Mittwoch, 2. März 2005
Real Life 02.03.2005 - Der beste Mix für Berlin
steht auf dem verwaschenen T-Shirts des kleinwüchsigen Mannes, der mir durch die neonbastrahlte Kachelröhre entgegenwankt. Das Hemd spannt sich über seinen erstaunlich weit oben ansetzenden Spitzbauch, die Brustwarzen drücken sich durch das Senderlogo. In ihm dürfte eine Menge Mixgetränke sein, und er macht den Mix erst komplett.
Wenige Meter davor hat mich erst eine Frau angesprochen, die das genaue Gegenteil war; dürr, reinlich, korrekt, überkorrekt bekleidet - ob ich eine Sekunde Zeit hätte. Ich bedauerte, mein Freund würde gleich auf Gleis 2 ankommen. Ob ich schon die Berlincard und ihre Vorteile kennen würde? Nein, aber ich musste wirklich weiter, pardon, sagte ich höflich, und machte mich aus der Gefahrenzone, während mir ein plötzlich sehr grob klingendes "Es dauert aber nur eine Minute" hinterherschallte, in die niedrige Röhre zu den Bahnsteigen.
Der beste Mix von Berlin ist nicht schnell, und als ich ihn passiere, bleibt er stehen, hält sich an der gekachelten Wand fest und kratzt sich am Kopf. Ich gehe zu den Gleisen hoch und bleibe ziemlich genau da stehen, wo mein Freund den ICE aus Hamburg verlässt; um ihn herum Menschen, die sich sofort mit den Berlinern um uns herum zu einem undefinierbaren Menschenbrei vermischen. Wir gehen durch die senfgasgelbe Kachelröhre hinaus in die Halle des Ostbahnhofs, wo der beste Mix von Berlin gerade ganz nah an der Berlincard-Vertreterin vorbeitorkelt. Sie blättert in irgendwelchen Unterlagen und sieht ihn nicht mal an.

Draussen scheint die Sonne von einem aschfahlen Himmel hinunter auf die letzten Tage von Berlin, den Matsch, die glitzernde Feuchtigkeit auf den Strassen und die besoffenen linken Politaktivisten, die unten vorbeiziehen und hochschreien, dass ich wohl ein Bulle sei, weil ich die Kamera in ihre Richtung halte.
Der beste Mix für Berlin, eben.
Wenige Meter davor hat mich erst eine Frau angesprochen, die das genaue Gegenteil war; dürr, reinlich, korrekt, überkorrekt bekleidet - ob ich eine Sekunde Zeit hätte. Ich bedauerte, mein Freund würde gleich auf Gleis 2 ankommen. Ob ich schon die Berlincard und ihre Vorteile kennen würde? Nein, aber ich musste wirklich weiter, pardon, sagte ich höflich, und machte mich aus der Gefahrenzone, während mir ein plötzlich sehr grob klingendes "Es dauert aber nur eine Minute" hinterherschallte, in die niedrige Röhre zu den Bahnsteigen.
Der beste Mix von Berlin ist nicht schnell, und als ich ihn passiere, bleibt er stehen, hält sich an der gekachelten Wand fest und kratzt sich am Kopf. Ich gehe zu den Gleisen hoch und bleibe ziemlich genau da stehen, wo mein Freund den ICE aus Hamburg verlässt; um ihn herum Menschen, die sich sofort mit den Berlinern um uns herum zu einem undefinierbaren Menschenbrei vermischen. Wir gehen durch die senfgasgelbe Kachelröhre hinaus in die Halle des Ostbahnhofs, wo der beste Mix von Berlin gerade ganz nah an der Berlincard-Vertreterin vorbeitorkelt. Sie blättert in irgendwelchen Unterlagen und sieht ihn nicht mal an.

Draussen scheint die Sonne von einem aschfahlen Himmel hinunter auf die letzten Tage von Berlin, den Matsch, die glitzernde Feuchtigkeit auf den Strassen und die besoffenen linken Politaktivisten, die unten vorbeiziehen und hochschreien, dass ich wohl ein Bulle sei, weil ich die Kamera in ihre Richtung halte.
Der beste Mix für Berlin, eben.
donalphons, 18:39h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 26. Februar 2005
Real Life Winter 2004 - Unter die Erde bringen
Vorbemerkung: Vor kurzem sagte jemand, manche meiner Texte wären erbarmunnglos; namentlich die Serie der "Skalpe meiner Feinde". Ich glaube das eher nicht; erbarmungslos ist etwas anderes. Damals dachte ich schon daran, den jetzt folgenden Text zu schreiben, und nach etwas Nachdenken habe ich es auch getan, weil... keine Ahnung. Weil ich will, vielleicht. Erbarmen ... bei diesem Wort fällt mir nur Baudelaire ein; "Satan meines Elends Dich erbarme". Im juristischen Zweifelsfall ist der Text nur Literatur und hat keinerlei Ähnlichkeiten mit lebenden oder ganz besonders toten Personen.
Über die schneebedeckten Hügel Thüringens hinunter nach Bayern, zügig über die Autobahn nach München. Bei Bayreuth wurde es heller, kurz vor Nürnberg glitzerte die Sonne auf dem Schnee, und in München war dieser typische, strahlend blaue Himmel, auch über dem Friedhof. Ich kam bewusst zu spät, denn Kirche ist absolut nicht mein Ding, und in diesem Fall erst recht nicht. Trauergottesdienst. Von wegen. Innerlich war ich im Freudenteufelstaumel. Die Sau war endlich, schnell und unverhofft von uns gegangen, dahin, wo keine Sau mehr zurück kommt. Final Business Solution.
Die Sau hatte davor alles überstanden. Strafanzeigen, anonym und direkt, Hausdurchsuchungen, Firmencrahs mit seltsam leeren Kassen, Schulden, vollkommen egal. Es gab immer jemand, den er um Hilfe fragen konnte, der ihm was Neues zuschob, wo er sich sofort mit der alten Grosskotzigkeit daranmachte, für minimalen Gewinn maximalen Schaden anzurichten. Die Anzahl seiner Verantwortungsposten stand im umgekehrten Verhältnis zu dem, was man landläufig als Verantwortungsgefühl bezeichnet.
Er hatte sich auch irgendwie aus dem Schlamassel befreit, in das er sich während der New Economy verstrickt hatte. Keine Ahnung, warum die Typen, die ihm Geld gegeben hatten, ihn so selten vor den Kadi zerrten. Wahrscheinlich war an dem Geld auch einiges krumm, aber das war damals allen wurscht. Er wurde mir während eines Empfangs vorgestellt, den eine aufgedonnerte Matchmakerin für tumbe Geldsäcke und Schweine wie ihn und Staffage wie mich organisiert hatte. Es war in der Frühzeit der New Economy, die meisten Börsengänge am neuen Markt standen damals noch bevor, aber er entwarf damals schon seine Visionen, die für den billigen Steuertrickser ohne 2. Staatsexamen, der er wirklich war, enorm engagiert klangen.
Wir trafen immer wieder mal aufeinander, aber weitaus öfters hörte ich von ihm. Man hat viel über ihn gesprochen, alles sehr positiv. da war einer, der es machte und konnte. Ich würde diese Sau doch kennen, ob ich sie ihnen mal vorstellen könnte, wollten ein paar Freunde wissen. Ich tat es nie.
Die Jahre rasten durch das Land der Munich Area, und 2001 war ich wieder auf seinem Radar, als er plante, durch den Niedergang als erster den ganz grossen Deal zu machen. Das war kurz nach einer grösseren Krise, die er nur überstanden hatte, weil sich das Gericht bei der Beschlagnahme seiner Rechner und der Prozessvorbereitung selten dämlich angestellt hatte, wie es die einschlägigen Kreise kolportierten. Er wollte nicht viel von mir, nur ein paar Namen von Leuten, die in einem Netzwerk durch ihren luxuriösen Lebenswandel in die Krise geraten waren und ihm für ein paar Lappen vielleicht helfen könnten, ein paar lukrative Stories zu machen. Er stellte mir vage in Aussicht, dass er mir dann dabei auch eine Rolle in seinem neuen Netzwerk geben könnte, wenn ich denn...
Ich habe abgesagt, im Gegensatz zu ein paar anderen. Es war letztlich egal, denn bei der Implosion der Märkte auf ihren realen Umfang gab es da nichts, was irgendwie verwertbar gewesen wäre, und so blieben nur ein Dutzend seiner Leute auf der Strecke, die es ohnehin erwischt hätte, wie er 2002 ausführte. Dass bei denen die Steuerfahndung ohne seine tollen Ideen wohl eher nicht aufgekreuzt wäre, um 5 Uhr Morgens, dass sie vielleicht halbwegs anständig aus der Sache rausgekommen wären, sagte er nicht. Seiner Peer Group war das auch egal, denn damals ging es längst schon um das neue Thema Basel-II, und da brauchte man Anpacker wie ihn.
Zu dumm, dass er dann nach kurzer, schwerer Krankheit verreckte. Zumindest hiess es das offiziell; was genau es war, hat mir niemand sagen können. Vielleicht die Drogen, Selbstmord eher nicht, dafür ar er nicht der Typ, vielleicht war er auch wirklich körperlich so krank wie im Kopf, keine Ahnung, aber als der Anruf kam, dass er, der angeblich mit mir befreundet war, endlich tot war, war es mir vollkommen egal. Hauptsache tot, vielleicht noch etwas Leiden vorher, zur Abrundung, wäre auch ok.
Ich schloss mich dem Zug ganz hinten an, da, wo noch andere gelackte Typen in Berateranzügen und zu dünnen Kurzmänteln liefen. Sauber rasiert, gefasst, ohne echte Anteilnahme, aber auch nicht beglückt wie ich. Die meisten machten sich ziemlich Sorgen um die Wasserflecken auf ihren Schuhen, denn das Grab war in einem Seitenweg, und überall lag feuchter Matsch. Da standen wir, vorne erzählte ein frierender Pfaffe etwas von Verantwortung für die Wirtschaft und die Entwicklung dieses Landes, und dann war da noch ein Verbandsheini, der die Verdienste der Sau im Pitchtempo herunterratterte.
Ich war einer der letzten, die Erde auf den Sarg warfen. Ich hätte genauso gut spucken können, die Schaufel hätte auch weitaus grösser sein dürfen, da packt man doch gerne mit an. Er war da unten und wird es auch bleiben, von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das ist verdammt gut so.
Seine Frau, Lebensgefährtin oder was auch immer, die daneben stand, sah ich nicht an. Nicht nötig. Solche Schweine finden immer die passenden Frauen, es gibt so viele davon, totaler escadabekleideter Überschuss in der Munich Area, man schlägt sich in diesen Kreisen um solche Typen. Vielleicht war sie sogar dumm genug, das Erbe anzutreten; nach dem, was ich weiss, eine ziemlich riskante Entscheidung. Egal.
Ich stapfte durch den Friedhof zurück und grinste. Vermutlich haben die, die mich sahen gedacht, das ist auch einer von denen, die dieses absurde Bedürfnis haben, bei Beerdigungen zu lachen; ein Ausdruck des übergrossen Schmerzes, oder so. Nix da. Er war tot, und das ist ok so. Alles roger. Wir sehen uns, winkte ich am Auto einem flüchtigen Bekannten aus einer Promikanzlei zu.
In der Hölle, später einmal, dachte ich, und donnerte b2b, back to Berlin.
Über die schneebedeckten Hügel Thüringens hinunter nach Bayern, zügig über die Autobahn nach München. Bei Bayreuth wurde es heller, kurz vor Nürnberg glitzerte die Sonne auf dem Schnee, und in München war dieser typische, strahlend blaue Himmel, auch über dem Friedhof. Ich kam bewusst zu spät, denn Kirche ist absolut nicht mein Ding, und in diesem Fall erst recht nicht. Trauergottesdienst. Von wegen. Innerlich war ich im Freudenteufelstaumel. Die Sau war endlich, schnell und unverhofft von uns gegangen, dahin, wo keine Sau mehr zurück kommt. Final Business Solution.
Die Sau hatte davor alles überstanden. Strafanzeigen, anonym und direkt, Hausdurchsuchungen, Firmencrahs mit seltsam leeren Kassen, Schulden, vollkommen egal. Es gab immer jemand, den er um Hilfe fragen konnte, der ihm was Neues zuschob, wo er sich sofort mit der alten Grosskotzigkeit daranmachte, für minimalen Gewinn maximalen Schaden anzurichten. Die Anzahl seiner Verantwortungsposten stand im umgekehrten Verhältnis zu dem, was man landläufig als Verantwortungsgefühl bezeichnet.
Er hatte sich auch irgendwie aus dem Schlamassel befreit, in das er sich während der New Economy verstrickt hatte. Keine Ahnung, warum die Typen, die ihm Geld gegeben hatten, ihn so selten vor den Kadi zerrten. Wahrscheinlich war an dem Geld auch einiges krumm, aber das war damals allen wurscht. Er wurde mir während eines Empfangs vorgestellt, den eine aufgedonnerte Matchmakerin für tumbe Geldsäcke und Schweine wie ihn und Staffage wie mich organisiert hatte. Es war in der Frühzeit der New Economy, die meisten Börsengänge am neuen Markt standen damals noch bevor, aber er entwarf damals schon seine Visionen, die für den billigen Steuertrickser ohne 2. Staatsexamen, der er wirklich war, enorm engagiert klangen.
Wir trafen immer wieder mal aufeinander, aber weitaus öfters hörte ich von ihm. Man hat viel über ihn gesprochen, alles sehr positiv. da war einer, der es machte und konnte. Ich würde diese Sau doch kennen, ob ich sie ihnen mal vorstellen könnte, wollten ein paar Freunde wissen. Ich tat es nie.
Die Jahre rasten durch das Land der Munich Area, und 2001 war ich wieder auf seinem Radar, als er plante, durch den Niedergang als erster den ganz grossen Deal zu machen. Das war kurz nach einer grösseren Krise, die er nur überstanden hatte, weil sich das Gericht bei der Beschlagnahme seiner Rechner und der Prozessvorbereitung selten dämlich angestellt hatte, wie es die einschlägigen Kreise kolportierten. Er wollte nicht viel von mir, nur ein paar Namen von Leuten, die in einem Netzwerk durch ihren luxuriösen Lebenswandel in die Krise geraten waren und ihm für ein paar Lappen vielleicht helfen könnten, ein paar lukrative Stories zu machen. Er stellte mir vage in Aussicht, dass er mir dann dabei auch eine Rolle in seinem neuen Netzwerk geben könnte, wenn ich denn...
Ich habe abgesagt, im Gegensatz zu ein paar anderen. Es war letztlich egal, denn bei der Implosion der Märkte auf ihren realen Umfang gab es da nichts, was irgendwie verwertbar gewesen wäre, und so blieben nur ein Dutzend seiner Leute auf der Strecke, die es ohnehin erwischt hätte, wie er 2002 ausführte. Dass bei denen die Steuerfahndung ohne seine tollen Ideen wohl eher nicht aufgekreuzt wäre, um 5 Uhr Morgens, dass sie vielleicht halbwegs anständig aus der Sache rausgekommen wären, sagte er nicht. Seiner Peer Group war das auch egal, denn damals ging es längst schon um das neue Thema Basel-II, und da brauchte man Anpacker wie ihn.
Zu dumm, dass er dann nach kurzer, schwerer Krankheit verreckte. Zumindest hiess es das offiziell; was genau es war, hat mir niemand sagen können. Vielleicht die Drogen, Selbstmord eher nicht, dafür ar er nicht der Typ, vielleicht war er auch wirklich körperlich so krank wie im Kopf, keine Ahnung, aber als der Anruf kam, dass er, der angeblich mit mir befreundet war, endlich tot war, war es mir vollkommen egal. Hauptsache tot, vielleicht noch etwas Leiden vorher, zur Abrundung, wäre auch ok.
Ich schloss mich dem Zug ganz hinten an, da, wo noch andere gelackte Typen in Berateranzügen und zu dünnen Kurzmänteln liefen. Sauber rasiert, gefasst, ohne echte Anteilnahme, aber auch nicht beglückt wie ich. Die meisten machten sich ziemlich Sorgen um die Wasserflecken auf ihren Schuhen, denn das Grab war in einem Seitenweg, und überall lag feuchter Matsch. Da standen wir, vorne erzählte ein frierender Pfaffe etwas von Verantwortung für die Wirtschaft und die Entwicklung dieses Landes, und dann war da noch ein Verbandsheini, der die Verdienste der Sau im Pitchtempo herunterratterte.
Ich war einer der letzten, die Erde auf den Sarg warfen. Ich hätte genauso gut spucken können, die Schaufel hätte auch weitaus grösser sein dürfen, da packt man doch gerne mit an. Er war da unten und wird es auch bleiben, von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das ist verdammt gut so.
Seine Frau, Lebensgefährtin oder was auch immer, die daneben stand, sah ich nicht an. Nicht nötig. Solche Schweine finden immer die passenden Frauen, es gibt so viele davon, totaler escadabekleideter Überschuss in der Munich Area, man schlägt sich in diesen Kreisen um solche Typen. Vielleicht war sie sogar dumm genug, das Erbe anzutreten; nach dem, was ich weiss, eine ziemlich riskante Entscheidung. Egal.
Ich stapfte durch den Friedhof zurück und grinste. Vermutlich haben die, die mich sahen gedacht, das ist auch einer von denen, die dieses absurde Bedürfnis haben, bei Beerdigungen zu lachen; ein Ausdruck des übergrossen Schmerzes, oder so. Nix da. Er war tot, und das ist ok so. Alles roger. Wir sehen uns, winkte ich am Auto einem flüchtigen Bekannten aus einer Promikanzlei zu.
In der Hölle, später einmal, dachte ich, und donnerte b2b, back to Berlin.
donalphons, 17:23h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 22. Februar 2005
Real Life 05.09.01 - Damals, bei Siemens Business Services...
Die hatten in schwierigen Zeiten des späten Jahres 2001 noch ein Herz für Startups. Da gab es wirklich noch Entscheider, die die ganze Blase an gescheiterten VC-Verbrennern, arbeitslosen Rechtanwälten, hungrigen Beratern, fickbaren PR- und Marketing-Spezialistinnen und auch so böse Buffetjournalisten wie mich eingeladen haben, und uns erzählten, was wir tun sollten, um mit ihnen ins Geschäft zu kommen. Bester Tipp: "Lassen Sie ihr Nokia-Handy und Ihr Dell-Notebook zu Hause, wenn Sie mit uns verhandeln."
Ausserdem hatten die auch ein Herz für Medienkunst; ein Künstlerpaar durfte im Münchner Headquarter die Brücken über die Eingangshalle von unten mit Schwimmerinnen im blauen Wasser verzieren, was sehr nett aussah und mich immer ein wenig an die Argonauten erinnerte, die auch so eine Vorliebe für Wasser hatten. Die Kantine hätte auch eine Münchner Szenebar sein können; viel Holz, Pastelltöne, niedrige Sitze und betont entspannte Atmosphäre. Nur das Essen, das war zu Beginn wieder typisch Siemens - der welke Salat und die trockenen Brötchen, die die beiden Buffetjournalisten in "Liquide" bekritteln, habe ich in Realität hier erlebt, und die Brezen waren vielleicht Hamburg oder Shanghai, aber sicher nicht der Stadt München würdig. Aber ich habe das einmal lauthals kritisiert, worauf beim nächsten mal die Verpflegung besser war - viel besser, wirklich ordentliche New Economy Wraps.
Insofern versprach dort alles ein angenehmes Leben, nur fragten sich die meisten Gäste, die windigen Leuteschinder, Versager, Grossmäuler mit was auf die Fresse und obskuren PR-Tanten auf Dekoltee-Akquise leise, was die hier eigentlich machen würden, wenn die Mitarbeiter mal nicht in der Lounge waren oder über die Brücken in der Halle gingen. Keiner konnte diese Frage beantworten, aber was uns komisch vorkam: Die Leute, die von Siemens Business Services da waren, machten auch am Abend einen enorm entspannten Eindruck. Um 18 Uhr waren die Mitarbeiter alle schon weg...
Was arbeiten die hier, gurrte damals eine der unvermeidlichen Ketchum-Blondinen in meine Richtung, und ich sagte, dass sie wohl eher nichts machen und Siemens auf der Tasche liegen, das sei hier wohl so eine Art Schlaraffenland-Startup, wo man kluge Dinge sage und es damit gut sein lasse. Oh, gurrte die Ketchum-Blondine und machte ihre Haare auf, packte die Brille weg, ging zum Buffet, holte sich ein Wrap und lernte dabei unauffällig jemanden von SBS kennen, der dort wohl was zu sagen hatte, und der...
vielleicht heute bei diesen 675 ist, die gefeuert werden.
6 Tage nach dem Event krachten die Flugzuge ins World Trade Center. SBS hat nie wieder Startups eingaladen. Die Ketchum-Blondine wurde bald darauf bei Ketchum freigesetzt, ohne einen Ersatzarbeitsplatz zu haben. Sie war eigentlich sehr nett, aber damals waren alle nett. Am Abend. Noch. Brutal wurde es erst 2002.
Ausserdem hatten die auch ein Herz für Medienkunst; ein Künstlerpaar durfte im Münchner Headquarter die Brücken über die Eingangshalle von unten mit Schwimmerinnen im blauen Wasser verzieren, was sehr nett aussah und mich immer ein wenig an die Argonauten erinnerte, die auch so eine Vorliebe für Wasser hatten. Die Kantine hätte auch eine Münchner Szenebar sein können; viel Holz, Pastelltöne, niedrige Sitze und betont entspannte Atmosphäre. Nur das Essen, das war zu Beginn wieder typisch Siemens - der welke Salat und die trockenen Brötchen, die die beiden Buffetjournalisten in "Liquide" bekritteln, habe ich in Realität hier erlebt, und die Brezen waren vielleicht Hamburg oder Shanghai, aber sicher nicht der Stadt München würdig. Aber ich habe das einmal lauthals kritisiert, worauf beim nächsten mal die Verpflegung besser war - viel besser, wirklich ordentliche New Economy Wraps.
Insofern versprach dort alles ein angenehmes Leben, nur fragten sich die meisten Gäste, die windigen Leuteschinder, Versager, Grossmäuler mit was auf die Fresse und obskuren PR-Tanten auf Dekoltee-Akquise leise, was die hier eigentlich machen würden, wenn die Mitarbeiter mal nicht in der Lounge waren oder über die Brücken in der Halle gingen. Keiner konnte diese Frage beantworten, aber was uns komisch vorkam: Die Leute, die von Siemens Business Services da waren, machten auch am Abend einen enorm entspannten Eindruck. Um 18 Uhr waren die Mitarbeiter alle schon weg...
Was arbeiten die hier, gurrte damals eine der unvermeidlichen Ketchum-Blondinen in meine Richtung, und ich sagte, dass sie wohl eher nichts machen und Siemens auf der Tasche liegen, das sei hier wohl so eine Art Schlaraffenland-Startup, wo man kluge Dinge sage und es damit gut sein lasse. Oh, gurrte die Ketchum-Blondine und machte ihre Haare auf, packte die Brille weg, ging zum Buffet, holte sich ein Wrap und lernte dabei unauffällig jemanden von SBS kennen, der dort wohl was zu sagen hatte, und der...
vielleicht heute bei diesen 675 ist, die gefeuert werden.
6 Tage nach dem Event krachten die Flugzuge ins World Trade Center. SBS hat nie wieder Startups eingaladen. Die Ketchum-Blondine wurde bald darauf bei Ketchum freigesetzt, ohne einen Ersatzarbeitsplatz zu haben. Sie war eigentlich sehr nett, aber damals waren alle nett. Am Abend. Noch. Brutal wurde es erst 2002.
donalphons, 12:26h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 21. Februar 2005
Real Life 21.02.05 - Call Center World
Ich halte mich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung und presche unter den Brücken hoch zu den Gates. Direkt davor ist ein Parkplatz frei, Glück gehabt. Ich trage einen braunen Dufflecoat, ein weiches, dunkelbraunes Sakko, Hose, Schuhe. Ich steige aus und bin im falschen Film. Männer in Anzügen, schwarz, dreiteilig, billiger Stoff und schlecht geschnitten, unsauber gebundene Krawatten. So muss sich der Brite gefühlt haben, wenn er bei der Grand Tour im Berlin der 20er Jahre Bakanntschaft mit der Unterwelt gemacht hat. Aber wir schreiben das Jahr 2005, und es ist der Flughafen Tegel, wo zwar viel seltsames, runtergekommenes Publikum rumläuft, aber eben anders als diese kaputten Bizz-Typen. Egal, es ist 11 Uhr, sie muss jede Sekunde auschecken, also eile ich zu Gate 2.
Gate 2, der Ausgang des Billigfliegers dba, ist sowas wie der Versammlungsplatz dieser seltsamen Typen, die sich in ihren Anzügen erkennbar unwohl fühlen. Sie sind sauber rasiert, aber hektisch, sprechen kurz abgehackt; manche erteilen Befehle, andere, meist Jüngere, die aussehen wie Fünftsemester Maschinenbau beim Pitch um Venture Capital, gehorchen. Sie warten auf die gleiche Maschine wie ich, und sie warten lange, denn, wie sich herausstellt, verzögert sich die Ankunft wegen Schnee in München. Ich gehe nochmal zum Auto, nehme Shakespeares Richard III und setze mich drinnen wieder unter diese absurden Gestalten, die sichtlich genervt sind vom Warten, unzufrieden, böse. Niemand lächelt, die Stimmung ist eisig. Richard von Gloster, später Richard der Dritte, bringt seinen Bruder um, dann ruft sie mich an, um ihre Verspätung zu entschuldigen. In München warten die Billigflieger wie die Businessklässler auf eine freie Startbahn.

Es ist normal, dass sie eine Billigmaschine für die paar Stunden Pressekonferenz und Mittagessen mit mir nimmt. Aber irgendwas seltsames muss in der Maschine sein, halbseiden, vielleicht ein Betrüger, ein Leuteschinder; irgendwas, was diese Typen hier anzieht, die eine masslose Unzufriedenheit ausstrahlen, vielleicht auch Gier und eine gewisse Raubtiermentalität. Ich kenne sie von früher, immer das gleiche, die Fördergeldratten, die Subventionsabstauber, die Förderungsforderer, die nichts bieten ausser Macjobs und aussertarifliche Arbeitsbedingungen. Das war 2001, nach dem Crash, aber heute ist 2005, was wollen die hier und warum sind es so viele.
Richard III lässt seine Familie ermorden, da tritt von Links eine weitere Person auf, kein Zweifel, dass sie dazu gehört, aber es ist eine Frau. Jemand hätte ihr sagen sollen, dass ihr russischer Prinzessinnenmantel in Sauerkirschyogurthrosa nicht wirklich gut kommt. Jemand hätte ihr sagen sollen, dass die dunkle, gestreifte Hose zu affektiert ist, und vielleicht noch hinzufügen können, dass die Dose Haarspray in ihrer Businessfrisur nicht darüber hinwegtäuscht, dass sie nicht mehr ganz jung ist, so wie die meisten, die ihre besten Zeiten in der New Economy verplempert haben. Allerdings hätte dieser Jemand kein gutes Leben mehr gehabt, denn diese Frau ist die personifizierte Intrige, der Typ, der immer irgenwie nach oben kommt, um unter sich Unheil anzurichten. Und irgendwann so mächtig zu sein, dass sich keiner mehr was sagen traut.
Richard III und sein Gegner Richmond erhalten Besuch von den Geistern derer, die Richard mit Worten wie "If any spark of life be yet remaining, down down to hell and say I sent thee hither" um die Ecke gebracht hat, da hat sie die Schnauze voll vom Warten, zieht aus ihrer Handtasche Unterlagen und ein Handy, ruft jemand an und macht ihn mit nicht wirklich verschönernden, wütenden Gesichtszügen zur Sau; redet sich mit Worten wie Telco, Handy und Outsorcing in Rage, und schiebt die Lippen verächtlich nach vorne, als sie auflegt. Dann ist der nächste am Drannsten, aber dafür geht sie etwas weiter weg, weil die billigen Typen in ihren Anzügen schon etwas seltsam schauen. In einer Ecke hinter einem Werbeplakat setzt sie ihr Vernichtungswerk fort, und mir fällt auf, dass einer der übergrossen schwarzen Knöpfe an ihrer sauerkirschyogurthrosanen Oberbekleidung fehlt und durch einen anderen, kleineren, durchsichtigen ersetzt ist.
Richmond bringt Richard III um, ruft zum Frieden zwischen weisser und roter Rose auf, da landet das Flugzeug, und meine Bekannte kommt heraus. Hinter ihr ist ein Schwarm von schlecht frisierten, billig schwarz angezogenen, wenig ansprechenden Typen, deren Bilder viel Photoshop bräuchten, wenn sie mal auf die Vorstandsseiten sollen. Die anderen Männer, die gewartet haben, gehen ihnen entgegen. Sie verschmelzen zu einer homogenen Masse verlogener, routinierter Freundschaftsrituale. Einer der Neuankömmlinge, Typ braungebrannter Gebrauchtwagenhändler, bleibt stehen und schaut sich um, sieht die Frau in Rosa, die gerade im Schmutz kniet, und ihr Handy in der Tasche verstaut. Sie sieht ihn von unten an, ihr Gesicht ist ungesund rot, und lächelt berufsmässig.
Ich verlasse mit meiner Bekannten das Gate. Draussen stehen etliche schwarze Mittelklasse-Mercedeslimousinen, auf denen notdürftig "Call Center World VIP-Shuttle" aufgeklebt ist. In der Tat... Wir fahren zum Essen, und ich bin wie immer sehr angetan von ihrer ruhigen, höflichen Art und ihren kleinen, bitterbösen Bemerkungen.
Gate 2, der Ausgang des Billigfliegers dba, ist sowas wie der Versammlungsplatz dieser seltsamen Typen, die sich in ihren Anzügen erkennbar unwohl fühlen. Sie sind sauber rasiert, aber hektisch, sprechen kurz abgehackt; manche erteilen Befehle, andere, meist Jüngere, die aussehen wie Fünftsemester Maschinenbau beim Pitch um Venture Capital, gehorchen. Sie warten auf die gleiche Maschine wie ich, und sie warten lange, denn, wie sich herausstellt, verzögert sich die Ankunft wegen Schnee in München. Ich gehe nochmal zum Auto, nehme Shakespeares Richard III und setze mich drinnen wieder unter diese absurden Gestalten, die sichtlich genervt sind vom Warten, unzufrieden, böse. Niemand lächelt, die Stimmung ist eisig. Richard von Gloster, später Richard der Dritte, bringt seinen Bruder um, dann ruft sie mich an, um ihre Verspätung zu entschuldigen. In München warten die Billigflieger wie die Businessklässler auf eine freie Startbahn.

Es ist normal, dass sie eine Billigmaschine für die paar Stunden Pressekonferenz und Mittagessen mit mir nimmt. Aber irgendwas seltsames muss in der Maschine sein, halbseiden, vielleicht ein Betrüger, ein Leuteschinder; irgendwas, was diese Typen hier anzieht, die eine masslose Unzufriedenheit ausstrahlen, vielleicht auch Gier und eine gewisse Raubtiermentalität. Ich kenne sie von früher, immer das gleiche, die Fördergeldratten, die Subventionsabstauber, die Förderungsforderer, die nichts bieten ausser Macjobs und aussertarifliche Arbeitsbedingungen. Das war 2001, nach dem Crash, aber heute ist 2005, was wollen die hier und warum sind es so viele.
Richard III lässt seine Familie ermorden, da tritt von Links eine weitere Person auf, kein Zweifel, dass sie dazu gehört, aber es ist eine Frau. Jemand hätte ihr sagen sollen, dass ihr russischer Prinzessinnenmantel in Sauerkirschyogurthrosa nicht wirklich gut kommt. Jemand hätte ihr sagen sollen, dass die dunkle, gestreifte Hose zu affektiert ist, und vielleicht noch hinzufügen können, dass die Dose Haarspray in ihrer Businessfrisur nicht darüber hinwegtäuscht, dass sie nicht mehr ganz jung ist, so wie die meisten, die ihre besten Zeiten in der New Economy verplempert haben. Allerdings hätte dieser Jemand kein gutes Leben mehr gehabt, denn diese Frau ist die personifizierte Intrige, der Typ, der immer irgenwie nach oben kommt, um unter sich Unheil anzurichten. Und irgendwann so mächtig zu sein, dass sich keiner mehr was sagen traut.
Richard III und sein Gegner Richmond erhalten Besuch von den Geistern derer, die Richard mit Worten wie "If any spark of life be yet remaining, down down to hell and say I sent thee hither" um die Ecke gebracht hat, da hat sie die Schnauze voll vom Warten, zieht aus ihrer Handtasche Unterlagen und ein Handy, ruft jemand an und macht ihn mit nicht wirklich verschönernden, wütenden Gesichtszügen zur Sau; redet sich mit Worten wie Telco, Handy und Outsorcing in Rage, und schiebt die Lippen verächtlich nach vorne, als sie auflegt. Dann ist der nächste am Drannsten, aber dafür geht sie etwas weiter weg, weil die billigen Typen in ihren Anzügen schon etwas seltsam schauen. In einer Ecke hinter einem Werbeplakat setzt sie ihr Vernichtungswerk fort, und mir fällt auf, dass einer der übergrossen schwarzen Knöpfe an ihrer sauerkirschyogurthrosanen Oberbekleidung fehlt und durch einen anderen, kleineren, durchsichtigen ersetzt ist.
Richmond bringt Richard III um, ruft zum Frieden zwischen weisser und roter Rose auf, da landet das Flugzeug, und meine Bekannte kommt heraus. Hinter ihr ist ein Schwarm von schlecht frisierten, billig schwarz angezogenen, wenig ansprechenden Typen, deren Bilder viel Photoshop bräuchten, wenn sie mal auf die Vorstandsseiten sollen. Die anderen Männer, die gewartet haben, gehen ihnen entgegen. Sie verschmelzen zu einer homogenen Masse verlogener, routinierter Freundschaftsrituale. Einer der Neuankömmlinge, Typ braungebrannter Gebrauchtwagenhändler, bleibt stehen und schaut sich um, sieht die Frau in Rosa, die gerade im Schmutz kniet, und ihr Handy in der Tasche verstaut. Sie sieht ihn von unten an, ihr Gesicht ist ungesund rot, und lächelt berufsmässig.
Ich verlasse mit meiner Bekannten das Gate. Draussen stehen etliche schwarze Mittelklasse-Mercedeslimousinen, auf denen notdürftig "Call Center World VIP-Shuttle" aufgeklebt ist. In der Tat... Wir fahren zum Essen, und ich bin wie immer sehr angetan von ihrer ruhigen, höflichen Art und ihren kleinen, bitterbösen Bemerkungen.
donalphons, 19:47h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 18. Februar 2005
Real Life Februar 2005 - Berlin positiv
im Pascalo-Remix.
Er meint, wir sollen uns mal wieder treffen und über Bizz quatschen, was ich denn grad so tue. Nichts, sage ich und schlage auf die Schnelle das Greenwich vor, weil er es schon kennt und auch findet, was ganz gut ist, weil er sich oft verfährt, besonders, wenn er schon besoffen vom Ruhm, vom Geld und vom Alk ist. Ich habe schon mal eine Stunde auf ihn draussen gewartet, das brauche ich nicht nochmal, bei aller Freundschaft. Klasse, Greenwich, sagt er, mit den ganzen Schnecken ist das toll, er hat den ganzen Tag nur das junge Gemüse in der Company gesehen, die sind so runtergewirtschaftet, grausam, aber da denkt sich hier keiner was, gell.
Er kommt wie ich aus der Area. Traditionell Guy. Studium meistens in der Schweiz oder den Staaten, MBA sowieso da drüben, Consulting im Bereich Development, aber dann hat er sich mit den Partnern überworfen und hat sich von diesem Laden hier anheuern lassen, dessen Management sich nach dem Big Deal abgesetzt hat. Dort füllt er jetzt die Lücken, macht ihn fit und treibt das Startup-Gefrickel raus. Das muss alles neu, besser, koordinierter werden, auf die Zukunft fokussiert, die alten Founder hatten es nur auf den Trade Sale justiert. Ohne einen Top Dog wie ihn wäre die Company ein Fall für die Wertberichtigung, und das hassen die Aktionäre.
Er braucht dann doch zwei Longdrinks, während denen ich die Zierfische im Aquarium anschaue. Einer ist todkrank, liegt schief im Wasser, und wird morgen wahrscheinlich durch ein besseres Exemplar ersetzt sein, wenn sie ihn schon längst das Klo runtergespült haben. Dem Rest der Leute ist das scheissegal, und mich lenkt die Lammfellfrau neben mir etwas ab, die ihrem Begleiter klar macht, was für Idioten doch in der Agentur als seniors rumrennen, während sie als Junior die Arbeit machen muss. Ihre Stimme ist schrill, mit einem Unterton von gelben Tabletten aus Litauen.
Er bahnt sich dann lautstark seinen Weg durch die Tür, wirft sich auf einen Barhocker und bestellt was mit viel Alk. Harter Tag heute, sorry, da war noch was zu tun, Personalanpassung in einem Bereich, der nicht mehr die Performance bringt. Klar, kein Problem sage ich, und sonst so? Alles ok, sagt er, ausser diesem Event da, und da will er mit mir auch reden, weil er von sowas nicht so den Peil hat. Weil es in letzter Zeit nicht so gut lief im Jugendmarketing, machen sie jetzt ein bisschen bessere Pressearbeit, holen die Big Shots aus den Staaten nach Berlin, und nach der PK wollen sie noch etwas Networking machen, Open End und so, aber nicht in der Company.
Klar, sage ich, logisch, die Presse will ordentlich bedient sein. Greenwich schon mal angedacht? Anfang der Woche kann man den laden sicher mieten, Geschlossene Gesellschaft, ein DJ, dann wird das hier ganz kultig, Mitte sowieso. Nicht dumm, meint er, Catering hat er schon, so was um 40 Euro pro Person, das sollte doch reichen, oder?
Mit 40 Euro, sage ich, kriegst Du jeden. Pass besser mal auf, dass nur die kommen, die ihr wirklich braucht und nicht die freien Fresser, die abzocken und danach doch wieder schreiben, dass ihr Abzocker seit, weil die Redakteure mal wieder vergessen, wer sie eigentlich am Leben erhält. Ach egal, sagt er, das ist kein Ding, wir setzen sowieso nur auf Jugendmedien, Zielgruppe ist klar, Bravo und sowas, dann noch ein paar TV-Leute, das ist alles was wir brauchen. Nur den Shuttleservice müssen wir dann hinbekommen, und das soll auch poppig sein, Mitte,was man so erwartet.
No Prob, Mann. Im Wedding gibt es einen durchgeknallten Typen, der alte Caddies sammelt, in allen Bonbonfarben, und wieder herrichtet, so wie die Jungs in Pimp my Ride. Derr hat eine ganze Flotte davon, echt asozi Zuhälterschlitten in candyrot, quitschgelb und pillenrosa, und die kann man einfach mieten, für 3, 4 Stunden; die Jungs aus seiner Werkstatt fahren die auch, es gibt geile Boxen drinnen, mobile Discos, das würde exakt Eurem Branding und der Zielgruppe entsprechen.

Super, das ist genau das, was wir brauchen. Mann, sagt er, weisst Du, ich hab heute so viel Scheisse in der Arbeit gehört, den ganzen Tag Gesülze, welche Eventagentur und wie das wirken soll, alles Grütze ja, und dann gehen wir weg, und peng ist das Konzept da. Ich zucke die Schultern und sage was von Munich Area Veterans, und er grinst, weil er meine andere Geschichte kennt und nur die: Die des in der Szene wohlbekannten Beraters, der auch für die letzten Schweinereien immer noch ein sozialverträgliches Branding hatte. Refinement of Human Capital, oder Sprüche wie "Sagt den Praktis, sie sind Human VC" - das hat denen damals gefallen, in the old days of 99, we gonna party like it´s... Mann, sagt er, warum arbeitest Du nicht für uns? Danke, sage ich, ich kriege hier schon Züricher Löhne in Berlin, für einen lockeren Job, und für Euch bin ich zu alt. Hey, ich mein, ich kann noch nicht mal ne SMS schicken. Du hast Dich seit damals nicht verändert, immer noch der, der die anderen in die Hölle schickt, sagt er, und einen Moment schauen wir uns in die Augen, und er wird etwas unsicher.
Er erzählt mir dann noch, dass er Berlin inzwischen echt klasse findet, weil alles so irrsinnig billig ist, die Putze, die er schwarz beschäftigt, die Nutten, die er sich kommen lässt, weil Zeit für eine Freundin hat er hier nicht. Die in der Company machen sich an ihn ran, aber das macht er aus Prinzip nicht und wenn, dann hat das absolut nichts zu sagen, nichts Dauerhaftes, weil wenn sie wollen, dann kriegen sie es auch, aber nicht mehr. Klar, sage ich. Wir veranstalten noch einen Zück-und-Brüll-Wettbewerb beim Bezahlen, den er mit seiner Centurion-Card gewinnt. Die Lammfellfrau schaut ihn bewundernd an, manchmal ist es wirklich that simple. Wir gehen. Der kranke Fisch im Aquarium scheint sich etwas erholt zu haben. Vielleicht täuscht er auch nur Gesundheit vor, um morgen nicht final in Richtung Spülung gekündigt zu werden.
Berlin kann echt schön sein. Es gibt jedenfalls Leute, die sich hier wohlfühlen, keine Frage. Rundum positiv.
Er meint, wir sollen uns mal wieder treffen und über Bizz quatschen, was ich denn grad so tue. Nichts, sage ich und schlage auf die Schnelle das Greenwich vor, weil er es schon kennt und auch findet, was ganz gut ist, weil er sich oft verfährt, besonders, wenn er schon besoffen vom Ruhm, vom Geld und vom Alk ist. Ich habe schon mal eine Stunde auf ihn draussen gewartet, das brauche ich nicht nochmal, bei aller Freundschaft. Klasse, Greenwich, sagt er, mit den ganzen Schnecken ist das toll, er hat den ganzen Tag nur das junge Gemüse in der Company gesehen, die sind so runtergewirtschaftet, grausam, aber da denkt sich hier keiner was, gell.
Er kommt wie ich aus der Area. Traditionell Guy. Studium meistens in der Schweiz oder den Staaten, MBA sowieso da drüben, Consulting im Bereich Development, aber dann hat er sich mit den Partnern überworfen und hat sich von diesem Laden hier anheuern lassen, dessen Management sich nach dem Big Deal abgesetzt hat. Dort füllt er jetzt die Lücken, macht ihn fit und treibt das Startup-Gefrickel raus. Das muss alles neu, besser, koordinierter werden, auf die Zukunft fokussiert, die alten Founder hatten es nur auf den Trade Sale justiert. Ohne einen Top Dog wie ihn wäre die Company ein Fall für die Wertberichtigung, und das hassen die Aktionäre.
Er braucht dann doch zwei Longdrinks, während denen ich die Zierfische im Aquarium anschaue. Einer ist todkrank, liegt schief im Wasser, und wird morgen wahrscheinlich durch ein besseres Exemplar ersetzt sein, wenn sie ihn schon längst das Klo runtergespült haben. Dem Rest der Leute ist das scheissegal, und mich lenkt die Lammfellfrau neben mir etwas ab, die ihrem Begleiter klar macht, was für Idioten doch in der Agentur als seniors rumrennen, während sie als Junior die Arbeit machen muss. Ihre Stimme ist schrill, mit einem Unterton von gelben Tabletten aus Litauen.
Er bahnt sich dann lautstark seinen Weg durch die Tür, wirft sich auf einen Barhocker und bestellt was mit viel Alk. Harter Tag heute, sorry, da war noch was zu tun, Personalanpassung in einem Bereich, der nicht mehr die Performance bringt. Klar, kein Problem sage ich, und sonst so? Alles ok, sagt er, ausser diesem Event da, und da will er mit mir auch reden, weil er von sowas nicht so den Peil hat. Weil es in letzter Zeit nicht so gut lief im Jugendmarketing, machen sie jetzt ein bisschen bessere Pressearbeit, holen die Big Shots aus den Staaten nach Berlin, und nach der PK wollen sie noch etwas Networking machen, Open End und so, aber nicht in der Company.
Klar, sage ich, logisch, die Presse will ordentlich bedient sein. Greenwich schon mal angedacht? Anfang der Woche kann man den laden sicher mieten, Geschlossene Gesellschaft, ein DJ, dann wird das hier ganz kultig, Mitte sowieso. Nicht dumm, meint er, Catering hat er schon, so was um 40 Euro pro Person, das sollte doch reichen, oder?
Mit 40 Euro, sage ich, kriegst Du jeden. Pass besser mal auf, dass nur die kommen, die ihr wirklich braucht und nicht die freien Fresser, die abzocken und danach doch wieder schreiben, dass ihr Abzocker seit, weil die Redakteure mal wieder vergessen, wer sie eigentlich am Leben erhält. Ach egal, sagt er, das ist kein Ding, wir setzen sowieso nur auf Jugendmedien, Zielgruppe ist klar, Bravo und sowas, dann noch ein paar TV-Leute, das ist alles was wir brauchen. Nur den Shuttleservice müssen wir dann hinbekommen, und das soll auch poppig sein, Mitte,was man so erwartet.
No Prob, Mann. Im Wedding gibt es einen durchgeknallten Typen, der alte Caddies sammelt, in allen Bonbonfarben, und wieder herrichtet, so wie die Jungs in Pimp my Ride. Derr hat eine ganze Flotte davon, echt asozi Zuhälterschlitten in candyrot, quitschgelb und pillenrosa, und die kann man einfach mieten, für 3, 4 Stunden; die Jungs aus seiner Werkstatt fahren die auch, es gibt geile Boxen drinnen, mobile Discos, das würde exakt Eurem Branding und der Zielgruppe entsprechen.

Super, das ist genau das, was wir brauchen. Mann, sagt er, weisst Du, ich hab heute so viel Scheisse in der Arbeit gehört, den ganzen Tag Gesülze, welche Eventagentur und wie das wirken soll, alles Grütze ja, und dann gehen wir weg, und peng ist das Konzept da. Ich zucke die Schultern und sage was von Munich Area Veterans, und er grinst, weil er meine andere Geschichte kennt und nur die: Die des in der Szene wohlbekannten Beraters, der auch für die letzten Schweinereien immer noch ein sozialverträgliches Branding hatte. Refinement of Human Capital, oder Sprüche wie "Sagt den Praktis, sie sind Human VC" - das hat denen damals gefallen, in the old days of 99, we gonna party like it´s... Mann, sagt er, warum arbeitest Du nicht für uns? Danke, sage ich, ich kriege hier schon Züricher Löhne in Berlin, für einen lockeren Job, und für Euch bin ich zu alt. Hey, ich mein, ich kann noch nicht mal ne SMS schicken. Du hast Dich seit damals nicht verändert, immer noch der, der die anderen in die Hölle schickt, sagt er, und einen Moment schauen wir uns in die Augen, und er wird etwas unsicher.
Er erzählt mir dann noch, dass er Berlin inzwischen echt klasse findet, weil alles so irrsinnig billig ist, die Putze, die er schwarz beschäftigt, die Nutten, die er sich kommen lässt, weil Zeit für eine Freundin hat er hier nicht. Die in der Company machen sich an ihn ran, aber das macht er aus Prinzip nicht und wenn, dann hat das absolut nichts zu sagen, nichts Dauerhaftes, weil wenn sie wollen, dann kriegen sie es auch, aber nicht mehr. Klar, sage ich. Wir veranstalten noch einen Zück-und-Brüll-Wettbewerb beim Bezahlen, den er mit seiner Centurion-Card gewinnt. Die Lammfellfrau schaut ihn bewundernd an, manchmal ist es wirklich that simple. Wir gehen. Der kranke Fisch im Aquarium scheint sich etwas erholt zu haben. Vielleicht täuscht er auch nur Gesundheit vor, um morgen nicht final in Richtung Spülung gekündigt zu werden.
Berlin kann echt schön sein. Es gibt jedenfalls Leute, die sich hier wohlfühlen, keine Frage. Rundum positiv.
donalphons, 16:47h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 14. Februar 2005
Real Life Winter 99 - ChamoNix
Wenn man im Sommer viel in den Bergen unterwegs ist, verliert man die Lust am Skifahren. In Bayern wird man mit der Schule in die Berge geschafft, und die meisten lernen es schon als Kleinkinder - ich war 4 Jahre, als ich mit Sturzhelm und in eingebildeter Rennhaltung den ersten Hügel hinunterraste und unten meinen Onkel beinahe umnietete. Wie auch immer, 2 lange Sommer mit dem Mountainbike in den Alpen haben dieser Leidenschaft den Rest gegeben. Ich mag Berge, aber keine Geröllmüllhalden.
Im Winter 98/99 wollten ein paar Bekannte nach Weihnachten/Neujahr doch mal ein paar Tage in die Berge. Keiner hatte das Skifahren je gelernt, also sollte ich mit, aufpassen, aufklauben, aus Lawinen zerren, was man halt mit Flachlandhessen so macht, die durch grenzgeniale Jobangebote nach München gekommen sind. Zuerst wollten sie nach Chamonix; eine gute Wahl, aber doch recht weit, und so viel Zeit hatten sie dann auch nicht. Also Davos, was auch seine Reize hat. Natürlich war in Davos alles voll, also... am Ende habe ich ihnen Latemar vorgeschlagen, Obereggen, Südtirol, an der Grenze zum Trentino, viele Italiener, wenig Deutsche, genau das richtige. Und draussen fiel der Schnee, verwandelte die Munich Area in einen glibbrigen Matschhaufen...

Aber damals war der Begriff noch neu, nur wenige wussten überhaupt, dass es diese Area gab, und sie lutschten dieses Wort wie Teenager den ersten Kaugummi, mit dem sie Blasen machen können. Kurz nach Weihnachten haben sie dann endgültig ein Chalet gebucht, für 6 Leute, eine Woche, und die Firma hat das gezahlt, quasi als Gratifikation für die Überstunden. Schliesslich wollten sie fitte Mitarbeiter, braungebrannt, gestählt, dynamisch, und das letzte freie Wochenende war schon mehr als ein halbes Jahr her, so ist das nun mal in der Internetbranche.
Nur ... war dann noch was schnell zu machen. Die Abfahrt verzögerte sich um einen Tag. Dann noch einen Tag, dann aber übermorgen wirklich noch das verlängerte Wochenende, und übermorgen früh um 7, als ich die Ski ins Auto gepackt hatte, kam der Anruf: Es geht nicht, die Banken wollen den IPO machen, da müssen jetzt die Papers her, aber nach dem IPO, dann würden wir alle zusammen fahren, aber dann wirklich Chamonix oder Davos, scheiss auf die Kohle.
Die Banken waren letztlich schuld. Sie haben zu lang gewartet, zu sehr auf die Marktführerschaft gehofft, die nicht kommen wollte, dann im Sommer 00 der Versuch eines Not-IPOs mit 30% weniger Belegschaft bei 150% Leistung, abgesagt, nochmal reduziert, der Versuch, das Ding zu verkaufen, klappte auch, aber der Käufer übernahm nur die Kunden und den Vorstand, aber keine Mitarbeiter. Das Übliche.
Man fällt so wunderbar weich im Tiefschnee. Eine Erfahrung, die sie nicht gemacht haben. Sehr schade, eigentlich. Zwei sind in irgendwelchen Filialen einer Bank in Hessen, zwei sind arbeitslos, eine hat geheiratet. Und niemand kann erzählen, wie es damals im Winter 99 am offenen Kamin in den Alpen war, als sie noch grosse Träume hatten.
Im Winter 98/99 wollten ein paar Bekannte nach Weihnachten/Neujahr doch mal ein paar Tage in die Berge. Keiner hatte das Skifahren je gelernt, also sollte ich mit, aufpassen, aufklauben, aus Lawinen zerren, was man halt mit Flachlandhessen so macht, die durch grenzgeniale Jobangebote nach München gekommen sind. Zuerst wollten sie nach Chamonix; eine gute Wahl, aber doch recht weit, und so viel Zeit hatten sie dann auch nicht. Also Davos, was auch seine Reize hat. Natürlich war in Davos alles voll, also... am Ende habe ich ihnen Latemar vorgeschlagen, Obereggen, Südtirol, an der Grenze zum Trentino, viele Italiener, wenig Deutsche, genau das richtige. Und draussen fiel der Schnee, verwandelte die Munich Area in einen glibbrigen Matschhaufen...

Aber damals war der Begriff noch neu, nur wenige wussten überhaupt, dass es diese Area gab, und sie lutschten dieses Wort wie Teenager den ersten Kaugummi, mit dem sie Blasen machen können. Kurz nach Weihnachten haben sie dann endgültig ein Chalet gebucht, für 6 Leute, eine Woche, und die Firma hat das gezahlt, quasi als Gratifikation für die Überstunden. Schliesslich wollten sie fitte Mitarbeiter, braungebrannt, gestählt, dynamisch, und das letzte freie Wochenende war schon mehr als ein halbes Jahr her, so ist das nun mal in der Internetbranche.
Nur ... war dann noch was schnell zu machen. Die Abfahrt verzögerte sich um einen Tag. Dann noch einen Tag, dann aber übermorgen wirklich noch das verlängerte Wochenende, und übermorgen früh um 7, als ich die Ski ins Auto gepackt hatte, kam der Anruf: Es geht nicht, die Banken wollen den IPO machen, da müssen jetzt die Papers her, aber nach dem IPO, dann würden wir alle zusammen fahren, aber dann wirklich Chamonix oder Davos, scheiss auf die Kohle.
Die Banken waren letztlich schuld. Sie haben zu lang gewartet, zu sehr auf die Marktführerschaft gehofft, die nicht kommen wollte, dann im Sommer 00 der Versuch eines Not-IPOs mit 30% weniger Belegschaft bei 150% Leistung, abgesagt, nochmal reduziert, der Versuch, das Ding zu verkaufen, klappte auch, aber der Käufer übernahm nur die Kunden und den Vorstand, aber keine Mitarbeiter. Das Übliche.
Man fällt so wunderbar weich im Tiefschnee. Eine Erfahrung, die sie nicht gemacht haben. Sehr schade, eigentlich. Zwei sind in irgendwelchen Filialen einer Bank in Hessen, zwei sind arbeitslos, eine hat geheiratet. Und niemand kann erzählen, wie es damals im Winter 99 am offenen Kamin in den Alpen war, als sie noch grosse Träume hatten.
donalphons, 11:39h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 9. Februar 2005
Real Life 09.02.05 - Oh happy Day
Es ist 11.50 Uhr, und die Sonne fällt genau senkrecht durch das Südfenster in den Raum, auf den Teppich. Die Seide wird angenehm handwarm, und in der Kanne ist frischer Tee. Die Kanne wurde Anfangs des Jahrhunderts einer gewissen Miss J. Wren geschenkt, vom Staff des Royal Societies Club, und vielleicht ist diese Kanne das einzige, was von dieser Miss J. Wren geblieben ist. Ich weiss es nicht, es ist auch nicht wichtig. Auch die Besitzer des Buches von Alberto Insua mit dem prächtigen Titel "Weib, Stier und Torero" wird schon längst dahingeschieden sein, nachdem es 1930 auf den Markt kam, in dieser wunderbaren Halblederreihe von Knaur mit dem Titel "Romane der Welt", herausgegeben von Thomas Mann. Einen etwas seltsamen Geschmack hatte Mann, das muss man schon sagen ... aber warum nicht, gestern habe ich Basilio von José Maria Eça de Queirós gelesen, und die literarische Region gefällt mir, im Winter, in der verschneiten Provinz, auf einem Teppich, den die Kunstgeschichte als "Bellini-Teppich" bezeichnet, ohne dass es etwas mit dem Cocktail zu tun hätte. Da bin ich also, in der Sonne, wie eine fette, müde Katze - Gähn.

Und ich frage mich, wo ich wohl wäre, wenn ich nicht diesen absurden Lebensweg eingeschlagen hätte, den ich mir noch nicht mal rausgesucht habe. Ich wurde eigentlich immer nur getrieben; von den Leidenschaften, wenn möglich, von leichtesten Entscheidungen, wenn nötig. Als eigentlich klar war, dass ich entweder Arzt oder Nachfolger meines Old-Eco-Dads werden würde, hatte ich schlichtweg zu schlechte Noten im Abitur, und in Folge dessen auch noch ein paar Orchideenfächer studiert, um dann zum Ende eines müssigen Studentendaseins in die höchsten Höhen der New Economy hochgeschleudert zu werden, die mir aber auch nicht gefallen haben, so dass ich mich freiwillig davon machte, während hinter mir alles zusammenbrach.
Weshalb ich jetzt hier bin, und diesen Tag geniesse. Irgendwo da unten hetzt gerade eine junge Frau in die Mensa; ich bin kein Unmensch, ich habe sie angerufen und gefragt, ob sie nicht kommen will, ich habe heute morgen auf dem Wochenmarkt frische Eier, Steinpilze und Feldsalat geholt, aber sie meinte nicht ganz unzutreffend, dass dann wohl der Nachmittag gelaufen wäre; heute nacht also, vielleicht, aber nun muss sie etwas tun für ihre Zukunft. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihr die Wahrheit zu sagen, sie ist so positiv und rundum nett, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie vielleicht selbst irgendwann begreift, dass das Leben aus vielen Optionen, aber nur aus wenigen Möglichkeiten besteht.
Meine Option hier oben verdanke ich dem Treiben auf den Wogen des Lebens, und der Tatsache, dass ich nicht hier geblieben bin, nicht den Weg meiner Freunde marschierte, und eigentlich nichts kann und bin. Ein lieber Mensch aus München hat mich zwischendrin angerufen, wir reden kurz über die Vergangenheit, aber im Moment ist das alles sehr weit weg. Ich muss nichts tun, ausser dem Lauf der Sonne auf dem Teppich folgen, lesen, wie der Torero dem Weib verfällt, und meiner Leserschaft kurz Bescheid geben, dass hier nichts ist. Nichts. Ich bin geistig fischen. Nachher werde ich vielleicht durch die Niederungen des Tales spazieren, und noch etwas schreiben, über eine Frau und Luxusstoffe in München, aber sonst... so wäre ich vielleicht immer, wenn ich nicht doch irgendwann meinen selbst auferlegten Officiis folgen würde, sehr langweilig, das Blog hier würde schnell seine Leserschaft verlieren, denn es passiert nicht viel, und das was passiert, verdeckt der gnädige Schleier der Diskretion und die Unfähigkeit des Verfassers, geschlechtliches adäquat zu beschreiben.
To the happy few.

Und ich frage mich, wo ich wohl wäre, wenn ich nicht diesen absurden Lebensweg eingeschlagen hätte, den ich mir noch nicht mal rausgesucht habe. Ich wurde eigentlich immer nur getrieben; von den Leidenschaften, wenn möglich, von leichtesten Entscheidungen, wenn nötig. Als eigentlich klar war, dass ich entweder Arzt oder Nachfolger meines Old-Eco-Dads werden würde, hatte ich schlichtweg zu schlechte Noten im Abitur, und in Folge dessen auch noch ein paar Orchideenfächer studiert, um dann zum Ende eines müssigen Studentendaseins in die höchsten Höhen der New Economy hochgeschleudert zu werden, die mir aber auch nicht gefallen haben, so dass ich mich freiwillig davon machte, während hinter mir alles zusammenbrach.
Weshalb ich jetzt hier bin, und diesen Tag geniesse. Irgendwo da unten hetzt gerade eine junge Frau in die Mensa; ich bin kein Unmensch, ich habe sie angerufen und gefragt, ob sie nicht kommen will, ich habe heute morgen auf dem Wochenmarkt frische Eier, Steinpilze und Feldsalat geholt, aber sie meinte nicht ganz unzutreffend, dass dann wohl der Nachmittag gelaufen wäre; heute nacht also, vielleicht, aber nun muss sie etwas tun für ihre Zukunft. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihr die Wahrheit zu sagen, sie ist so positiv und rundum nett, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie vielleicht selbst irgendwann begreift, dass das Leben aus vielen Optionen, aber nur aus wenigen Möglichkeiten besteht.
Meine Option hier oben verdanke ich dem Treiben auf den Wogen des Lebens, und der Tatsache, dass ich nicht hier geblieben bin, nicht den Weg meiner Freunde marschierte, und eigentlich nichts kann und bin. Ein lieber Mensch aus München hat mich zwischendrin angerufen, wir reden kurz über die Vergangenheit, aber im Moment ist das alles sehr weit weg. Ich muss nichts tun, ausser dem Lauf der Sonne auf dem Teppich folgen, lesen, wie der Torero dem Weib verfällt, und meiner Leserschaft kurz Bescheid geben, dass hier nichts ist. Nichts. Ich bin geistig fischen. Nachher werde ich vielleicht durch die Niederungen des Tales spazieren, und noch etwas schreiben, über eine Frau und Luxusstoffe in München, aber sonst... so wäre ich vielleicht immer, wenn ich nicht doch irgendwann meinen selbst auferlegten Officiis folgen würde, sehr langweilig, das Blog hier würde schnell seine Leserschaft verlieren, denn es passiert nicht viel, und das was passiert, verdeckt der gnädige Schleier der Diskretion und die Unfähigkeit des Verfassers, geschlechtliches adäquat zu beschreiben.
To the happy few.
donalphons, 14:25h
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Dienstag, 8. Februar 2005
Real Life 06.02.05 - Produktinformation für Leserinnen
Die Strategia Slr hat nicht nur einen wunderbar passenden Firmennamen (Strategie mit beschränkter Haftung) für Elitessen-Schuhe, sondern macht in der Preisklasse über 100 Euro wirklich schöne, zarte Lederwaren, in denen frau im Winter und auf Eis mit etwas Übung gut laufen kann, wie ich gestern erfahren habe. Ausgezogen passt das cremeweisse Lackleder ganz vorzüglich zu den antiken Gebetsteppichen.

Und sie halten ihre Form über Nacht. Spanner sind überflüssig.

Und sie halten ihre Form über Nacht. Spanner sind überflüssig.
donalphons, 13:17h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 7. Februar 2005
Real Life 07.02.05 - Please allow me to introduce myself
ich verfüge über Vemögen und Geschmack -- wie sagt man das? Wie führt man sich bei jemanden ein; bei einer Frau, die man nur sehr flüchtig kennt? Die sich ernsthaft und positiv mit einem Thema auseinandersetzt, über das man sehr gut Bescheid weiss, weil man immer dabei war, wenn das Thema so richtig hässlich und lächerlich wurde. Ich war immer irgendwo in der Nähe, sah zu, und wenn jemand am Rand des Abgrunds stand, habe ich öfter gestossen denn gerettet; die Stürzenden liebten die neue Freiheit und den Speed, und die Geretteten trauerten den verlorenen Chancen hinterher. Ich sass mit am Kirschholztisch, als I-D verglühte, ich habe Teams durch Berlin gefahren, die Fonds abräumten, so sind nun mal die Regeln des Spiels, da braucht man sich keine Gedanken machen. Man hat mich stets willkommen geheissen, mir vertraut und meine Art geschätzt. Die einen hatten Sympathie für mich, andere haben ihre Anwälte auf mich gehetzt, aber immer blieb ich freundlich, glatt, joval, ich schüttelte Hände und dachte an die blanken Knochen; ich habe sie mit meinen Worten gestreichelt und mit den Schriften gedolcht. Ich hatte immer Verständnis, denn ich verstand, warum sie draufgehen, manchmal war es ein gutes Geschäftsmodell, oder einfach nur ein Beitrag zur exitorientierten Informationsgesellschaft. Manche sagen, ich persönlich bin Schuld am Niedergang der Munich Area, und wer wäre ich, solchen Könnern, diesen Küchentisch-Beratern, diesen quiekenden PR-Mäusen in der Falle, diesen heutigen Spezialisten im Extremearbeitsamtgangstehing zu widersprechen...
Sehr erfreut, dass Du da bist, meinen Namen wirst Du noch früh genug herausfinden...nimm Platz, ich habe nur das Beste besorgt, und ich kann Dir viel erzählen über das, was war. Roland Berger hat mir gesagt, was bald bei BMP passiert. Ich war mit Jambas einen heben, und weiss, welche Rabatte sie von MTV bekommen. Ich sass mit VCs in Bars und Kneipen, sie wussten wer ich bin, sie wollten von ihren Gegnern hören, und jeder sprach mit mir. Das nennt man dann einen geschlossenen Wirtschaftskreislauf, eine Lose-Win-Lose-Situation. Ich kannte mich verdammt gut aus, und wenn ich wollte, würden sie mir alles sofort wieder erzählen. Hier, schau, die Notebooks da hinten, da ist die gesamte Korrespondenz einer Firma drauf, die es nicht mehr gibt. Ihr Ex-Chef würde keine Sekunde ruhig schlafen, wenn er wüsste, dass sie mit einem Knopfdruck online stehen könnten, für jeden Ex-Kunden lesbar, auch seine geschiedene Frau würde es hassen. Ich kenne auch die andere Seite, die jungen Dinger, die einen Laptop aus der Insolvenzmasse klauen und dann von zwei Mann Inkasso Besuch bekommen, kurz, wo ich war, ist die Welt aus den Fugen, und nichts wächst wieder zusammen - aber es ist sehr schön, dass so junge, hübsche Frauen wie du sich fein machen, duschen, zwischen den Perlenketten schwanken, und sich dann auf den Weg zu mir in den Stadtpalast machen, die hohe Stiege hinauf, und das alles nur, weil wir uns zufällig in einem Cafe kennengelernt haben, du vergeblich mit deiner Freundin telefoniert hast, die natürlich auch nicht wusste, dass VC Vermögensverwaltung ist, ein Wort, das dir sehr gefällt, und der schwarze Urgrund, aus dem ich stamme, und ich habe dir in diesem Moment natürlich geholfen.

Sieh meine Kristallkelche, das feine Porzellan, das alte Silber, das ich für dich aufgetragen habe. Nein, billig ist es nicht, aber es unterscheidet die Habenden von denen, die nicht haben, und haben, sagst du selbst, ist per se und absolut gut, denn das ist keine Gleichmacherei, die ich auch nicht mag, im Gegensatz zur sinnreichen, wichtigen und höchst amüsanten Totmacherei, und totmachen ist immer wieder eine Sensation, das wird nie langweilig, und alle klatschen, bis sie selbst dran sind. Der Luxus ist hier bei mir, in meinen anderen Wohnungen ist noch viel mehr davon, visit our headquarters in Berlin and Munich, und es ist bei mir und nicht bei denen, die an das glaubten, woran du glaubst. Die werden bald aus dem Blechnapf fressen, oder die Würmer, die die frühen Vögel ja ausdrücklich wollen, kein Grund zur Trauer, denn hier ist das Leben schön. Ich könnte dir sagen, dass du es nie schaffen wirst, weil du an das Funktionieren und die Logik der Märkte glaubst, an den gerechten Preis im Irrsinn der Netze. Aber das wäre unhöflich, undMenschen Gestalten wie ich haben immer vollendete Formen. Daran erkennt man uns, wenn ich ehrlich bin, an den leeren, höflichen Formen. Ich könnte dir natürlich die Türen öffnen, denn der Mensch, der meine Bizz-Fassade darstellt, hat immer noch erstklassige Kontakte; ich könnte dich rumreichen, und ich wollte noch nicht mal dein lichtgraues Seelchen, weil ohnehin nicht daran glaube. Hier, etwas Marzipan, weich wie dein Fleisch, eigentlich die Nachspeise, das Marzipan, aber wer wird denn mit Regeln kommen, die Märkte sind nur unreguliert gut, da hast du natürlich recht.
Vielleicht sagst du mir aber heute Abend besser ab, vielleicht bin ich nicht gut für dich. Gut ist nicht so absolut, wie du in deiner beschränkten, wertlosen Logik denkst, sondern nur relativ, weisst du, und wenn ich ehrlich bin und du mir glaubst, wenn du den Weg nicht gehst, musst du einen anderen nehmen, und die sind auch nicht schön. Woher ich das weiss? Ich kenne auch die anderen Verlierer im Umfeld, es ist immer das gleiche. Entschuldige meine direkten Worte, vergiss sie, ich werde das sowieso heute Abend nicht sagen, ich bleibe der, den du kennengelernt hast, der nette Mann, der das so schön plastisch erklären kann, der, der einer von denen ist, die du magst, einer der Guten, denen der Erfolg recht gibt. Wie auch immer, es kostet dich nichts, ausser Zeit, aber nicht die Zukunft, die du nichts hast, und wir werden ganz sicher nicht am System rütteln, denn das System braucht viele von deiner Sorte, damit es die wenigen meines Sorte gut geht. Wir können zusammen essen, trinken, du wirst es mögen, wirklich; die meisten waren sehr angetan von mir, wenn ich sie angelogen habe, mich als angenehmen Partner weitervermittelt, und alle sind sie gescheitert, aber ich bin da, immer und immer noch, das sollte dir zu denken geben, armes Kind, warum der und nicht die anderen, denn wenn so viele sterben, ist an den Überlebenden was faul, oder sie leben gar nicht, weil sie was anderes sind - ein Avatar, eine Erfindung, eine Lüge, ein Betrug, ein Schizophrener, etwas, was zu gut in diese Welt passt.
Diese Welt und ihre Tochter - wie stelle ich mich ihr vor? Sehr e-rfreut...
Sehr erfreut, dass Du da bist, meinen Namen wirst Du noch früh genug herausfinden...nimm Platz, ich habe nur das Beste besorgt, und ich kann Dir viel erzählen über das, was war. Roland Berger hat mir gesagt, was bald bei BMP passiert. Ich war mit Jambas einen heben, und weiss, welche Rabatte sie von MTV bekommen. Ich sass mit VCs in Bars und Kneipen, sie wussten wer ich bin, sie wollten von ihren Gegnern hören, und jeder sprach mit mir. Das nennt man dann einen geschlossenen Wirtschaftskreislauf, eine Lose-Win-Lose-Situation. Ich kannte mich verdammt gut aus, und wenn ich wollte, würden sie mir alles sofort wieder erzählen. Hier, schau, die Notebooks da hinten, da ist die gesamte Korrespondenz einer Firma drauf, die es nicht mehr gibt. Ihr Ex-Chef würde keine Sekunde ruhig schlafen, wenn er wüsste, dass sie mit einem Knopfdruck online stehen könnten, für jeden Ex-Kunden lesbar, auch seine geschiedene Frau würde es hassen. Ich kenne auch die andere Seite, die jungen Dinger, die einen Laptop aus der Insolvenzmasse klauen und dann von zwei Mann Inkasso Besuch bekommen, kurz, wo ich war, ist die Welt aus den Fugen, und nichts wächst wieder zusammen - aber es ist sehr schön, dass so junge, hübsche Frauen wie du sich fein machen, duschen, zwischen den Perlenketten schwanken, und sich dann auf den Weg zu mir in den Stadtpalast machen, die hohe Stiege hinauf, und das alles nur, weil wir uns zufällig in einem Cafe kennengelernt haben, du vergeblich mit deiner Freundin telefoniert hast, die natürlich auch nicht wusste, dass VC Vermögensverwaltung ist, ein Wort, das dir sehr gefällt, und der schwarze Urgrund, aus dem ich stamme, und ich habe dir in diesem Moment natürlich geholfen.

Sieh meine Kristallkelche, das feine Porzellan, das alte Silber, das ich für dich aufgetragen habe. Nein, billig ist es nicht, aber es unterscheidet die Habenden von denen, die nicht haben, und haben, sagst du selbst, ist per se und absolut gut, denn das ist keine Gleichmacherei, die ich auch nicht mag, im Gegensatz zur sinnreichen, wichtigen und höchst amüsanten Totmacherei, und totmachen ist immer wieder eine Sensation, das wird nie langweilig, und alle klatschen, bis sie selbst dran sind. Der Luxus ist hier bei mir, in meinen anderen Wohnungen ist noch viel mehr davon, visit our headquarters in Berlin and Munich, und es ist bei mir und nicht bei denen, die an das glaubten, woran du glaubst. Die werden bald aus dem Blechnapf fressen, oder die Würmer, die die frühen Vögel ja ausdrücklich wollen, kein Grund zur Trauer, denn hier ist das Leben schön. Ich könnte dir sagen, dass du es nie schaffen wirst, weil du an das Funktionieren und die Logik der Märkte glaubst, an den gerechten Preis im Irrsinn der Netze. Aber das wäre unhöflich, und
Vielleicht sagst du mir aber heute Abend besser ab, vielleicht bin ich nicht gut für dich. Gut ist nicht so absolut, wie du in deiner beschränkten, wertlosen Logik denkst, sondern nur relativ, weisst du, und wenn ich ehrlich bin und du mir glaubst, wenn du den Weg nicht gehst, musst du einen anderen nehmen, und die sind auch nicht schön. Woher ich das weiss? Ich kenne auch die anderen Verlierer im Umfeld, es ist immer das gleiche. Entschuldige meine direkten Worte, vergiss sie, ich werde das sowieso heute Abend nicht sagen, ich bleibe der, den du kennengelernt hast, der nette Mann, der das so schön plastisch erklären kann, der, der einer von denen ist, die du magst, einer der Guten, denen der Erfolg recht gibt. Wie auch immer, es kostet dich nichts, ausser Zeit, aber nicht die Zukunft, die du nichts hast, und wir werden ganz sicher nicht am System rütteln, denn das System braucht viele von deiner Sorte, damit es die wenigen meines Sorte gut geht. Wir können zusammen essen, trinken, du wirst es mögen, wirklich; die meisten waren sehr angetan von mir, wenn ich sie angelogen habe, mich als angenehmen Partner weitervermittelt, und alle sind sie gescheitert, aber ich bin da, immer und immer noch, das sollte dir zu denken geben, armes Kind, warum der und nicht die anderen, denn wenn so viele sterben, ist an den Überlebenden was faul, oder sie leben gar nicht, weil sie was anderes sind - ein Avatar, eine Erfindung, eine Lüge, ein Betrug, ein Schizophrener, etwas, was zu gut in diese Welt passt.
Diese Welt und ihre Tochter - wie stelle ich mich ihr vor? Sehr e-rfreut...
donalphons, 19:50h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 5. Februar 2005
Real Life 04.02.05 - Über den Dächern
Wir stehen in der Küche, wo bekanntlich jede bessere Party endet. Das hier ist keine Party; nur ein Verweilen, bis es spät genug ist, in die ewige Nacht über der Munich Area zu stürzen; Zoozies, später Morizz und danach vielleicht noch was anderes; das Viertel hat ausser Parkplätzen so ziemlich alles zu bieten, was zum unbeschwerten Nachtleben gehört. Aber wenn man direkt über der Isar wohnt, kann man im Wortsinne ausgehen, ohne Taxi und Cabrio. Man kann sich den Luxus leisten, erst spät zu kommen, wenn Freising und Starnberg längst, vom ewigen Warten in zweiter Reihe genervt, in das Pacha abgezogen sind. Also stehen wir in der Küche, unter dem venezianischen Leuchter, den ich ihr mal hochgemacht habe, und schauen hinaus auf die Dächer der Isarvorstadt, die hier mit ihren Mansardendächern sehr pariserisch wirkt. Sie trägt eine Mischung aus DKNY und D&G, ich trage dunkelgrau, die Farbe des Nachthimmels über dieser Stadt der Hoffnung und des Scheiterns. Nicht mein Scheitern, nicht unser Scheitern. Wir gehören zu den Gewinnern, trotz allem.
Im Hinterhaus, im Mansardendach brennt Licht, die Bewohner räumen den Tisch ab, an dem sie Wein getrunken haben, und eine der Töchter des Hauses sitzt am Klavier und spielt. Wahrscheinlich Chopin, wie sie es so oft im Sommer bei offenen Fenstern getan hat; nicht sehr gut, Chopin ist auch etwas abgeschmackt, aber doch mit einer gewissen Routine, die man sich in den Kreisen ihrer Familie erwarten kann. Bürgertum, solide, Vater Professor, Mutter Angestellte, Kinder mit vielen künstlerischen Neigungen und Studiengängen; Musik, bildende Kunst, Philosophie, höflich im gemeinsamen Treppenhaus und gern für ein kurzes Gespräch verweilend. Wir kennen sie, ihr Leben, ihre Sorgen.

Neben mir trinkt sie sich in den Betriebsfüllstand, schaut hinunter auf diese sterbende Idyll, und wir beide wissen, dass es da unten nicht gut aussieht; die Kinder haben allesamt keine Chancen im Beruf; auch die Umschulung hin zu Multimedia und Online kam bei den jungen Damen Magistrantinnen viel zu spät. Also schlagen sie sich mit Teilzeitjobs und Projektarbeit an den finanziell ausgebluteten Kunsteinrichtungen der Stadt durch. Jetzt, wo die Hypovereinsbank den grossen Verlust abgeschrieben hat, wird es nochmal schlimmer. Also zwängt sich die Familie immer noch in die 150 Quadratmeter München in bester Lage, aber gleichzeitig auch schlechtesten Aussichten und zudem einer Frau über ihnen, die für das alles nur ein zynisches Lächeln übrig hat.
Stell dir das mal vor, sagt sie, wie hier in dieser Wohnung mit drei anderen Leute, so wär das, absolut unvorstellbar. Das sagt ich natürlich leicht, wenn man, wie sie, die alte Wohnung ein Jahr leer stehen lässt, bis man sich mal dazu aufrafft, Studenten zu bestellen, die die Wohnung dann zum Verkauf herrichten. Eine Wohnung, die sich keine der drei Töchter dort unten leisten könnte, nicht zur Miete und schon gar nicht als Eigentumswohnung. Wir haben viel von dem negiert, was die Menschen da unten ausmacht; wir haben das Klavier, Chopin und den Unterricht gehasst, haben oft genug Orte, Kreise und Vorstellungen gewechselt, als wären es Hemden, noch nicht mal von van Laack. Aber irgendwo gibt es vielleicht doch dieses Gen, das einen im richtigen Moment die richtige Dreistigkeit haben lässt, durch die man den die bekannte Gesellschaft zertrümmernden Tornado überlebt und für sich nutzt. Deshalb stehen wir hier oben, sie als regulatives Element der Katastrophe und ich als deren Chronist. Wir haben beide die Werte unserer Herkunft negiert, denn in den Augen unserer Eltern wäre das da unten nahe einem Idealzustand. Für sie ist es in Fall nur ein banaler Fall von sozialem Abstieg, und für mich eine Welt, die es nicht mehr lang geben wird.
Es werden wenige Gewinner sein, und viele Verlierer. Es wird die Regel sein, dass fünf soviel haben wie einer und umgekehrt, und dazwischen wird es wenig geben. Wir beide wissen das; ihr ist es mehr oder weniger egal, solange sie auf der richtigen Seite ist, und ich tue nichts dagegen. Ausser schreiben. Aber das ist zu wenig. Viel zu wenig, zumal, wenn man trotzdem Teil der richtigen Seite ist und danach in überteuerte Locations geht, wo sich Studenten für den Irrglauben ausnehmen lassen, zumindest einen Abend lang das angenehme Leben zu führen, das sie nach dem Studium im Afterwork täglich haben werden. Aber wenigstens sind es nicht die billigen Schuppen, in denen sich die Elitessen abfüllen, die mich in den nächsten Tagen erwarten.
Im Hinterhaus, im Mansardendach brennt Licht, die Bewohner räumen den Tisch ab, an dem sie Wein getrunken haben, und eine der Töchter des Hauses sitzt am Klavier und spielt. Wahrscheinlich Chopin, wie sie es so oft im Sommer bei offenen Fenstern getan hat; nicht sehr gut, Chopin ist auch etwas abgeschmackt, aber doch mit einer gewissen Routine, die man sich in den Kreisen ihrer Familie erwarten kann. Bürgertum, solide, Vater Professor, Mutter Angestellte, Kinder mit vielen künstlerischen Neigungen und Studiengängen; Musik, bildende Kunst, Philosophie, höflich im gemeinsamen Treppenhaus und gern für ein kurzes Gespräch verweilend. Wir kennen sie, ihr Leben, ihre Sorgen.

Neben mir trinkt sie sich in den Betriebsfüllstand, schaut hinunter auf diese sterbende Idyll, und wir beide wissen, dass es da unten nicht gut aussieht; die Kinder haben allesamt keine Chancen im Beruf; auch die Umschulung hin zu Multimedia und Online kam bei den jungen Damen Magistrantinnen viel zu spät. Also schlagen sie sich mit Teilzeitjobs und Projektarbeit an den finanziell ausgebluteten Kunsteinrichtungen der Stadt durch. Jetzt, wo die Hypovereinsbank den grossen Verlust abgeschrieben hat, wird es nochmal schlimmer. Also zwängt sich die Familie immer noch in die 150 Quadratmeter München in bester Lage, aber gleichzeitig auch schlechtesten Aussichten und zudem einer Frau über ihnen, die für das alles nur ein zynisches Lächeln übrig hat.
Stell dir das mal vor, sagt sie, wie hier in dieser Wohnung mit drei anderen Leute, so wär das, absolut unvorstellbar. Das sagt ich natürlich leicht, wenn man, wie sie, die alte Wohnung ein Jahr leer stehen lässt, bis man sich mal dazu aufrafft, Studenten zu bestellen, die die Wohnung dann zum Verkauf herrichten. Eine Wohnung, die sich keine der drei Töchter dort unten leisten könnte, nicht zur Miete und schon gar nicht als Eigentumswohnung. Wir haben viel von dem negiert, was die Menschen da unten ausmacht; wir haben das Klavier, Chopin und den Unterricht gehasst, haben oft genug Orte, Kreise und Vorstellungen gewechselt, als wären es Hemden, noch nicht mal von van Laack. Aber irgendwo gibt es vielleicht doch dieses Gen, das einen im richtigen Moment die richtige Dreistigkeit haben lässt, durch die man den die bekannte Gesellschaft zertrümmernden Tornado überlebt und für sich nutzt. Deshalb stehen wir hier oben, sie als regulatives Element der Katastrophe und ich als deren Chronist. Wir haben beide die Werte unserer Herkunft negiert, denn in den Augen unserer Eltern wäre das da unten nahe einem Idealzustand. Für sie ist es in Fall nur ein banaler Fall von sozialem Abstieg, und für mich eine Welt, die es nicht mehr lang geben wird.
Es werden wenige Gewinner sein, und viele Verlierer. Es wird die Regel sein, dass fünf soviel haben wie einer und umgekehrt, und dazwischen wird es wenig geben. Wir beide wissen das; ihr ist es mehr oder weniger egal, solange sie auf der richtigen Seite ist, und ich tue nichts dagegen. Ausser schreiben. Aber das ist zu wenig. Viel zu wenig, zumal, wenn man trotzdem Teil der richtigen Seite ist und danach in überteuerte Locations geht, wo sich Studenten für den Irrglauben ausnehmen lassen, zumindest einen Abend lang das angenehme Leben zu führen, das sie nach dem Studium im Afterwork täglich haben werden. Aber wenigstens sind es nicht die billigen Schuppen, in denen sich die Elitessen abfüllen, die mich in den nächsten Tagen erwarten.
donalphons, 15:37h
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