schlimme Zeit überbrückt. Es gibt sogar ein Web2.0, das ist Nice2have: Xing, Bookmarkdienste, Blogs, alles, was man auch später machen kann.
Aber für alle, die kontinuierlich Einnahmen brauchen, um auf einem Markt zu bestehen, für Geschäftsleute, die von dummen Sprüchen nicht leben können, sind solche Aussetzer nicht hinnehmbar. Mit Skype geht der Traum der sicheren Telefonie vor die Hunde, und mit Adical hat sich der Traum des Profibloggens weitgehend erledigt. Beta kann keine Zuverlässigkeit ersetzen, und wer nicht verantwortungsvoll agiert, ist beim nächsten Geschäft draussen. Ausser bei denen, die genauso ticken: Den bedauerlichen Nebeneffekten einer funktionierenden Wirtschaft, die dergleichen erst ermöglicht.
donalphons, 00:45h
... link (27 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 19. August 2007
Altern in Würdelosigkeit
hat einiges für sich. Die dereinst nicht seltene Scham anderer, nichts zum Fortbestand der menschlichen Rasse zu tun und es auch so bleiben zu lassen, verflüchtigt sich beim Anblick der radelnden Kleinfamilie und dem eitlen Getue von Papa, die vollgefederten Weicheibikes des Nachwuchses auf etwaige technische Probleme durch das Schotterwegtrödeln zu untersuchen. Bei diesem Schauspiel stellt sich dann auch der Tortengenuss nach dem Abstellen des Roadsters vor dem Cafe ein. Wen Balg 1 jetzt noch aufhören könnte, mit dem Strohhalm das Augenlicht von Balg 2 zum Erlöschen zu bringen, wäre es sehr nett.
Unwürdig auch die Debatten, welches der drei Dorfbratzen mal eine schöne Frau sein wird - zu einem Zeitpunkt, da das eigene Allgemeininteresse an schönen Frauen mangels mörtelscher Baubranchenmillionen im Opernballumfeld mutmasslich schon etwas nachgelassen hat. Aber in diesem Alter darf man das, wenn man immerhin mutig 20 Minuten Wasser tritt, während die Teenager den Entschluss fassen, dass der Bach doch erheblich zu kalt ist. Husten, nicht wegen des Alters, sondern weil man sich an einem Spruch über die später mal schattenparkende und windschotteinbauende Jugend verschluckt.

Sich über jeden Rollator im Heck vorbeifahrender Kombis freuen, weil es auch so schlimm sein könnte. Dabei den eigenen Subrücken betasten, ob der heutige Sturz über die Treppe noch mehr hat brechen lassen, als die Holzstufe, die als Landezone auserkoren wurde. Froh über die genetisch bedingten Mastodonknochen (Urahn war Saurierficker) und über die Orangencremetorte, die dem Umstand der ungenügenden Polsterung durch Verschlingen auf der Dachterasse Abhilfe schafft.

So gegen 11 Richtung Bett gehen. Morgen weitere alte Dinge kaufen. Der Vergleich macht jung, so lala. Immerhin nicht zum Arzt gegangen, was immer noch die Dummheit der Jugend sein könnte. Allerdings dürfte dann die Grossmutter, die auch mit ihrer Abneigung gegen Kurpfuscher immer Recht hatte, selbst mit 90 noch jung gewesen sein.
Unwürdig auch die Debatten, welches der drei Dorfbratzen mal eine schöne Frau sein wird - zu einem Zeitpunkt, da das eigene Allgemeininteresse an schönen Frauen mangels mörtelscher Baubranchenmillionen im Opernballumfeld mutmasslich schon etwas nachgelassen hat. Aber in diesem Alter darf man das, wenn man immerhin mutig 20 Minuten Wasser tritt, während die Teenager den Entschluss fassen, dass der Bach doch erheblich zu kalt ist. Husten, nicht wegen des Alters, sondern weil man sich an einem Spruch über die später mal schattenparkende und windschotteinbauende Jugend verschluckt.

Sich über jeden Rollator im Heck vorbeifahrender Kombis freuen, weil es auch so schlimm sein könnte. Dabei den eigenen Subrücken betasten, ob der heutige Sturz über die Treppe noch mehr hat brechen lassen, als die Holzstufe, die als Landezone auserkoren wurde. Froh über die genetisch bedingten Mastodonknochen (Urahn war Saurierficker) und über die Orangencremetorte, die dem Umstand der ungenügenden Polsterung durch Verschlingen auf der Dachterasse Abhilfe schafft.

So gegen 11 Richtung Bett gehen. Morgen weitere alte Dinge kaufen. Der Vergleich macht jung, so lala. Immerhin nicht zum Arzt gegangen, was immer noch die Dummheit der Jugend sein könnte. Allerdings dürfte dann die Grossmutter, die auch mit ihrer Abneigung gegen Kurpfuscher immer Recht hatte, selbst mit 90 noch jung gewesen sein.
donalphons, 01:33h
... link (6 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 16. August 2007
Regionaler Darwin-Award für Vandalen
Der Sieger ist der Knilch mit der orangen Baseballkappe und sein Kumpel mit dem hässlichen Hawaihemd, die gestern Abend nachhaltig ihren Genpool für eine Weile kaltgestellt haben, mit diesem Vorgehen:
1. Brüllend die Strasse runterziehen, in der Don Alphonso lebt und auch gegen 3 Uhr noch am Spiegel restauriert.
2. Direkt unter Don Alphonsos Fenster weitergrölen, so dass dieser annimmt, da unten würde mal wieder einer seine Notdurft verrichten.
3. Bei Don Alphonso, der dann bereits am Fenster ist, klingelputzen - was ihn nicht wirklich aufweckt.
4. Richtung Westen laufen, wo Don Alphonso sehr genau sieht, wie die Betreffenden bekleidet sind.
5. Nach 30 Meter innehalten, mit der Faust auf der Kühlerhaube eines Autos eintrommeln, was in etwa so lang dauert, bis Don Alphonso sein schnurloses Telefon holt.
6. Sobald Don Alphonso wieder am Fenster ist, mit etwas Anlauf über das abgestellte Auto rennen und Beulen verursachen.
7. Auf dem Dach anhalten, die Arme in die Luft strecken und brüllen, was in dem Moment abgeschlossen ist, da Don Alphonso 110 gewählt hat.
8. Lachen, herunterspringen, grölend Richtung Hauptstrasse weitertorkeln.
9. Sich sehr sicher fühlen und keine Eile haben.
10. Und sich auch keine Sorgen machen, dass dies der einzige Weg ist, auf dem die Polizei kommt und man ihr hier an keiner Stelle ausweichen kann.
Orange Baseballkappe. Ts. Vermutlich fährt er auch Opel Astra.
1. Brüllend die Strasse runterziehen, in der Don Alphonso lebt und auch gegen 3 Uhr noch am Spiegel restauriert.
2. Direkt unter Don Alphonsos Fenster weitergrölen, so dass dieser annimmt, da unten würde mal wieder einer seine Notdurft verrichten.
3. Bei Don Alphonso, der dann bereits am Fenster ist, klingelputzen - was ihn nicht wirklich aufweckt.
4. Richtung Westen laufen, wo Don Alphonso sehr genau sieht, wie die Betreffenden bekleidet sind.
5. Nach 30 Meter innehalten, mit der Faust auf der Kühlerhaube eines Autos eintrommeln, was in etwa so lang dauert, bis Don Alphonso sein schnurloses Telefon holt.
6. Sobald Don Alphonso wieder am Fenster ist, mit etwas Anlauf über das abgestellte Auto rennen und Beulen verursachen.
7. Auf dem Dach anhalten, die Arme in die Luft strecken und brüllen, was in dem Moment abgeschlossen ist, da Don Alphonso 110 gewählt hat.
8. Lachen, herunterspringen, grölend Richtung Hauptstrasse weitertorkeln.
9. Sich sehr sicher fühlen und keine Eile haben.
10. Und sich auch keine Sorgen machen, dass dies der einzige Weg ist, auf dem die Polizei kommt und man ihr hier an keiner Stelle ausweichen kann.
Orange Baseballkappe. Ts. Vermutlich fährt er auch Opel Astra.
donalphons, 14:18h
... link (52 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 15. August 2007
Das Problem des Verführers
Im letzten Jahr habe ich drei Leuten den Kauf einer Fiat Barchetta so nachhaltig und überzeugend mit vielen guten Argumenten und Horrorstories ausgeredet, dass sie sich dann eine gekauft haben.
Und jetzt bräuchte ich selbst jemanden, der mir den Kauf eines 33 Jahre alten, verrosteten MGB GT in british racing green und Sebring-Look (Bild des Originals hier, nur ohne Zusatzlampen und Kotflügelverbreiterungen) ausredet. Mit Sonnendach, Linkslenker, Leder, Chromkühler, Speichenrädern und Lederlenkrad. Meine interne Begründung für den natürlich völlig überflüssigen Zweitwagen lautet, dass ich etwas mehr Transportraum brauche, demnächst dank einer einstweiligen Verfügung ohnehin Geld bekomme, für die nächste Mille Miglia ein standesgemässes Pressefahrzeug benötige und ausserdem ein langfristigis Investment eingehen möchte, und wenn ich den Peugeot 403, die poor man´s Rolls Royce MG Magnette oder den Lancia Beta Spider mit ihren ausreichend grossen vier Sitzen kaufte, würden irgendwelche Deppen noch auf die Idee kommen, ich würde sie damit zur Hochzeit kutschieren. Ausserdem steht bei langfristigen Mietern ohnehin bald eine Abschaffung ihres selten genutzten Wagens an, da könnte man sich die Kiste im Sinne eines Microcarsharings teilen. Das alles klingt sehr sinnvoll, hilft aber nicht, wenn die Karre wegbröselt und die Hinterachse klemmt.
Andere gute Argumente dagegen?
Und jetzt bräuchte ich selbst jemanden, der mir den Kauf eines 33 Jahre alten, verrosteten MGB GT in british racing green und Sebring-Look (Bild des Originals hier, nur ohne Zusatzlampen und Kotflügelverbreiterungen) ausredet. Mit Sonnendach, Linkslenker, Leder, Chromkühler, Speichenrädern und Lederlenkrad. Meine interne Begründung für den natürlich völlig überflüssigen Zweitwagen lautet, dass ich etwas mehr Transportraum brauche, demnächst dank einer einstweiligen Verfügung ohnehin Geld bekomme, für die nächste Mille Miglia ein standesgemässes Pressefahrzeug benötige und ausserdem ein langfristigis Investment eingehen möchte, und wenn ich den Peugeot 403, die poor man´s Rolls Royce MG Magnette oder den Lancia Beta Spider mit ihren ausreichend grossen vier Sitzen kaufte, würden irgendwelche Deppen noch auf die Idee kommen, ich würde sie damit zur Hochzeit kutschieren. Ausserdem steht bei langfristigen Mietern ohnehin bald eine Abschaffung ihres selten genutzten Wagens an, da könnte man sich die Kiste im Sinne eines Microcarsharings teilen. Das alles klingt sehr sinnvoll, hilft aber nicht, wenn die Karre wegbröselt und die Hinterachse klemmt.
Andere gute Argumente dagegen?
donalphons, 18:40h
... link (58 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 12. August 2007
Wenn es passiert
Momentan verweisen Banken auf Ratings ihrer Kreditinvestitionen, die von Ratingagenturen erstellt werden, die daran verdienen, gute Ratings zu vergeben. Wenn sie nicht gerade pleite gehen, natürlich. Anders gesagt, man sucht nach Deppen, die ihr Geld für minderwertige Immobilien und die Folgen da lassen, man rechnet sich die Folgen schön, als hätte das Platzen der Blase nicht schon längst auch beste Immobilien in den USA schwer verkäuflich gemacht. Und, wir erinnern uns, zufällig sind es genau diese hochgepushten Hauswerte, die das Konsumklima, die Börsengewinne, den Kapitalzuwachs ausmachten. Wir sind längst drin in der Katastrophe. Und nichts garantiert uns leider, dass die Investoren solcher dummen Anlagen die einzigen Betroffenen sind.

Ich fuhr heute so über gar nicht sommerliche Felder und dachte nach, ab wann mich die Krise betrifft und was geschehen muss, damit es mich persönlich ernsthaft erwischt. Das Geld, das ich mit gewissen Einschränkungen brauche, erwirtschaftet allein das Haus, selbst wenn drei Viertel der Mieter nicht mehr zahlen könnten. Und selbst dann könnte ich noch zwei Leute im Rahmen einer neuen Wohnungszwangswirtschaft aufnehmen. Sage keiner, das gäbe es in der BRD nicht; nach dem Krieg war das durchaus üblich, und man bemühte sich, ausgebombte Freunde einzuladen, bevor die Flüchtlinge kamen.
Historisch bedingt habe ich beste Kontakte auch zu Nahrungsproduzenten der Region, mit manchen bin ich sogar entfernt verwandt, und wenn es ganz übel kommen sollte, müsste ich mir wieder die Langwaffen meines Grossvaters holen und im Eichenwald ein paar Fasane schiessen, wenn ich schon zu blöd war, beizeiten nicht ein paar Investmentbanker geschossen zu haben. Nicht dass ich die Viecher dann essen würde, aber auch in schlechten Zeiten gibt es welche, die auf Rebhuhn und Reh nicht verzichten wollen, und dafür etwas zum Tausch anbieten können.
Aber damit es so weit kommt, müsste wirklich viel passieren. Vermutlich wird man in den USA auf die Kostenbremse treten und den Irakkrieg beenden, so spät natürlich, dass ein paar aufgeblasene Volkswirtschaften in Asien und Russland crashen, und die drei mageren Jahre werde ich schon packen. Vielleicht melde ich so lange die Barchetta ab, und lerne endlich mal selbst, wie man Apfel- und Birnengelee macht, oder Apfelschlehenmarmelade. Denn auf dem Weg zur unsommerlichen Landschaft radelte ich durch den 9Loch-Golfplatz mit seinen diversen 2-3Lochhuren, und dahinter ist ein Weg, an dem die Früchte jedes Jahr verfaulen, fallen, und von den Rädern der SUVs zerquetscht werden. Solange die Fonds noch was ausspucken, werden sie weiterhin über Essen fahren.
Insofern wäre eine mittelprächtige Krise wirklich nicht ganz schlecht.

Ich fuhr heute so über gar nicht sommerliche Felder und dachte nach, ab wann mich die Krise betrifft und was geschehen muss, damit es mich persönlich ernsthaft erwischt. Das Geld, das ich mit gewissen Einschränkungen brauche, erwirtschaftet allein das Haus, selbst wenn drei Viertel der Mieter nicht mehr zahlen könnten. Und selbst dann könnte ich noch zwei Leute im Rahmen einer neuen Wohnungszwangswirtschaft aufnehmen. Sage keiner, das gäbe es in der BRD nicht; nach dem Krieg war das durchaus üblich, und man bemühte sich, ausgebombte Freunde einzuladen, bevor die Flüchtlinge kamen.
Historisch bedingt habe ich beste Kontakte auch zu Nahrungsproduzenten der Region, mit manchen bin ich sogar entfernt verwandt, und wenn es ganz übel kommen sollte, müsste ich mir wieder die Langwaffen meines Grossvaters holen und im Eichenwald ein paar Fasane schiessen, wenn ich schon zu blöd war, beizeiten nicht ein paar Investmentbanker geschossen zu haben. Nicht dass ich die Viecher dann essen würde, aber auch in schlechten Zeiten gibt es welche, die auf Rebhuhn und Reh nicht verzichten wollen, und dafür etwas zum Tausch anbieten können.
Aber damit es so weit kommt, müsste wirklich viel passieren. Vermutlich wird man in den USA auf die Kostenbremse treten und den Irakkrieg beenden, so spät natürlich, dass ein paar aufgeblasene Volkswirtschaften in Asien und Russland crashen, und die drei mageren Jahre werde ich schon packen. Vielleicht melde ich so lange die Barchetta ab, und lerne endlich mal selbst, wie man Apfel- und Birnengelee macht, oder Apfelschlehenmarmelade. Denn auf dem Weg zur unsommerlichen Landschaft radelte ich durch den 9Loch-Golfplatz mit seinen diversen 2-3Lochhuren, und dahinter ist ein Weg, an dem die Früchte jedes Jahr verfaulen, fallen, und von den Rädern der SUVs zerquetscht werden. Solange die Fonds noch was ausspucken, werden sie weiterhin über Essen fahren.
Insofern wäre eine mittelprächtige Krise wirklich nicht ganz schlecht.
donalphons, 01:41h
... link (15 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 10. August 2007
Nächster Halt auf dem Weg nach unten: Asienkrise!
Im Frühjahr dieses Jahres musste ich auch wegen so einer familiären Anlagesache zurück nach Deutschland. Wie es draussen im Seeviertel nun mal so ist: Einer reichte seinen Anlageberater einmal durch die Nachbarschaft. Ich hatte schon einen halben Abend vertelefoniert, um ordentlich Stimmung gegen den Kerl zu machen, und beim eigentlichen Verkaufsgespräch musste er dann ohne Unterschchriften wieder gehen. Wärmstens Empfohlen hatte er:
Goldman Sachs.
Bis vorletzte Woche klang das nach einem guten Plan, und ich musste mir daheim und bei einigen Gartenempfängen desöfteren anhören, dass meine schon länger geäusserten Befürchtungen übertrieben gewesen sind. Und jetzt weiss der Fluss nucht mehr wohin mit all den Kadavern, und wäre das Wetter nicht so schlecht, würde ich heute Abend in der Pause der Open Air Oper ein paar sehr gehässige Dinge loswerden.
Ich sage etwas anderes. In den nächsten beiden Wochen dürfte in China Panik ausbrechen. Auf der einen Seite kann man in den immer noch enorm überbewerteten Märkten dringend benötigte Gewinne realisieren. Auf der anderen Seite halte ich das Risiko für einen Geldschein, den ich einem Cracksüchtigen Downtown LA gebe, für geringer als bei jedem erstklassigen Banker in Shanghai. China ist reif, überreif, da kann man noch was holen, und gleichzeitzig höchst labil, da werden auch die schönsten Währungsreserven des maroden Banksystems nichts mehr helfen. China ist das ideale Opfer der Krise: Unbeweglich, aufgedunsen, voller Deppen, die nicht wissen, dass es vorbei ist, und hier kann man schnell Probleme bereinigen, ohne dass daheim jemand auf die Idee kommt, aus Existenznot ein paar white-collar-Verbrecher in ihren Türmen zu unzunieten.
Nun - wir werden sehen.
Goldman Sachs.
Bis vorletzte Woche klang das nach einem guten Plan, und ich musste mir daheim und bei einigen Gartenempfängen desöfteren anhören, dass meine schon länger geäusserten Befürchtungen übertrieben gewesen sind. Und jetzt weiss der Fluss nucht mehr wohin mit all den Kadavern, und wäre das Wetter nicht so schlecht, würde ich heute Abend in der Pause der Open Air Oper ein paar sehr gehässige Dinge loswerden.
Ich sage etwas anderes. In den nächsten beiden Wochen dürfte in China Panik ausbrechen. Auf der einen Seite kann man in den immer noch enorm überbewerteten Märkten dringend benötigte Gewinne realisieren. Auf der anderen Seite halte ich das Risiko für einen Geldschein, den ich einem Cracksüchtigen Downtown LA gebe, für geringer als bei jedem erstklassigen Banker in Shanghai. China ist reif, überreif, da kann man noch was holen, und gleichzeitzig höchst labil, da werden auch die schönsten Währungsreserven des maroden Banksystems nichts mehr helfen. China ist das ideale Opfer der Krise: Unbeweglich, aufgedunsen, voller Deppen, die nicht wissen, dass es vorbei ist, und hier kann man schnell Probleme bereinigen, ohne dass daheim jemand auf die Idee kommt, aus Existenznot ein paar white-collar-Verbrecher in ihren Türmen zu unzunieten.
Nun - wir werden sehen.
donalphons, 21:33h
... link (10 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 9. August 2007
Lasst sie krepieren!
Wenn ein Hausbauer die Kredite nicht zurückzahlen kann, wird das Gebäude versteigert.
Und wenn jetzt die Banken verrecken, die sich bei solchen leichtfertig erteilten Krediten verspekuliert haben, sollte man sie einfach draufgehen lassen. Und die Verantwortlichen zur Verantwortung ziehen.
Und wenn jetzt die Banken verrecken, die sich bei solchen leichtfertig erteilten Krediten verspekuliert haben, sollte man sie einfach draufgehen lassen. Und die Verantwortlichen zur Verantwortung ziehen.
donalphons, 20:33h
... link (39 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 8. August 2007
Was macht eigentlich
Adical?
donalphons, 16:08h
... link (14 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 8. August 2007
Iconographia oder die Invasion der Leipziger Kartoffelnasen
Im 18. Jahrhundert kamen mit der Aufklärung enorme Herausforderungen auf die alten Machthaber zu. Im Zentrum der rationalen Kritik stand die Gesellschaft Jesu, die als finster, verkommen und rückständig galt. Ihr Bücher waren im Vergleich zu den leichten Schriften von Lesage und Crebillion dröge, verkniffen, staubig und von dummer Enthaltsamkeit geprägt. Wenn also schon die Propaganda der Gesellschaft nicht mehr den Erfordernissen der Zeit entsprach, musste wenigstens die Verpackung, die Promo besser werden.
Zumal schon in dieser Zeit Bücher oft nur für das Regal gekauft wurden, wurde das Bohei um die Autoren sehr viel wichtiger. Anfang des 18. Jahrhunderts verabschieden sich die Jesuiten von ihren im Helldunkel des Chiaroscuro gehaltenen Asketenbildern, die von Frohn und Ausgezehr der Bücher künden. An ihre Stelle tritt eine Verkörperung der Gelehrtheit, und es ist ein echter Prachtkörper, eine Frau, die in ihrer Extase verspricht, dass jesuitische Gelehrtheit fast so geil wie ficken ist.

Nie war die heilige Katherina von Alexandrien more bedworthy. Kurz: Angesichts der eigenen, zunehmend unvermittelbaren Inhalte setzt die Gesellschaft auf das Erfolgskonzept der Aufklärer, die es verstehen, ihre Thesen mit Erotik verknüpft unter das Volk zu bringen.
Nicht weit von dieser Verzückung ist mein - aufgeklärter - Buchhändler, bei dem ich meinen de Sade und da Ponte zu bestellen pflege, und der hat ein Regal mit Neuerscheinungen. Dort finden sich gerade die Erst- und Zweitlingswerke von Autoren, die meist in Zonenkäffern mit -rode, -ow oder sonstigen slawischen Wortresten am Ende geboren wurden, und die dann in Leipzig am sog. "Deutschen Literatur Institut" einsassen, zusammen mit ein paar Lehrern, die auch nicht schreiben können und die Nichtbegabung zu vertiefen verstanden. Auf dem Cover findet sich viel Leere und triste Braun- und Beigefarben von Tapeten aus den 70er Jahren, die vorzüglich auf die darin zu findende Tristheit von Ausdruck, Gemüt und Verstand schliessen lassen. Die Heldinnen sind kotzbrechsuchtelnde Psychotanten, die später sicher mal als evangelische Religionslehrerinnen im Vorruhestand böse Leserbriefe schreiben, wenn in einem Roman Sex mit Lust und sonst nichts verbunden sein sollte.
Am Ende dieser Not finden sich dann Autorenbilder, die hinlänglich beweisen, dass man in der protestantischen Zone zu wenig von jesuitischer Cleverness versteht. Die Ikonographie umfasst Ringelshirts, die voraktuellsten Frisurentrends der Super-Illu in leichter Auflösung, möglicherweise mit Photoshop kreierte Kuhaugen, die Peter Lorre vor Neid erblassen liessen, und eine Unsymmetrie des Gesichts, die ihre Ursache im generell verkniffenen Gschau hat. Gekrönt wird das alles von Kartoffelnasen oder anderen unförmigen Rotzausleitungen, die nicht weiter von den süssen Stupsnasen der Rokokoschönheiten entfernt sein könnten. Wahrhaftigkeit wird hier zum Verbrechen, die Freudlosigkeit glotzt einen an, und vielleicht liegt diese Expression minderen Könnens und Schaffens für schleunigstes Vergessen auch schlicht in der Erkenntnis der Abgelichteten im Blitzlicht, dass sie zumindest dieses eine Mal ihr problematisches Verhältnis zur Körperpflege hätten überdenken können.
Ich werde nie verstehen, wie man Lustfeindlichkeit und Kindergartensätze, die die Teenieficker gewisser Fäuletons zu Worten wie "gefühlvoll" und "sprachlich präzise" verleiten sollen, mit derartigen Bildern garnieren kann, die den Abstand dieses Instituts zu Entzugsreha, geschlossener Station oder Magersuchtsbehandlung treffend illustrieren. Ich verstehe nicht, wer Bücher mit Titeln wie "Vielleicht, oder auch so" oder "Grünes Ekzem" kauft, denn die nicht erlebte Welt irgendwelcher Frustbeulen, die aus Langeweile, seichtem Nachdenken von Mareike und dem Schweigen von Constanze besteht, ist lediglich hirnfickrige Literatursimulation. Dieses Geschreibsel so dröge, verkniffen, staubig und von dummer Enthaltsamkeit geprägt wie Landpfarrerunterweisugen der Jesuiten in der Oberpfalz des 18. Jahrhunderts, bedarf eigentlich keines Abdrucks auf Papier, da reicht auch ein aufgegebenes Myblog mit den Abschiedsworten: "Vielleicht mach ich jetzt ein wenig schlitzen, oder ich geh rauchen, wer weiss."
Es gibt einen Mittelweg zwischen den drallen Tussis der Super-Illu und den Kotzbrechsuchtlerinnen mit Lektor, und ich hätte jetzt gern so eine geile Katherina, dachte ich mir nach dem Gang durch die Regale - und fand letztlich die Autobiographie von Catherine Millet.
Zumal schon in dieser Zeit Bücher oft nur für das Regal gekauft wurden, wurde das Bohei um die Autoren sehr viel wichtiger. Anfang des 18. Jahrhunderts verabschieden sich die Jesuiten von ihren im Helldunkel des Chiaroscuro gehaltenen Asketenbildern, die von Frohn und Ausgezehr der Bücher künden. An ihre Stelle tritt eine Verkörperung der Gelehrtheit, und es ist ein echter Prachtkörper, eine Frau, die in ihrer Extase verspricht, dass jesuitische Gelehrtheit fast so geil wie ficken ist.

Nie war die heilige Katherina von Alexandrien more bedworthy. Kurz: Angesichts der eigenen, zunehmend unvermittelbaren Inhalte setzt die Gesellschaft auf das Erfolgskonzept der Aufklärer, die es verstehen, ihre Thesen mit Erotik verknüpft unter das Volk zu bringen.
Nicht weit von dieser Verzückung ist mein - aufgeklärter - Buchhändler, bei dem ich meinen de Sade und da Ponte zu bestellen pflege, und der hat ein Regal mit Neuerscheinungen. Dort finden sich gerade die Erst- und Zweitlingswerke von Autoren, die meist in Zonenkäffern mit -rode, -ow oder sonstigen slawischen Wortresten am Ende geboren wurden, und die dann in Leipzig am sog. "Deutschen Literatur Institut" einsassen, zusammen mit ein paar Lehrern, die auch nicht schreiben können und die Nichtbegabung zu vertiefen verstanden. Auf dem Cover findet sich viel Leere und triste Braun- und Beigefarben von Tapeten aus den 70er Jahren, die vorzüglich auf die darin zu findende Tristheit von Ausdruck, Gemüt und Verstand schliessen lassen. Die Heldinnen sind kotzbrechsuchtelnde Psychotanten, die später sicher mal als evangelische Religionslehrerinnen im Vorruhestand böse Leserbriefe schreiben, wenn in einem Roman Sex mit Lust und sonst nichts verbunden sein sollte.
Am Ende dieser Not finden sich dann Autorenbilder, die hinlänglich beweisen, dass man in der protestantischen Zone zu wenig von jesuitischer Cleverness versteht. Die Ikonographie umfasst Ringelshirts, die voraktuellsten Frisurentrends der Super-Illu in leichter Auflösung, möglicherweise mit Photoshop kreierte Kuhaugen, die Peter Lorre vor Neid erblassen liessen, und eine Unsymmetrie des Gesichts, die ihre Ursache im generell verkniffenen Gschau hat. Gekrönt wird das alles von Kartoffelnasen oder anderen unförmigen Rotzausleitungen, die nicht weiter von den süssen Stupsnasen der Rokokoschönheiten entfernt sein könnten. Wahrhaftigkeit wird hier zum Verbrechen, die Freudlosigkeit glotzt einen an, und vielleicht liegt diese Expression minderen Könnens und Schaffens für schleunigstes Vergessen auch schlicht in der Erkenntnis der Abgelichteten im Blitzlicht, dass sie zumindest dieses eine Mal ihr problematisches Verhältnis zur Körperpflege hätten überdenken können.
Ich werde nie verstehen, wie man Lustfeindlichkeit und Kindergartensätze, die die Teenieficker gewisser Fäuletons zu Worten wie "gefühlvoll" und "sprachlich präzise" verleiten sollen, mit derartigen Bildern garnieren kann, die den Abstand dieses Instituts zu Entzugsreha, geschlossener Station oder Magersuchtsbehandlung treffend illustrieren. Ich verstehe nicht, wer Bücher mit Titeln wie "Vielleicht, oder auch so" oder "Grünes Ekzem" kauft, denn die nicht erlebte Welt irgendwelcher Frustbeulen, die aus Langeweile, seichtem Nachdenken von Mareike und dem Schweigen von Constanze besteht, ist lediglich hirnfickrige Literatursimulation. Dieses Geschreibsel so dröge, verkniffen, staubig und von dummer Enthaltsamkeit geprägt wie Landpfarrerunterweisugen der Jesuiten in der Oberpfalz des 18. Jahrhunderts, bedarf eigentlich keines Abdrucks auf Papier, da reicht auch ein aufgegebenes Myblog mit den Abschiedsworten: "Vielleicht mach ich jetzt ein wenig schlitzen, oder ich geh rauchen, wer weiss."
Es gibt einen Mittelweg zwischen den drallen Tussis der Super-Illu und den Kotzbrechsuchtlerinnen mit Lektor, und ich hätte jetzt gern so eine geile Katherina, dachte ich mir nach dem Gang durch die Regale - und fand letztlich die Autobiographie von Catherine Millet.
donalphons, 00:12h
... link (9 Kommentare) ... comment
... nächste Seite