: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 31. August 2013

Transalp 2013/1,5 - von Hall nach Mühlbachl

Nachträglich kann ich sagen, dass die einzige Stelle, wo wir geschoben haben, der Ortskern von Hall war. Steil, Kopfsteinpflaster und ausserdem auch nicht radtauglich - und obendrein waren wir auf der Suche nach etwas, das den Schlaf versüssen würde. Wir suchten und fanden Marillenknödel.







Über die Eigenheiten der Tiroler Hotelzimmerdekoration möchte ich mich hier übrigens nicht weiter auslassen, und statt dessen sagen, dass ich vermutlich auch auf einem Bachbett lang und gut geschlafen hätte. Am Abend davor habe ich noch ein paar kleine Reparaturen gemacht, Schrauben nachgezogen und alles überprüft, denn heute wurde dann alles weitaus weniger lustig als gestern: Der Patscher Sattel und der Brenner sind nicht gerade Pässe, die zum Scherzen mit Nachlässigen aufgelegt sind. Früher empfand man diese Stecken als gefährlich und dankte seinem Herrgott, wenn man sie überstanden hatte; wir Radler mögen Atheisten sein und kein Kerzerl mehr anzünden, aber auch wir sollten das Schicksal nicht herausfordern.







Nur - warum fahre ich dann überhaupt diese Strecke? In Ampass pflegt sogar mein Auto schon zu keuchen, der Anstieg dort ist steil wie mein Osterberg daheim und vier mal so lang, und die Kirche oben drauf kündet vom Elend der Fuhrknechte, die von hier aus das Salz und Silber über die Berge transportierten. Da schiebe ich, habe ich mir vorher gesagt, aber geschoben habe ich dann doch nicht. Das Elend ist: Man verausgabt sich auf den ersten 10 Kilometern und dann wird der Rest eine Qual. Ampas, Aldans, Lans, Heiligwasser, das sind die Orte, entlang derer man sich vom Inntal auf halber Höhe des Patscher Kofels ins Wipptal schleppt. Und es ist wirklich steil, kraftraubend und nicht wirklich ein Vergnügen. Um ehrlich zu sein: Von Hall bis zur Ellbögenstrecke war der Tiefpunkt dieser Fahrt. Steile Rampen, nicht enden wollende Anstiege, langsames Keuchen und die Erkenntnis, dass 12 Kilo Gepäck mehr schon einen Unterschied machen.







Ungefähr 2 Zähne hinten. Ich fahre immer einen Gang weniger dick als sonst. Oder anders gesagt, einer fehlt mir nach oben hin. 30 vorne 27 hinten war ohne Gepäck gut, jetzt wäre 30/30 nett. Oder 32. Oder ein Pedelec, oder der Alpenbus. Daheim steht eine halbfertige Kiste mit 22/32, das wäre fein. Aber irgendwann bin auch ich oben und dann kommt die Ellbögenstrecke und damit die Erklärung, warum man das macht. Schon mit dem Auto ist die Strecke ein Traum, aber mit dem Rad - man kann überall anhalten und schauen - ist es noch schöner. Drüben im Stubaital grüsst der Gletscher herüber, und ganz tief unter uns sind die Autobahn und die Europabrücke. Die ist sehr hoch, aner wir sind schon sehr viel höher. Es ist noch nicht mal Mittag, aber in der Ferne sieht man schon den Brenner.







Es erwachen die Lebensgeister, wir werden überholt und schiessen hinterher, fahren Löcher zu und bleiben dran; gut, eigentlich nur eine Serpentine, aber immerhin, es läuft, und wir sind gut unterwegs. Man wird schnell übermütig und vergisst, was für eine jämmerliche Figur man vor 10 Kilometern noch abgegeben hat. Und die Strecke ist mehr so wie Wellenreiten; es geht nie so lang und so steil hoch, dass man nicht auch noch ein wenig Schwung mitnehmen könnte. Um ehrlich zu sein, hatte ich befürchtet, dass dieser Teil der Fahrt eine Schinderei wird. Aber in Wirklichkeit war der Wechsel von Abfahrten, Kurven, Ausblicken und kurzen Rampen viel zu schnell zu Ende. Dafür konnte ich wenigstens anhalten und ein Bild machen, das mit dem Auto aufgrund der Stelle über dem Abrund nicht möglich ist:







Pfons bzw. Mühlbachl heissen diese Orte, sie sind versteckt unterhalb von Matrei und werden von der Autobahn aus sowieso vollkommen übersehen. In Mühlbachl quert die östlich glegene Ellbögenstrecke den Fluss und vereint sich leider, leider mit der normalen und viel befahrenen Brennerstrecke. Davor aber ist noch die überaus prächtige Pfarrkirche von Pfons, die Zeugnis vom alten Reichtum dieser Region ablegt, als jeder Seidendamast, jedes Zuckerwerk und jedes Gemälde, das den Brenner passierte, an der Kirche vorbeigekarrt wurde.







Wir haben Glück, denn kaum betreten wir die Kirche, beginnt der Chor auch schon seine Probe und zeigt die famose Akustik des Raumes: So in der Art muss das auch für die Menschen des Rokoko gewesen sein, wenn sie hier nach den Strapazen den Gottesdienst besuchten. Wobei es damals ja auch noch Wölfe und Bären und Wegelagerer und Zollstationen und die Pest und Schneebretter und die Inquisition gab, und der Weg auch keine asphaltierte Strasse war. Da kann man schon mal niedersinken und hochschauen und sich wünschen, man würde auch so leben wie die an der Decke.







In Wirklichkeit war es wohl eher so tödlich, wie es am Eingang gezeigt wird; der Friedhof bei der Kirche ist gross und den brauchte man auch so, denn viele haben den Weg hier hoch nicht überlebt. Wir bekommen davon auf dem Rad, wenn wir uns schinden, allenfalls einen Hauch einer Ahnung, wie das damals gewesen sein muss. Die Alpen sind mörderisch, aber bis hierher habe ich überlebt, und ruhen dürfen nur die Toten. Sie bleiben zurück. Wir machen uns auf zum Brenner und nach Italien.

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Samstag, 31. August 2013

Transalp 2013/1

Es war ein perfekter Tag, und es hat fast gar nicht weh getan.nur nach den 100 Kilometern noh einmal auf den Sattel, das war ein weniug fordernd. Aber sont:







Es gab en erstes Frühstück und ein zweites Spätfrühstück und warme, nicht zu heisse Luft, und wäre da nicht schon nach den ersten 10 Kilometern der erste Platten gewesen, und diese Miesbacherin im schwarzen BMW-Cabrio, die plötzlich ohne zu Blinken abbog, wäre es vielleicht zu schön gewesen.







Der Achenpass ist ja eher niedrig, aber insgesant kommen schon auch durch die kleinen, giftigen Zwischenandtiege einige Höhenmeter zusammen. Aber die Stimmung ist gut, die Luft ist perfekt und ausserdem ist das meiste vollkommen autofrei - und wenn es das nicht ist wie beim Weg vom Achenpass ins Inntal, war ich schnell genug, dass mich nieand überholte.







Morgen wird das leider etwas anders, aber heute wird dann in Hall in Tirol erst mal gefeiert; Dass es so gut lief, dass wir so weit sind, dass das Essen in der Geisterburg vorzüglich ist und dann muss der Körper auch noch viel aufnehmen. denn morgen kommt die Ellbogenstrecke und der Brenner.







Aber wir sind so weit gekommen, jetzt gibt es kein zurück und ob es wirklich schwer ist: Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden. Und den fahren wir.

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Donnerstag, 29. August 2013

Warum?

Diese Frage muss man mir nicht stellen, ich stelle mir sie selbst auch. Man könnte ja auch hier bleiben, denn es ist schön und was man tut, wissen nur wenige wirklich zu würdigen. Werde ich denn glücklicher sein als jene, die bleiben?



Dazu gibt es obendrein auch gar keinen Grund denn Faulheit ist in meinem Augen nicht besser als Fleiss, wenn am Ende das Ergebnis passt. Leider jedoch ist diese Welt vor allem gefüllt mit solchen, die ihre Faulheit mit Scheinfleiss kaschieren und deren Ergebnisse so sind, dass an dieser Stelle ein längerer Eintrag über Adminverwaltung und die Folgen von - óh, Spinatquiche!



Es hätte sogar einen mittelguten Grund gegeben, die Sache abzublasen, denn ich habe daheim meine ganze Radelkleidung vergessen. Nicht das, was ich meinem Partner mitbringen wollte, aber sehr wohl das, was ich tragen wollte. Habe dann aber wildentschlossen sommerschlussnachgekauft, was vielleicht in Grau/Orange nicht wirklich gut aussieht, aber warm genug auch für höhere Berge sein sollte. Dezent ist es nicht, aber dafür sieht man es schon von Weitem.



Passt natürlich nicht zum Rad, aber dafür passte die Tischdecke und die Torte! Es sind die kleinen Siege, die uns die grössten Hindernisse überwinden lassen, man muss auch mal 5 gerade sein lassen, am Schieben ist noch keiner gestorben und es geht auch ein Bus nach Meran und selbst, wenn es so werden sollte: ich gebe das zu. Scheitern ist keine Schande, es geht um das Probieren und Lernen Auf dem Rad geht, was bei Software, Sexspielen und Bergsteigen tödlich sein kann.Aber was weiss ich schon davon?



Ich bin nur ein mittelalter Mann in Lycra auf dem Weg nach Meran auf einem alten Rad, das jetzt genug getestet ist und halten sollte. Und zur weiteren Begründung habe ich bei der FAZ und beim reibungslos funktionierenden Kommentarblog auch darüber begründend geschrieben. Euch viel Spass und mir auch. Wir lesen uns. Auf der anderen Seite des Passes.

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Mittwoch, 28. August 2013

Den Winter ins Haus holen

Barzahlung und persönliches Bieten werden mittelfristig wieder die Mittel der Wahl, wenn man nicht möchte, dass die Staatsverbrecher unter dem Regimeführer Obama wissen sollen, was daheim passiert. Das gilt bei Callgirls vermutlich nicht weniger als bei dem, was manche Kleindenkende an Essen im Internet bestellen, und die Vision des per Internet selbst füllenden Kühlschranks vermeidet dann auch den Killerdrohneneinsatz - wen nicht ins System passt, dem mischt man halt ein wenig Plutonium in den Bioyogurth. Oder halt, Obama und Co. morden natürlich streng nach ABC-Richtlinien, von Munition aus abgereichertem Uran einmal abgesehen, vermutlich wird dann einfach eine Milchflasche mit Nitroglycerin geliefert, das ist moralisch unbedenklich und die Speichellecker in Berlin werden dann sagen, dass man halt den Kühlschrank besser hätte verschlüsseln sollen

Da kann man eigentlich nur auf eine falsche Lieferung hoffen. Werde in Zukunft wohl öfters mit Adressen in Berlin hantieren. Da ist doch so einer, der wo Antiamerikanismus wittert.





Aber noch kommt mein Essen vom Markt und weil ich schon mal gewisse Probleme mit Stalkern hatte, schaue ich auch auf dieAdresse der Pakete, die kommen. Und weil ich ja in den Meraner Sommer fahren werde, macht es mir gar nichts aus, jetzt eine herbstliche Tarte zu backen und den Winter freudig zu begrüssen. Denn der ist im Paket gut gesichert und dick verhüllt, damit ihm auf seiner langen, langen Reise nichts passiert. Diese Reise, die aus welchen Gründen auch immer in Frankreich vor 250 Jahren begann und einen Umweg über Italien genommen hat, endet nun hier, und wenn ich an den letzten Winter denke, dann ist hier sicher ein geeigneter Ort für dessen Betrachtung.





Sommer und Herbst mit lieblichen Körpern und Gesichtern habe ich schon, und was ich ausserdem habe, ist ein Platzerl, denn das Bild ist nicht sehr gross, und da kann man ja auch mal einen Moment die strengen Vorsätze aussen vor lassen. Da gab es zwar in der letzten Woche ein wirklich grosses Problem, ach was Debakel! - an meiner Wand, und dann nagelte ich Frauen um, dass es keine Freud für die Nachbarn war. Denn es war spät, und ich konnte nicht warten. Aber diesmal weiss ich schon, wie ich mit ihr verfahren werde. Denn der Winter ist natürlich auch eine Sie. Meistens erscheint sie als alter, in Pelz gekleideter Mann, aber meine Winterin - Gender rulet, wenn keine Tröten spielen! - hat sich fein gemacht und hat einen lustigen Hut mit herabhängenden Perlen.





Ich hasse es, wenn sich Damen, von der Auslieferung schmählichst genötigt, verspäten, und ich sie nicht persönlich in Empfang nehmen kann. Wenn sie gar zwischengelagert werden müssen. Das gehört sich nicht. Viel Zeit bleibt nicht, um sie zu betrachten, denn das Rad wartet, und der Transfer zum Tegernsee für das grosse Abenteuer. Die Winterin bleibt hier und deshalb hoffe ich, dass es in Südtirol auf den Pässen auch nicht schneien wird.

Und den Abschaum der Überwachungsregimes gibt es da oben hoffentlich auch nicht.

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Dienstag, 27. August 2013

Pro-Tipp:

Kauft Euch bloss keine 29er oder Räder mit Reifengrösse 650B. Völlig sinnloser Quatsch einer Industrie, die technisch das Mögliche weitgehend ausgereizt hat. Kauft Euch ein gutes, gebrauchtes 26-Zoll-MTB und überlasst den Plunder denen, die glauben, dass man mit grösserem Radumfang im Gelände besser lebt (mal abgesehen davon, dass ich die allermeisten Räder bei uns eh nur im Tal sehe und fast nie auf meinen Wurzelstrecken, wo 29er Vorteile haben sollen. Tests von Amerikanern und Spiegel Onschleim beweisen, aber klar doch.). Mehr Gewicht an der Lenkung ist schädlich, die Laufräder werden entweder schwerer oder weniger stabil oder beides, bekommen mehr 8er und der nächste, logische Schritt ist dann die Umstellung auf Felgen, die man nicht mehr zentrieren kann. Sondern nur noch austauschen, wenn man dann 30 Kilometer zum nächsten Radladen geschoben hat.



Im Prinzip waren Mitte des letzten Jahrzehnts alle Probleme des Fahrradbaus gelöst. Mehr als 10fach-Kassetten braucht niemand, mehr als ein Überschlag muss beim Bremsen nicht sein. Was jetzt kommt, sind keine Verbesserumgen mehr, sondern die Anfänge des totalintegrierten Tretsystems mit unzugänglichen Lagern, programmierbaren Akkus und unaustauschbaren Verschleissteilen. Beim Kauf immer schön auf die Einfachheit achten, und nur ein Rad nehmen, das man unterwegs mit dem Inhalt einer Trikottasche wieder zusammenflicken kann. Was bei elektrischen Schaltungen und hydraulischen Bremsen nicht geht. Lasst andere die Betatesterei machen und nehmt ihnen billigst die hochwertigen, vollmechanischen Räder ab. Die Zukunft braucht Idioten. Ihr braucht nur ein gutes, simples Rad zur Lebensfreude.

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Montag, 26. August 2013

Es sind 25 Kilometer zum Zwetschgenbaum

Kinder, das ist Training, wie ich es liebe! Regen, bewölkter Himmel, einbrechende Dunkelheit und immer das ferne, lockende und reiche Ziel vor Augen:





Ich kann das gar nicht mit anschauen, wie der Mensch in diesem Land mit den Früchten umgeht. Die Äpfel fliegen wir ein und die Zwetschgen würden verfaulen, käme ich nicht des Wegs und hätte eine grosse Tasche dabei:





Die Kunst ist es, so schnell zu fahren, dass daheim der Teig bereits gegangen ist, wenn man voll beladen ankommt. Und ich darf sagen, mit so einem vom exzessiven Vorkosten hängenden Bauch zwischen den Beinen ist das eine echte Herausforderung.





Das grösste Problem ist das Überleben der 40 Minuten, bis das Blech den Ofen verlässt; an anderen tagen würde man vielleicht noch eine Runde drehen, aber ich streichle dann so lange die Katzen. Ich mag Katzen. Sehr.





Solange sie angewidert die Nase verziehen, wenn sie am Datschi gerochen haben. Meins, meins, alles meins, schliesslich habe ich mich 50 Kilometer lang gefoltert, um den Neuburgern etwas zu nehmen, was sie gar nicht haben wollen. Es ist Datschizeit. Es fährt sich im Regen viel besser, wenn man 4 Kilo Zwetschgen dabei hat.

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Montag, 26. August 2013

Das Schicksal mit Bedacht bedienen

Jahtelang bin ich in meiner Jugend auf eine Art und Weise über die damals teilweise noch radwegfreie Leopoldstrasse gerast, dass es zum Fürchten war: Mitten auf der Fahrbahn und nie bereit, ein Auto einfach so überholen zu lassen. Man muss sie disziplinieren, sagte ich mir, und auch wenn ich kein fussgängerscheuchender Rowdy war: Ich nahm mir gegenüber dem motorisierten Verkehr meine Rechte.

Es ist nie etwas passiert. Nichts. Kein Kratzer.





Inzwischen meide ich eher den Verkehr der Automobile und lege meine Routen so, dass ich sie kaum zu sehen bekomme. Das ist das Privileg des Lebens in eher ländlichen Regionen, nach ein paar Kilometern kann man sich das aussuchen, wo man sein möchte und mit wem. Es gibt sehr, sehr ruhige Strassen und nochmals ruhigere Wirtschaftswege, die betoniert sind, und sollte doch einmal mehr Verkehr sein, ist oft auch ein Radelweg. Meine Vergangenheit als Strassenkämpfer sagt mir: Hier, zwischen Freizeitradlern und Rollschuhfahrern und Wanderern bist Du viel zu schnell, schiesse hinüber auf die Strasse und jage dort dahin. Das sieht zwar unangepasst aus, ist aber eine Wohltat für alle Schwachen und die Autos müssen halt aufpassen. Aber dann sage ich mir, wenn die schon so nett sind, so etwas anzulegen... und man soll doch den Kindern ein Vorbild sein... und so bleibe ich auf dem Radweg.

Bremse natürlich, wenn da zwei nebeneinander fahren. Nähere mich ganz langsam an, und wenn sie es nicht merken, sage ich Entschuldigung. Dürfte ich bitte kurz vorbei? Das erscheint mir höflicher, als hinter ihnen mit einem Schlenker auf die Strasse zu donnern und vor ihnen wieder grusslos hinein, ich bremse halt und bedanke mich nachher. Heute bemerkte der Mann auf der linken Seite mein schneckenhaftes Kommen, fuhr vor seine Frau und ich hatte noch nicht einmal angetreten, nichts getan, ich war da einfach nur schräg hinter ihr, vielleicht drei, vier Meter, da drehte sie sich um, erschrack, dass da jemand war, verriss den Lenker, geriet an einen nur an dieser Stelle befindlichen Bordstein und stürzte.





Ich hatte testweise das Gepäck dabei und nagelneue Pedale mit Titanachsen. Da passt man auf. Ich war kein Raser sondern wirklich nur jemand, der schauen wollte, ob alles funktioniert, ich war vorsichtig, höflich und langsam. Mehr hätte ich auch gar nicht tun können. Zum Glück ist nichts passiert, nicht mehr als der Schreck. Aber.

Da habe ich mir dann vorgenommen: In Zukunft brenne ich wieder, rase kurvenreich zwischen den Wegen, mache riesige Schlenker und zum Teufel mit der dezenten Annäherung mit angemessener Geschwindigkeit. Ich gehe meinen Weg und der ist halt in weiten Bögen und wenn es sein muss auf der Gegenfahrbahn. Ich bin dann eben so schnell, dass sie mich erst realisieren, wenn ich in 10 Meter Abstand vorbeigeflogen bin.





4 Meter breite Radwege wären prima. Prima wären übrigens auch Eltern, die ihre Kinder erst darauf fahren lassen, wenn sie das Rad beherrschen und nicht links hinter und vor den schlingernden Bratzen als Deckung den Weg blockieren und heftig wackelnd panisch werden, wenn einer ankommt. Man kann ja auch über alles reden. Ich bremse ja eh. Ich will eigentlich nur nicht von so einem überforderten Stück Elternaas abgeschossen werden. Vor denen habe ich mehr Angst als vor den Amokkindern.

Auf einer Strecke, wo es übrigens jede Menge Rennradler gibt. Es ist also nicht so wahnsinnig überraschend, wenn ich mich kangsam und höflich annähere. Aber wenn bei den Eltern 110% der Konzentration auf das versagende Balg verschwendet werden, bleibt halt nichts für den restlichen Verkehr. In Richtung Meran sind dann hoffentlich weniger Kinder und Eltern unterwegs. Oder ich mache das, was ich tue, dann halt auf der Strasse. Schlchte Omen gab es auf dem Radweg genug,

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Samstag, 24. August 2013

Nach der Flut

Hochzeiten sind bekanntlich nicht mein Ding. In aller Regel täusche ich Urlaube vor, vom Stacheldraht ruinierte Oberschenkel, generelle Unpässlichkeit oder ich sage einfach die Wahrheit: Dass ich keine Lust habe, Menschen beim grössten Fehler ihres Lebens zuzuschauen. Natürlich mag ich die Gatten meiner guten Freundinnen eher selten. Aber leider habe ich damit langfristig auch recht, denn die Scheidungsquote liegt bei uns längst auf einem Niveau, das man vielleicht eher in Hellersdorf erwarten würde. In meinen Augen ist das einer der dramatischen, wirklich dramatischen Wandel in der Gesellschaft, von 0% Scheidungen bei der Generation meiner Eltern zu über 50% bei uns. Und dann wundert man sich, wenn keine Villen mehr gebaut werden, sondern nur noch Vierspänner, in deren Parzellen auch einer bleiben kann, wenn es daneben geht.





Ich entnehme den Gesprächen in Niederbayern, dass es dort auch nicht mehr wirklich anders ist, und dass ich diesmal hier bin, liegt an mehreren Gründen. Einerseits kenne ich die Leute hier gar nicht so, Niederaltaich war halt Gegenstand der Berichterstattung beim Hochwasser, aber der Beitrag wiederum hat denen sehr gut gefallen. Und so konnte ich mir andererseits nicht nur die Kirche und den ehemals überschwemmten Ort, sondern bei der Gelegenheit auch die Hochzeit anschauen, die eigentlich schon bei der Flut geplant war, aber aus den bekannten Gründen verschoben werden musste. Überhaupt, das sind bei Naturkatastrophen die kleinen Folgen, über die keiner redet: Dass das Leben mit all seinen Plänen aus den Angeln gehoben wird, bis in die intimsten Bereiche hinein. Generell ist zu bemerken, dass Naturkatastrophen sicher schlecht für Heiraten und Lebensplanung sind, aber auf der anderen Seite ist da etwas in uns, was in diesem nun wirklich nicht dazu tauglichen Moment an Fortpflanzungsaktivitäten denken lässt, in einer Mischung aus "eh schon alles egal", "wer weiss schon was morgen ist" und all dem angestauten Adrenalin im Körper. Oder vielleicht gibt es da auch nur den allerprimitivsten Mechanismus der Arterhaltung in uns, der sagt: Oh, das überleben viele vielleicht nicht, mach hin und sorge für den Genpool!





So weit war es hier nicht, die Braut passte perfekt ins Kleid und freute sich auch sehr über den Mercedes. Es gab sehr feine, wirklich feine Musik, die man so und unter Trachttragenden vielleicht gar nicht erwartet hätte, dazu schwiegen die Katakombenheiligen und voll war es, weil sie alle eingeladen hatten, wirklich alle und sogar der komische Typ da mit den Kameras war da, der sich damals in bester oberitalienischer Tradition durch das Unterholz in die Zona Rossa vorgearbeitet hat, in dem man sich dann kennenlernte. Man lernt Menschen halt manchmal unter komischen bedingungen kennen (Wea san nochad Sie? I bin vo da FAHDS Ah so.). Wir sind noch einmal davon gekommen, versichern wir uns gegenseitig dann im Gasthof. Das Wasser ist weg, aber die Ströme haben sich tief in die Erinnerung eingegraben, hier noch mehr als bei uns; was für mich das Erdbeben war, ist für sie der Fluss, der längst wieder Flaschengrün in seinem Bett schwappt.





Es hat etwas Tröstliches. Es ist eigentlich ein schönes Thema, trotz allem.

Abgesehen davon haben wir auch einen nicht ganz richtigen Begriff von "Katastrophe". Katastrophe ist oft, zu oft, was passiert, wenn der Mensch seinen Verstand beiseite lässt. Da sehe ich keinen Unterschid zwischen den Bankstern und den Überflutungsbereicher der Flüsse: Man muss halt die Grenzen kennen. Ob man sie hier dauerhaft lernen wird, weiss ich auch nicht, denn auch hier wollen sie bauen und die Grundstücke liegen nun mal in der Nähe des Flusses. Aber es ist immer noch besser hier als in Fukushima, wo man nicht wieder heiratet, sondern erst in vielen Jahren ansatzweise begreifen wird, was da wirklich geschah, und welche Folgen das haben wird. Niederbayern hatte Pech mit dem Fluss, aber Glück mit dem Atomstandort, das es bald nicht mehr sein wird. Gar nicht weit von hier wäre übrigens Wackersdorf. Und damit ein anderes Baudenkmal, das sogar die CSU in ihren Polyestertrachten gern vergessen würde. Ich kann es nicht vergessen, und wenn ich 100 Jahre alt werde.





Gut schaut Niederalteich aus. Das ist eine gute Nachricht, aber nach ein paar Monaten vollkommen egal, denn es gibt ja die NSA und Syrien und die britischen Totalitaristen und eben Fukushima mal wieder, aber das alles ist weit weg und alle interessieren sich eigentlich nur für die beiden Hauptpersonen, und wer sonst noch so da ist und etwas taugen würde, weil auch in Niederbayern ist es so wie überall: Der Mensch ist gut, owa d'Leid san schlecht. Heute mag ich sie und ihr an der Katastrophe geschärftes Bewusstsein. In ein paar Wochen wählen sie trotzdem wieder die Staatspartei, auch wenn nach dem Seehofer die nächsten Ökononimienazis daherkommen, die gleiche Brut wie in Frankfurt, nur eben in Trachtenjanker, und die Tore öffnen für Waffenfirmen, Energiekamarilla, GewerbeflächeninNaturschutzgebietenausweiser und sonstige Feinde der Schöpfung, für die es gar nicht genug Fluten geben kann.

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