: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 20. August 2004

Restaur.antville Profil

Autor: Don Alphonso Porcamadonna

Mitte 30, geboren in Bayern, Vorfahren kamen aus Böhmen, Österreich, der Oberpfalz, dem Elsass und Franken.

Tätigkeit: Journalist, Autor

Wohnorte: München, Ingolstadt, Berlin

Idealorte: St. Valier de Tiers (ein Dorf bei Grasse, Provence), Urbino (Italien), die Region Mantua (Italien), Matala (Kreta), Pappenheim (Mittelfranken), Ingolstadt (Oberbayern)



Facilities: Gerne Gebrauchtwaren, Dinge mit Geschichte, Unikate und Handwerk. Von der Mehrheit missachteter Reichtum wie Orientteppiche, Silber, Porzellan, Messing, Kristall. Klassisches, Praktisches, Bewährtes, Robustes, heimische Materialien wie Nussbaum oder Kirschholz, Kleidung italienisch, Technik historisches, das an die goldenen Zeiten der New Economy erinnert. Erhebliche Erfahrungen im Umgang mit weiblichen Shopping-Touren durch alle Preislagen.

Sights: Am Besten das, was andere nicht sehen, weil sie zu schnell sind, das Nahe verachten oder der Mehrheit folgen. Mikrokosmen, Bedeutungsvolles, Symbolisches, Beruhigendes, das unbeweglich im Zeitstrom steht. Landschaften, die Kunstgeschichte schreiben könnten. Berge, Hügel und Täler sind wichtig, Gegenden ohne vertikale Dimension ein Gräuel.



Food: Als Vegetarier und Antialkoholiker begrenzt, aber alles andere als protestantisch-karg. Ich stamme aus einer grandiosen Essenslandschaft. Prinzipiell liegt mir das Deftige mehr als das Verhungerte, das Ländliche mehr als das Verfeinerte, das Würzige mehr als das Lasche, das Traditionelle mehr als das Neuartige, die Spezialitäten mehr als das Importierte, und der Süden mehr als der Norden. Viel ist gut, wenig ist schlecht, der Preis ist dann nicht so wichtig. Ich koche selbst gern und habe feine Rezeptoren, was Gewürze angeht. Auf einer fünfteiligen Scala Connaisseur - Gourmet - Bonvivant - Gourmand - Gargantua würde ich mich zwischen Gourmand und Gargantua einordnen.

Places: Das Morbide hat seinen Reiz wie das Warme, das Alte, Gewachsene ist immer dem Geschichtslosen vorzuziehen. Designte Perfektion langweilt mich wie das Nagelneue. Orte, deren Geschichte schaudern lässt, und die die Mehrheit vergessen möchte. Süden.



Modus vivendi:

Contra Deum terramque.
Freigiebigkeit ist eine Tugend, Enthaltsamkeit ein Laster.
Genuss ist Lebenszweck.


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Montag, 16. August 2004

Restaurant Kasbah

Deine kleine Schwester ist da, und sie kann das billige Zeug nicht mehr sehen. Nein, kein Inder oder Chinese oder Thai für 4 Euro irgendwas. Endlich ordentlich Essen gehen. Du versuchst ihr zu erklären, dass sie mit ihren Münchner Vorstellungen hier nicht weiterkommt, und dass diese Ecke der Stadt schon ziemlich teuer ist. In den Outskirts geht der Döner manchmal für 1 Euro über die Theke. Wer sich Münchner Preise leisten kann, setzt sich Freitag Abend in den Flieger Richtung München, Köln und Hamburg. Und so alt, dass wir ins Adlon gehen würden, sind wir nun wirklich noch nicht.

Sie schaukelt genervt ihre weisse D&G-Krokoledertasche, um dir zu signalisieren, dass ihr die Realität egal ist und sie jetzt in ein Lokal will, das gut, nicht zu voll, nicht zu laut ist, und vom Ambiente nahtlos in die Elle Decoration passen würde. Also chauffierst du sie in die Gipstrasse zum Kasbah, und wenn ihr das auch nicht gefällt, dann soll sie doch einfach die Strasse runter ins Greenwich und sich ins Koma cocktailen, denkst du dir, leicht genervt. Aber kaum hat sie einen Blick ins Kasbah eingeworfen, ist sie zufrieden und will rein. Elle-kompatibel.

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Montag, 9. August 2004

Essen! Fleisch! Wollust!

verbergen sich hinter diesem Bild.



Und eine Geschichte über ein Lokal

Er ist gerade in Berlin und will dich sehen. Das ist klasse. Er ist Tourist und will in eine typische Mitte-Kneipe. Das ist schlecht. Und es soll nicht allzu poppig sein. Damit wird es wirklich schwierig. Und nicht gerade an der Kastanienallee, auch bekannt als Allee der unveröffentlichten Versager. Damit hast du ein komplexes Problem. Aber immerhin kommt er aus einer der wohlhabenden Ecken Westdeutschlands und ist nicht durch Preise zu schocken, die den typischen Creativ-Sozialhilfeempfänger in Mitte abschrecken. Deshalb, und weil dir auf die Schnelle nichts anderes einfällt, sagst du um 8 Uhr im Entweder Oder.

Im Gedächtnis ist dir das Entweder Oder geblieben, weil du dort mal einen wunderbares Blind Date hattest. Das sollte eigentlich nur kurz dauern sollte und endete damit, dass du viele Stunden später im Tiefflug durch Berlin gedonnert bist, um sie gerade noch rechtzeitig beim nächsten Termin abzuliefern. Du erinnerst dich daran, wie die Sonne in kleinen gelben Flecken durch die Blätter des Baumes fiel, um den die Bänke im Freien gruppiert sind, und wie das Licht auf ihren Schlüsselbeinen ein nicht endend wollendes Spiel aus Hell und Dunkel aufführte. Du erinnerst dich daran, wie sie den Strohhalm des Milchshake sanft zwischen ihre gespitzten Lippen nahm und saugte. Du erinnerst dich daran, dass das eigentlich keine Kriterien für die Qualität eines Lokals sind, und trotzdem - zumindest kann man das im Entweder Oder erleben. Keine Frage, der Baum macht den Unterschied.

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Freitag, 6. August 2004

Definetly off topic.

And now for something different oder Ich kann Berlinhass auch ganz anders und indirekt.

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Montag, 2. August 2004

Alfa Romeo, Schwere-Reiter-Strasse

Das ehemalige Postgelände an der Schwere-Reiter-Strasse hat jede Zukunft lang hinter sich. In den Boomzeiten der New Economy sollte hier ein Mediencluster entstehen. Mit dem Ergebnis, dass Neun Live noch nichts Billigeres gefunden hat, Jung von Matt seine Isar-Leute los ist, und Farbausdrucke in Klarsichthüllen die früheren Plexiglas-Orgien der Firmenschilder ersetzt haben.

Du fährst man über das kaputte Kopfsteinpflaster in den Hof, biegst dann den dritten Weg nach links und dann gleich wieder nach rechts ab, und dann siehst du sie schon. Vintage Alfas, von der 1300 Guiletta über rote Rundheck-Spider bishin zum Superleggero. Alle im Originalzustand und unrestauriert.

Mittags streichen die Angestellten der New Media Klitschen drum herum und würden gerne so einen Wagen haben, um über die Leopold zu cruisen. Aber die kargen Löhne im Kreativbusiness reichen dafür kaum mehr aus. Dann doch lieber weiter den Golf von Mami, ist auch praktischer.

Deshalb bleiben die Alfas hier in langer Reihe stehen; nur manchmal kommt ein Unfallwagen dazu, oder ein frisch polierter Wagen huscht schnell vom Hof. Dann ist wieder Ruhe, und die Wägen träumen weiter von der Jagd auf engen süditalienischen Serpentinen. Am Sonntag kannst du lange einsam durch die Karossen schlendern und das glitzernde Chrom befühlen. Sind die Fenster bei Sonnenschein etwas geöffnet, riechst du das alte Leder.

Die niedrige Werkstatt, das marode Kopfsteinpflaster und hin und wieder ein Wrack eines Porsche oder S-Klasse Mercedes runden das Bild ab. Sie sind hier nur eine Weile, dann haben sie wieder eine Zukunft.

Im Gegensatz zu den Verlierern des New Media Zeitalters, die in den anderen Schuppen angespült wurden.

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Alfa Romeo
Schwere-Reiter-Strasse 35
80797 München

siehe mit Bildern auch hier

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Donnerstag, 29. Juli 2004

Es geht dir auf den Sack.

Dieser Typ auf der anderen Seite des Schreibtischs. Er hat dich zugetextet mit seinen Referenzen und Erfahrungen, aber er hat dir nicht gesagt, was er hier will. Ausser endlich wieder ein Berufsleben, aus dem er vor zwei Jahren herausgefallen ist, wegen zu hoher Geschwindigkeit in der Abwärtskurve der New Economy. Und Karriere machen will er natürlich auch. Aber keine Revolution, sondern brav den vorgeschriebenen Weg.

Und dann puhlt er an der kleinen Macke des Eames Chairs herum. Er will dir damit zeigen, dass er weiss, dass hier auch nicht alles perfekt ist. Waffengleichheit herstellen. Dir auf diesem Weg ironisch kommen, auf der Konsumprodukts-Ebene. Bei ihm zu Hause kommt vermutlich alles von Ikea.

Du beugst dich über den Tisch und sagst, ihre Referenzen sind ausgezeichnet, keine Frage, nur bei der Beständigkeit siehst du leichte, hm, du überlegst zwei Sekunden, eins, zwei, sagen wir mal, Indifferenzen.

Hier ist es nämlich so, dass eine gewisse Beständigkeit schon wichtig ist. Du musst dafür sorgen, dass es langfristig glatt läuft, du magst straighte, konsequente Arbeit, und dafür bist du bereit, den ordentlichen Preis zu zahlen. Es ist wie mit diesen Stühlen hier, die standen hier schon lange. Die sind nicht billig gewesen, aber das weiss er ja. Eames, wir verstehen uns. Hatten wir schon lange bevor die New Economy CEOs mit ihrem toteln, kalten Hintern von ihnen wieder runtergekippt sind. Du willst Mitarbeiter wie diese Stühle. Und du willst, dass er sich als ge-nau-so zuverlässig erweist.

Seine Hand hat aufgehört, an der Macke rumzupuhlen. Er gibt klein bei und erklärt sich bereit, es erst mal mit zwei Monaten Praktikum zu probieren. Nur um endlich weiterhin auf einem Eames Chair zu sitzen, der hier schon so lange steht und nur etwas Patina angesetzt hat.

Du sagst, du gibst ihm bald Bescheid, und als du ihm kräftig die Hand drückst, damit er merkt, who has got the power, sagst du ihm natürlich nicht, dass die Eames Chairs erst seit ein paar Wochen hier sind. Da hast du ihn nämlich angelogen.



Die Eames Chairs hast du zufällig gesehen, als du geschäftlich in Mitte warst. Am Zionskirchplatz ist ein Laden mit 70ies-Möbeln, und die hatten diese Eames Chairs in blau für nicht mal 20% des Originalpreises. la fonda heisst das Geschäft, hat nicht unangenehme Kunst an den Wänden und all das Zeug aud Plastik, worauf Mitte im Moment so steht, aber auch Arne Jacobsen und Eames. Gepflegte, alte Originale aus den späten 80ern von Vitra. Die hast du sofort genommen, um das Büro aufzupeppen. Auch über den Preis konnte man gut reden. Ohne das Piercing und die 70ies-Klamotten hätte dir auch die Verkäuferin sehr gut gefallen. Deine Office Managerin, die auch dabei war, fand den farbig-schlacksigen Boss (?) des Ladens ziemlich anregend.

Und wenn du den Typen nimmst und er als unterbezahlter Prakti ordentlich Werbekunden ranschafft, dann holst du dir auch noch die Executive Chairs. Als Paar. Für dich. Privat.

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la fonda
Fehrbelliner Str. 25
10119 Berlin Tel.: 030 443 557 23
Mo. - Fr. 12-20 Uhr

siehe auch hier

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Mittwoch, 28. Juli 2004

Ein Mund wie eine kandierte Kirsche

Du gehst die Behmstrasse runter und bist fast geblendet von den goldenen Löwen. Das hier ist eigentlich nicht die Ecke für diese Prunkviecher, aber das muss auch gar nicht die richtige Gegend sein, denn du erinnerst dich. Es gab schon mal solche deplazierten Hässlichkeiten.



Du erinnerst dich an die späten 80er Jahre in München, diese reiche, dumme Stadt in der Hochebene, wo du irgendwas Sinnloses studiert hast. Es spielte keine Rolle. Dein Dad hatte eine wichtige Position, und irgendwann würde schon was aus dir werden. Dachte er. Zumindest hatte er dir gute Manieren beigebracht. So gut, dass er, wenn mal wieder ein Termin mit Geschäftspartnern platzte, dir und deinen Freunden den schon gebuchten und bezahlten Tisch im Tantris überliess. mehr

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Dienstag, 27. Juli 2004

ericrohmersommerfilmreife Vorspiele

Die meisten Deiner Bekannten, die aus den glücklicheren Regionen des Landes zu Besuch kommen, wollen Berlin so sehen, wie es in den Medien dargestellt wird: Jung, hip, kreativ. Also packst Du sie in Dein Auto und fährst an die Kastanienallee. Du kommst nicht aus Berlin, hast einen rasanten Münchner Fahrstil und findest so jederzeit einen Parkplatz im Halteverbot.

In die Stirn Deines Bekannten graben sich Sorgenfalten, als er zum ersten Mal im real life die verhauten Kreativjung-mattgesichtigen Gestalten sieht, die bei Polylux in der Glotze noch so wenig bedrohlich wirkten. Der Rasta redet vom Shit mann wo Du keine Schmerzen mehr hast yo. Dann erreichst Du das 103 mehr

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