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Samstag, 23. Dezember 2006

Pauli vs. Stoiber vs. Don

Eigentlich kann ich in dieser Situation nur gewinnen. Bayern auch. Denn der Endkampf zwischen Sonnenkönig Stoiber und Landrätin Pauli wird mindestens eine CSU-Figur nicht überstehen, und für die CSU geht es so oder so übel aus.

Für einen Sieg der Pauli mit Abgang Stoiber spräche, dass eine Pauli den endlich nötigen Umbruch der CSU herbeiführen könnte. Der Stoiberismus ist letztlich nichts anderes als die Spätform des Straussismus, der den neuen Erfordernissen halbherzig angepasst wurde; eine neue, schlichtere Fassade vor dem alten, verfilzten CSU-Palast mit seinen Hofschranzen und dem Schimmel an den Wänden, dem gigantischen Bierkeller und all dem darin gedeihenden Ungeziefer. Bei aller wirtschaftlichen Modernität ist die Denke von Thron und Altar heute nicht mehr zu halten, Bayern ist über weite Strecken nicht mehr das Böllerschützenparadies mit Alpenkulisse. Selbst die Dörfer haben sich durch das Bevölkerungswachstum massiv verändert. In den Neubaugebieten wohnen Menschen, die mit der alten CSU-Struktur aus Landfrauen, Kriegerverein, Bolzplatz und Freiwilliger Feuerwehr nichts mehr zu tun haben. Die sind von einer geschiedenen Pauli auf der Ducati erreichbar, aber nicht mehr von der verstaubten Stoiberbürokratie in München, die über weite Strecken nur noch dem stoiberschen Machterhalt dient.

Stoiber selbst ist inzwischen auf einem Kurs, der schon Helmut Kohl nicht gut getan hat: Verbohrt, uneinsichtig, und von dummdreisten Vergötterungen a la "der geborene Spitzenkandidat" seiner Raubritterrunde unterstützt. Das Bayern, für das Stoiber zu stehen versucht, ist kleiner geworden, und andere wie Seehofer könnten das genauso ansprechen. Die Erzkatholen werden die CSU auch nioch wählen, wenn sich zeigen würde, dass der gesamte Parteivorstand in schwarzen Messen Ministrantinnen mit Drogen abgefüllt hätte. Für die gibt es keine Alternative. Verlieren kann die CSU aber in der Mitte - und die hat Stoiber und Merkel schon bei der letzten Bundestagswahl die Gefolgschaft verweigert. Nachdem die CSU zum Machterhaltungsorgan verkommen ist, wird sie unter Stoiber sicher nicht anfangen, die nötige Öffnung einzuleiten. Die Hubers, Söders und Becksteins können nicht den Schwenk vollziehen, der die Partei auch nur als konstruktive Opposition zur gegenwärtigen Gesellschaft positionieren könnte. Nicht umsonst werden Linksabweichler wie Seehofer bei jeder Gelegenheit hintenrum mit Dolchen gespickt. Der offizielle Parteiapparat hat Angst davor, sich zu verändern und dabei unter die Räder zu kommen, wie 1989 die SED-Bonzen.

Der kurzfristige Schaden, den ein Erfolg von Frau Pauli über die CSU bringt, ist meines Erachtens nichts gegen den langfristigen Schaden, den ein Sieg von Stoiber zur Folge haben wird. An der Entwicklung von Bayern weg vom alten Bierdimpflsumpf kann die CSU so oder so nichts ändern. Unter einer Person wie Seehofer würde die CSU aber am Ruder bleiben. Das hat sie nicht verdient. Schöner und gerechter wäre es, wenn sie in einer langen Folge von Skandalen, Panik und internen Bruderkriegen ihre Macht verlieren würde.

Und deshalb sage ich: Pauli, mach den Stroiber alle! Pack den Dreck auf den Tisch! Und Ede, lass Dir von dem Weibadsn nix gfoin! Los! Killt Euch! Letztlich ist es mir wurscht, was wer im Parteivorstand die letzten Jahrzehnte an Sauereien abgenickt hat, von den Sautergeschichten über den Versuchsreaktor bishin zu den geschönten Waldschadensberichten - sie waren alle mit dabei, und es wäre gut für Bayern, wenn sie alle weg wären. Bayern braucht die CSU nicht, die CSU braucht Bayern wie die Zecke das Wirtstier. Ich will sie nicht modernisiert sehen, und nicht veraltet und marginalisiert - ich will sie tot haben. Also macht hin. Mit Stasimethoden und Lügen, mit Bestechung und Erpressung. Basst scho.

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Samstag, 16. Dezember 2006

Schampus4free

Vor nem Monat ca. war ich auf einer echt geilen Party in einer Villa mit Schampus4Free etc.

schreibt da ein Mitglied von StudiVZ. Ich war gestern Nacht... egal. Vielleicht irgendwann später, wenn die Erinnerung nicht mehr so frisch ist. Manchmal ist die historische Perspektive besser. Ganz sicher ist sie das.

Was ich sagen will. Irgendwann wird das einem egal, oder schlimmer, es wird zum nervigen Begleitumstand des Lebens. Entweder, man geht da hin, um sich zuzulöten - dann hat man natürlich seinen Spass. Antialkoholiker wie ich haben natürlich auch ihren Spass, denn es sind diese Abende, bei denen geistreichere, zynische Menschen ohne vollgekotztes Hemd naturgemäss das leichte Spiel beim weiblichen Geschlecht haben, das denen, die dem Schampus4Free zu sehr zusprechen, verwehrt bleibt. Und viele von denen saufen nur mit, weil sie sich dann toll fühlen. Kurzfristig.

Ich denke, man findet so etwas toll, wenn man es selten erlebt. Man schreibt so etwas, wenn man es ansonsten nicht kennt. Bei meinen Eltern war immer Alkohol der besseren Kategorie im Haus, trotzdem kam keiner auf die Idee, da irgendwelche Exzesse draus folgen zu lassen. Die Gelegenheiten, in denen es zu solchen Parties kam, hatten meist einen etwas fragwürdigen Hintergrund, sei es jemand, der partout etwas beweisen wollte, oder etwas Kommerzielles, oder beides. Es ist in meinen Augen in der gleichen Liga, in der man Einladungen bekommt, die einem mitteilen, dass man mit der Teilnahme 800 Euro geschenkt bekommt, oder die Information, dass das Catering pro Person 140 Euro kostet. Interessiert man sich dann für die Biographie des Einladenden, findet man seine Vergangenheit als Cartbahn-Geschäftsführer heraus. Oder anderes. Es ist jedenfalls nichts Gutes.

Man kann sich natürlich auch einen Spass draus machen, so etwas zu begleiten. Das ist enorm unhöflich und widerspricht fundamental dem, was man über die Pflichten des Gastes erlerbt hat. Seltsamerweise verlieren in meinem Bewusstsein diese Pflichten ihre Gültigkeit, wenn da jemand denkt, mir als Teil eines eingeladenen Kollektivs etwas beweisen zu müssen. Es gibt ganz wunderbare angeberische Schnösel, die einen umcircen, über die ich nie ein böses Wort verlieren würde. Aber in dem Moment, wo unterschiedslos abgefüllt wird, als sei der Gast ein Stück Mastvieh, stellt sich schnell eine Dreiteilung des Publikums ein: Diejenigen, die nach mehr schreien, die grosse Mehrheit, der es letztlich egal ist, und die, die schon zu viel oder noch zu wenig gesehen haben und deshalb znisch bis bösartig reagieren.

Sein Gutes also hat Schampus4free. Es ist ein Lackmustest, man lernt bei solchen Parties wirklich phantastisch bösartige Leute kennen, mit denen man lange Jahre Spass haben kann. Sogar auf solchen Parties. Vor allem aber - später daheim in der Villa oder dem Stadtpalast, dessen historische Saroughteppiche sich niemals mit Leuten belastet sehen müssen, die auf Schampus4free aus sind.

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Montag, 11. Dezember 2006

Endlich

Du bist ein Grund für einen Agnostiker wie mich, auf die Existenz der Hölle zu hoffen.

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Mittwoch, 8. November 2006

Antiquariat Hans Hammerstein, Türkenstrase 37

Das klassische Antiquariat in Schwabing hat ziemlich harte Zeiten hinter sich. Der Fluch sind die Unmengen von Bücher, die Verlage raushauen und die kein Jahr später dann für kleinstes Gld verkloppt werden, so wie gerade bei 2001 die vorzügliche, jüdische Entstehungsgeschichte Hollywoods "Ein eigenes Reich" - 6 Euro statt 25, noch so ein hochgelobter amerikanischer Bestseller, der hierzulande das Schicksal von T. C. Boyle und anderen teilt. Aber wenn es ladenneue Bücher für weniger als die Hälfte des Preises gibt, wie sollen dann Antiquariate überstehen, die ganze Bibliotheken einer langsam wegsterbenden Generation von Nachkriegsprofessoren ankaufen? Und wer will in Zeiten fetter, schlecht geschriebener Taschen-Weltbild-Bände noch alte Bücher mit Schwarzweiss-Bildern und fussnotentriefenden Seiten?

Nun, solange es mich gibt, gibt es dafür eine Antwort: Ich! Eine Bibliothek lebt vom Nebeneinander von sorgsam gepflegten Antiken, heissgeliebten und vergilbten Brechtausgaben und neuester Fachliteratur sowie den eigenen Werken, und der stete Zustrom an neuesten Druckerzeugnissen muss dirch Nachschub ausgefallener Altbücher kompensiert werden. Bücher, von denen man nicht mal ahnte, dass es sie gibt, bevor man sie in Händen hielt. Dazu braucht es die verbliebenen und neu gegründeten Antiquariate in Schwabing. Und das Antiquariat Hans Hammerstein in der Türkenstrasse 37 ist einer der ersten Läden, die ich quasi als Verlängerung meiner eigenen Bibliothek definierte, und den beim Umweg zum Bäcker aufzusuchen mir stets eine Freude und Verpflichtung war.



Allein schon die Bananekisten vor der Tür. Ich liebe diese Bananenkisten. Mit denen hat es seine eigene Bewandtnis. Um die Ecke ist das grosse Fachbuch-Antiquariat Kitzinger, und die kaufen ganze Bibliotheken. Natürlich ist da auch Belletristik und anderes dabei, und manchmal schiebt ein Mitarbeiter vom Kitzinger mit einer Sackkarre ein paar dieser Bananenkisten hinüber zu Hammerstein. Sehr häufig gefüllt mit alten Ausgaben des Simplizissimus, der Jugend und anderer Reste des einst solz verlotterten Künstlerbezirks Schwabing, auf die man sich hinter der grön gestrichenen Fassade spezialisiert hat. Drinnen stehen dann die Bücher hoch bis zur Decke dicht an dicht und liegen in der Mitte auf einem Tisch. Hier vorne aber, bei den Bananenkisten, lauert die Verderbnis für die standhaften Herzen, die sich jeden Tag vornehmen, nicht wieder zu fallen und dann doch wieder laut schlagen, wenn Frisches zu finden ist. Die Abhängigen, die hier verkehren, kennen das aktuelle Angebot schon von Weitem, und harren der Nachfüllung; besondere Gierschlünder wissen schon, wan die Stühle mit den Kisten rausgestellt werden und liegen auf der Lauer.

Ich gestehe! Ich war einer von jenen! Und das alte Gefühl war immer noch da, gestern, als ich dort zwei alte Gallimard-Ausgaben von Andre Gide aus den 50r Jahren fand, darunter auch die heissgeliebten Verliesse des Vatikans, in hellbraunem Karton und dem alten Preis 525 Franc auf dem Rücken, und dazu noch Kants Kritik der reinen Vernunft. Ich mag Kant bekanntlich nicht besonders und setzte deshalb seinem Vernunftbegriff die unvernünftige Handlung entgegen, mir jetzt das vierte Exemplar, in weinrotem Leder mit Goldschnitt in der von Thomas Mann besorgten Jahrhundertausgabe von Th. Knaur - das war ein Verlag in den 20er Jahren! alle Achtung! - zu beschaffen. Drinnen ist alles wie immer, es gibt auch Nachwuchs, der weiter machen wird, und so sei es hier nachwachsenden Studenten empfohlen, Hammerstein in die Liste der Hoflieferanten aufzunehmen.

Lest mehr Bücher! Und löscht die elenden Datenfallen der persönlichen Profile bei StudiVZ!

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Donnerstag, 2. November 2006

Home at the Lake

Diese Strasse entlang zu fahren, hiess in eine andere Welt kommen, wo die Probleme gering, die Sorgen selten und das Leben eher einfach war. Die Fragen des Daseins sind etwa, wie man die Bäume weg bekommt, die inzwischen, 20 Jahre nach der Pflanzung, die Sonne wegnehmen, wo man das Holz herbekommt und wer während der vier Wochen irgendwo in den Tropen die Katzen versorgt.



Es ist dies die finale Manifestation der Erwartungen der alten Bundesrepublik, so hat man sich das als Ideal vorgestellt, Grün, Wasser, grosse Gärten und Häuser so riesig, dass die Frauen auch ohne Beruf einiges zu tun hatten. Angetrieben von einer in festgesetzten Grenzen perfekt funktionierenden Wirtschaft mit klaren Verhältnissen, Du Deutsch, Du Grundig, Grundig Arbeit, Arbeit Wohlstand, die dort, wo Grundig war, längst nicht mehr läuft, aber hier geht es weiter, ganz ohne die neuen Oberschichten der Berater und Anwälte, die heute noch Grenzen durchbrechen mit Viertwägen und Hummer und morgen schon arbeitslos sind oder wegen Unterschlagung vor dem Richter landen.

Es sind die sicheren Häfen für die Regionalzeitung, über deren Feigheit und Käuflichkeit man sich amüsiert und manchmal einen Leserbrief schreibt, der dann pflichtschuldig abgedruckt wird. Es ist der Rückzugsraum für mündelsichere Papiere und, bestärkt durch manchen Fehler in der New Economy, die schützende Hecke für jahrzehntelang gehortete DAX-Aktien. Von der Globalisierung an den oberen Rand gedrückt, ist das kleine Viertel beim See vom real gelebten Traum des Bürgertums zu einem pastoralen Refugium geworden, eine moderne Analogie zu den idealisierten Dörfern in den Parks der absolutistischen Schlösser.

Und niemand dort macht sich glücklicherweise die Mühe, darüber nachzudenken, wozu auch, die nächsten 20, 30 Jahre wird sich hier nichts ändern. Globalisierung, das ist irgendwo anders, eine anonyme Geldmaschine fernab von hier wie die AKWs, aus denen der Strom kommt, dessen unerfreuliche Störung des Gewissens man natürlich mit einer Solaranlage beruhigt. Hier draussen, am See.

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Freitag, 20. Oktober 2006

Das soziodemographische Ende des Radios

Ich habe jetzt eine richtige, recht grosse Küche. Ich habe auch High End Boxen, aber die stehen drei Wände davon entfernt. Früher, in der alten Wohnung oben unter dem Dach, war das kein Problem, da haben die Boxen für alles gereicht. Weil ich gern und viel koche, bin ich lange in der Küche, selten weniger als eine Stunde am Tag, im Winter mitunter auch länger, weil ich dann häufig schonj am Morgen Brote überbacke. Bislang in mönchischer Stille.

Nun ist in der Küche ein CD-Player weniger gut, was jeder verstehen wird, der mal eine CD mit teigverschmierten Händen wechseln wollte. Boxen nehmen viel Platz weg, und es ist nicht wirklich die optimale Umgebung für hochwertige Technik. Deshalb habe ich mir - zum ersten Mal in meinem Leben - ein Küchenradio besorgt. Und zwar so, wie man das in grossen, alten Häusern macht: ich habe eines der alten, bei einer Restaurierung beiseite geschafften Radios eines Vorbesitzers, der es wegwerfen wollte, vom Speicher geholt. Dass die erste Serie der Sono-Clock (LatinoAnglizismus von ganz früher) von Grundig heute bei Altradiosammlern beliebt ist, wusste ich nicht, mir hat einfach das Design von 1968 gefallen. Sein Tag würde kommen - jetzt ist er da.



Seit es hier steht, tue ich wieder etwas, was bei mir mit dem Internet, Downloads und der Audiophilie für etwas abseitige Sachen wie Viola da Gamba, Sackpfeifen und historische Aufführungspraxis selten geworden ist - ich höre wieder Radio. In Bayern ist da ohnehin nicht viel zu wollen: FM4 sendet nicht hierher, das in Berlin dauernd laufende Fritz sowieso nicht, für Deutschlandradio bin ich noch gefühlte 180 Jahre zu jung, und den Bayerischen Staatsfunk der CSU-Nepoten ertrage ich als denkender Mensch nicht. Bleibt also nur Bayern 4 Klassik. Immerhin, für das Kochen reicht es. Ich höre wieder Radio, nach anderthalb Jahren

Der Kochfunk ist neben dem Aufstehen und dem Weg zur Arbeit eine der drei Stützen der Radionutzung. Inhaltlich so gut wie bedeutungslos und zumeist dröge gestaltet zwischen 10.000-Euro-Geräusch und werbefinanziertem 0:45er Aufsager, aber immerhin. Nur sass ich gestern Abend kurz nach 6 im Auto in der Innenstadt. Ich stand hinter dem Haus beim Wohnheim der Elitessen und schaute zu.

Da stand ein kleiner, nagelneuer Fiat Panda, und dahinter ein schwerer BMW. Eine ältere Frau entlud den Fiat, ein älterer Herr den BMW. Sie entnahmen Zeug und trugen es zu einem Fenster im Erdgeschoss, wo die Tochter, eines dieser belanglos hübschen Dinger, die immer Mareike, Johanna oder Jennifer heissen, schon auf die Lieferung wartete. Ich sass in meinem Roadster auf Höhe des Fensters, tat so, als würde ich was suchen, und schaute zu. Was sie da tragen: Fertigpizza einer etwas besseren Marke, Tiefkühlrisotto, Gemüsepfanne für das Gefrierfach, Suppen zum Aufgiessen, Schmutz und Dreck in Magenqualverwandtschaft inclusive eines bekannten bloggenden Gefrieressensresteanbieters (wieso die nicht ebenso diskriminiert werden wie ein potentielles Dieckman-Blog, habe ich nie verstanden).

Und nur ganz zum Schluss 1 kleiner Stock Basilikum. Ein einziger Topf. Wer weiss, zu welcher Dekoration. Nachdem ein Berg an Packungen durch das Fenster verschwunden war, redeten Mama und Papa nochmal auf Töchterchen ein, setzten sich in den BMW mit norddeutschen Kennteichen und fuhren unter Hinterlassung des Fiat davon.

Dieses Mädchen ist die Zukunft der Ernährung. Bis zu ihrem vorzeitigen Ableben an den Fluppen, deren erste sie sich sogleich anzündete, wird sie nie selbst kochen. Sie wird Business Lunches haben, die ebenso teuer wie nährwertarm sind, sie wird Dreck in die Mikrowelle stellen und vielleicht mal heulend Nudeln aus dem Topf löffeln, wenn Gerold aus dem 5 Semester sie nach der Erstipartyknutscherei gleich wieder für Franziskavom Marketing II Lehrstuhl sitzen lässt. Das ist alles. Sie wird nie genug kochen, dass sie ein Küchenradio bräuchte. Sie nicht, und vermutlich die allermeisten in ihrem Alter auch nicht. Was schon in meiner Altersstufe nicht unüblich ist, es gibt Haifische, bei denen besteht Nahrungsaufnahme in der Regel aus einer nächtlichen Taxifahrt zum Burgerking Im Tal.

Und meine Sono-Clock wird hoffen müssen, dereinst wegen ihres schicken Designs gerettet zu werden, aber nicht mehr wegen einer Funktion, für die es dann keinen Markt mehr geben wird.

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Mittwoch, 18. Oktober 2006

Wucher

Nach 28 Jahren ist von der - Architektur wäre zu viel gesagt - Aussengestaltung des Hauses praktisch nichts mehr zu sehen. Aber vielleicht wäre es doch besser gewesen, gleich von Anfang zu anderen Farben zu greifen als Weiss für die Mauern und Dunkelbraun für das Holz.



Manchmal kommen die Katzen über die Dachflächenfenster in den ersten Stock, wenn sie sich nicht mehr runterklettern trauen. Der grüne Panzer setzt sich in drei Reihen Baum und Strauch im Garten fort, bis zur Mauer, aber die kann man nicht mehr erahnen.

Und wäre es nach ihnen gegangen, würde ich oder meine kleine Schwester jetzt mit Familie da oben wohnen. Platz wäre genug für vier Leute. Vor 28 Jahren waren Themen wie Mobilität, Flexibilität, internationale Arbeitgeber, Patchworkfamilien, Kinderlosigkeit und Wohnen in der Altstadt einfach nicht vorstellbar. Damals baute man noch Flughäfen und verkaufte Werftanlagen an die Polen, grundsolide Sache, und ganz was anderes als Meetings mit Haifischen, die in Korea eine Bauruine verwalten sollen, die sie noch nie in echt gesehen haben und deren Betreiber mitsamt ein paar Millionen verschwinden konnten - nach Stand der Ermittlungen. Sowas versteht hier keiner, und die Katzen wollen sowieso nur gestreichelt werden. Und Futter. Und rein. Und raus. Oder einfach nur, dass man mal die Tür aufmacht.

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Samstag, 26. August 2006

Die eigenen Leute

Den Genossen Sigmar Gabriel halte ich persönlich schon länger für eine gnadenlose Fehlbesetzung auf allen Posten. Ein Verlierer, einer, der es nicht kann, den die marode Personalsituation meiner Partei nach oben spült. Bei solchen Chargen braucht sich die SPD nicht wundern, wenn sie als rot lackierte CDU-FDP-Koalition angesehen und nicht gewählt wird. Und angesichts solcher Vorgehensweisen seiner Anwälte angesichts eines sicher nicht netten, anonymen Wiki-Eintrags gegen Marcel Bartels brauchen sie sich auch nicht wundern, wenn sie in den nächsten 10 Jahre zusammen mit der Union die 25%-Grenze von unten betrachten wird.

Und leider ist sowas noch nicht mal ein Einzelfall.

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Mittwoch, 16. August 2006

Einmal hat Fidel Castro noch gewonnen

Nämlich beim Wegrennen von der Schippe des Todes am Abend.



Für den dreckigen Ex-Diktator von Paraguay Alfredo Stroessner, der so aussah wie ein Bilderbuch-Gestapomann, gibt es keinen Morgen mehr. Und den Pinochet packst Du auch noch, Fidel. OK? Prima.

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Montag, 14. August 2006

Tanz den Bertolt

Er hat geschuftet und gelitten. Er hat Geld gemacht mit seiner Arbeit, nur um sich in einem jämmerlichen Kaff namens Mahagonny wiederzufinden, wo alles verboten ist, voller Regeln und Spiessertum. Gemacht werden die Regeln von den Dreckschweinen, die er finanziert. Die Frau liebt ihn vielleicht und sein Geld ganz sicher, und sie braucht Whiskey. Alkohol gegen die Enttäuschung, Betäubung für das hier und jetzt, und vor ihnen allen steht die grosse Katastrophe, denn es naht der Hurrikan, der sie und alles vernichten wir, die Reklame, die Kaschemmen, die Regeln und alle, die sich ihnen beugen.

Und dann steht dieser Paule Ackermann auf, während die anderen noch falsche Brüderlichkeit beschwören, die es hier nie gegeben hat, er steht auf und tritt die Regeln in den Staub, er schreit es heraus, sein Gift und seinen Hass, der Dämon spricht durch ihn die Wahrheit und das Vitriol, das auf immer das Antlitz des Jahrhunderts entstellen wird, er spritzt sich und allen und uns die Droge, die uns tanzen lässt, mich, Euch, uns verhurte Kinder der Auflösung aller Normen und Gesetze, wir klatschen in die Hände dazu und fordern alles für uns, die Ansprüche und die Gier sind unsere Gesetze, er sagt es für uns und die SS-Wachmannschaften, für die Partypeople und seinen Namensvetter an der Spitze der Türme, für die Raffzähne der VCs und die Raser auf der Autobahn, für den Dreck der PR und den Abschaum der institutionalisierten Bedenkenträger und die Kotze der Subventionsbetrüger und den Schleim der besseren Viertel mit ihren Steuersparmodellen, er brüllt es hinaus in die ewige Nacht über der Aufklärung und er tritt damit die Fresse der Lügenkirchen ein, denn wie man sich bettet, so liegt man, es deckt einen keiner da zu, und wenn einer tritt, dann ist er es, und wird wer getreten, dann sind es wir, und er stiefelt uns mit der Wahrheit, bis wir am Boden liegen und immer noch im Takt seines Schlachtgesangs zucken, denn er ist Paul Ackermann und der Teufel und der Heilige und Märtyrer unserer Zeit, die eintritt und gemordet wird für die Grösse des Schmutzes, für die Ehre der Mörder, für die Unsterblichkeit der Gemeinheit und für den Fortbestand des goldenen Zeitalters, und er also steht da vor uns, ganz allein, hört nicht auf die anderen und spricht Luzifers Abendlied und den Fluch aus, der uns für immer verfolgen wird:

Laßt euch nicht verführen!
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen,
ihr könnt schon Nachtwind spüren:
Es kommt kein Morgen mehr.

Laßt euch nicht betrügen!
Das Leben wenig ist.
Schlürft es in vollen Zügen!
Es wird euch nicht genügen,
wenn ihr es lassen müßt!

Laßt euch nicht vertrösten!
Ihr habt nicht zu viel Zeit!
Laßt den Moder den Erlösten!
Das Leben ist am größten:
Es steht nicht mehr bereit.

Laßt euch nicht verführen
Zu Fron und Ausgezehr!
Was kann euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
und es kommt nichts nachher.

Und während uns der Schmerz und die Sucht weiter makaber tanzen lässt, schreien wir zurück auf die Bühne zu Luzifer und Paul und seinem Schöpfer Berolt Brecht, dass es stimmt und nicht, denn auch 50 Jahre nach dem Tod tanzen wir immer noch, wir kennen das Lied, ohne es zu verstehen, es ist der Soundtrack unseres Lebens, wir bewegen unsern Arsch und tanzen den Kapitalismus und den Hedonismus, denn schlimm ist der Hurrikan und schlimmer ist der taifum, doch am schlimmsten ist der Mensch, der weiss, begreift und trotzdem nichts tut, wes es ihm und uns und allen scheissegal ist, aber trotzdem danke, dass es einen gibt, der uns aus den schmalen Bänden des Suhrkampverlages die Wahrheit gesagt hat und sagen wird, für diesen nie endenden Tanz der Moderne.

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