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Samstag, 2. Januar 2016
Fall
Onlel Primus war ein Mörder.
Wobei, er war nicht mein Onkel, sondern mein Ururgrossonkel. Und er hat auch keinen Menschen ermordet, sondern einen Weinstock beim Beschneiden. Eigentlich war es auch nur Weinstocktotschlag, zudem auch nur fahrlässig, aber seitdem hiess er eben Onkel Primus, der Mörder. Wenn vom Mörder die Rede war, wusste jeder, um wen es ging.
Hier war früher auch einmal Wein an den Häusern, aber das ist lang vorbei, denn in den Wirtschaftswunderjahren wurde das ganze Dorf gesprengt und danach geflutet. Im westlichen Teil des Sees stehen noch die Fundamente des Bauernhofs, aus dem die Frau von Onkel Primus, dem Mötder stammte. Hier hat sie ihre Jugend verlebt, als noch nicht alles schlammbraun war, sondern weitgehend unberührt und vergessen.
Es war sicher keine gute Zeit, denn das Tal ist sehr abgelegen - nach Lenggries und zurück geht man sicher einen Tag, und an den Ruinen sieht man, dass die Höfe nicht gerade stattlich waren. Der Jäger von Fall, geschrieben von Ludwig Thoma, ist denn auch kein besonders schönes Stück Literatur: Furchtbare Zustände, und sechs Monate Winter müssen es damals gewesen sein. Aber jetzt ist Fall noch einmal eine Sensation. Münchner parken die Brücke zu, um das versunkene Dorf zu sehen. Sogar die Wege sind noch da. Und die Baumstümpfe.
Im Frühjahr wird der Ort wieder verschwinden, für die kommenden Jahrzehnte.
Ich schwimme ungern, egal wo. Hier besonders. Schon immer. Da war immer das Gefühl, die Vergangenheit würde mich hinab ziehen.
Wobei, er war nicht mein Onkel, sondern mein Ururgrossonkel. Und er hat auch keinen Menschen ermordet, sondern einen Weinstock beim Beschneiden. Eigentlich war es auch nur Weinstocktotschlag, zudem auch nur fahrlässig, aber seitdem hiess er eben Onkel Primus, der Mörder. Wenn vom Mörder die Rede war, wusste jeder, um wen es ging.
Hier war früher auch einmal Wein an den Häusern, aber das ist lang vorbei, denn in den Wirtschaftswunderjahren wurde das ganze Dorf gesprengt und danach geflutet. Im westlichen Teil des Sees stehen noch die Fundamente des Bauernhofs, aus dem die Frau von Onkel Primus, dem Mötder stammte. Hier hat sie ihre Jugend verlebt, als noch nicht alles schlammbraun war, sondern weitgehend unberührt und vergessen.
Es war sicher keine gute Zeit, denn das Tal ist sehr abgelegen - nach Lenggries und zurück geht man sicher einen Tag, und an den Ruinen sieht man, dass die Höfe nicht gerade stattlich waren. Der Jäger von Fall, geschrieben von Ludwig Thoma, ist denn auch kein besonders schönes Stück Literatur: Furchtbare Zustände, und sechs Monate Winter müssen es damals gewesen sein. Aber jetzt ist Fall noch einmal eine Sensation. Münchner parken die Brücke zu, um das versunkene Dorf zu sehen. Sogar die Wege sind noch da. Und die Baumstümpfe.
Im Frühjahr wird der Ort wieder verschwinden, für die kommenden Jahrzehnte.
Ich schwimme ungern, egal wo. Hier besonders. Schon immer. Da war immer das Gefühl, die Vergangenheit würde mich hinab ziehen.
donalphons, 23:49h
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