: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 10. Oktober 2015

Calvino

Wer mich kennt, weiss natürlich, dass ich das Werk von Italo Calvino über alles schätze, und das hat sich über all die Jahre gehalten. Meine Begeisterung für Freud ist deutlich abgekühlt, und Erich Fromm kann ich nur noch aus der Epoche des Kalten Kriegs heraus verstehen - heute sagt er mir nur noch wenig. Aber Calvino ist universell, er altert nicht, und seine Indifferenz. die ihn von der Krankheit des Manichäismus frei hält, ist auf lange Sicht eine Tugend. Der Ritter, den es nicht gab - der hat mir, dem introvertierten Gymnasiasten, der nirgendwo hinein passte, sehr geholfen, meinen Weg zu finden. Raus aus den verkopften Vorstellungen über das Dasein, rein ins Leben.



Vor dreissig Jahren ist Calvino gestorben, also genau dann, als ich seine Bücher las, und weil er in Siena starb, gibt es dort in der historischen Gemeindebibliothek eine Ausstellung über seine Werke. Klein. fein, knipsen verboten, weshalb hier ein Bild des gut gefüllten Raumes reichen muss. Privat verbinde ich mit Calvino einen heute längst ausgerissenen Olivenhain hoch über der französischen Riviera im November, wo ich auf einem schrägen Baum sitzend den geteilten Visconte las. Heute stehen dort Projektimmobilien, aber in meiner Erinnerung ist das alles noch so klar wie der Blick auf das 20 Kilometer entfernte Meer im hellen Sonnenlicht, wenn ich denn mal die Augen hob. Ich war sehr verkopft. Die wunderlichen Geschichten passten zu mir.



Überhaupt, was ich an Italien mag, sind all die erhaltenen Buchläden, die sich hier Ketten und Amazon erfolgreich entgegen stemmen. Man kann viel schimpfen über Provinz und Lokalbezug, aber in der Folge sorgt das auch für das Überleben des Fachhandels. Und für weniger Bechweren über versagende Lieferdienste.

Erwähnte ich schon, dass ich so lange bleibe, bis ich die Buchmesse verpasse?

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Donnerstag, 8. Oktober 2015

Clans haben nur zwei Vorteile.

- Ich bin selbst begünstigt.

- Man kann ihre schlimmen Folgen im schönen Siena besichtigen.

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Mittwoch, 7. Oktober 2015

Grenzenlos

Man sollte s kaum glauben nach all dem Morast und dem Gejammer - aber die Lust auf das Rad melet sih langsam zurück, Langsam. Nicht schnell. Aber doch.



Es ist nämlich sehr hübsch hier, un immer wieder denke ich ir, dieses und jenes müsste ich einmal ausprobieren und genauer anschauen: Shlösser, Kirchen, Dörfer, oder einfach nur die kleine Strasse hinter der Rocca hoch, wo die Zypressen wuchern und alles nach Sommer in Italien riecht. Italien hatte keinen Jahrhundertsommer wie Deutschland, Italien erntet gerade immer noch Wein, es gibt also beim Gleiten über das Lan nicht das Gefühl, das Jahr sei nun schon vorbei.



Es ist hier fast och etwas besser als daheim am Tegernsee: Der Berg ist noch schneller erreicht, man sieht auch mehr als nur den Wald, man ist bald oben un wieder unten und ort steht auch schon der nächste Berg. Autos gibt es praktisch nicht, aber Katzen. Und Kurven. Alle paar Meter eine neue Aussicht. Inner schön, nie hässlich. Wieder oben, tun sich unendlich viele Möglichkeiten auf.



Ich fahre nicht irgendwo hin. Ich fahre, und entlang des Weges eröffnen sich Bilder. Ich verfahre und vefranse mich, erwische unübersichtlich falsche Strecken und muss auch ab und zu umkehren, aber das macht nichts aus. Man sollte sich also rund um das Rennen Zeit lassen und das alles hier mitnehmen. Es stimmt alles.

Ausser meinem Rücken. Das Alter, nehme ich an.

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Dienstag, 6. Oktober 2015

Nicht nasse Selbstpelzwaschung

Man kann von Staggia Senese auch nach Siena raeln und kommt dabei an entzückenden Orten vorbei. Ich habe das letztes Jahr auch schon gemacht und weiss also, wovon ich spreche, wenn ich zum Auto rate.



Denn obwhl die ersten 20 Kilometer schön sind, sind die letzten 9 Kiloemeter durch die Randzonen der Stadt schrecklich. Es herrscht schlimmster Autoverkehr, und es geht dauernd bergauf und bergab. Bergauf wird man zum Stauanlass und bergab rechnet keiner damit, dass ein Radler so schnell ist. also genehmige ich mir den Luxus und fahre mit dem Auto. Generell ist Siena durch die Lage einfach nicht radtauglich, das muss man leider zugeben.



Es ist touristisch gar nicht so schlimm. Viele ältere Amerikaer und Asiaten sind da, wenig Deutsche, man findet überall einen Platz. Die Saison ist erkennbar vorbei, und ich mache meine üblichen Besorgungen ohne jede Störung. Krawatten für den Konzertverein, Mitbringsel, ein Buch, das ich vom Titel her zwar kannte, aber nie sonderlich attraktiv fand, bis ich es in einer Buchhandlung im Schaufenster sah. Ob ich einer der Eroici sei, werde ich gefragt und wie schlimm es denn gewesen sei. Sehr schlimm, sage ich und reibe meinen Rücken. Aber es war auch eine Gaudi in der schönsten Lanschaft der Welt.



Ich gehe zweimal essen. Der Körper will mehr und mehr und das kommt davon. wenn man an den Raststellen während der Fahrt zu schnell wieder aufbricht. Dahein esse ich ziemlich viel Salz pur und habe geriebenen Parmesan neben mir. Die Beine wollen noch, morgen wird wieder geradelt, aber manchmal muss man auch etwas für die Fettschicht tun. Es gibt da eine ganz unscheinbare Pizzeria am Markustor, die ünnen Brotteig mit Spinat uind Käse backen. Das nehme ich mit, setze mich auf einen Blumenkübel und schaue zu, wie es finster wird.



Es geht mir gar nicht so schlecht, alles in allem. Morgen dann wieder Rad, versprochen. Keine Zeit für Schwäche. Nein, nicht ans Meer. Das ist nur Wasser, ich will Hügel. Abhärtung. Landschaft. Kultur

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Montag, 5. Oktober 2015

Au

Kein Muskelkater.

Keine Erkältung.

Keine gebrochenen Knpchen.

Der grosse Regen des gestrigen Tages ist Geschichte, draussen scheint wieder die Sonna auf die Toskana herab.



Trotzdem bleibt eine Art Andenken: Der Sattel des Rennrads ist aus Leder und, wie das restliche Raf, gute 40 Jahre alt. Leder ist ein Naturmaterial und verändert sich unter Feuchtigkeit. Nach dem Regen gestern hat sich der Sattel einseitig verzogen, so dass ich rechts tiefer als links sass. Ziemlich lange, ziemlich weit, und in dieser Fehlhaltung habe ich auch ziemkich viel belastet, Mir schräger Wirbelsäule über den Schotter - das tut weh. Salbe habe ich dabei, die hilft etwas. Aber es fühlt sich oberhalb des Schinkens ziemlich geräuchert an.



Dann doch lieber ein Tag Putzen und Säubern und Fetten, Fetten und nochmal Fetten. Ich habe zum Glück alles dabei, aber dass es so schlimm werden könnte, hätte ich doch nicht gedacht. Das nächste Mal nehme ich also einen Sattel mit Plastikunterlage mit. Man sitzt eh drauf, keiner sieht das, und wenn es wieder nass werden sollte, bleibt er in Form. Wer kommt überhaupt aof die Idee, mit so einem Rad--- egal, wir hatten das Lamento schon.



Es ist übrigens wirklich, wirklich schön hier. Herbst für Italien, Spätsomer für Deutschland. Nach dem Fetten des Rades kleide ich die Speiseröhre mit Pizza aus.

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Montag, 5. Oktober 2015

Für die Harten

war diese L Eroica ein riesiges Vergnügen. Radfahren, Bergwandern, Survival Training. Alles zusammen. Und ein schönes Thema für die FAZ.





Nun bin ich nicht ganz so hart, sondern eigentlich ein Freund sonniger Idyllen. Allerdings bin ich auch ein Freund der Eigenständigkeit, des eigenen Weges, und recht lang war es so, dass die Beschäftigung mit alten Rädern mehr eine Sache für Abseitige war. Ein spleeniger Zeitvertreib. Hipster überlebten Fixiefahrten, echte Männer nannten deren beulig aussehenden Freundinnen mit Gastschmiere bei der taz "aus den Fugen geratene Schleichwerbepest" und "Feministinnen", überstanden deren hinterfotzige Anschläge auf den eigenen Etat, und fuhren Rennrad, um nicht selbst aus den Fugen zu gehen.





Es war also etwas für einen kleinen Kreis und nicht für jeden, der seinen Hintern zur Uni bewegen will - wie das heute ist. Ich kann nicht mal mehr auf den Wochenmarlt mit einem Altrad fahren, ohne gefragt zu werden, wo man sowas herbekommt. Gleichzeitig weiss ich von befreundeten Mechanikern, ich habe es selbst gesehen, dass Leute nicht mal mehr in der Lage sind, Bremsklätze zu wechseln. Sie können nicht mehr 4 Schrauben lösen und wieder festziehen. Das ist dann das Klientel, das ein überteuertes Rad kauft, und es so lange zu Schanden fährt, bin es geklaut wird. Die Preise steigen deshalb trotzdem. Es kann gern kaputt gehen, aber bis dahin soll es nach etwas aussehen. Es ist Wegwerfware wie ein iPhone, statt das, was es wirklich ist: Eine Maschine, die Sachverstand und Pflege braucht.





Dieses Klientel fehlt hier weitgehen, und die Hipster sind auch deutlich weniger geworen - vielleicht, weil sich herumgesprochen hat, dass es nichts mehr abzustauben gibt, aber sehr viel einzusauen mit Schweiss un Dreck.Es sin wirklich mehr die Gleichgesinnten vor Ort, denn die Modischen. Sachverstand statt Trend. Gefunden habe ich trotzdem recht wenig auf dem Markt, aber das ist nicht so schlimm. ich habe ja und verkaufe nichts an Hipster.

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Sonntag, 4. Oktober 2015

Nette Leute mit begrenzten Zielen

Da wären wir also. Da, wo ich letztes Jahr war und jederzeit auch wieder sein würde, wenn ich in der Nähe von Siena bin. Es gibt viel Teures und viel Hässliches und viel Teuerhässliches und dann gibt es auch noch das hier, diesen kleinen Palazzo, 20 Minuten von Siena entfernt. Oh, und das Wetter ist nach dem Wolkenbruch gestern wieder schön.





Warum ich wieder da bin... weil die mittlere Strecke schöner ist als die kurze, an der ich vor genau fünf Jahren verzweifelte. Weil ich mich eingefunden habe und obendrein auch leistungsfähiger und schlanker bin. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, das Altern lässt sich nicht aufhalten und die Fortschritte sind entsprechend klein. Aber mein Wille ist zäh und ich möchte einfach wissen, ob es jetzt besser geht. Natürlich scheinen die weissen Strassen bei der Anfahrt hart zu sein. Aber dennoch. Da ist eine unerklärliche Vorfreude.





Es ist aber auch schön. Gut 7000 Menschen aus 70 Nationen kommen zusammen, um ein wenig radfahren zu gehen. Die Einschreibung ist lange offen, wer will, kann kommen, es gibt wirklich hübsche Geschenke, gutes Essen, viele Teile und eine enorm angenehme Stimmung. Es ist überhaupt nicht getrieben von Bestzeiten und Kampf um die Plätze, sondern vom guten Leben und vom Interesse am Rad.





Es ist nichts Schlechtes, die Stimmung ist phantastisch, und dass es morgen regnen soll, will keiner glauben. An meinem Rad löst sich die Kurbel und wird wieder montiert, ich kaufe ein absurd hässliches Trikot in Pink un Grün, das ich nur morgen tragen werde und auch nur, falls es regnet. Ein Ciocc ist billig, aber mir leider zu klein und als ich es stehen lasse, weiss ich, dass in ein paar Wochen jemand genau so etwas haben wollen wird, und dann werde ich mich verfluchen. Aber im Moment ist alles gut. 7000 gut gelaunte Menschen verbreiten einfach ein schönes Gefühl.





Am Ende habe ich dann noch einen Rossinrahmen zum Trikot gekauft. Den habe ich den ganzen Tag - ich stand mehrmals direkt davor - übersehen und erst auf dem Weg zum Bezahlen bemerkt. Meine Grösse. Hochgehoben und gefragt, was er mit Steuersatz, Innenlager, Kurbel und Umwerfer kostet. 70 gehört und bezahlt und dann davongelaufen, falls das eine falsche Ansage war. Etwas für den kommenden Winter, zum Basteln. Und für die Erinnerung an das gute Gefühl vor dem grossen Tag mit dem begrenzten Ziel.

Es geht mir gut. Richtig gut, so gut wie schon lange nicht mehr.

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Freitag, 2. Oktober 2015

Ganz hinauf

Es kommt naturgemäss meistens schlimmer. Und wer früh losfährt, fährt zwar unter dem Bleigrau des Himmels, aber noch im Trockenen, während hinten bei Ratschings die weisse Wintereröffnung stattfindet.



Erst kommt dann der reichlich kalte Regen, und ein Motorradfahrer in Kalch ruft mir zu, ob es mit kurzer Hose nicht zu kalt ist. Ich bin auf dem Weg nach Italien, ich nehme keine lange Hose mit und zahle dann eben den Preis.



Es ist mein Pass, meine Herausforderung, es ist das, vor dem ich lange Angst hatte und das als unbezwingbar galt. Es war lange Jahre der limitierende Faktor in meinem Leben, ich habe mich dort hintrainiert und mein Leben und meinen Körper angepasst, nur um zu erfahren, ob es nicht vielleicht doch geht. Es geht.



Andere sind natürlich deutlich schneller, aber auch deutlich jünger. Es hilft alles nichts, die zweite Lebenshälfte beginnt inzwischen, und da geht es eigentlich nur noch darum, dem Verfall irgendwie würdig zu begegnen. Andere schauen vielleicht auf das Tacho. Bei mir reicht das Zeitgefühl um zu wissen, dass sich all die Kilometer des Sommers gelohnt haben. Ich bin besser drauf als die 20 Jahre davor.



Inzwischen ahne ich, dass ich auch mehr schaffen könnte. Ich kann in einem Tag zweimal solche Pässe fahren und danach noch laufen, ich müste auch die letzten Herausforderungen schaffen: Das Timmelsjoch drüben im Nordwesten und das Stilfser Joch am Ortler. Das hocjkrabbeln der Wanze, die ich bin, an diesen Titanen kommt dann nächstes Jahr.



Es ist nicht gerade der Weg des Lichts, den ich da beschreite, es ist nicht die Tugend, die mich antreibt und nicht der Eindruck, dass es das Angemessene wäre. Es ist einsam dort oben, kalt, und wenn es schief geht, stirbt jeder für sich allein. Es gibt da oben nur eine einzige Frage: Ankommen oder nicht. Alles andere ist bedeutungslos. So einfach. So atemberaubend, so schnell, und am Ende spuckt einen der Berg ungerührt aus, ohne dass er sich verändert hätte, nachdem er einen durchgeprügelt hat. Das ist nicht allgemein gültig gut, und nicht umsonst sehe ich ausser dem Freund da oben keinen Radler. Es ist etwas für die Anderen.

Aber alles ist besser als Rheinländerin mit einer Vorliebe für Mortadella sein.

Und die Faht nach Siena im Regen war danach erheblich schlimmer.

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