Sonntag, 11. Dezember 2005
GO to hell YA Goya
oder warum die sog. "Nobeldisco" in der sog. "Hauptstadt", auch bekannt als der Slum a.d. Spree bei Marzahn nicht laufen wird.
Sehen wollte sie es schon mal, meine kleine Schwester. Vielleicht auch mal reinschauen, aber erst mal vorbeifahren. Was wir auch so gegen 22 Uhr taten. Auf den Türmen des Goya-Gebäudes fummelten zwei Lichtfinger in den weichen Nebel hinein, als ginge es um das Aufspüren britischer Bomber.
Kurz, das Goya wirbt mit den billigen Tricks einer Autobahnsico im Bayerischen Wald. Keine Nobeldisco hat sowas nötig. Und kaum ein Gast, der für einen Abend regelmässig 10 Euro auf den Tisch legt, wird von solchen plumpen Methoden angezogen.
Anziehend wirkt das eher auf die Prolls, und die verscheuchen eher die guten Leute. Die Flakscheinwerfer sind sowas wie das letzte Aufgebot im Kampf um die Gunst eines Publikums, das gehoben sein und 1400 Köpfe zählen sollte. So geht das nicht. So wird das eine Riesenpleite, denn wenn die Poser und Prolls erst mal begreifen, dass sie für 10 Euro Eintritt unter sich sind, werden sie auch ausbleiben. So wie wir, heute Abend und für immer. Und so beginnt das Ende vom Goya, bevor es überhaupt einen Anfang gab.
Gute Clubs erkennt man an der guten Türe, und nicht an den Scheinwerfern.
Sehen wollte sie es schon mal, meine kleine Schwester. Vielleicht auch mal reinschauen, aber erst mal vorbeifahren. Was wir auch so gegen 22 Uhr taten. Auf den Türmen des Goya-Gebäudes fummelten zwei Lichtfinger in den weichen Nebel hinein, als ginge es um das Aufspüren britischer Bomber.
Kurz, das Goya wirbt mit den billigen Tricks einer Autobahnsico im Bayerischen Wald. Keine Nobeldisco hat sowas nötig. Und kaum ein Gast, der für einen Abend regelmässig 10 Euro auf den Tisch legt, wird von solchen plumpen Methoden angezogen.
Anziehend wirkt das eher auf die Prolls, und die verscheuchen eher die guten Leute. Die Flakscheinwerfer sind sowas wie das letzte Aufgebot im Kampf um die Gunst eines Publikums, das gehoben sein und 1400 Köpfe zählen sollte. So geht das nicht. So wird das eine Riesenpleite, denn wenn die Poser und Prolls erst mal begreifen, dass sie für 10 Euro Eintritt unter sich sind, werden sie auch ausbleiben. So wie wir, heute Abend und für immer. Und so beginnt das Ende vom Goya, bevor es überhaupt einen Anfang gab.
Gute Clubs erkennt man an der guten Türe, und nicht an den Scheinwerfern.
donalphons, 02:16h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 9. Dezember 2005
Noch 5 Tage
Inzwischen sind für die Awards 12 Geschichten eingetrudelt - sollte das alles gewesen sein? Am 14. um Mitternacht ist jedenfalls Schluss mit dem Einreichen, also, wer noch Lust hat, mache hin und schreibe. Bitte dann eine mail an donalphonso | äd | gmail / punkt / com, in den nächsten Tagen bin ich eher sporadisch im Netz.
donalphons, 14:01h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 4. Dezember 2005
München, irgendwie
Lange, bevor das Tor zu den vielen alten Bildern aufgesperrt wird
und kurz, bevor die Strassenbahn nochmal ein paar Dutzend kleine, frierende, aber ebenfalls geduldig wartende Asiatinnen in den Matsch entlässt.
und kurz, bevor die Strassenbahn nochmal ein paar Dutzend kleine, frierende, aber ebenfalls geduldig wartende Asiatinnen in den Matsch entlässt.
donalphons, 18:13h
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Dienstag, 1. November 2005
The place not to be
eine gute sache am bloggen ist, dass man da all das reintun kann, was zwar im seelischen raum steht, aber nur bedingt gesellschaftsfähig ist, wenn man im anschluss wo eingeladen ist und bei der gelegenheit vielleicht auch noch halbwegs entspannt einen schlusspunkt hinter eine geschichte setzen muss, die zu lange dauert - und wenn man es doch wieder nicht schafft, dann stört es wenigstens nicht bei der gestaltung des unausweichlichen
Zu eng, zu krumm, immer das gleiche, nach einer Stunde kennt man jede Strasse, und wir, die wir hier gross geworden sind, kennen jeden abgetretenen Pflasterstein. Und so ziemlich alle standesgemässen Möglichkeiten für das Eine, die Gymnasien sind ja nicht weit auseinander. Die entsprechenden Viertel liegen auch nebeneinander, von der Altstadt zum Fluss, dann raus zum ersten Kaff am Golfplatz vorbei und am Krankenhaus, durch das Ärzteviertel und dann wieder zurück an den Rand des alten Kerns. Alles ist für uns mit dem Rennrad zu machen, alles das gleiche, in allen Häusern die gleichen Andenken an die Reisen, die Doppelgaragen und immer teure Säfte im Kühlschrank für junge Gäste, das Gesundheitsgift dieser Welt, nur die Konzentrationsmittelchen sind, wenn nötig, der eigenen Brut vorbehalten.
Manche von uns kommen ganz schön rum. Mit der Tante auf die Malediven, ins Ferienhaus bei Massa oder nach Freyus mit dem Golfclub auf Turniere, mit den Brettern nach Sylt oder den Lago, mit den Ruderern zu den Rennen, und im Winter mit allen anderen nach Chamonix. Nirgends sind die Strassen so eng, die Häuser so verschachtelt wie daheim, wo der Nebel ein Dauergast ist und sich auch in die Hallen und weitläufigen Wohnräume auszubreiten droht, wenn wir im Winter lüften, damit die Eltern nichts riechen, wenn sie vom Konzertverein kommen.
Manchmal gehen wir mit der sauberen Tochter einen Bankenchefs durch diese engen Strassen, nach irgendeinem Ball, fühlen die Wärme und nehmen uns trotzdem vor, es bleiben zu lassen, denn irgendwas passt nicht: Vielleicht die Ahnung, dass es Ernst werden könnte und uns dann hier hält, was so ziemlich das Letzte ist, was wir wollen. Für die Schönheit und das Mass bleibt kein Blick, und Jahre später, irgendwo in einem Laden, der weit entfernt und bald wieder geschlossen ist, Dorian Grey, wenn das noch einer kennt, treffen wir einen, der uns erzählt, dass sie es tatsächlich nicht raus geschafft hat. War klar, denken wir uns und reden über Schalkrägen von Gaultier und die andere, die drall war und eine Granate im Bett. Nicht dass wir es erlebt hätten, aber sie sah so aus und wir waren neidisch auf die, die es zu wissen vorgaben, und dann trinken wir zum Wohle der Frau, die es ganz sicher geschafft hat, in die geschichtslose Welt und die weltumspannende Klasse, auf die wir vorbereitet wurden.
Zumindest zeitweise. Machmal dauert es ein Jahr oder länger, bis die Neuigkeiten zu uns dringen, dazu müssen wir auch erst mal eine Weile hier sein, aber dann treffen wir doch die Tochter des Bankchefs, und die erzählt uns dann etwas von der, an die wir die ganze nacht im Dorian Grey denken mussten und an die verpassten Chancen, die jetzt für immer verpasst sind, und das uns dazu bringt, ganz gegen den eigenen, vollkommen fremdartigen internationalen Ritus, an diesem Tag zu der besagten Reihe und der Nummer zu gehen, die, ironisch genug, nur durch eine Mauer von dem Areal getrennt ist, das unsereins gehört. Sogar hier sind die Viertel noch irgendwie intakt, aufgereiht wie südlich davon die Häuser der Lebenden am Fluss die grossen Namen der kleinen Stadt, die nur auf denen lasten, die sehen, wissen und vielleicht gerade deshalb hier verbleiben. Grosse Kerzen für die Rebellen wie für die Angepassten sind selbstverständlich Ehrensache, nur nicht negativ auffallen, und nichts auf dem Marmor erklärt, warum es so kam.
Zu eng, zu krumm, immer das gleiche, nach einer Stunde kennt man jede Strasse, und wir, die wir hier gross geworden sind, kennen jeden abgetretenen Pflasterstein. Und so ziemlich alle standesgemässen Möglichkeiten für das Eine, die Gymnasien sind ja nicht weit auseinander. Die entsprechenden Viertel liegen auch nebeneinander, von der Altstadt zum Fluss, dann raus zum ersten Kaff am Golfplatz vorbei und am Krankenhaus, durch das Ärzteviertel und dann wieder zurück an den Rand des alten Kerns. Alles ist für uns mit dem Rennrad zu machen, alles das gleiche, in allen Häusern die gleichen Andenken an die Reisen, die Doppelgaragen und immer teure Säfte im Kühlschrank für junge Gäste, das Gesundheitsgift dieser Welt, nur die Konzentrationsmittelchen sind, wenn nötig, der eigenen Brut vorbehalten.
Manche von uns kommen ganz schön rum. Mit der Tante auf die Malediven, ins Ferienhaus bei Massa oder nach Freyus mit dem Golfclub auf Turniere, mit den Brettern nach Sylt oder den Lago, mit den Ruderern zu den Rennen, und im Winter mit allen anderen nach Chamonix. Nirgends sind die Strassen so eng, die Häuser so verschachtelt wie daheim, wo der Nebel ein Dauergast ist und sich auch in die Hallen und weitläufigen Wohnräume auszubreiten droht, wenn wir im Winter lüften, damit die Eltern nichts riechen, wenn sie vom Konzertverein kommen.
Manchmal gehen wir mit der sauberen Tochter einen Bankenchefs durch diese engen Strassen, nach irgendeinem Ball, fühlen die Wärme und nehmen uns trotzdem vor, es bleiben zu lassen, denn irgendwas passt nicht: Vielleicht die Ahnung, dass es Ernst werden könnte und uns dann hier hält, was so ziemlich das Letzte ist, was wir wollen. Für die Schönheit und das Mass bleibt kein Blick, und Jahre später, irgendwo in einem Laden, der weit entfernt und bald wieder geschlossen ist, Dorian Grey, wenn das noch einer kennt, treffen wir einen, der uns erzählt, dass sie es tatsächlich nicht raus geschafft hat. War klar, denken wir uns und reden über Schalkrägen von Gaultier und die andere, die drall war und eine Granate im Bett. Nicht dass wir es erlebt hätten, aber sie sah so aus und wir waren neidisch auf die, die es zu wissen vorgaben, und dann trinken wir zum Wohle der Frau, die es ganz sicher geschafft hat, in die geschichtslose Welt und die weltumspannende Klasse, auf die wir vorbereitet wurden.
Zumindest zeitweise. Machmal dauert es ein Jahr oder länger, bis die Neuigkeiten zu uns dringen, dazu müssen wir auch erst mal eine Weile hier sein, aber dann treffen wir doch die Tochter des Bankchefs, und die erzählt uns dann etwas von der, an die wir die ganze nacht im Dorian Grey denken mussten und an die verpassten Chancen, die jetzt für immer verpasst sind, und das uns dazu bringt, ganz gegen den eigenen, vollkommen fremdartigen internationalen Ritus, an diesem Tag zu der besagten Reihe und der Nummer zu gehen, die, ironisch genug, nur durch eine Mauer von dem Areal getrennt ist, das unsereins gehört. Sogar hier sind die Viertel noch irgendwie intakt, aufgereiht wie südlich davon die Häuser der Lebenden am Fluss die grossen Namen der kleinen Stadt, die nur auf denen lasten, die sehen, wissen und vielleicht gerade deshalb hier verbleiben. Grosse Kerzen für die Rebellen wie für die Angepassten sind selbstverständlich Ehrensache, nur nicht negativ auffallen, und nichts auf dem Marmor erklärt, warum es so kam.
donalphons, 22:43h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 21. Oktober 2005
Transport für Haifisch
Münchner Haifische fahren nach Berlin, wie Vampire in ein rumänisches Dorf fliegen. Dann fliesst das Blut schlecht angezogener Berliner Anwälte in Strömen aus den Sitzungssälen, zum Verderben der Verkäufer tiefblauer Sackakkos, geblümter Krawatten und hellbraunen Slippern, in denen weissbesockt die Zehen krampfhaft zittern. Wenn so ein Fond erstmal gecrasht ist, bleiben nur die miesesten Rechtsverdreher übrig, billiges Futter für die Prada- und Knize-Truppen aus dem Süden, deren Auftraggeber in Starnberg den Vollzug der Vernichtung als selbstverständlich voraussetzen.
Aber Zeit ist Geld, es bleiben nur wenige Stunden, der Stadt andere Schäden zuzufügen, und dann fallen die Scharen mit einem Taxi kurz in der Eisenacher Strasse oder der Bergmannstrasse ein, um vielleicht eine Hellebarde fürs Büro zu kaufen, eine alte Duellpistole, einen malayischen Dolch oder auch japanische Seidenmalereien, damit die Paragraphengruft einen femininen Touch bekommt, ganz gleich, welche Titanlegierung und welcher Hauptprozessor unter der Fleischnachbildung ihren Dienst an der Ausplünderung dummer Berliner Staatsbanken tut. Weil, man gönnt sich ja sonst nichts. Nur zu blöd, dass man das nicht im Flugzeug nitnehmen kann. Das muss dann einer machen, der mit dem Auto in Berlin ist.
Und so geht es vor der Heimreise nochmal hinab in die Keller unter der Stadt, in denen Händler die Schätze aus den Jahrzehnten des Niedergangs horten, und nur dann widerwillig Dependancen draussen eröffnen, wenn im Zentrum absolut kein Platz mehr ist. Aufgereiht sind die Biedermeiersekretäre, die geschweiften Kommoden stehen übereinander auf dicken Quetschfüssen, in den Vitrinen funkeln Kristall und Silber, und im Nebenraum liegt ein Berg Bilder bis zum Barock, die wirklich musealen Stücke sind irgendwo seitlich aufgetürmt.
Der Patron erzählt von der Jagd und vom Nehmen, von den Neuzugängen und dem Schicksal, das dahinter steckt, meist mit einer alten toten oder ins Altersheim verfrachteten Frau, und leitet dezent über, dass zu der Münchner Fuhre auch noch dies und jenes passen würde, das er aus dem Zwischenraum zweier Barockschränke an der venezianischen Lampe vorbei zerrt. Seine Augen funkeln, denn er weiss, wer ihm da gegenüber steht, er kennt das Zeichen und die spitzen Zähne, er hat die Gier bereits erfahren und hat ein Gefühl für die Lockungen frischen Blutes aus den besseren Villen Grunewalds. Es ist nie eine Frage des Wollens, es ist immer eine Frage des Preises und der Geschwindigkeit, denn er braucht Geld für die nächsten Brocken Fleisch aus den Kadavern, bevor ein anderer zugreift, und für die beiden zarten Damen auf Seide findet sich ein Ort, ein Platz, und letztlich wohl auch ein Haifisch, der Ansprüche darauf erheben wird. Oder sich verfluchen, wenn er im Bild die Fragmente einer Bronzensammlung sieht, die ohne ihn zerschlagen wird, vielleicht eine asiatische Gottheit, oder Orpheus und Euridyke aus dieser metallbraunen Unterwelt.
Nachher, an den Wänden und auf den Tischen der Kanzleien, wird nichts an den Orkus erinnern, durch den die Kunst gegangen ist, und nichts an die zuckenden Nasen und die schamlosen Blicke der Jäger, für die in dem Keller das rohe, blutig-saftige Festmahl an gebogenen, unrestaurierten Tischen bereitet wird. Und später dann, auf der A9 singt Lemmy, C´mon Baby, eat the rich, hinten im Fond sind bessere, zarte japanische Damen obszön aufeinandergequetscht, und vorne beim Schaltknüppel grinst ein bleiches Elefenbein-Okimono, ein kleiner fetter Mann, das wüste Treiben auf dem Rücksitz beim Flug über die nachtschwarze Autobahn hinterhältig an. Denn dunkel und böse sind unsere Wege, die zum Besitz führen, und am Tag, da wir sterben, wird der letzte Gedanke sein, dass unser Besitz in den schlimmen Reigen zurückkehrt, in einen vollen Keller, wo unser Fluch aufs neue von anderen Haifischen Besitz ergreifen wird.
Aber Zeit ist Geld, es bleiben nur wenige Stunden, der Stadt andere Schäden zuzufügen, und dann fallen die Scharen mit einem Taxi kurz in der Eisenacher Strasse oder der Bergmannstrasse ein, um vielleicht eine Hellebarde fürs Büro zu kaufen, eine alte Duellpistole, einen malayischen Dolch oder auch japanische Seidenmalereien, damit die Paragraphengruft einen femininen Touch bekommt, ganz gleich, welche Titanlegierung und welcher Hauptprozessor unter der Fleischnachbildung ihren Dienst an der Ausplünderung dummer Berliner Staatsbanken tut. Weil, man gönnt sich ja sonst nichts. Nur zu blöd, dass man das nicht im Flugzeug nitnehmen kann. Das muss dann einer machen, der mit dem Auto in Berlin ist.
Und so geht es vor der Heimreise nochmal hinab in die Keller unter der Stadt, in denen Händler die Schätze aus den Jahrzehnten des Niedergangs horten, und nur dann widerwillig Dependancen draussen eröffnen, wenn im Zentrum absolut kein Platz mehr ist. Aufgereiht sind die Biedermeiersekretäre, die geschweiften Kommoden stehen übereinander auf dicken Quetschfüssen, in den Vitrinen funkeln Kristall und Silber, und im Nebenraum liegt ein Berg Bilder bis zum Barock, die wirklich musealen Stücke sind irgendwo seitlich aufgetürmt.
Der Patron erzählt von der Jagd und vom Nehmen, von den Neuzugängen und dem Schicksal, das dahinter steckt, meist mit einer alten toten oder ins Altersheim verfrachteten Frau, und leitet dezent über, dass zu der Münchner Fuhre auch noch dies und jenes passen würde, das er aus dem Zwischenraum zweier Barockschränke an der venezianischen Lampe vorbei zerrt. Seine Augen funkeln, denn er weiss, wer ihm da gegenüber steht, er kennt das Zeichen und die spitzen Zähne, er hat die Gier bereits erfahren und hat ein Gefühl für die Lockungen frischen Blutes aus den besseren Villen Grunewalds. Es ist nie eine Frage des Wollens, es ist immer eine Frage des Preises und der Geschwindigkeit, denn er braucht Geld für die nächsten Brocken Fleisch aus den Kadavern, bevor ein anderer zugreift, und für die beiden zarten Damen auf Seide findet sich ein Ort, ein Platz, und letztlich wohl auch ein Haifisch, der Ansprüche darauf erheben wird. Oder sich verfluchen, wenn er im Bild die Fragmente einer Bronzensammlung sieht, die ohne ihn zerschlagen wird, vielleicht eine asiatische Gottheit, oder Orpheus und Euridyke aus dieser metallbraunen Unterwelt.
Nachher, an den Wänden und auf den Tischen der Kanzleien, wird nichts an den Orkus erinnern, durch den die Kunst gegangen ist, und nichts an die zuckenden Nasen und die schamlosen Blicke der Jäger, für die in dem Keller das rohe, blutig-saftige Festmahl an gebogenen, unrestaurierten Tischen bereitet wird. Und später dann, auf der A9 singt Lemmy, C´mon Baby, eat the rich, hinten im Fond sind bessere, zarte japanische Damen obszön aufeinandergequetscht, und vorne beim Schaltknüppel grinst ein bleiches Elefenbein-Okimono, ein kleiner fetter Mann, das wüste Treiben auf dem Rücksitz beim Flug über die nachtschwarze Autobahn hinterhältig an. Denn dunkel und böse sind unsere Wege, die zum Besitz führen, und am Tag, da wir sterben, wird der letzte Gedanke sein, dass unser Besitz in den schlimmen Reigen zurückkehrt, in einen vollen Keller, wo unser Fluch aufs neue von anderen Haifischen Besitz ergreifen wird.
donalphons, 18:16h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 19. Oktober 2005
Einkaufen mit reichen Leuten
Reden wir mal über Reichtum und Armut in Deutschland. Reichtum, das ist in meinen Augen etwas, das vielleicht 10% der Bevölkerung dauernd erleben, und weitere 20% partiell; zumindest haben sie dazu die Möglichkeit. Diese 30% der Bevölkerung sind politisch relevant, diese 30% bestimmen letztlich, was in diesem Land geschieht und wie die Umverteilung funktioniert, ohne dass sie sich dabei anstrengen müssen.
Der Reiche sitzt nämlich am Sonntag Abend eher selten vor der Glotze bei Christiansen, er geht ins Theater oder in die Oper, wo ihn niemand mit Krisengeschwätz belästigt. Warum auch; sein Beitrag sind 10 oder 20% dessen, was der Staat, also alle für seine Unterhaltung an diesem Abend draufzahlt. Dagegen sind die Kosten eines Christiansen- oder RTL-II-Guckers vollkommen irrelevant und auch noch gut angelegt. Sie fördern das System der institutionalisierten Umverteilung durch Konsum. Ich denke, die Luxusverwahllosung in Deutschland, der Überfluss an neuem Produktionsmüll in den Wohnungen und im Leben der ärmeren Bevölkerungsschichten hat einen simplen Grund: Die Glotze.
Denn die Glotze bohrt ein schönes Loch in die graue Realität der Blocks. Wer im Sommer einen Garten hat, wird sich kaum reinsetzen und glotzen. Wer im Winter nach St. Moritz oder Chamonix fährt, braucht danach kein Bewegtbild. Die Glotze ist der falsche Hase des Lebensbuffets, in rauen Mengen vorhanden, aber nicht wirklich gut - in den Augen der Reichen. Ironischerweise nehmen die Armen nach der Vergiftung durch den falschen Hasen die Reichen als reichlich strange Gruppe wahr, mit der man sowieso nichts zu tun hat.Die eigenen Lebensmodelle zwischen Kandinsky-Druck, Ikea-Regal und Billiglaminat bekommt man im Marienhof und Lindenstrasse frei Haus. So sehr die Serien von der Entwicklung leben: Deie Art des Konsums ist allemal festgeschrieben. Ohne Notwendigkeit.
Das hier ist ein Gemälde aus England, ca. 1790. Es befindet sich in einem Schrank eines Antiquitätenhändlers in Berlin, und stammt aus einem Nachlass. 4200 Euro ist der Verhandlungspreis, 2500 dürften am Ende machbar sein, wenn man Stammkunde ist und das Geld hat - was ich zu diesem Zweck nicht habe, zumal ich es anders investieren würde. Trotzdem ist es eine langfristig exzellente Wertanlage, doch darum geht es nicht. Es geht um das, was abgebildet ist: Ein reiches, junges Ehepaar kauft Spitzenstoff. Wir sehen die Frau, wie sie genau die Qualität mit den Fingern erfühlt, wie genau sie hinschaut. Wir sehen, dass ihr Mann dieses Können - und ihre Schönheit - bewundert. Und wir sehen den Verkäufer, der die Vorzüge und Eigenschaften erklärt. In der Nebenhandlung besorgt ein kleiner Junge Einkäufe, vielleicht im Auftrag der Mutter; die Frau des Händlers beugt sich zu ihm hinunter und lauscht seinen Wünschen. So, und jetzt betreten wir einen beliebigen Super-, Möbel- oder Elektromarkt und vergleichen das Verhalten.
Mir sind solche Szenen wie auf dem Bild bis heute alles andere als fremd. Die Eierfrau auf dem Wochenmarkt, die Nudelverkäuferin, die Bäckermeistersgattin, der Elektriker und der Heizungsbauer im Stadtpalast, und auch der Händler, der das Bild hat, sie alle sind genau so. Für diesen Einkauf - nicht Konsum! - braucht man aber etwas: Zeit. Viel Zeit. Zeit, die die armen Leute angeblich nicht haben, weil sie ja möglichst schnell vor ihre Glotze kommen müssen, oder neuerdings auch das Internet, oder andere Medien, die ihnen das Denken abnehmen und Klassenunterschiede als gottgegeben einprügeln. Ich habe keinen Fernseher, sprich, ich habe pro Woche rund 25 Stunden mehr Zeit als der Durchschnitt. Davon gehen wiederum 15 Stunden für das Lesen von Büchern weg, es bleibt aber genug Zeit für bewusstes Einkaufen. Was immer ein sinnliches Erlebnis ist, ohne teuer zu sein.
Natürlich erzählt die Glotze was anderes. Würde sie mich verfilmen, würde sie mich genau vor den exotischen Seidenmalereien und Drucken aus Ostasien, die tatsächlich in meiner Wohnung sind, sinister und verdorben agieren lassen. Das Fernsehpublikum würde denken: Fremd, anders, kennen wir nicht, uh-oh, war sicher teuer. Nur habe ich gestern noch ein Holzschnitt einer dieser grazilen japanischen Damen gekauft.
Es hing ganz offen in einem Laden in der belebten Bergmannstrasse, jeder hätte reingehen können und es kaufen, mitsamt vergoldetem Holzrahmen und braunem Passepartout. Der Preis - ein Witz, allein schon im Vergleich zu den Pahmen, in denen dann Rosina-Wachtmeister-Poster von einer pastellfarbenen Idylle künden. Bis ich tot bin und das Bild keinen Cent an Wert verloren hat, werden sie die Poster zehnmal und die Alurahmen fünf mal rausgeschmissen haben. So gesehen, leben sie im Luxus der Verschwendung und gleichzeitig in einer Armut, die weniger ein Ausdruck des mangels an Geld denn vielmehr an Verständnis und Erkenntnis ist. Armut ist in Deutschland oft Verschwendung durch Leute, die es sich nicht leisten können.
Es ist dumm, Omas Hutschenreuther wegzuwerfen und Ikeasteingut zu kaufen. Es ist dumm, lieber 90 qm zu mieten statt 50 langfristig zu kaufen. Es ist idiotisch, eine Kanne einer billigen Alessilinie zu kaufen und dafür mehr zu bezahlen, als für eine englische Silberkanne, die auch nach dem dritten Sturz noch verwendbar ist. Es ist bescheuert, alles immer neu kaufen zu wollen, den neuesten Möbeltrends hinterherzuhecheln und keine Sekunde einen Gedanken daran zu verschwenden, was es für die Umwelt bedeutet, wenn alle drei Jahre neuer Schrott in Polen ohne jede Richtlinie zusammengetackert wird. Es gibt Wasserkocher, die kosten nur die Hälfte und später das vierfache an Strom, bis sie doppelt so schnell kaputt gehen.
Ich weiss, dass es auch echte Armut gibt, viel zu oft, viel zu wenig beschrieben. Die Menschen, die sich hauptsächlich von Nudeln ernähren, bei denen es hinten und vorne nie reichen wird, die klauen, um zu überleben, die die Mülltonnen durchwühlen, das alles gibt es hier in Berlin. Und wann immer ich das sehe, weiss ich wieder, was für ein mieses, kleines, arrogantes Ego ich habe. Und dass man was tun müsste. Aber bei der selbstverschuldeten Wohlstandsverwahllosung - hey, Euer Problem.
Der Reiche sitzt nämlich am Sonntag Abend eher selten vor der Glotze bei Christiansen, er geht ins Theater oder in die Oper, wo ihn niemand mit Krisengeschwätz belästigt. Warum auch; sein Beitrag sind 10 oder 20% dessen, was der Staat, also alle für seine Unterhaltung an diesem Abend draufzahlt. Dagegen sind die Kosten eines Christiansen- oder RTL-II-Guckers vollkommen irrelevant und auch noch gut angelegt. Sie fördern das System der institutionalisierten Umverteilung durch Konsum. Ich denke, die Luxusverwahllosung in Deutschland, der Überfluss an neuem Produktionsmüll in den Wohnungen und im Leben der ärmeren Bevölkerungsschichten hat einen simplen Grund: Die Glotze.
Denn die Glotze bohrt ein schönes Loch in die graue Realität der Blocks. Wer im Sommer einen Garten hat, wird sich kaum reinsetzen und glotzen. Wer im Winter nach St. Moritz oder Chamonix fährt, braucht danach kein Bewegtbild. Die Glotze ist der falsche Hase des Lebensbuffets, in rauen Mengen vorhanden, aber nicht wirklich gut - in den Augen der Reichen. Ironischerweise nehmen die Armen nach der Vergiftung durch den falschen Hasen die Reichen als reichlich strange Gruppe wahr, mit der man sowieso nichts zu tun hat.Die eigenen Lebensmodelle zwischen Kandinsky-Druck, Ikea-Regal und Billiglaminat bekommt man im Marienhof und Lindenstrasse frei Haus. So sehr die Serien von der Entwicklung leben: Deie Art des Konsums ist allemal festgeschrieben. Ohne Notwendigkeit.
Das hier ist ein Gemälde aus England, ca. 1790. Es befindet sich in einem Schrank eines Antiquitätenhändlers in Berlin, und stammt aus einem Nachlass. 4200 Euro ist der Verhandlungspreis, 2500 dürften am Ende machbar sein, wenn man Stammkunde ist und das Geld hat - was ich zu diesem Zweck nicht habe, zumal ich es anders investieren würde. Trotzdem ist es eine langfristig exzellente Wertanlage, doch darum geht es nicht. Es geht um das, was abgebildet ist: Ein reiches, junges Ehepaar kauft Spitzenstoff. Wir sehen die Frau, wie sie genau die Qualität mit den Fingern erfühlt, wie genau sie hinschaut. Wir sehen, dass ihr Mann dieses Können - und ihre Schönheit - bewundert. Und wir sehen den Verkäufer, der die Vorzüge und Eigenschaften erklärt. In der Nebenhandlung besorgt ein kleiner Junge Einkäufe, vielleicht im Auftrag der Mutter; die Frau des Händlers beugt sich zu ihm hinunter und lauscht seinen Wünschen. So, und jetzt betreten wir einen beliebigen Super-, Möbel- oder Elektromarkt und vergleichen das Verhalten.
Mir sind solche Szenen wie auf dem Bild bis heute alles andere als fremd. Die Eierfrau auf dem Wochenmarkt, die Nudelverkäuferin, die Bäckermeistersgattin, der Elektriker und der Heizungsbauer im Stadtpalast, und auch der Händler, der das Bild hat, sie alle sind genau so. Für diesen Einkauf - nicht Konsum! - braucht man aber etwas: Zeit. Viel Zeit. Zeit, die die armen Leute angeblich nicht haben, weil sie ja möglichst schnell vor ihre Glotze kommen müssen, oder neuerdings auch das Internet, oder andere Medien, die ihnen das Denken abnehmen und Klassenunterschiede als gottgegeben einprügeln. Ich habe keinen Fernseher, sprich, ich habe pro Woche rund 25 Stunden mehr Zeit als der Durchschnitt. Davon gehen wiederum 15 Stunden für das Lesen von Büchern weg, es bleibt aber genug Zeit für bewusstes Einkaufen. Was immer ein sinnliches Erlebnis ist, ohne teuer zu sein.
Natürlich erzählt die Glotze was anderes. Würde sie mich verfilmen, würde sie mich genau vor den exotischen Seidenmalereien und Drucken aus Ostasien, die tatsächlich in meiner Wohnung sind, sinister und verdorben agieren lassen. Das Fernsehpublikum würde denken: Fremd, anders, kennen wir nicht, uh-oh, war sicher teuer. Nur habe ich gestern noch ein Holzschnitt einer dieser grazilen japanischen Damen gekauft.
Es hing ganz offen in einem Laden in der belebten Bergmannstrasse, jeder hätte reingehen können und es kaufen, mitsamt vergoldetem Holzrahmen und braunem Passepartout. Der Preis - ein Witz, allein schon im Vergleich zu den Pahmen, in denen dann Rosina-Wachtmeister-Poster von einer pastellfarbenen Idylle künden. Bis ich tot bin und das Bild keinen Cent an Wert verloren hat, werden sie die Poster zehnmal und die Alurahmen fünf mal rausgeschmissen haben. So gesehen, leben sie im Luxus der Verschwendung und gleichzeitig in einer Armut, die weniger ein Ausdruck des mangels an Geld denn vielmehr an Verständnis und Erkenntnis ist. Armut ist in Deutschland oft Verschwendung durch Leute, die es sich nicht leisten können.
Es ist dumm, Omas Hutschenreuther wegzuwerfen und Ikeasteingut zu kaufen. Es ist dumm, lieber 90 qm zu mieten statt 50 langfristig zu kaufen. Es ist idiotisch, eine Kanne einer billigen Alessilinie zu kaufen und dafür mehr zu bezahlen, als für eine englische Silberkanne, die auch nach dem dritten Sturz noch verwendbar ist. Es ist bescheuert, alles immer neu kaufen zu wollen, den neuesten Möbeltrends hinterherzuhecheln und keine Sekunde einen Gedanken daran zu verschwenden, was es für die Umwelt bedeutet, wenn alle drei Jahre neuer Schrott in Polen ohne jede Richtlinie zusammengetackert wird. Es gibt Wasserkocher, die kosten nur die Hälfte und später das vierfache an Strom, bis sie doppelt so schnell kaputt gehen.
Ich weiss, dass es auch echte Armut gibt, viel zu oft, viel zu wenig beschrieben. Die Menschen, die sich hauptsächlich von Nudeln ernähren, bei denen es hinten und vorne nie reichen wird, die klauen, um zu überleben, die die Mülltonnen durchwühlen, das alles gibt es hier in Berlin. Und wann immer ich das sehe, weiss ich wieder, was für ein mieses, kleines, arrogantes Ego ich habe. Und dass man was tun müsste. Aber bei der selbstverschuldeten Wohlstandsverwahllosung - hey, Euer Problem.
donalphons, 13:05h
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Montag, 18. Juli 2005
Mir ist heut nicht nach Jammertal zumut.
Beim anderen, hochverehrten Don macht sich gerade der Mittdreissigerfrust breit, und die Reaktionen zeigen, dass er beim Bohren in den tieferen Schichten wohl bei manchen auf einen Nerv gestossen ist. Draussen scheint die Sonne, die Vöglein und die Sopranistinnen zwitschern, ich finde mich fraglos teilweise in seiner Beschreibung wieder - nur nicht in den Minusgefühlen.
Diejenigen meiner Mitschüler, die sich noch nicht umgebracht haben, zu Tode kamen oder die Psychiatrie bevölkern - wofür ich übrigens angesichts dieser Stadt vollstes Verständnis habe - haben eine Biographie wie mit dem Lineal einmal senkrecht in das Rückenmark genagelt: Gerade, direkt, ohne Aussetzer und mit dem klaren Ziel vor Augen, irgendwann nach 20 Jahren Siechtum im Spital einsam an einer Maschine zu verrecken und dann in dem Loch begraben zu werden, in dem schon 4 andere, gleich hirnlose Generationen Futter für die Würmer sind. Bis dahin passiert so gut wie nichts aufregendes, sie machen Dienst und Leben nach Vorschrift, die Autos und die Kinder werden grösser und immer mal wieder gehen kaputt, manchmal kriselt die Ehe, sie haben sich nicht mehr zu sagen und Sex schon gleich gar nicht. Aber es verläuft alles in beruhigender Sicherheit, überall ist ein Netz und ein doppelter Boden. Irgendwann zwischen Abitur und Studienabbruch haben sie sich für diesen Weg entschieden, und so hocken sie jetzt rum und sind alle der Meinung, dass man beim Klassentreffen auf die jeweiligen Lebenspartner verzichten könnte - was mir leider das Problem ersparte, eine sie schockierende Auswahl aus meiner Freundin und die beiden damaligen Teilzeitgeliebten für diesen Anlass zu treffen.
Der hochverehrte Don hat Recht - der Weg in diese unterschiedlichen Betten wäre nicht ohne eine sprunghafte, mitunter unzuverlässige und stets zum Wandel bereite Persönlichkeit möglich gewesen. Ich habe auf den bürgerlichen Wertekanon meiner Schicht, der provinziellen besseren Familien verzichtet, weil ich daran ganz einfach erstickt wäre, wie auch an dem akademischen Bullshit von psychopathischen Professoren, die ihre Studenten nur nach Arschkriechertum und der Befähigung zur Differenzierung von Hallstatt D3 und La Tene A1 raussuchen. Niemand kann es da drin verstehen, wenn man ab und zu den Schleudersitz betätigt und sich da rauskatapultiert, aber wie heisst es nicht so schön? Freedom is a road seldem travelled by the multitude. Denen die Brocken vor die Füsse werfen, ihnen sagen: Fuck you, auf der schmalen Planke über den stinkenden Fischen ihrer Meinung und ihrer Zwänge eine Sarabande tanzen, und wenn es dann wieder aufwärts geht, ihnen erzählen, was einem jenseits ihrer zubetonierten Horizonte passiert ist - das ist die Freiheit, die man sich nehmen kann und muss, wenn man die fortitudo dafür hat.
Wenn man sie hat und es nicht tut... ich war heute Mittag im Konzert in der Kirche gegenüber. Ich bin in dem Alter, in dem die Leute nicht mehr in Clubs gehen und statt dessen lieber Konzertabos beantragen, und sich über die laute Musik der Kids beschweren, und feuchte Augen kriegen, wenn mal wieder Miami Vice oder Denver in der Glotze kommt. Und so treffe ich sie dann eben manchmal nach dem Konzert, so auch heute. Ein alter Schulfreund, bessere Familie, 8 Jahre nicht gesehen. Er hat mich mit 3 Sätzen über diese Zeit informiert - aufgestiegen, neues Haus gekauft, zweites Kind, das war´s, und das bei einem Menschen, bei dem ich immer dachte, dass er irgendwann Schriftsteller sein wird. Der konnte schreiben, ich nicht. Dann war ich dran. Die Gattin wartete daheim mit dem Essen, weshalb er mich nach einer halben Stunde unterbrach - und ich war noch nicht mal beim Umstand angekommen, dass ich inzwischen Literat bin. Was ist denn das bitte für ein Leben, von dem man 8 Jahre in drei Sätzen berichten kann? Ich war in den letzten 8 Jahren Journalist, Berater, Verräter, Schriftsteller, Lehrbeauftragter, Apparatschik, PR-Mensch und Investorensucher in 5 Städten in drei Ländern und noch vieles andere, und immer, wenn mich jemand gefragt hätte, was ich in zwei Jahren mache, hätte ich todsicher eine falsche Antwort gegeben. Das Leben hat mir jedes Mal ein paar Überraschungen serviert, manche waren gut, andere wirklich schlecht, ich hatte mit Betrügern, Versagern, Idioten und Spinnern zu tun wie auch mit einer ganzen Reihe wirklich grossartiger Leute, manche haben mich gehasst und andere wären ein gutes Thema für ein Sexblog, und im Ergebnis habe ich zumindest eines dadurch erworben: Die Fähigkeit, immer eine gute Geschichte erzählen zu können.
Natürlich sind die heutigen Tage keine allzu guten Zeiten für solche Menschen; Stichworte Altersvorsorge, finanzielle Sicherheit, Arbeitsplatz. Und ob es besser wird, wage ich zu bezweifeln, denn für die drohende Spiesserjunta mit ihren hässlichen Strebern, Leistungsfaschisten und elitären Sozialdarwinisten repräsentieren Menschen wie ich genau die Welt, die sie hassen. Für mich, für uns, für die Peer Group, aus der sich ziemlich viele Blogger und Leser rekrutieren, werden die keinen Finger rühren. Und damit werden sie ein getreuliches Abbild der Kultur des Landes sein, eine Unkultur, die uns die Wege verbaut, weil sie genug Arschhinhalter für den Hirnfick ihrer Staatsförderkunstmafia haben: Klagenfurt, Deutschlandradio, Bayern2, Schirrmacher-FAZ, Ostelbiersalon-Zeit und ihre TAZ-Nachwuchsbrut - immer das gleiche. Hey, zum Teufel mit denen, die werden so alt wie dir Dummheit, aber lieber am Strassengraben verhungern, als vor denen und ihren Bastarden und Cretins auf den Knien rutschend zu leben.
Es kann gut sein, dass es andere gibt, die besser sind, dass man hier und da bei seinem eigenen Weg was klauen muss, sei es literarisch oder finanziell, dass man zum Hochstapeln oder zum Dolchen gezwungen ist, beruflich oder zwischenmenschlich. Das ist mitunter nicht schön und nicht moralisch, in den Spiesservororten sorgt sie Sozialkontrolle schon dafür, dass das entweder nicht oder nur im ganz grossen Stil passiert - und niemand darüber redet. Was der Grund dafür ist, dass sie keine Geschichten haben.
Wir sind die anderen. Mit vielen Irrwegen und verpassten Chancen, aber auch mit vielen Geschichten, Erlebnissen und Leben. Wir zahlen dafür den Preis einer Sicherheit, einer Kontinuität, einer Beständigkeit im Sinne der totalitären Mehrheitsmonopole derjenigen, die keine Geschichte und Geschichten haben. Deshalb sind wir hier - weil wir die Geschichten haben, die denen fehlen. Wen will ich: Don Dahlmann oder Florian Illies? Catull oder Cicero? Cellini oder Calvin? Grimmelshausen oder Canisius? Le Sage oder Mazarin?
Also, man gehe, falls einen der Blues erwischt, nach Berlin Mitte, suche sich eine dieser abgesicherten Kotzfressen - und
man hau dem ganzen Lumpenpack
das Maul mit einer guten Geschichte kurz und klein.
Ich kann verstehen, dass man selbst dabei manchmal Selbstzweifel hat, oft ganz unten ist - aber dann geht es wieder nach oben, es ist nie das Gleiche, und immer etwas anderes als der graue Limbo der Vorstadtclons mit ihren Aktiendepots und den jährlichen 10% Rendite auf 0 Lebensfreude und Bedeutung, ohne je die Ausschüttung des unermesslichen Füllhorns zu erleben, die nur den Freien vergönnt ist, die es sehen, empfinden und erzählen können. Der Preis, den wir dafür zahlen, zahle ich - und den Text hier können sie behalten, der ist das Trinkgeld.
Diejenigen meiner Mitschüler, die sich noch nicht umgebracht haben, zu Tode kamen oder die Psychiatrie bevölkern - wofür ich übrigens angesichts dieser Stadt vollstes Verständnis habe - haben eine Biographie wie mit dem Lineal einmal senkrecht in das Rückenmark genagelt: Gerade, direkt, ohne Aussetzer und mit dem klaren Ziel vor Augen, irgendwann nach 20 Jahren Siechtum im Spital einsam an einer Maschine zu verrecken und dann in dem Loch begraben zu werden, in dem schon 4 andere, gleich hirnlose Generationen Futter für die Würmer sind. Bis dahin passiert so gut wie nichts aufregendes, sie machen Dienst und Leben nach Vorschrift, die Autos und die Kinder werden grösser und immer mal wieder gehen kaputt, manchmal kriselt die Ehe, sie haben sich nicht mehr zu sagen und Sex schon gleich gar nicht. Aber es verläuft alles in beruhigender Sicherheit, überall ist ein Netz und ein doppelter Boden. Irgendwann zwischen Abitur und Studienabbruch haben sie sich für diesen Weg entschieden, und so hocken sie jetzt rum und sind alle der Meinung, dass man beim Klassentreffen auf die jeweiligen Lebenspartner verzichten könnte - was mir leider das Problem ersparte, eine sie schockierende Auswahl aus meiner Freundin und die beiden damaligen Teilzeitgeliebten für diesen Anlass zu treffen.
Der hochverehrte Don hat Recht - der Weg in diese unterschiedlichen Betten wäre nicht ohne eine sprunghafte, mitunter unzuverlässige und stets zum Wandel bereite Persönlichkeit möglich gewesen. Ich habe auf den bürgerlichen Wertekanon meiner Schicht, der provinziellen besseren Familien verzichtet, weil ich daran ganz einfach erstickt wäre, wie auch an dem akademischen Bullshit von psychopathischen Professoren, die ihre Studenten nur nach Arschkriechertum und der Befähigung zur Differenzierung von Hallstatt D3 und La Tene A1 raussuchen. Niemand kann es da drin verstehen, wenn man ab und zu den Schleudersitz betätigt und sich da rauskatapultiert, aber wie heisst es nicht so schön? Freedom is a road seldem travelled by the multitude. Denen die Brocken vor die Füsse werfen, ihnen sagen: Fuck you, auf der schmalen Planke über den stinkenden Fischen ihrer Meinung und ihrer Zwänge eine Sarabande tanzen, und wenn es dann wieder aufwärts geht, ihnen erzählen, was einem jenseits ihrer zubetonierten Horizonte passiert ist - das ist die Freiheit, die man sich nehmen kann und muss, wenn man die fortitudo dafür hat.
Wenn man sie hat und es nicht tut... ich war heute Mittag im Konzert in der Kirche gegenüber. Ich bin in dem Alter, in dem die Leute nicht mehr in Clubs gehen und statt dessen lieber Konzertabos beantragen, und sich über die laute Musik der Kids beschweren, und feuchte Augen kriegen, wenn mal wieder Miami Vice oder Denver in der Glotze kommt. Und so treffe ich sie dann eben manchmal nach dem Konzert, so auch heute. Ein alter Schulfreund, bessere Familie, 8 Jahre nicht gesehen. Er hat mich mit 3 Sätzen über diese Zeit informiert - aufgestiegen, neues Haus gekauft, zweites Kind, das war´s, und das bei einem Menschen, bei dem ich immer dachte, dass er irgendwann Schriftsteller sein wird. Der konnte schreiben, ich nicht. Dann war ich dran. Die Gattin wartete daheim mit dem Essen, weshalb er mich nach einer halben Stunde unterbrach - und ich war noch nicht mal beim Umstand angekommen, dass ich inzwischen Literat bin. Was ist denn das bitte für ein Leben, von dem man 8 Jahre in drei Sätzen berichten kann? Ich war in den letzten 8 Jahren Journalist, Berater, Verräter, Schriftsteller, Lehrbeauftragter, Apparatschik, PR-Mensch und Investorensucher in 5 Städten in drei Ländern und noch vieles andere, und immer, wenn mich jemand gefragt hätte, was ich in zwei Jahren mache, hätte ich todsicher eine falsche Antwort gegeben. Das Leben hat mir jedes Mal ein paar Überraschungen serviert, manche waren gut, andere wirklich schlecht, ich hatte mit Betrügern, Versagern, Idioten und Spinnern zu tun wie auch mit einer ganzen Reihe wirklich grossartiger Leute, manche haben mich gehasst und andere wären ein gutes Thema für ein Sexblog, und im Ergebnis habe ich zumindest eines dadurch erworben: Die Fähigkeit, immer eine gute Geschichte erzählen zu können.
Natürlich sind die heutigen Tage keine allzu guten Zeiten für solche Menschen; Stichworte Altersvorsorge, finanzielle Sicherheit, Arbeitsplatz. Und ob es besser wird, wage ich zu bezweifeln, denn für die drohende Spiesserjunta mit ihren hässlichen Strebern, Leistungsfaschisten und elitären Sozialdarwinisten repräsentieren Menschen wie ich genau die Welt, die sie hassen. Für mich, für uns, für die Peer Group, aus der sich ziemlich viele Blogger und Leser rekrutieren, werden die keinen Finger rühren. Und damit werden sie ein getreuliches Abbild der Kultur des Landes sein, eine Unkultur, die uns die Wege verbaut, weil sie genug Arschhinhalter für den Hirnfick ihrer Staatsförderkunstmafia haben: Klagenfurt, Deutschlandradio, Bayern2, Schirrmacher-FAZ, Ostelbiersalon-Zeit und ihre TAZ-Nachwuchsbrut - immer das gleiche. Hey, zum Teufel mit denen, die werden so alt wie dir Dummheit, aber lieber am Strassengraben verhungern, als vor denen und ihren Bastarden und Cretins auf den Knien rutschend zu leben.
Es kann gut sein, dass es andere gibt, die besser sind, dass man hier und da bei seinem eigenen Weg was klauen muss, sei es literarisch oder finanziell, dass man zum Hochstapeln oder zum Dolchen gezwungen ist, beruflich oder zwischenmenschlich. Das ist mitunter nicht schön und nicht moralisch, in den Spiesservororten sorgt sie Sozialkontrolle schon dafür, dass das entweder nicht oder nur im ganz grossen Stil passiert - und niemand darüber redet. Was der Grund dafür ist, dass sie keine Geschichten haben.
Wir sind die anderen. Mit vielen Irrwegen und verpassten Chancen, aber auch mit vielen Geschichten, Erlebnissen und Leben. Wir zahlen dafür den Preis einer Sicherheit, einer Kontinuität, einer Beständigkeit im Sinne der totalitären Mehrheitsmonopole derjenigen, die keine Geschichte und Geschichten haben. Deshalb sind wir hier - weil wir die Geschichten haben, die denen fehlen. Wen will ich: Don Dahlmann oder Florian Illies? Catull oder Cicero? Cellini oder Calvin? Grimmelshausen oder Canisius? Le Sage oder Mazarin?
Also, man gehe, falls einen der Blues erwischt, nach Berlin Mitte, suche sich eine dieser abgesicherten Kotzfressen - und
man hau dem ganzen Lumpenpack
das Maul mit einer guten Geschichte kurz und klein.
Ich kann verstehen, dass man selbst dabei manchmal Selbstzweifel hat, oft ganz unten ist - aber dann geht es wieder nach oben, es ist nie das Gleiche, und immer etwas anderes als der graue Limbo der Vorstadtclons mit ihren Aktiendepots und den jährlichen 10% Rendite auf 0 Lebensfreude und Bedeutung, ohne je die Ausschüttung des unermesslichen Füllhorns zu erleben, die nur den Freien vergönnt ist, die es sehen, empfinden und erzählen können. Der Preis, den wir dafür zahlen, zahle ich - und den Text hier können sie behalten, der ist das Trinkgeld.
donalphons, 01:27h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 27. Juni 2005
Besuch aus der Berliner DrogenJugendszene
Hey Alter was geht ab bei Euch? Was? Hey krasses Beileid ich schwör, aber die 6 Wochen, die sitzt Du auf einer Backe ab. Ja, is klar dass die Lieferung nicht kommt, aber darum rufe ich an Mann. Ja, weisst, ich wollt sagen dass ich das jetzt nicht brauchen kann. Was? Willst Du fette Stiefelaktion oder was? Hey ich schwör ich vertrag alles, ja, ich schluck einen ganzen Container aus Riga und so, aber jetzt... Nein, Mann, der Stoff war echt ok, keine Frage, das ist es nicht. Nein Mann hör zu ey ich schwör Du sollst zuhören ja Du führst Dich auf wie so a Friseuse aus Vockerode ich schwör ja, ich will keine Extralieferung gratis echt nicht, und es ist auch nicht persönlich. Ich bin grad beim Don.. Na beim Don Alphonso der wo früher im Wedding die geilen Deals mit dem komischen alten Zeug gemacht hat... Richtig, genau bei dem Don. Jedenfalls ist der Don jetzt im Süden und macht Urlaub, da hab ich gesagt ich schau mal vorbei und frag ob er ein paar so Degasse braucht die wo bei uns vom Laster von der Staatsgemäldesammlung gefallen sind.. ja Mann. Der Don hat für mich vorin was zusammengekocht, hey voll krasse Wirkung ... hey Don, der Matze will wissen was das war... Matze? Also, Don sagt es war fett Fettucini mit Kräutersosse wo drin war so Zeug das wo ich nicht kannte. Heisst Thymian, Rosmarin und was extra heftiges was heisst Oregano - kennst Du das Zeug? Don sagte das kommt aus dem Vorderen Orient, krasse Hisbollah-Aktion, da machen die das Zeug, aber er baut das auf seinem Dachgarten selbst an. Und das hat eine Wirkung Mann. Ich sitze hier und hab die geilsten Dinger in den Augen. Krasser Stoff. Volle Visionen. Ahhhh.
Also ciao, Matze. Und wenn ich wieder da bin, versuch mal bei Murat dieses Oregano zu bekommen. Und wenn meine Tuss Dich im Knast besucht bist Du tot ich schwör.
Also ciao, Matze. Und wenn ich wieder da bin, versuch mal bei Murat dieses Oregano zu bekommen. Und wenn meine Tuss Dich im Knast besucht bist Du tot ich schwör.
donalphons, 23:41h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 16. Juni 2005
Schockiert?
Ja. Klar. Ich habe nie solche Lokalpolitik gemacht. München ist was anderes, eineinhalb Millionen Menschen, fast schon ein Bundesland, aber das hier...
Du kannst dich eigentlich nicht beklagen. Ein Auftritt bei denen, und schon zwei Jobangebote, das gibt es wohl auch nur hier. Echte Traumjobs, eigentlich.
Wir sehen wieder in den Abendhimmel. Ich sage nichts mehr, ich habe heute schon zu viel geredet. Es lag allen auf der Zunge, aber alle haben sie versucht, die Kritik an den Machthabern positiv rüberzubringen. Ich habe gewartet und gewartet, keiner wollte es tun. Niemand hat gesagt, dass das Problem nicht die schlechte Anbindung des Flusses an die Altstadt ist oder sonstige kosmetische Petitessen, sondern das Shopping-Mall-Drecksteil vor der Stadt, das alles hier kaputt macht, und die Politik, die das einfach zulässt. Is hoid a so. Und statt dessen Events wie ein Lederhosenfest in der Innenstadt veranstaltet, tolle Aldi-Süd-Tradition. Das ist der Feind, der Elefant, der im Vortragssaal steht. Dann eben doch, aufstehen, den Clan nennen, damit sie wissen wer das ist, und dann losgehen auf die, die alles mit einem Witzchen abbürsten wollen.
Danach hat sich eine von denen da vorne fast schon entschuldigt, dass sie auch manchmal in dem Stück Westwall da draussen einkauft. Innen drin wissen sie auch, dass sie da ein Stück Wessikapital-Ossislum verbrochen haben, ein Arschgeweih-Mutterschiff, wo sie auch nichts mehr zu melden haben, auch wenn die Disco Alpenmax heisst und irgendwo ein paar weissblaue Neonrauten drankleben. Jetzt hat es ihnen mal jemand gesagt. Trotzdem...
Sag mal...
Hm?
Wie hast du es hier all die Jahre ausgehalten?
Ging so, sagt sie und schenkt sich noch ein Glas Wein ein. Sie sieht immer noch sehr gut aus, wie damals, als ich sie auf der Empore des besseren Tennisclubs kennen gelernt habe. Wir hätten uns schon früher kennen lernen können, aber das Turnier war dann einfach der perfekte Rahmen. Eigentlich geht es für uns immer so, der Stil passt, wir haben die guten Plätze, niemand rührt an den Privilegien, und es wird für unsereins immer eine Ausnahme gemacht, ein Posten geschaffen, ein Job angeboten, man kennt sich schon so lange, wer wird denn da was kritisieren wollen. Wir sind hoch über der Stadt und den Nöten der anderen, die Abendluft ist so wunderbar mild, wie die Dummheit hier alt ist.
Du kannst dich eigentlich nicht beklagen. Ein Auftritt bei denen, und schon zwei Jobangebote, das gibt es wohl auch nur hier. Echte Traumjobs, eigentlich.
Wir sehen wieder in den Abendhimmel. Ich sage nichts mehr, ich habe heute schon zu viel geredet. Es lag allen auf der Zunge, aber alle haben sie versucht, die Kritik an den Machthabern positiv rüberzubringen. Ich habe gewartet und gewartet, keiner wollte es tun. Niemand hat gesagt, dass das Problem nicht die schlechte Anbindung des Flusses an die Altstadt ist oder sonstige kosmetische Petitessen, sondern das Shopping-Mall-Drecksteil vor der Stadt, das alles hier kaputt macht, und die Politik, die das einfach zulässt. Is hoid a so. Und statt dessen Events wie ein Lederhosenfest in der Innenstadt veranstaltet, tolle Aldi-Süd-Tradition. Das ist der Feind, der Elefant, der im Vortragssaal steht. Dann eben doch, aufstehen, den Clan nennen, damit sie wissen wer das ist, und dann losgehen auf die, die alles mit einem Witzchen abbürsten wollen.
Danach hat sich eine von denen da vorne fast schon entschuldigt, dass sie auch manchmal in dem Stück Westwall da draussen einkauft. Innen drin wissen sie auch, dass sie da ein Stück Wessikapital-Ossislum verbrochen haben, ein Arschgeweih-Mutterschiff, wo sie auch nichts mehr zu melden haben, auch wenn die Disco Alpenmax heisst und irgendwo ein paar weissblaue Neonrauten drankleben. Jetzt hat es ihnen mal jemand gesagt. Trotzdem...
Sag mal...
Hm?
Wie hast du es hier all die Jahre ausgehalten?
Ging so, sagt sie und schenkt sich noch ein Glas Wein ein. Sie sieht immer noch sehr gut aus, wie damals, als ich sie auf der Empore des besseren Tennisclubs kennen gelernt habe. Wir hätten uns schon früher kennen lernen können, aber das Turnier war dann einfach der perfekte Rahmen. Eigentlich geht es für uns immer so, der Stil passt, wir haben die guten Plätze, niemand rührt an den Privilegien, und es wird für unsereins immer eine Ausnahme gemacht, ein Posten geschaffen, ein Job angeboten, man kennt sich schon so lange, wer wird denn da was kritisieren wollen. Wir sind hoch über der Stadt und den Nöten der anderen, die Abendluft ist so wunderbar mild, wie die Dummheit hier alt ist.
donalphons, 05:31h
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Mittwoch, 25. Mai 2005
Bang Bang bangbangbang
Wir haben den Refrain getötet. Wir haben das Lied geschlachtet. Wir haben in den Eingeweiden der westlichen Musikgeschichte einen Opfertanz gestampft, und das Blut spritzte in der Zeitlupe des Stroboskopblitzes. Wir versammelten uns in Löchern, in Kellern, in Ruinen und im Wald, irgendwo, wo uns keiner finden konnte. Wir haben die Zeit ausser Kraft gesetzt und die Schwerkraft mit Chemie bekämpft. E=mc³.
Irgendwann war da mal ein ironisches Sample, eine Reminiszenz an das, was wir nicht mochten, und irgendeine Sau hat dann doch mal eines der gekillten Solos wieder angestöpselt, an unser System. Das verstanden die da draussen plötzlich, sie kamen rein, und irgendein anderes Schwein hat vergessen, an der Tür die Leute zu informieren. Der Rest ist die Geschichte eines Scheiterns. Wir sind zurück auf dem Boden der Tatkonsumsachen von H&M, CDU, Ikea, Mia und dem Reboot der 50er Jahre.
Gott ist auch nur ein mieser Plattenaufleger mit dem Besten aus den 80ern, 90ern und den Tophits von heute, und sein Nachname ist Kohl-Bohlen.
Irgendwann war da mal ein ironisches Sample, eine Reminiszenz an das, was wir nicht mochten, und irgendeine Sau hat dann doch mal eines der gekillten Solos wieder angestöpselt, an unser System. Das verstanden die da draussen plötzlich, sie kamen rein, und irgendein anderes Schwein hat vergessen, an der Tür die Leute zu informieren. Der Rest ist die Geschichte eines Scheiterns. Wir sind zurück auf dem Boden der Tatkonsumsachen von H&M, CDU, Ikea, Mia und dem Reboot der 50er Jahre.
Gott ist auch nur ein mieser Plattenaufleger mit dem Besten aus den 80ern, 90ern und den Tophits von heute, und sein Nachname ist Kohl-Bohlen.
donalphons, 11:57h
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