: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 3. September 2007

Was man so Fortschritt nennt

Eine warme Suppe am Tag - das war zu den Zeiten, da meine Grossmutter jung war, eine Horrorvision. Nur ein Teller warme Suppe galt als Existenzminimum, das bei den Franziskanern ausgeschenkt wurde. Die Selbstvergewisserung, dass ihr und mein Clan nicht arm war, erfolgte über die Feststellung, es hätte bei ihnen immer Fleisch oder Fisch gegeben. Dinge also, die in der "schlechten Zeit" eher atypisch für die Ernährung weiter Bevölkerungsschichten waren. Die heute skurril anmutende Marotte meines Grossvaters, den Hausgang mit de Geweihen selbst geschossener Rehe und Hirsche zu verzieren, wo heute Kupferstiche von Kräutern und Stadtansichten den Betrachter erfreuen, ist wohl auch dem Vorzeigen der Verfügbarkeit von Essen geschuldet. Die Suppe war allenfalls die Vorspeise, und drückte durch ihre Degradierung den Stand der Familie über denen aus, die sich Fleisch allenfalls am Wochenende leisten konnten.

Diese tägliche Suppe war durch Jahrhunderte ein Fluch der Gesellschaften. König Heinrich IV. von Frankreich verdankt seine Popularität bis heute seiner Forderung "Si Dieu me prête vie, je ferai qu’il n’y aura point de laboureur en mon royaume qui n’ait les moyens d’avoir le dimanche une poule dans son pot!" - sollte ihm ein langes Leben vergönnt sein, werde er sich bemühen, dasss jeder Untertan am Sonntag ein Huhn im Topf habe. Dank Massentierhaltung und Packerlsuppe ist das heute alles kein Problem mehr, Essen ist bei uns zumindest als Junk Convenience Food in grenzenlosen Mengen vorhanden - mit billigsten Zutaten aus industrieller Fertigung. Mit dem Huhnschlachtabfall gelangen auch Färbemittel, Medikamente und andere Abscheulichkeiten der global agierenden "Lebensmittel"produzenten ins Essen, die keiner ohne Brechreiz essen könnte, würde er sie vor ihrer Verpackung sehen. Imagekampagnen zeigen gern die Herstellung des scheinbar frischen Salats, aber weder die Pestizide noch Bilder über die Entstehung von Chicken Extremitäten.



So gesehen ist selbstgemachte Suppe gar nicht das schlimmste, was einem beim Thema Essen heute passieren könnte. Zudem es heute auch Tomatensuppe gibt, was unter Heinrich IV. noch unvorstellbarer Luxus gewesen wäre. Am Wochenmarkt waren die Metzger diesmal ziemlich ausverkauft - weil es dank Gammelfleischskandal wieder mal die Leute scharenweise zu denen trieb, die ihnen ordentliche Waren ohne K3c-Fleisch und andere Freuden der modernen Wertschöpfungsketten anbieten.

Und langsam komme ich in das Alter, in dem das Aufhängen von Leichenresten im Hausgang ein wenig von seiner Schrulligkeit verliert. Diese Reste der Nahrungsbeschaffung konnte man wenigstens vorzeigen; Dönertrophäen stelle ich mir durchaus gewöhnungsbedürftiger vor.

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Donnerstag, 30. August 2007

Erkenntnis des Tages

Sobald man sich den Snobismus leisten kann, ist er keiner mehr.

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Mittwoch, 8. August 2007

Je sais aussi,

dit Candide, qu’il faut cultiver notre jardin.



Der Regenmann kommt, ruft die dicke Gärtnerin und zeigt auf mich. Jetzt regnet es gleich! Ich grinse sie breit an und bestätige, dass es gleich losgeht mit dem Sommerregen - schliesslich komme ich aus dem Westen und bin dem ersten Schauer bei Neuburg gerade eben so davongeradelt. Kaum habe ich meinen Fruchtsalbei in der Hand, kommt es auch schon runter, dick, nass, unglaublich nass, eine Wand aus Wasser, und ich schaffe es gerade noch in das Zelt mit den Mutterpflanzen. Nichts ist hier zu verkaufen, sagt der Gärtner, und genau in dem Moment, als ich ein Zitronenbäumchen sehe.

Schade, sage ich, das Zitronenbäumchen hätte ich gern gehabt.

Welches Zitronenbäumchen, fragt der Gärtner. Eigentlich fragt er "Woosfiaazidrronnabammahl", aber das versteht man nur als Eingeborener.

Das da hinten, antwortest du und zeigst auf die a und für sich unübersehbare Anhäufung von Blättern und noch grünen Früchten, die nicht wirklich grandios schön ist, aber den leichten Charme der Krankheit eines Caravaggio-Früchtekorbs hat. Aach, dieser Zitronenbaum, erkennt der Gärtner die Pflanze wieder. Ja, der sei nicht zu verkaufen, der sei krank und habe die Schildläuse, über und über schwarze Flecken, und sein Wuchs habe sich nun, eher natürlich entwickelt. Eben drum will ich ihn haben, und nach längerem Diskutieren einigen wir uns darauf, für 30 Euro vom Jahrmarkt der Nichtigkeiten die Caravaggiozitrone einzutauschen, und der Gärtner verspricht, sie nächste Woche zu behandeln, bevor ich sie haben kann. Ich streichle ihre wohlgerundeten Früchtchen, und im Januar, wenn es kalt ist, werden sie mir am Südfenster mit ihrem Saft von der dampfigen Hitze dieses Sommers erzählen, und vom Schauer, der den Salbei wie giftiges Unkraut explodieren lässt.

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Sonntag, 29. Juli 2007

Die Nöte der reichen Herrschaften

Es gibt in dieser Stadt ein gutes Viertel, und es heisst das alte Westviertel. Das alte Westviertel jedoch ist nicht ein Viertel, sondern ein Nebeneinander tiefer Gegensätze. Da schaut der zugewanderte Manager der Weltkonzerns von seinem Toskanabalkon nach der Geschäftsreise zu den chinesischen Mördern verständnislos hinunter in einen Obstgarten des hiesigen Elektroinstallateurs, der das teure Grundstück auch weiterhin nur als Parkgelegenheit seiner alten SLs und zum Lesen in seinem billigen Liegestuhl nutzt. Da gibt es eine Arzt mit Biofimmel, der ein komplettes Luxusgrundstück zum Hegen seiner Ziege nutzt, und den Chefarzt, der das angrenzende Grundstück nur gekauft hat, um es jetzt verwildern zu lassen und damit die Ansiedlung eines etwaigen Nachbarn zu verhindern, weil er auf der anderen Seite seiner Villa genug von Leuten hat, gegen deren übergreifende Obstbäume er prozessiert.

Die grösste Kluft aber, die jedermann ersichtlich ist, liegt jedoch im Bereich eines zugeschütteten Altwassers innerhalb des alten Westviertel, das wegen des sumpfigen Grundes und der Überflutungsgefahr einmal alle 7 Jahre während des Jahrhunderthochwassers nicht bebaut werden kann. Ein Wiesenstrich also trennt teilt das Gebiet in zwei Bereiche, das eine näher am Tennisplatz, das andere fast direkt am See. Dazwischen ist Brachfläche, ein Acker, eine Wiese, die die hiesigen Katzen und Hunde lieben, sowie ein Erdbeerfeld und das Areal einer Freilandgärtnerei, der die Hiesigen ihre im sumpfigen Boden bestens gedeihenden Urwälder verdanken, wenn sie nicht gerade solche Golfrasenfetischisten und AutobahnzurGarageAnleger wie die Nachbarn meiner Eltern... wie gesagt, es gibt hier auch noch andere Gräben.

Man ist hier, im besten Viertel, im einzigen Viertel, in dem man wohnen kann, und das in einer der reichsten und dynamischten Grossstädte der Republik, auf den ersten Blick ansonsten frei von Sorgen. Tempo 30, ein eigener Schulbus und so viele Zivilstreifen, dass man sich einen eigenen Wachdienst sparen kann. Jeder kennt hier jeden, man passt bei allen Gegensätzen aufeinander auf, und wenn nicht gerade der zugedröhnte Sohn nach einer wilden Party im Winter aus einem Auto geschubst wird, um vor dem Gartentor dann zu erfrieren, kann nicht allzu viel passieren. Ausser...

Ausser, die Stadtverwaltung kam zum Schluss, dass so ein Viertel für die diversen, hier geleerten Weinflaschen auch ein Container stehen sollte. Es gibt in der Altstadt drei exzellente Weingeschäfte, die ihre Kundschaft vor allem dem Westviertel verdanken. Wenn der Wein nun, sei es mit dem alten Rad oder dem alten Alfa Spider oder dem brandneuen R8 nach Hause gebracht wurde, bei einem der vielen Gartenfeste geleert wurde, ging die Flasche zu einem ganz bestimmten Punkt: Dem sternförmigen Zusammentreffen von vier unterschiedlichen Strassen, die das ganze Viertel sowie die etwas schlechtere Ecke nördlich davon - weder mit See und Tennisplatz, lediglich mit einem Weiher und einem Reitgestüt und von Anwälten verseucht, die im Miami Vice Stil bauen. Und diese Strassenkreuzung lag inmitten des Tennisbereichs des Westviertels. Was die Folge hatte, dass dort tagsüber durch die Gärten so manches Geklirre ertönte.

Die Bewohner des Tennisbereichs argwöhnten nun schon etwas länger, liessen es bei Gesprächen einfliessen, deuteten es beim Ratsch über Muckimänner für Gartenarbeiten und die Unopiu-Trends des Frühlings an, kamen beim Gespräch über in Internate verfrachteten Nachwuchs mit leichten Gesetzesproblemen darauf zu sprechen, dass es doch sehr ungerecht sei: Sie hätten all den Lärm und die Belästigung, während im Seebereich allein getrunken werde. Das sei ungerecht, die einen geniessen und die anderen werden gestört. Die Bewohner des Seebereiches jedoch wiesen jeder Verantwortung von sich, so präferierten sie nämlich am See einen weiteren Altglascontainer, der ausser den daneben grillenden, spiessigen Minigolfern, die sowie nicht von hier sind, niemand störe. Der Altglascontainer des Tennisviertels sei allein deren Problem. Und weiter hallte das Geklirr durch weitläufige Gärten und über Veranden, bis nun die Stadtverwaltung, genervt von den dauernden Eingaben und drückenden Pausengesprächen im Konzertverein, in ihrer unendlichen Weisheit eine Lösung für das drängende Problem gefunden hat.



Im Bereich zwischen den beiden über den Glascontainer verfeindeten Fraktionen, entlang der sauber begrünten Strasse, die die Getrennten verbindet, und die eng und ohne Parkplätze ist, wurde nun ein Stück Wiese zubetoniert. Und dort, inmitten der grünen, saftigen Wiese, für alle ausser Hörweite und gleichzeitig zur optischen Verschandelung einer topfebenen Landschaft, ist nun der neue, grosse Glasontainer zu finden. Fährt die Tennisfraktion zum See, muss sie ihn genauso sehen wie die Seefraktion auf dem Weg in die Innenstadt.

Nur die Kinder werden wie eh und je über den Feldweg radeln, über dem im Sommer die Fasane knallend auffliegen, sich dann entlang der Strecke sammeln und vielleicht hoffen, dass sich da vorne jemand für erste sexuelle Erfahrungen findet, über den trennenden, containerbestückten Abgrund hinweg, denn trotz allem kennt man ja sonst niemanden, und schon gar nicht, wenn sie in den Blocks wohnen, wie das manche Menschen wohl tun, die aber auch andere Probleme haben, als die Frage, wo der Container stehen soll.

aus der reihe: die nächste bloglesung kommt bestimmt.

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Dienstag, 3. Juli 2007

new rich

Wer eine Vorstellung von reichen Menschen bekommen will, muss sich die deutsche Architectural Digest kaufen, und ganz nach hinten blättern. Dort versammelt eine eigen Kategorie lausige Bilder von irgendwelchen Leuten, die auf irgendwelchen Empfängen von Designfirmen oder Luxusmarken herumstehen. Das genau Gegenteil davon - das ist die typische Erscheinungsform von Reichtum in Deutschland. Und das ist auch der Grund, warum Park Avenue, Vanity Fair und Rich hierzulande nie akzeptiert werden: Weil sie das Publikum im Auge haben, das sich bei derartigen Events ablichten lässt.

Das grundlegende Missverständnis beginnt schon in der Person der Zeitschriftenmacher. Die Leute, die sich mit den modernen Schimmerloses abgeben, haben zwar mitunter Geld, aber gerade dieses Suchen von Mediennähe existiert nur in einem sehr kleinen Bereich dessen, was man als "Oberschicht" definieren könnte. Es gibt tatsächlich Leute, für die ein Besuch der AD, oder nich schlimmer, Elle Decoration, die Erfüllung darstellt. Aber das sind Ausnahmen. Und ganz sicher nichts, worauf man ein Geschäftsmodell der Luxusanzeigen und darauf folgender Verkäufe aufbauen kann.



Denn das Ausgeben von Geld - interessiert in diesen Kreisen normalerweise nicht. Was interessiert, ist das Behalten und Erwerben weiteren Geldes. In Bayern sagt man "von den reichen Leuten kann man das sparen lernen" - und ich kann das angesichts der Erfahrungen aus meinem Umfeld nur bestätigen. Übermässiges Geldverschwenden ist geradezu ein Zeichen von Leuten, die sich den Besitz jeden Tag aufs Neue beweisen müssen; dem Herrn K., dessen Katze ab und zu durch den Garten meiner Eltern strolcht, reicht seine inzwischen über 20 Jahre alte S-Klasse immer noch. Und Herr K. ist ganz sicher einer von denen, die die erwähnten Magazine im Auge hätten - wüssten sie überhaupt, dass es ihn gibt.

Das heisst nicht, dass man den Reichtum gezielt verbirgt. Er ist nur für die Welt der Glitzeranzeigen schwer erreichbar. Und er bedarf dieser Texte nicht: Kein Mensch muss sich von einem Magazin sagen lassen, wie man eine Dinnerparty organisiert. Zum einem macht man in Deutschland keine Dinnerparties, man lädt ein. Zum anderen lernt man das in diesen Kreisen schon als Kind, inclusive des Essens mit Büchern unter den Armen und des Einschenkens. Wer reich ist und das nicht als Kind lernte, den kann die Parvenüpresse gern abfüttern, mit bein paar französischen Austern und was man sonst noch in der Designerküche mit frei stehendem Herd so macht. Dort redet man vielleicht auch über die neuesten Modetrends aus Mailand und die teuersten Wellnessoasen im indischen Ozean, weil man sonst kein Thema hat.

Ich will nicht sagen, dass reiche Menschen nicht für bedrucktes Papier empfänglich sind. Aber der Coffeetable der Reichen ist in aller Regel reserviert für Bücher, und nicht für Pseudoheftchen. Die drei Euro, die eine World of Interior mehr als die grauenvolle AD Deutsch kostet, haben diese Leute meistens übrig. Und wer meint, sich jedes Jahr die neueste Komplikation von Patek in die Vitrine legen zu müssen, hält sich als Kenner entweder eine Spezialzeitschrift, oder liefert als Verschwender mittelfristig die Notverkäufe der Gebrauchtschmuckhändler am Viktualienmarkt.

Mittelfristig werden sich die Luxusmarken fragen, wieso sie eigentlich noch die Johurnaille bezahlen sollen, wenn sie mit dem Internet selbst Begehrlichkeit wecken können. Für den Preis einer Anzeigenseite kann man einen famosen Autoren auch drei Monate lang Geschichten über die eigene Welt schreiben lassen, und ihm einen Photographen mitgeben, den man virtuell nicht einfach überblättert. Das ist dann zwar immer noch PR, aber dennoch ehrlicher als ein Gefälligkeitsgeschmier, das seine Zunge nie so fein wird spalten können, um all den begehrten Zielgruppen gleichermass den Staub von den Schuhen zu lecken.

Nachtrag: Der Anlass dieses Beitrags war das unbestätigte Gerücht, Vanity Fair würde demnächst zu einer 14-tägigen Erscheinung aus Berlin werden. Und wie es gerade durchsickerte, wird es im August tatsächlich nur zwei Hefte und zwei Sonderhefte geben - den Rest mag sich jeder selbst denken,

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Montag, 23. April 2007

Felix Austria

Bevor ich mich über Landstrassen in die Süden schlängle, hier noch ein versöhnliches Wort über nichtbraune Schluchtenbewohner: Das mit dem Tempolimit ist schon eine feine Sache. Und dass der Standard die kurzfristige Freigabe eines Autobahnabschnitts für Tempo 160 als "Raser-Märchen" bezeichnet, das jetzt beendet wird, zeigt, dass es anderswo die Vernunft gibt, an der es hierzulande mangelt. Man muss sich die Jungs auf der linken Spur in den schwarzen Kombis doch nur mal anschauen: Das macht denen keinen Spass. Zumindest nicht die Art Spass, die man haben möchte und bekommt, wenn man ab München nur noch über leere Landstrassen Richtung Arlberg gleitet, mit Musik von Astrud Gilberto in der Anlage.

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Montag, 9. April 2007

Es ist ganz leicht

Man muss nur an der Isar eingeparkt sein von einem Lieferwagen, der einem Espressomaschinenreparaturdienst gehört, einem Porsche von hinten und neben einem auf der zweiten Spur von einem BMW SUV. Die unheimlich dünne Frau im Minicooper müsste nicht mal schreien, damit man weiss, worüber sie gerade mit dem Menschen an der anderen Seite der Leitung spricht: Ja, heute Abend, nach all dem Stress, klar war sie im Büro und nächste Woche macht sie den da fertig. So viele können über Ostern gar nicht heim, dass davon nicht riesige Bestände immer noch in der Stadt wären. Frauenzeitschriftenjohurnaille, Möchtegernregisseure, die Frauen aus dem Umland in Cafes anquatschen, und dazu noch die Neoconpäärchen in der Theatinerstrasse. Jedes Paradies hat sein Ungeziefer, und München zieht diesen Menschenschlag in all seinen Variationen magisch an, so wie jeder, der Kreativität mit Verantwortungslosigkeit verwechselt, irgendwann Spreewasser säuft.



Schnell, zu schnell hat sich München von der Demütigung des Untergangs der New Economy erholt. Und während anderswo längst wieder gegründet wird, schaut man hier noch bedächtig zu, weil man den neuen Geschichten noch nicht ganz traut. Überhaupt, desto besser das Wetter und desto schöner die Landschaft, desto weniger ist man bereit, ins Netz zu gehen. Biergärten, Cafes, Isarauen, alles ist schon wieder restlos voll mit sorgenfreien Menschen. Eine Ausnahme ist das Luxusweibchen am Gärtnerplatz, das ihrem Gegenüber ihr Steuerproblem erklärt: 70.000 hat sie noch flüssig, aber 50.000 will der Fiskus für das letzte Jahr, die nehmen einem alles, und wovon soll sie dann noch leben? Existenzangst in der Isarversion.

Und dennoch ist die Stadt immer wieder atemberaubend schön. Siemensskandal, Stadionschmierung, Vollversager im Kulturreferat und eine irrwitzige Verschwendung beim Stadtportal München.de, was soll´s, das leistet man sich eben mitsamt den Pickeln der Staatspartei, es gibt ja genug Spiele und Torte, im Hofgarten etwa, oder wo auch immer, und nächste Woche ist sowieso jeder irgendwie in Italien, dann treffen wir uns alle wieder. Nur die Mutter vom Marquis, die kommt nicht mehr, die hat er wegen Demenz ins Alterheim bringen müssen, 2,5 Zinmmer hat sie da immer noch, mehr als manche draussen in Sendling, aber von da kennt man eh keinen, denn München geht nur von Schwabing bis zur Isarvorstadt, und wer da nicht wohnt, kommt wenigstens vorbei, wir sind ja nicht so, ned wahr.

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Samstag, 17. Februar 2007

Sex und Sexismus

Nachdem sie mich abgeschleppt und in ihren Tempel gebracht hatten und ich ohne Aufeinandertreffen mit G´tt und Instantbekehrung entkommen war, standen wir noch etwas rum und sprachen über dies und das: Wie es so ist in Deutschland und mit der Hamas, wie es in Israel so läuft und natürlich über das Äquivalent zur Seehofer-Dolchstosserei: Den Sexskandak des israelischen Staatspräsidenten.

Nun sind Israelis mitunter nicht ganz ohne machohafte Allüren - allein der Umstand, dass nur Männer beim Tempeldienst als Mitglieder zählen, ist so eine Sache - und an die Neigung, Dinge durch Anfassen des Gesprächspartners auszudrücken, muss man sich auch erst mal gewöhnen. Prüderie ist auch nicht die starke Seite des Landes. Aber die Meinung zum Verhalten von Katzav war dann doch recht eindeutig: Daumen runter. Und zwar allgemein.

Und das ist was, das mir ein Lächeln auf dem Gesicht lässt, denn so eine gnadenlose Haltung hört man in Deutschland und Bayern beim Thema "sexuelle Übergriffe" selten. Vielleicht braucht man wirklich erst mal so einen Skandal, damit die Leute begreifen, dass es da ein Problem gibt. Blöderweise kann man davon ausgehen, dass gewisse Massenmedien mit den sexistischen Artikeln und Themen sowas nur aufgreifen, wenn´s dem Gegner schadet - und dann auch nur mit einer augenzwinkernden Heuchelei, die einem das Essen hochtreibt.

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Dienstag, 13. Februar 2007

Rote Laber Fraktion

Der härteste Schlag, den man dem Linksextremismus versetzen könnte, wären ein paar öffentliche Auftritte von Frau Mohnhaupt. Stundenlanges Gesabber im Stil der 70er Jahre wäre der völlig überzogene Baudrillardsche Moment, der das Weltbild der von der RAF begeisterten Klientel ganz schnell in sich zusammenstürzen lassen würde. Gerade weil die gute Frau noch nicht kapiert hat, was für einen Bullshit sie von sich gibt. Die anderen, die inzwischen so eine Art journalistisch geftagte Toskanafraktion sind, stellen dagegen so eine Art Ausweg nach der grossen Sause vor - Mohnhaupt dagegen ist der Absturz nach einem schlechten Trip. Und deshalb sollte man sie ruhig auftreten lassen.

Ohnehin ist es für Märtyrer doof, wenn sie überleben und den Mund weiterhin aufmachen können. Man stelle sich bitte mal andere jugendliche Störer in vierter Ehe mit Junggemüse als Fellow amerikanischer Unis vor...

Äh.

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Dienstag, 26. Dezember 2006

Parma in der Garage

Der katholische Cristenmensch aus dem Rheinland erzählt, dass die Töchter da sind, und auch der Ehemann der einen. Er klingt dabei gleich ein wenig frostiger, als hätte er Rauhreif in der Stimme. Aber alles in Ordnung, bisher. Sehr harmonisch. Also. Was er nicht sagt ist, dass der Schwiedersohn evangelischer Pastor aus dem Norden ist, aber das weiss ohnehin hier jeder.

Dann sagt der katholische Cristenmensch, nur die Sache mit dem Parmaschinken, die musste anders als sonst gelöst werden. Weil es da letztes Jahr ein Problem gab. Da hat der Pastor nämlich den ganzen Schinken schon am ersten Tag gegessen. Der ist nämlich so, dass er, wenn er am Tisch hockt, nach dem Gebet gleich die Hälfte alles Sachen auf seinen Teller schiebt, ohne zuerst die Frauen zu bedienen, und das dann auch nicht macht, sondern gleich losfrisst, bevor die Dame des Hauses Platz nimmt. Und das ist ja keine Art.

Der katholische Cristenmensch hat nichts gegen Diener des Herrn und auch nichts gegen Preussen, er ist nur für Manieren. Und er findet es fragwürdig, wenn so einer dann kommt und den ganzen Tag die Vorräte frisst und dann noch nicht mal höflich fragt, ob er bitte noch etwas bekommen könnte. Statt dessen erschallt die Frage, ob noch mehr da ist. Nicht mehr, nicht weniger. Das sind solche Preussen vom alten Schlag mit einem "von" im Namen und Verhalten wie ostelbische Junker und Kriegsverbrechern in der Ahnengalerie und einem Benimm wie an der Ostfront. Aber deren Verhalten ist es, das den katholischen Cristenmenschen das Antworten leicht macht.

Auf "Oh, der Schinken war phänomenal, könnte ich bitte noch ein Stück haben", könnte man nicht zugeben, dass es billiger Schinken einer Discounterkette ist, bei der geschmacklose New Economy Pleitiers das Zeug zum Verseuchen des Kühlschrankes und katholische Cristenmenschen das Füllfleisch für den Pastor kaufen. Man müsste sagen "Aber gerne, ich hole noch welchen". Stellt die Person aber die unhöfliche Frage, ob noch mehr da ist, und unterstallt damit die Möglichkeit, dass man nicht ausreichend habe; die anderen müssten dennoch daraus schliessen, dass er mehr will und sie den Schinken holen müssen, kann man mit einem klaren, kurzen Nein antworten. Was auch geschehen ist.

Der katholische Cristenmensch muss dafür noch nicht mal lügen, denn tatsächlich ist der Vorrat an Billigschinken begrenzt. Der Parmaschinken allerdings ist in der Garage versteckt, und das in enormen Mengen. Weil der Pastor auch in die Küche geht und den Kühlschrank öffnet, der nun so kahl ist wie das Innere einer protestantischen Kirche. Der katholische Cristenmensch hofft, den Pastor so zu erziehen. Wenn man ihm schon durch das eigene Beispiel keine gute Manieren beibringen kann, dann muss man ihm eben das schlechte Benehmen austreiben. Und sei es mit Hunger und klaren Absagen.

Und ich verstehe jetzt, wieso unsere Katzen dauernd bei denen in der Garage auf der alten Kommode sind. Hier, im besseren Viertel der Stadt, wo die guten Leute wohnen.

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