Sonntag, 9. April 2006
Munich Area Business Dinner
mit der Freundin des Haifischs und demselbigen: Erstere hatte eine harte Woche und legt genervt die Speisekarte hin, ohne sich zu entscheiden. Dann bestellt sie nur ein Glas Wein und bescheidet mein Drängen, doch auch etwas zu nehmen, und sei es nur eine Kleinigkeit, recht negativ mit einem Satz, den man nicht erfinden kann: "Nach zwei Tagen mit einer Packung Valium, 4 Schachteln Zigaretten und 6 Flaschen Bier kann ich jetzt nicht auch noch mit Kalorien anfangen."
donalphons, 11:23h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 16. März 2006
Weites Land
Wer in einer leicht hügeligen Gegend wohnt, kennt das vielleicht: An den steileren Hängen sind Terassen in den Boden eingebracht, höchstens 10, 15 Meter breit, die sich um die Erhebung ziehen. In der Regel sind diese Terassen heute Wiesen, und schon etwas aberodiert. Sie sind meist Reste einer enormen Boomphase des hohen Mittelalters. Das 13. Jahrhundert war bei allen militärischen Konflikten im deutschen Reich wirtschaftlich und geistig eine Epoche der Beschleunigung, wie es sie in Mitteleuropa bis dahin nie gegeben hatte und auch bis zum 19. Jahrhundert nicht mehr geben würde. Population, Handel, Landwirtschaft, Technik, Kunst und Wissen expandierten in einem bis dahin ungekannten Ausmass. Die Folge waren Eingriffe in die Natur - und besonders in den für Ackerbau tauglichen Boden - die die Vegetation und die Landschaft bis heute mehr bestimmen als alles, was bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts geschah.
Ursachen dafür gab es viele; ein funktionierendes Fiskalsystem, die Entstehung einer Beamtenschaft zur Verwaltung, Handelsrouten, Technologietransfer, eine Lingua Franca, ein sehr günstiges Klima und medizinische Fortschritte. Die jungen Städte wuchsen rapide, die Verdopplung der Einwohnerzahl in 50 Jahren war normal. Aber auch die Dörfer drangen in die letzten echten Urwälder Europas vor und zerstörten sie. Geblieben sind nur noch die sumpfigen Flussauen, aber auch dort, entlang der Reiserouten, setzten sich die Menschen fest.
Die Geschichte ging aus vielen Gründen nicht gut aus, denn zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann die sogenannte kleine Eiszeit, und schon vor der Pest kam es zu Hungersnot und Seuchen. Ein Beispiel etwa ist der "St. Petri Schnee", eine Getreidevergiftung, oder die Lepra, die mit dem Orienthandel nach Europa kam. Der enorme Bevölkerungsrückgang ist umstritten, aber in der Folge war wieder genug Fläche für den Ackerbau da, dass die Terassenäcker aufgegeben werden konnten. Eine andere Folge sieht man, wenn man in Mitteldeutschland Waldkarten studiert. Viele - heute dichte Wälder - haben Namen mit "roda" am Ende - dabei steht Roda eigentlich für einen Ort. Meistens handelt es sich um Wüstungen des 14. Jahrhunderts, Zeugen einer fehlgeschlagenen Kolonialisierung.
Insofern muss man konstatieren, dass die Aufgabe von Siedlungen in Zeiten sinkender Population eine ganz normale Sache ist. Man sollte auch einsehen, dass Deutschland eines der dichtbevölkertsten Länder der Erde ist; ein wenig mehr Raum für die Natur wird dem Land kaum schaden. Historisch betrachtet ist der aktuelle Zustand mit 80 Millionen Menschen ohnehin ein Ausnahmezustand; ginge es mit den Geburten- und Sterberaten der Zeit um 1910 weiter, hätte man in Deutschland absolut nichts zu lachen. Und der leichte Rückgang durch Pille, die zurückgedrängte Kirche und ungebundenes Sexualleben ist eine weitaus bessere Sache als, sagen wir mal, Pest und Hungersnot.
In etwa 50 Jahren wird sich das alles wieder eingependelt haben. Die Vorstellung, dass ein Land gross ist, wenn es viele Einwohner hat, ist lächerlich; entscheidend ist immer noch die Lebensqualität und die Freiheit, die nicht durch Karnickelprämien für die Vermehrung christlicher Extremisten und die Bestrafung der Aufgeklärten beschädigt werden sollte. Wichtiger statt dem Geburtengeflenne wäre eine Debatte darüber, wie viele Menschen dieses Land überhaupt braucht, und ob wir mit 60 Millionen nicht weitaus besser fahren - und mit uns auch die Umwelt.
Natürlich geht sowas immer auf Kosten des ländlichen Lebensraumes. Aber auch da sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Das Leben in den Dörfern war früher kein Vergnügen, die Lebensläufe der Mägde, Knechte und Häusler stehen - jenseits von Blut-und-Boden-Blabla - an Entmenschlichung in nichts den Arbeitern im Manchesterkapitalismus nach. Reich wurden die Dörfer erst durch das Bevölkerungsachstum und den Baulandverkauf sowie die EU-Subventionen. Mit dem neuen Spritzenhaus, den drei Bolzplätzen und der schönen Umgehungsstrasse lässt sich natürlich gut jammern, über die verlorene Dorfgemeinschaft, die von aussen nicht ganz ohne Grund protototalitär wirkt. Den Niedergang von Gasthaus, Edeka-Kramer und Tankstelle und Hofgeschäft haben sich die Dörfler selbst zuzuschreiben. Wer partout die Eier um 2 Cent billiger bei Norma kaufen will, darf sich nicht wundern, wenn das Lebensumfeld vor die Hunde geht.
Never mind the Käffer - spätere Archäologen wollen auch nochmal intakte Befunde sichern, aus dem 21. Jahrhundert. Man kann Flächen durchaus still legen, der Fläche ist es egal. Wer unbedingt einen Teil der Dörfer und die Landwirtschaft halten will, muss die Leute überzeugen, dass sie regional einkaufen. Bocksbeutel statt Holzfusselbrühe aus Kalifornien, Fleisch aus dem Umland, besser mal einen Feldsalat als im Winter quietschrote Tomaten, Boskopp statt supergrünsupersaftiggenetischen Glanzapfel, Roggen statt Donut, Möbel, deren Holzfasern nicht aus Kanada kommen.
Auch manche Städte werden schrumpfen, aber die maroden Blockviertel der 7oer Jahre müssen in Ost und West ohnehin irgendwann weg. Auch da bitte keine falschen Sentimentalitäten - im urbanen Raum gibt es keine Garantie auf Wachstum. Wanderbewegungen sind auch nicht wirklich neu. Wie schon im vierzehnten Jahrhundert sind es viele Faktoren, die die Veränderung hervorbringen. Aber wir haben heute wenigstens die Möglichkeit, die Faktoren beeinflussen zu können. Es werden weniger Menschen hier leben, das ist klar. Aber niemand stirbt gleich aus, wenn es weniger Menschen gibt.
Ursachen dafür gab es viele; ein funktionierendes Fiskalsystem, die Entstehung einer Beamtenschaft zur Verwaltung, Handelsrouten, Technologietransfer, eine Lingua Franca, ein sehr günstiges Klima und medizinische Fortschritte. Die jungen Städte wuchsen rapide, die Verdopplung der Einwohnerzahl in 50 Jahren war normal. Aber auch die Dörfer drangen in die letzten echten Urwälder Europas vor und zerstörten sie. Geblieben sind nur noch die sumpfigen Flussauen, aber auch dort, entlang der Reiserouten, setzten sich die Menschen fest.
Die Geschichte ging aus vielen Gründen nicht gut aus, denn zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann die sogenannte kleine Eiszeit, und schon vor der Pest kam es zu Hungersnot und Seuchen. Ein Beispiel etwa ist der "St. Petri Schnee", eine Getreidevergiftung, oder die Lepra, die mit dem Orienthandel nach Europa kam. Der enorme Bevölkerungsrückgang ist umstritten, aber in der Folge war wieder genug Fläche für den Ackerbau da, dass die Terassenäcker aufgegeben werden konnten. Eine andere Folge sieht man, wenn man in Mitteldeutschland Waldkarten studiert. Viele - heute dichte Wälder - haben Namen mit "roda" am Ende - dabei steht Roda eigentlich für einen Ort. Meistens handelt es sich um Wüstungen des 14. Jahrhunderts, Zeugen einer fehlgeschlagenen Kolonialisierung.
Insofern muss man konstatieren, dass die Aufgabe von Siedlungen in Zeiten sinkender Population eine ganz normale Sache ist. Man sollte auch einsehen, dass Deutschland eines der dichtbevölkertsten Länder der Erde ist; ein wenig mehr Raum für die Natur wird dem Land kaum schaden. Historisch betrachtet ist der aktuelle Zustand mit 80 Millionen Menschen ohnehin ein Ausnahmezustand; ginge es mit den Geburten- und Sterberaten der Zeit um 1910 weiter, hätte man in Deutschland absolut nichts zu lachen. Und der leichte Rückgang durch Pille, die zurückgedrängte Kirche und ungebundenes Sexualleben ist eine weitaus bessere Sache als, sagen wir mal, Pest und Hungersnot.
In etwa 50 Jahren wird sich das alles wieder eingependelt haben. Die Vorstellung, dass ein Land gross ist, wenn es viele Einwohner hat, ist lächerlich; entscheidend ist immer noch die Lebensqualität und die Freiheit, die nicht durch Karnickelprämien für die Vermehrung christlicher Extremisten und die Bestrafung der Aufgeklärten beschädigt werden sollte. Wichtiger statt dem Geburtengeflenne wäre eine Debatte darüber, wie viele Menschen dieses Land überhaupt braucht, und ob wir mit 60 Millionen nicht weitaus besser fahren - und mit uns auch die Umwelt.
Natürlich geht sowas immer auf Kosten des ländlichen Lebensraumes. Aber auch da sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Das Leben in den Dörfern war früher kein Vergnügen, die Lebensläufe der Mägde, Knechte und Häusler stehen - jenseits von Blut-und-Boden-Blabla - an Entmenschlichung in nichts den Arbeitern im Manchesterkapitalismus nach. Reich wurden die Dörfer erst durch das Bevölkerungsachstum und den Baulandverkauf sowie die EU-Subventionen. Mit dem neuen Spritzenhaus, den drei Bolzplätzen und der schönen Umgehungsstrasse lässt sich natürlich gut jammern, über die verlorene Dorfgemeinschaft, die von aussen nicht ganz ohne Grund protototalitär wirkt. Den Niedergang von Gasthaus, Edeka-Kramer und Tankstelle und Hofgeschäft haben sich die Dörfler selbst zuzuschreiben. Wer partout die Eier um 2 Cent billiger bei Norma kaufen will, darf sich nicht wundern, wenn das Lebensumfeld vor die Hunde geht.
Never mind the Käffer - spätere Archäologen wollen auch nochmal intakte Befunde sichern, aus dem 21. Jahrhundert. Man kann Flächen durchaus still legen, der Fläche ist es egal. Wer unbedingt einen Teil der Dörfer und die Landwirtschaft halten will, muss die Leute überzeugen, dass sie regional einkaufen. Bocksbeutel statt Holzfusselbrühe aus Kalifornien, Fleisch aus dem Umland, besser mal einen Feldsalat als im Winter quietschrote Tomaten, Boskopp statt supergrünsupersaftiggenetischen Glanzapfel, Roggen statt Donut, Möbel, deren Holzfasern nicht aus Kanada kommen.
Auch manche Städte werden schrumpfen, aber die maroden Blockviertel der 7oer Jahre müssen in Ost und West ohnehin irgendwann weg. Auch da bitte keine falschen Sentimentalitäten - im urbanen Raum gibt es keine Garantie auf Wachstum. Wanderbewegungen sind auch nicht wirklich neu. Wie schon im vierzehnten Jahrhundert sind es viele Faktoren, die die Veränderung hervorbringen. Aber wir haben heute wenigstens die Möglichkeit, die Faktoren beeinflussen zu können. Es werden weniger Menschen hier leben, das ist klar. Aber niemand stirbt gleich aus, wenn es weniger Menschen gibt.
donalphons, 15:49h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 2. März 2006
Bayern verstehen
ist nicht immer einfach - selbst bei mir setzt es manchmal aus, wenn ich auf Oberpfälzer treffe. Die Oberpfalz ist für Bayern das, was der Ostfriese für Deutschland und der Burgenländer für den Österreicher ist. Aber um einen Eindruck vom Wesen dieses Landes zu bekommen, empfiehlt es sich, zur Wiege des bayerischen Herog- und Königstums zu gehen, nach Scheyern, einem kleinen Ort in der Holledau, rund 40 Kilometer nordwestlich von München. Das dortige Kloster ist den Wittelsbachern, deren Burg gleich um die Ecke lag, eng verbunden.
Die ersten drei Wittelsbacherherzöge sind hier begraben, unter anderem auch Herzog Ludwig I. der Kelheimer, der von einem Messerstecher erdolcht, den vielleicht typischsten aller bayerischen Mannstode gestorben ist. Ebenso typisch ist auch, dass man den Mörder nicht erwischt hat, gilt doch Messerstechen in bayerischen Dörfern bis heute als Brauchtumspflege und Zeichen der Mannhaftigkeit, und keinesfalls als Verbrechen.
Kloster Scheyern wird heute noch von Benediktinermönchen betrieben, und ist trotz zeitweiser Säkularisation heute wieder vollgestopft mit Rokokogemälden, goldglänzenden Altaren, juwelenübersähten Reliquien und Heiligenfiguren. Aber statt der im Norden typischen Nüchternheit gelingt es den bayerischen Künstlern nicht immer, die Religiosität rein zu erhalten; allerorten bricht sich das barocke Element, die Lebenslust und die Begierde Bahn - so auch bei dieser Bildstifterin.
Sie will, dass gebetet wir für sie, und sie hat wohl auch allen Grund dafür, denn schon die Kleidung ist alles andere als geziemend für diesen hochheiligen Ort. Ein paar Meter weiter ist ein Partikel des heiligen Kreuzes, aber die Dame lässt ungeniert nur ein dünnes Tuch den schwellenden Busen bedecken, und von da oben, wo der heilige Joseph ist, hätte er einen ganz vorzüglichen Blick aus die Schönheitspfaster, die sie, da können wir uns sicher sein, auf der marzipanweissen Haut aufgebracht hat. Die geschwungenen Lippen und der Blick gehen kaum als religiöse Verzückung durch, zu nah ist der Ausdruck und die Haltung an den unbekleideten Damen der Laszivi, kleiner, schmutziger Drucke, die die lukrative Schattenseite des Buchdrucks und seiner erbaulichen Spiesserliteratur darstellen. Die Perlenkette, die matt auf dem festen Fleisch schimmert, verrät ihren Reichtum wie die Sucht, der Nachwelt als etwas Besseres in Erinnerung zu bleiben, und so überströmt das lebensgierige Wesen der Stifterin bis heute den Raum und spricht den keuschen Gelübden derer Hohn, die tagtäglich zum Morgengebet an ihr, dem verzückten Machsmirnochmal-Lächeln und der fast schon groben Geste der rechten Hand vorbeigehen.
So ist Bayern. So behält man dieses Land und seine Töchter, und besonders die Hauptstadt München in Erinnerung, ein dreistes, ein wenig beschränktes, immer für jede Form von Zerstreuung zu habendes Luxusgeschöpf, das immer mehr nimmt als zu geben und dennoch alles zu tun bereit ist, solange es die Perlenkette nicht abnehmen muss und jemanden findet, der für einen Augenaufschlag für ihre Sünden gerade steht. Und sie weiss, dass sie uns kriegen wird, denn das, was in ihr kocht, bringt auch noch die brennende Hölle zum schmelzen.
Die ersten drei Wittelsbacherherzöge sind hier begraben, unter anderem auch Herzog Ludwig I. der Kelheimer, der von einem Messerstecher erdolcht, den vielleicht typischsten aller bayerischen Mannstode gestorben ist. Ebenso typisch ist auch, dass man den Mörder nicht erwischt hat, gilt doch Messerstechen in bayerischen Dörfern bis heute als Brauchtumspflege und Zeichen der Mannhaftigkeit, und keinesfalls als Verbrechen.
Kloster Scheyern wird heute noch von Benediktinermönchen betrieben, und ist trotz zeitweiser Säkularisation heute wieder vollgestopft mit Rokokogemälden, goldglänzenden Altaren, juwelenübersähten Reliquien und Heiligenfiguren. Aber statt der im Norden typischen Nüchternheit gelingt es den bayerischen Künstlern nicht immer, die Religiosität rein zu erhalten; allerorten bricht sich das barocke Element, die Lebenslust und die Begierde Bahn - so auch bei dieser Bildstifterin.
Sie will, dass gebetet wir für sie, und sie hat wohl auch allen Grund dafür, denn schon die Kleidung ist alles andere als geziemend für diesen hochheiligen Ort. Ein paar Meter weiter ist ein Partikel des heiligen Kreuzes, aber die Dame lässt ungeniert nur ein dünnes Tuch den schwellenden Busen bedecken, und von da oben, wo der heilige Joseph ist, hätte er einen ganz vorzüglichen Blick aus die Schönheitspfaster, die sie, da können wir uns sicher sein, auf der marzipanweissen Haut aufgebracht hat. Die geschwungenen Lippen und der Blick gehen kaum als religiöse Verzückung durch, zu nah ist der Ausdruck und die Haltung an den unbekleideten Damen der Laszivi, kleiner, schmutziger Drucke, die die lukrative Schattenseite des Buchdrucks und seiner erbaulichen Spiesserliteratur darstellen. Die Perlenkette, die matt auf dem festen Fleisch schimmert, verrät ihren Reichtum wie die Sucht, der Nachwelt als etwas Besseres in Erinnerung zu bleiben, und so überströmt das lebensgierige Wesen der Stifterin bis heute den Raum und spricht den keuschen Gelübden derer Hohn, die tagtäglich zum Morgengebet an ihr, dem verzückten Machsmirnochmal-Lächeln und der fast schon groben Geste der rechten Hand vorbeigehen.
So ist Bayern. So behält man dieses Land und seine Töchter, und besonders die Hauptstadt München in Erinnerung, ein dreistes, ein wenig beschränktes, immer für jede Form von Zerstreuung zu habendes Luxusgeschöpf, das immer mehr nimmt als zu geben und dennoch alles zu tun bereit ist, solange es die Perlenkette nicht abnehmen muss und jemanden findet, der für einen Augenaufschlag für ihre Sünden gerade steht. Und sie weiss, dass sie uns kriegen wird, denn das, was in ihr kocht, bringt auch noch die brennende Hölle zum schmelzen.
donalphons, 14:46h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 10. Februar 2006
Bild des Tages: Der Türkenfrieden
Zu den Urmythen des rechten Europas zählt die Geschichte der Türken vor Wien in den Jahren 1529 und 1683, die gerade noch aufgehalten wurden, bevor sie Europa überrannt hätten. Abgesehen davon, dass man als aufrechter Bayer Österreich an jeden verkaufen würde, der auch nur eine Runde Döner dafür ausgibt: Das Ganze ist eine Legende. Die Hohe Pforte war in der gesamten frühen Neuzeit eine normale europäische Grossmacht mit normaler europäischer Politik. Sie nutzte als solche die Schwäche der Habsburger in Österreich schamlos aus, kassierte die als "Türkengeschenk" umschriebenen Tribute, hatte aber auch gute Freunde in Europa - gerade das katholische Frankreich war so gut wie immer mit der Türkei verbündet. 1688 zettelte Frankreich den Pfälzer Erbfolgekrieg an, um den bedrängten Osmanen auf dem Balkan den Rücken zu stärken.
Umgekehrt hatten die Habsburger 1552 auch keine Bedenken, sich bei der Teilung Ungarns mit den Osmanen einen Teil unter den Nagel zu reissen. Die Atrozitäten des sog. 5. österreichischen Türkenkrieges - der mit der zweiten Belagerung Wiens - hat man damals gemalt; man kann nicht sagen, dass sich das Christentum bei Massakern in Belgrad und Zenta, wo ohne Unterschied alle Konfessionen niedergemetzelt wurden, sich irgendeiner Schuld bewusst war. Im Gegenteil, man webte diese Schlachtereien in Tapisserien und tafelte noch Jahrzehnte später im Anblick von Grausamkeiten, die den Vergleich zur Deutschen Wehrmacht in der Ukraine nicht scheuen müssen.
Aber das Bild, das ich zeigen möchte, ist ein anderes: Hier sieht man, dass es natürlich auch Frieden geben kann. Ein niederländischer Stich von 1719 zeigt die Unterzeichnung des Friedensvertrages vom 21. Juli 1718 in Passarowitz in Serbien. Wir sehen von links nach rechts: Den österreichischen Kaiser Karl VI, den Gesandten Venedigs, und den türkischen Sultan Achmed III.
Nebenbei beschloss man auch umfangreiche Handelsabkommen für den Balkan. Das hätte wohl kaum ein zurückgebliebener Bauer in Europa geglaubt, dem man mit Schauergeschichten über die mörderischen Janitscharen das Geld zur Finanzierung des Krieges abgepresst hatte. Danach brachen für den Rest des Jahrhunderts ziemlich ruhige Zeiten auf dem Balkan an, abgesehen von zwei erfolglosen Versuchen Österreichs, das osmanische Reich in Angriffskriegen zu vernichten. Kein Wunder, Europa hatte in der Folgezeit andere Sorgen als die Türken: Den 7-jährigen Krieg etwa, der nur zu deutlich zeigte, wie wenig die heitere Pracht des Rokoko und die Aufklärung zur Realpolitik beitragen konnten. Ein Krieg, den man gerne vergisst, obwohl er die Killing Fields der Weltkriege vorwegnimmt.
Nur zu verständlich also ist es, wenn Voltaires Candide nach seiner Irrsinnsreise durch die westliche Welt in der Zeit dieses Krieges am Ende seinen Frieden findet in Istanbul, als Untertan des Sultans. Frieden, das ist immer mehr als eine Option, es ist die Mutter aller Dinge, und wenn ich jetzt das Geschrei der braunen Gosse höre, die sich ein neues Belgrad wünschen und Kreuzzüge und den Clash of Civilisations, und dazu falsche Bilder der Geschichte heraufbeschwören, dann kann ich denen nur raten: Informiert Euch besser mal über die Geschichte.
Umgekehrt hatten die Habsburger 1552 auch keine Bedenken, sich bei der Teilung Ungarns mit den Osmanen einen Teil unter den Nagel zu reissen. Die Atrozitäten des sog. 5. österreichischen Türkenkrieges - der mit der zweiten Belagerung Wiens - hat man damals gemalt; man kann nicht sagen, dass sich das Christentum bei Massakern in Belgrad und Zenta, wo ohne Unterschied alle Konfessionen niedergemetzelt wurden, sich irgendeiner Schuld bewusst war. Im Gegenteil, man webte diese Schlachtereien in Tapisserien und tafelte noch Jahrzehnte später im Anblick von Grausamkeiten, die den Vergleich zur Deutschen Wehrmacht in der Ukraine nicht scheuen müssen.
Aber das Bild, das ich zeigen möchte, ist ein anderes: Hier sieht man, dass es natürlich auch Frieden geben kann. Ein niederländischer Stich von 1719 zeigt die Unterzeichnung des Friedensvertrages vom 21. Juli 1718 in Passarowitz in Serbien. Wir sehen von links nach rechts: Den österreichischen Kaiser Karl VI, den Gesandten Venedigs, und den türkischen Sultan Achmed III.
Nebenbei beschloss man auch umfangreiche Handelsabkommen für den Balkan. Das hätte wohl kaum ein zurückgebliebener Bauer in Europa geglaubt, dem man mit Schauergeschichten über die mörderischen Janitscharen das Geld zur Finanzierung des Krieges abgepresst hatte. Danach brachen für den Rest des Jahrhunderts ziemlich ruhige Zeiten auf dem Balkan an, abgesehen von zwei erfolglosen Versuchen Österreichs, das osmanische Reich in Angriffskriegen zu vernichten. Kein Wunder, Europa hatte in der Folgezeit andere Sorgen als die Türken: Den 7-jährigen Krieg etwa, der nur zu deutlich zeigte, wie wenig die heitere Pracht des Rokoko und die Aufklärung zur Realpolitik beitragen konnten. Ein Krieg, den man gerne vergisst, obwohl er die Killing Fields der Weltkriege vorwegnimmt.
Nur zu verständlich also ist es, wenn Voltaires Candide nach seiner Irrsinnsreise durch die westliche Welt in der Zeit dieses Krieges am Ende seinen Frieden findet in Istanbul, als Untertan des Sultans. Frieden, das ist immer mehr als eine Option, es ist die Mutter aller Dinge, und wenn ich jetzt das Geschrei der braunen Gosse höre, die sich ein neues Belgrad wünschen und Kreuzzüge und den Clash of Civilisations, und dazu falsche Bilder der Geschichte heraufbeschwören, dann kann ich denen nur raten: Informiert Euch besser mal über die Geschichte.
donalphons, 12:26h
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Montag, 6. Februar 2006
Nur für den Fall
Es gibt manchmal Tage im Februar in München, da kann man draussen sitzen. Wenn es nach Südwesten geht, nichts davorsteht und die Ziegel die Wärme der Sonne an Föhntagen zurückstrahlt. Dann ist die Maxvorstadt klimatisch fast so eine Art Zauberberg.
Diesmal nicht. Noch nicht. Aber sicherheitshalber stehen die Stühle draussen. Es könnte ja sein. Und ab 10 Grad plus ist ohnehin wieder Cabriozeit. So ist das, in der Maxvorstadt. Und wenn wir, die wir lange in Berlin oder woanders fern der Heimat waren, uns dort an etwas erinnerten, dann waren es die Abende auf diesen Stühlen. Weshalb wir, die Kinder der Tempo, das auch in unsere Bücher schreiben. Dieser Ort muss vorkommen, dieser Ort ist das 103 der Maxvorstadt. Das eint uns. Selbst, wenn wir die anderen eigentlich nicht mögen. Aber wenn wir wieder da sind, dann sitzen wir wieder hier. In spätestens zwei Monaten.
Diesmal nicht. Noch nicht. Aber sicherheitshalber stehen die Stühle draussen. Es könnte ja sein. Und ab 10 Grad plus ist ohnehin wieder Cabriozeit. So ist das, in der Maxvorstadt. Und wenn wir, die wir lange in Berlin oder woanders fern der Heimat waren, uns dort an etwas erinnerten, dann waren es die Abende auf diesen Stühlen. Weshalb wir, die Kinder der Tempo, das auch in unsere Bücher schreiben. Dieser Ort muss vorkommen, dieser Ort ist das 103 der Maxvorstadt. Das eint uns. Selbst, wenn wir die anderen eigentlich nicht mögen. Aber wenn wir wieder da sind, dann sitzen wir wieder hier. In spätestens zwei Monaten.
donalphons, 22:47h
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Sonntag, 5. Februar 2006
Bürgertum 2.0
Es ist immer eng, es ist überfüllt, und nein, gemütlich ist es auch nicht. Die Tische sind zu klein, man wird dauernd angerempelt, und auf eine britische Entschuldigung kann man lange warten. Weil es so voll ist, normalerweise mit pastellig- unernsten, postshopping-traumatisierten., in allen Abstufungen blonden Wirtschaftsstudentinnen auf der Wartebank zum Eheleben, vielen asiatischen Touristen, die das ironischerweise für kontinentaleuropäisch halten, und Jungfamilien, die ihren Blagen schon von klein auf das Gefühl mitgeben wollen, was Besseres zu erleben und zu sein. Früher war das ein Rahmengeschäft, dann ein Friseur, und jetzt ist es ein englisches Teehaus, und der Laden brummt und schimmert in leicht ölig neokonservativ bis ich weiss nicht was ich ausser FDP wählen soll.
Immerhin wird hier Stil gebildet. An den Manieren fehlt es noch, aber das Teehaus ist etwas anderes als alles, was man in Mühldorf am Inn oder in Dachau geboten bekommt. Glas, Alu, Art Deco und Leder gibt es da längst, aber das hier, das ist neu und fügt sich nahtlos in die eigene Lebensvorstellung zwischen Golfplatz und Jaguar ein. Und ich frage mich, ob es nun eines der letzten Reservate einer aussterbenden Gattung ist, die später einmal nichts und niemand vermissen wird, oder der Nährboden für eine neue Generation des Nichts, das nicht mal mehr die Ironie besitzt, ein Faserland zu haben.
Immerhin wird hier Stil gebildet. An den Manieren fehlt es noch, aber das Teehaus ist etwas anderes als alles, was man in Mühldorf am Inn oder in Dachau geboten bekommt. Glas, Alu, Art Deco und Leder gibt es da längst, aber das hier, das ist neu und fügt sich nahtlos in die eigene Lebensvorstellung zwischen Golfplatz und Jaguar ein. Und ich frage mich, ob es nun eines der letzten Reservate einer aussterbenden Gattung ist, die später einmal nichts und niemand vermissen wird, oder der Nährboden für eine neue Generation des Nichts, das nicht mal mehr die Ironie besitzt, ein Faserland zu haben.
donalphons, 17:50h
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Sonntag, 15. Januar 2006
Luxusprobleme
Das Ekelhafte an Problemen ist nicht ihre Existenz an sich, sondern ihre zumeist banale Ausprägung. Probleme, seien wir ehrlich, kommen selten im Abendkleid daher. Unsere Liebste fickt auswärts, was wir mit einem höflichen Lächeln zur Kenntnis nehmen würden - wäre es wenigstens ein Herr von Rang. Meist aber geschieht es im Suff und mit gänzlich unakzeptablen Leuten, deren einziger Vorzug es war, neben der Badtür zu stehen und dortselbst greifbar zu sein. Fast nie ist es ein Künstler, sondern meist ein übriggebliebener Gesellschaftsrechtler, ein paktizierender Junior-Berater oder ein Assi, noch nach dem rektalen Tagewerk am Professor duftend. Das erst macht das Problem zum Problem; brächte unsere Herzensdame statt dessen, sagen wir mal, vom Treffen mit einem Herrn von Stand eine Sklavia zur Reinigung unserer Messingleuchter mit, es gäbe keinen Grund für Zwist und das Zerschellen von Baccaratgläsern an den stuckverzierten Wänden.
Es ist also das Normale, das aus einer vorübergehenden Störung unseres angenehmen Daseins ein Problem macht, das gelöst werden will, ohne dass es uns gefragt hat, ob wir möchten. Das ist zuerst in höchstem Masse degoutant, schliesslich wurde uns das Problem noch nicht einmal vorgstellt, und es sieht auch so aus, als dass wir ihm auch nur die Dienstbotenpforte öffnen würden. Da ist es immer wieder eine Abwechslung, wenn man sich selbst ein Luxusproblem gönnt, statt von anderen mit banalen Problemen beschenkt zu werden, die man im Zweifelsfalle nie umtauschen kann. Das hier nun ist das Luxusproblem, dessen Lösung mein Tagewerk beschliessen soll:
Wie wir sehen, handelt es sich dabei um zwei Paar Salz- und Pfefferstreuer aus englischem Hause und massivem Sterlingsilber, gänzlich unverbeult und von einer edlen Form, die uns im ersten Moment schlicht erscheint. Die richtige Assoziation, dass eine gewisse Ähnlichkeit mit priapischen Objekten besteht, kommt erst später, wenn wir sie uns in der grazilen Hand einer schönen Frau imaginieren. Das allein ist noch nicht das Problem, schöne Frauen möchten in unserer Vorstellungswelt noch ganz andere Dinge halten, schliesslich kennen wir unseren Aretino. Nein, das Luxusproblem ist ein anderes: Wenn vier gleichförmige Streuer auf dem Tisch stehen, kündet das fraglos von Luxus und Besitz, ja gar von Überfluss - aber es entbindet uns von der Pflicht, der Dame Salz und Pfeffer zu reichen und somit im schicklichen Dienst ihre Hände zu berühren. Die Occasion aus edlem Metall zeigt sich hier als tückisch, gefangen ist der Besitzende zwischen dem Verlangen nach Berührung und der Pflicht, es der Dame bei Tisch so angenehm wie möglich zu machen und ihr ein eigenes Paar zu geben.
Das nun, liebe Freunde, ist nun wirklich ein Luxuproblem, wie ich es schätze. Zumal mir heute in ganz anderem Kontext eine Lösung dafür eingefallen ist. Darin spielt eine Frau eine Rolle, die einen verhängnisvollen Fehler beging, ein sportbuggyverseuchter Platz, ein Sommertag und eine Örtlichkeit, wo angenehme, ausgezeichnete Leute über Daseinsformen reden, die vielleicht unsozial, aber ihnen angemesen ist. Noch wird es etwas dauern, es badarf genauer Planung, doch am Ende, da bin ich mir sicher, wird es neben mir noch einem anderen der happy few vergönnt sein, das Sterling mitsamt der sensiblen Fingerkuppen des Ziels aller Wünsche zu berühren.
Luxusprobleme, wie wir sie lieben.
Es ist also das Normale, das aus einer vorübergehenden Störung unseres angenehmen Daseins ein Problem macht, das gelöst werden will, ohne dass es uns gefragt hat, ob wir möchten. Das ist zuerst in höchstem Masse degoutant, schliesslich wurde uns das Problem noch nicht einmal vorgstellt, und es sieht auch so aus, als dass wir ihm auch nur die Dienstbotenpforte öffnen würden. Da ist es immer wieder eine Abwechslung, wenn man sich selbst ein Luxusproblem gönnt, statt von anderen mit banalen Problemen beschenkt zu werden, die man im Zweifelsfalle nie umtauschen kann. Das hier nun ist das Luxusproblem, dessen Lösung mein Tagewerk beschliessen soll:
Wie wir sehen, handelt es sich dabei um zwei Paar Salz- und Pfefferstreuer aus englischem Hause und massivem Sterlingsilber, gänzlich unverbeult und von einer edlen Form, die uns im ersten Moment schlicht erscheint. Die richtige Assoziation, dass eine gewisse Ähnlichkeit mit priapischen Objekten besteht, kommt erst später, wenn wir sie uns in der grazilen Hand einer schönen Frau imaginieren. Das allein ist noch nicht das Problem, schöne Frauen möchten in unserer Vorstellungswelt noch ganz andere Dinge halten, schliesslich kennen wir unseren Aretino. Nein, das Luxusproblem ist ein anderes: Wenn vier gleichförmige Streuer auf dem Tisch stehen, kündet das fraglos von Luxus und Besitz, ja gar von Überfluss - aber es entbindet uns von der Pflicht, der Dame Salz und Pfeffer zu reichen und somit im schicklichen Dienst ihre Hände zu berühren. Die Occasion aus edlem Metall zeigt sich hier als tückisch, gefangen ist der Besitzende zwischen dem Verlangen nach Berührung und der Pflicht, es der Dame bei Tisch so angenehm wie möglich zu machen und ihr ein eigenes Paar zu geben.
Das nun, liebe Freunde, ist nun wirklich ein Luxuproblem, wie ich es schätze. Zumal mir heute in ganz anderem Kontext eine Lösung dafür eingefallen ist. Darin spielt eine Frau eine Rolle, die einen verhängnisvollen Fehler beging, ein sportbuggyverseuchter Platz, ein Sommertag und eine Örtlichkeit, wo angenehme, ausgezeichnete Leute über Daseinsformen reden, die vielleicht unsozial, aber ihnen angemesen ist. Noch wird es etwas dauern, es badarf genauer Planung, doch am Ende, da bin ich mir sicher, wird es neben mir noch einem anderen der happy few vergönnt sein, das Sterling mitsamt der sensiblen Fingerkuppen des Ziels aller Wünsche zu berühren.
Luxusprobleme, wie wir sie lieben.
donalphons, 22:24h
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Montag, 9. Januar 2006
Nachher
so gegen 2.30 Uhr, in der Torstrasse.
MP3s der Lesung gibt es morgen.
MP3s der Lesung gibt es morgen.
donalphons, 13:22h
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Samstag, 24. Dezember 2005
Stadtflucht
Man muss nicht sagen, "driving home for christmas". Man könnte es auch als ritualisierte Stadtflucht auffassen. Und nur halb so unbeliebt, wie das in den Szenekneipen immer vorgetragen wird, mit all den Seufzern und den bösen Geschichten von den Altvorderen. Zumindest mal wieder jeden tag 2 warme Mahlzeiten. Das ist schon was, wenn man sonst als Praktikant in der Tanke nebenan die Powerriegel holt, Hauptsache Kalorien und ein kleiner Zuckerschock. Für 3, 4 Tage so leben, wie man das früher tat. Und den Moloch hinter sich lassen.
Mit dem Alter bleiben viele länger daheim, streifen durch die Zimmer der elterlichen Hauses und denken darüber nach, was sie mal damit machen sollen, wenn die Eltern in die Seniorenresidenz oder die frisch gekaufte Stadtwohnung wechseln. Und sie ertappen sich beim Lesen von Stellenanzeigen in der Provinz, nur mal so, interessehalber. Gehen durch die Gassen und entdecken Cafes, die es auch mit den Grossstädten aufnehmen können. Es liesse sich hier schon aushalten.
Und das ist dann der Moment, wo man ganz schnell zurück sollte in die Metropolen, denn sonst erwischt es einen auch noch mit der Sesshaftigkeit, den Umbauplänen und der Überlegung, dass man mit dem Internet ja praktisch überall arbeiten könnte. Die Befreiung des Wegziehens ist ein Big Bang, dass keiner glauben möchte, die dünnen Drahtseile könnten es überstanden haben und einen, noch jahrzehnte später langsam in Richtung der sauber geschnittenen Hecken und der holzgetäfelten Decken ziehen.
Mit dem Alter bleiben viele länger daheim, streifen durch die Zimmer der elterlichen Hauses und denken darüber nach, was sie mal damit machen sollen, wenn die Eltern in die Seniorenresidenz oder die frisch gekaufte Stadtwohnung wechseln. Und sie ertappen sich beim Lesen von Stellenanzeigen in der Provinz, nur mal so, interessehalber. Gehen durch die Gassen und entdecken Cafes, die es auch mit den Grossstädten aufnehmen können. Es liesse sich hier schon aushalten.
Und das ist dann der Moment, wo man ganz schnell zurück sollte in die Metropolen, denn sonst erwischt es einen auch noch mit der Sesshaftigkeit, den Umbauplänen und der Überlegung, dass man mit dem Internet ja praktisch überall arbeiten könnte. Die Befreiung des Wegziehens ist ein Big Bang, dass keiner glauben möchte, die dünnen Drahtseile könnten es überstanden haben und einen, noch jahrzehnte später langsam in Richtung der sauber geschnittenen Hecken und der holzgetäfelten Decken ziehen.
donalphons, 11:40h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 22. Dezember 2005
Ackermann mon amour
Ach je, jetzt geht auch der zweite grosse Immobilienfond der Deutschen Bank Richtung Krise. Um Bankchef Ackermann wird es noch ein Stück dunkler. Vermutlich wartet man nur noch bis zur Weihnachtszeit, wenn die Aufgeregtheit im Feiertagstrubel untergeht, um ihn mit dem goldenen Handschlag zu verabschieden - und, eingedenk des Mannesmann-Prozesses, diesen Handschlag shareholderfreundlich zu gestalten. Natürlich hat Ackermann diverse Fehler gemacht, aber letztlich wird er wegen seiner harten Haltung bei der Schliessung des Grundinvest-Fonds gegangen. Da war er ehrlich, da hat er sich gegen die Lügen des Finanzplatzes gestellt, da hat er den Anlegern gezeigt, wo in der Globalisierung der Hammer hängt: An der Stelle, wo er sie immer, jederzeit erwischen kann.
Denn im Kern leiden die Immobilienfonds im Stil von Grundinvest in Deutschland an einem Kontruktionsfehler: Es sind langfristige Anlagen mit kurzfristigen Investments. Jeder kann nach Belieben rein oder raus. Die Banken haben dieses Problem dadurch behoben, dass sie mit Zuzahlungen die Illusion schufen, alles sei und bliebe langfristig sicher, die Fonds würden ihr Geld bringen und die Papiere seien der sichere Hafen im Geschnattersturm der Weltwirtschaft. Weshalb solche Papiere vor allem von Leuten gekauft wurden, die in ihrem Depot ein paar Assets ohne Risiko liegen haben wollten, neben all den Heuschreckenpapieren und den fast wertlosen Resten der New Economy. Der Immofond ist da der Fels in der Brandung, der Garant für das gute Gefühl, wenn die Jahresaufstellung kommt.
Aber genau das kann man in einer Welt vergessen, in der Investmentbanken, Hedgefonds und andere Profitmaximierer den Ton angeben. Rekordgewinne gehören ebenso zum guten Ton wie harte Schnitte und schnelle Kurswechsel - die Deutsche Bank hat das in den letzten Jahren vorgemacht. Immo-Fonds mit ihren Büroparks und Gewerbecentern dagegen leben nun mal davon, dass Unternehmen langfristige Standortentscheidungen treffen und auf nachhaltige Personalstrategien setzen. Man kann nicht 20% Rendite durch Personalabbau und gleichzeitig Wertstabilität durch entsprechend leere Gewerbeimmobilien bekommen. Auf diesen unüberwindlichen Gegensatz, auf diese Wahrheit hat Ackermann letztlich hingewiesen.
Natürlich wird jetzt gejammert, dass das alles nur inszeniert war, um die Verluste bei den Anlegern zu belassen und selbst mit dem Verkauf der Gebäude und einem von der Deutschen Bank betreuten Börsengang des Käufers grosse Gewinne einzustreichen. Auch hier ist Ackermann nur konsequent: Wenn Immobilien durch die Bocksprünge der ständig neue Strategien entwickelnden Wirtschaft keine sicheren Mieter haben, dann muss man diese Immobilien auch der Logik der Märkte unterwerfen. Es ist nicht weniger als sinnvoll, es ist nicht weniger als gerecht, gerade gegenüber Anlegern, die jenseits ihrer eigenen Vollkaskomentalität durch Fonds bei jeder Entlassungsrunde mit Kurssprüngen belohnt werden und selbst jeden Vorteil nutzen, den sie in dieser "Geiz-ist-geil"-Epoche zusammenraffen können.
Es wäre an der Stelle eigentlich angebracht, Ackermann zu danken für seine offene, ehrliche Haltung. Ackermann hat uns die Augen für die Realität und die Zusammenhänge geöffnet. Jetzt könnten wir das in dieser Gesellschaft zum Anlass nehmen und nachdenken, welche Ziele wirtschaftlich überhaupt vernünftig sind, was erreichbar ist und welche Turbulenzen man durch nachhaltige Planung, kluge Strategien und durch kurzfristige Aktionen wie dem Verbot von Beratungsunternehmen über 40 Mitarbeiteren, internationalen Law Firms und Neocon-Lobbies, sowie der Unterstrafestellung der Förderung von Ungezieferfonds erreichen könnte. Wir müssen uns entscheiden, was wir wollen, zurück zum rheinischen Kapitalismus und seinen sicheren Anlagen oder voran in den internationalen Terror der Ökonomie ohne Verantwortung.
Natürlich jammern die Neoliberalen, das ginge doch gar nicht, die Globalisierung schreite unaufhaltsam voran. Aktuell bekommen sie aber mit Volkswagen und dem Einstig von Porsche ein Beispiel geliefert, das als vorbildliches Verhalten der alten Deutschland AG gelten kann - es hat beiden Partnern, den Beschäftigten und somit uns allen genutzt. Damals ging noch ein Aufschrei durch die Gazetten von FTD bis SPON, so könne man das nicht machen. Ackermann liefert das ab, was die logische Konsequenz dieser Forderungen ist - und wird dafür von den Deppen der Medien ebenfalls abgestraft. Deshalb, falls es doch noch diese nötige Debatte um das Verhalten der Witschaft in diesem Land gibt, sollten wir auch gleich noch eine andere Forderung festhalten: Abschaffung der korrupten Wirtschaftsjohurnaille. Eventuell kan man für diese Leute ja eine Zeche im Ruhrgebiet wieder eröffnen.
Denn im Kern leiden die Immobilienfonds im Stil von Grundinvest in Deutschland an einem Kontruktionsfehler: Es sind langfristige Anlagen mit kurzfristigen Investments. Jeder kann nach Belieben rein oder raus. Die Banken haben dieses Problem dadurch behoben, dass sie mit Zuzahlungen die Illusion schufen, alles sei und bliebe langfristig sicher, die Fonds würden ihr Geld bringen und die Papiere seien der sichere Hafen im Geschnattersturm der Weltwirtschaft. Weshalb solche Papiere vor allem von Leuten gekauft wurden, die in ihrem Depot ein paar Assets ohne Risiko liegen haben wollten, neben all den Heuschreckenpapieren und den fast wertlosen Resten der New Economy. Der Immofond ist da der Fels in der Brandung, der Garant für das gute Gefühl, wenn die Jahresaufstellung kommt.
Aber genau das kann man in einer Welt vergessen, in der Investmentbanken, Hedgefonds und andere Profitmaximierer den Ton angeben. Rekordgewinne gehören ebenso zum guten Ton wie harte Schnitte und schnelle Kurswechsel - die Deutsche Bank hat das in den letzten Jahren vorgemacht. Immo-Fonds mit ihren Büroparks und Gewerbecentern dagegen leben nun mal davon, dass Unternehmen langfristige Standortentscheidungen treffen und auf nachhaltige Personalstrategien setzen. Man kann nicht 20% Rendite durch Personalabbau und gleichzeitig Wertstabilität durch entsprechend leere Gewerbeimmobilien bekommen. Auf diesen unüberwindlichen Gegensatz, auf diese Wahrheit hat Ackermann letztlich hingewiesen.
Natürlich wird jetzt gejammert, dass das alles nur inszeniert war, um die Verluste bei den Anlegern zu belassen und selbst mit dem Verkauf der Gebäude und einem von der Deutschen Bank betreuten Börsengang des Käufers grosse Gewinne einzustreichen. Auch hier ist Ackermann nur konsequent: Wenn Immobilien durch die Bocksprünge der ständig neue Strategien entwickelnden Wirtschaft keine sicheren Mieter haben, dann muss man diese Immobilien auch der Logik der Märkte unterwerfen. Es ist nicht weniger als sinnvoll, es ist nicht weniger als gerecht, gerade gegenüber Anlegern, die jenseits ihrer eigenen Vollkaskomentalität durch Fonds bei jeder Entlassungsrunde mit Kurssprüngen belohnt werden und selbst jeden Vorteil nutzen, den sie in dieser "Geiz-ist-geil"-Epoche zusammenraffen können.
Es wäre an der Stelle eigentlich angebracht, Ackermann zu danken für seine offene, ehrliche Haltung. Ackermann hat uns die Augen für die Realität und die Zusammenhänge geöffnet. Jetzt könnten wir das in dieser Gesellschaft zum Anlass nehmen und nachdenken, welche Ziele wirtschaftlich überhaupt vernünftig sind, was erreichbar ist und welche Turbulenzen man durch nachhaltige Planung, kluge Strategien und durch kurzfristige Aktionen wie dem Verbot von Beratungsunternehmen über 40 Mitarbeiteren, internationalen Law Firms und Neocon-Lobbies, sowie der Unterstrafestellung der Förderung von Ungezieferfonds erreichen könnte. Wir müssen uns entscheiden, was wir wollen, zurück zum rheinischen Kapitalismus und seinen sicheren Anlagen oder voran in den internationalen Terror der Ökonomie ohne Verantwortung.
Natürlich jammern die Neoliberalen, das ginge doch gar nicht, die Globalisierung schreite unaufhaltsam voran. Aktuell bekommen sie aber mit Volkswagen und dem Einstig von Porsche ein Beispiel geliefert, das als vorbildliches Verhalten der alten Deutschland AG gelten kann - es hat beiden Partnern, den Beschäftigten und somit uns allen genutzt. Damals ging noch ein Aufschrei durch die Gazetten von FTD bis SPON, so könne man das nicht machen. Ackermann liefert das ab, was die logische Konsequenz dieser Forderungen ist - und wird dafür von den Deppen der Medien ebenfalls abgestraft. Deshalb, falls es doch noch diese nötige Debatte um das Verhalten der Witschaft in diesem Land gibt, sollten wir auch gleich noch eine andere Forderung festhalten: Abschaffung der korrupten Wirtschaftsjohurnaille. Eventuell kan man für diese Leute ja eine Zeche im Ruhrgebiet wieder eröffnen.
donalphons, 12:09h
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