Es geht dir auf den Sack.

Dieser Typ auf der anderen Seite des Schreibtischs. Er hat dich zugetextet mit seinen Referenzen und Erfahrungen, aber er hat dir nicht gesagt, was er hier will. Ausser endlich wieder ein Berufsleben, aus dem er vor zwei Jahren herausgefallen ist, wegen zu hoher Geschwindigkeit in der Abwärtskurve der New Economy. Und Karriere machen will er natürlich auch. Aber keine Revolution, sondern brav den vorgeschriebenen Weg.

Und dann puhlt er an der kleinen Macke des Eames Chairs herum. Er will dir damit zeigen, dass er weiss, dass hier auch nicht alles perfekt ist. Waffengleichheit herstellen. Dir auf diesem Weg ironisch kommen, auf der Konsumprodukts-Ebene. Bei ihm zu Hause kommt vermutlich alles von Ikea.

Du beugst dich über den Tisch und sagst, ihre Referenzen sind ausgezeichnet, keine Frage, nur bei der Beständigkeit siehst du leichte, hm, du überlegst zwei Sekunden, eins, zwei, sagen wir mal, Indifferenzen.

Hier ist es nämlich so, dass eine gewisse Beständigkeit schon wichtig ist. Du musst dafür sorgen, dass es langfristig glatt läuft, du magst straighte, konsequente Arbeit, und dafür bist du bereit, den ordentlichen Preis zu zahlen. Es ist wie mit diesen Stühlen hier, die standen hier schon lange. Die sind nicht billig gewesen, aber das weiss er ja. Eames, wir verstehen uns. Hatten wir schon lange bevor die New Economy CEOs mit ihrem toteln, kalten Hintern von ihnen wieder runtergekippt sind. Du willst Mitarbeiter wie diese Stühle. Und du willst, dass er sich als ge-nau-so zuverlässig erweist.

Seine Hand hat aufgehört, an der Macke rumzupuhlen. Er gibt klein bei und erklärt sich bereit, es erst mal mit zwei Monaten Praktikum zu probieren. Nur um endlich weiterhin auf einem Eames Chair zu sitzen, der hier schon so lange steht und nur etwas Patina angesetzt hat.

Du sagst, du gibst ihm bald Bescheid, und als du ihm kräftig die Hand drückst, damit er merkt, who has got the power, sagst du ihm natürlich nicht, dass die Eames Chairs erst seit ein paar Wochen hier sind. Da hast du ihn nämlich angelogen.



Die Eames Chairs hast du zufällig gesehen, als du geschäftlich in Mitte warst. Am Zionskirchplatz ist ein Laden mit 70ies-Möbeln, und die hatten diese Eames Chairs in blau für nicht mal 20% des Originalpreises. la fonda heisst das Geschäft, hat nicht unangenehme Kunst an den Wänden und all das Zeug aud Plastik, worauf Mitte im Moment so steht, aber auch Arne Jacobsen und Eames. Gepflegte, alte Originale aus den späten 80ern von Vitra. Die hast du sofort genommen, um das Büro aufzupeppen. Auch über den Preis konnte man gut reden. Ohne das Piercing und die 70ies-Klamotten hätte dir auch die Verkäuferin sehr gut gefallen. Deine Office Managerin, die auch dabei war, fand den farbig-schlacksigen Boss (?) des Ladens ziemlich anregend.

Und wenn du den Typen nimmst und er als unterbezahlter Prakti ordentlich Werbekunden ranschafft, dann holst du dir auch noch die Executive Chairs. Als Paar. Für dich. Privat.

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la fonda
Fehrbelliner Str. 25
10119 Berlin Tel.: 030 443 557 23
Mo. - Fr. 12-20 Uhr

siehe auch hier

Donnerstag, 29. Juli 2004, 20:36, von donalphons | |comment

 
..hoffentlich treff ich so´n "fiesen Möpp"
wie Sie nicht mal im Vorstellungsgespräch.

- Sehrerheiterndregierung.

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Da links ist ein Disclaimer, der sagt was von satirischen Stilmitteln ;-)

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