: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 10. März 2015

Warum macht man das?

Warum bestellt man etwas, bei dem man nur eine vage Vorstellung von dem hat, was letztlich kommen wird? Wir wollen doch eigentlich alle, dass das Objekt unserer Begierde genau den Erwartungen entspricht. Es soll so schmecken, wie es gefällt, aussehen, wie man es gern hat, und nicht störrisch, tückisch und eine einzige Abfolge von Debakeln, die sich gegenseitig bedingen.

Meine Meinung ist, dass es in meinem Leben einfach etwas zu gut zugeht. Nicht viel, aber ich lebe doch in recht guter Sicherheit mit einer verlässlichen Arbeit, ich habe einen ordentlichen Ruf bei den richtigen Leuten, und zwar von der Sorte, dass ich im schlimmsten Fall etwas anderes finden könnte - so ich das denn nötig hätte und nicht einfach so gut überleben würde. Meine Familie und mein Arbeitgeber sind schweigsam, und all die Theorien über mich können mir egal sein - mein reales Leben ist zu weit weg von der Vorstellungskraft derer, die mir Schlechtes wollen. Es ist technisch nur in einem sehr viel kleineren Umfang als üblich möglich, mich so in den Staub zu schicken. Und deshalb reden wir jetzt über französische Vierfachzahnkränze.



Üblich waren sie nicht sehr viel länger als in der direkten Nachkriegszeit, und da auch hauptsächlich nur in Frankreich. deshalb haben sie hinten, wo man sie an die Nabe schraubt, auch meistens ein französisches Gewinde. Moderne Schaltungen haben gleich zehn oder elf Ritzel, und man kann sich vorstellen, dass die Belastungen pro Ritzel früher sehr viel höher waren. Also gingen sie kaputt, so wie an meinem neuen Radprojekt.

Das Problem ist polykausal, ich brauchte auch noch die richtige Kette - moderne Ketten für Schaltungen gehen da nämlich nicht, die sind zu flexibe. Ich brauchte Fett in den Zügen und Öl an den Gelenken, ich brauchte genau die richtige Länge und viele Versuche, und am Ende sprang die Kette immer noch. Also mussten neue Ritzel her

Und wie sich dann herausstellte, liebe ich nicht allein die Räder der frühen Nachkriegszeit. Es gibt derer viele und viele brauchen auch neue Ritzel, die, man ahnt es, heute nicht mehr hergestellt werden. Nun könnte man theoretisch einfach Schraubkränze mit mehr Ritzeln nehmen, denn fünffach gibt es in unendlichen Mengen. Aber die passen links nicht in den Rahmen, weil zu breit, und rechts nicht zum Schaltwerk, weil es zu wenig seitliche Bewegung hat. Es gibt schon Gründe, warum diese Form der Schaltung ausgestorben ist, aber das hilft einem in der Gegenwart auch nicht weiter.

Geholfen hat letztlich, dass ich mal eine Kiste mit vielen Ritzeln erwarb, weil ich genau eines brauchte. Den Rest habe ich im Speicher vergraben, den ich nun besuchte. Da war dann das drin, das ich brauchte, und es sah noch gut aus, siehe oben.

Es kommt von Moyne. Moyne baute erste Qualität für französische Räder, und die Wahrscheinlichkeit, ein Moyne-4-fach Ritzel mit englischem Gewinde zu haben, ist fast gleich Null.

Wie ich erfahren musste, besitze ich das nicht nur, sondern auch ein Hinterrad, von dem sich das Ritzel nicht lösen lässt, in einem Rahmen, in den meine anderen Laufräder nicht passen. Ich muss diesen ver.... Freilauf abbauen, was immer es kostet, weil sich auch gezeigt hat, dass die Ritzel meines neuen Kranzes alleine nicht auf den alten Freilauf passen, und dann kann ich eventuell von einem anderen Rad einen 4-fach-Kranz lösen, wenn er runtergeht, und hier einbauen, weil das andere Rad mit einer anderen Schaltung auch einen fünffachen Kranz erträgt. Den ich hier habe. Mit hoffentlich französischem Gewinde.

Das sind die wahren Niederlagen des Lebens. An ihnen wächst man und alles andere wird einem dann egal. Denn man hat ansonsten ja eher weniger Probleme, da kann man sich schon mal welche machen. Zumal, wenn das Ergebnis schön wird.

... link (6 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 20. Februar 2015

Beine auseinander

Stell dir vor, eine Frau wird von einem Busfahrer vergewaltigt, brutal ermordet und dann zusammen mit Komplizen auf eine Art und Weise "beseitigt", die jede kleinste menschliche Regung vermissen lässt.

Einmal in Berlin und einmal in der Türkei.

Es gibt natürlich in Deutschland entsetzte Reaktionen, und in der Türkei einen richtiggehenden Aufstand.

Deutsche Feministinnen verkünden dann schon mal, dass sie am Sonntag über Kleider beim Oscar zu lästern gedenken. War ja auch zu lustig schon beim Dschungelcamp. Damals fand auch der Mord in Berli statt, aber wichtiger ist natürlich, einem Mann Übergewicht nachzusagen.

Vielleicht hätten die Täter bei Twitter ohne genderneutrale Sprache schreiben sollen, dann hätten sie es ihm aber gegeben, die deutschen Netzfeministinnen. Nun aber regen sich die Türkinnen auf und auf Frauenblogs findet man Erinnerungen an Tschetschenien und Gedichte über Schnee. Und wenn man doch darüber schreibt - dann über den Hashtag, wie man selbst einen gemacht hat.







Es ist nicht wirklich so, dass mich solche Geschichten weg vom Internet treiben, aber mitunter tut es ganz gut, etwas anderes zu sehen und zu erleben, den Kopf frei zu bekommen und sich unter ganz normalen Menschen zu bewegen. Menschen, die an einem Freitag auf einen Berg kraxeln und in der Sonne sitzen. Sieht aus wie Heimatfilm, ist vielleicht etwas zu blau und kitschig, aber durchaus schön. Inzwischen finde ich es ja entspannend, häkelnde Omas im Sonnenschein zu sehen, Funktionsjackenträger und sogar von ihren Kindern genervte Mütter. Ich brauche das zum Justieren meiner Befindlichkeiten. Geordnete Verhältnisse. Zumindest in kleionen Dosen. Leute, die bei manchen Bildern an einen Faun in der Glyptothek denken oder an eine Zeichnung von Gulbrannson, und nicht an Manspreading.







Ähnlich gelungene Vergrätzer sind die Nachrichten aus der Ukraine und der beginnende kalte Krieg, und das Fehlen des im Zweifelsfall nötigen Remmidemmis angesichts der zuspitzenden Lage: "What would Schirrmacher do" muss man sich heute nicht mehr fragen, weil das eben nicht mehr getan wird. Es wird genau das getan, was er nie getan hätte. Alles so bräsig, so mau, so gerecht und natürlich will jeder etwas Opfer und bemitleidenswert sein, und anklagend - nur anpacken und aufregen will man nicht. Oder darüber reden, dass die Welt vielleicht auch nur deshalb so mies ist, weil das angeblich Gute inkompetent und ahnungslos ist, und es der anderen Seite so unfassbar leicht macht. Aber Hauptsache, man gewinnt moralisch.







Ja, da will ich eben etwas raus, abstand gewinnen, und unten am Hofladen lesen, dass es Rum für den Opa und Eierlikör für die Oma gibt. Oma und Opa waren übrigens zu bewegten Zeiten von APO und RAF jung und der Umstand, dass sie Getränke wie ihre eigenen Eltern bevorzugen, zeigt eben auch, dass am Ende sich doch ganz viel einrenkt. Zumindest bei uns, wenn die anderen verrückte Alte mit 77 halbverhunderten Katzen in einer verdreckten Berliner Wohnung werden, dann sei es eben so.

Scheisspille, sagte meine Grosmutter immer, weil sie fand, die vermiese manchen, die sie dringend bräuchten, entscheidende Erfahrungen und Erdungen, und auch, wenn ich das für mich selbst weiterhin ablehne - so ganz unrecht hatte sie wohl nicht. Auch wenn sie mehr Sekt als Eierlikör trank.

Die Gläser halte ich übrigens in Ehren.

... link (20 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 19. Februar 2015

Endlich Sonne.

Das donautal ist reich, es gibt dort Arbeit und Geld und viel Wohnraum, den man auch braucht, um der Nebelsuppe im Winter etwas entgegen zu setzen. Es war garstig, scheusslich und kalt während der letzten Woche und ist es immer noch. Aber nicht für mich.



Ich bin wieder in den Bergen. In der Sonne. Vor einer Rohrnudel in Vanillesosse und mit Honigkruste. Alle sitzen draussen. Die Sonne hat Kraft. Das Leben ist schön.



Und so bleibt das auch erst mal.

... link (0 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 18. Februar 2015

Kolonialrassismus

Das Studium war ihr zu weiss.

Sagte sie der taz. Vermutlich hat sie auch etwas an der Schule auszusetzen und ich kann da zustimmen, denn für Minderheiten ist das nie optimal. Manchmal mache ich mich ja auch über meine alte Schule lustig und das, was da unter Strauss alles möglich war. Aber das allgemeine Problem einer autoritären Herschaft ist nicht ihr Thema, es geht ihr nur um Schwarze, und im Studium hatte sie vermutlich auch keinen Burschenschaftler als Institutschef wie ich, sondern die üblichen, aufgeschlossenen und toleranten Menschen der Kunstszene. Trotzdem war ihr das zu weiss.

Vieles andere hierzulande findet sie zu kolonialrassistisch. Uh-oh, soll sich der Leser da denken, wir tragen wohl alle noch Tropenhelm und Pickelhaube, das macht sie in ihren Performanceinterventionen auch deutlich. Die wir übrigens über den Kulturbetrieb in unserem kolonialrassistischen Staat mitfinanzieren - ich übrigens besonders, denn ich lebe in Bayern und solche Tätigkeiten kann sich Berlin nur dutch den Bundesfinanzausgleich leisten. Da haben wir ihn, den gelebten Kolonialrassismus, kein Wunder, dass unsere Schwarzen hier den Aufstand wagen.

Aber noch fliessen die Mittel, man muss sich mit den anderen nicht abgeben, und so trifft man sich in diesem finanzierten Kulturbetrieb erst mal allein, ohne Weisse, selbst wenn die nicht arisch wären, und bespricht seine Vorstellungen und Forderungen und präsentiert die erst im Anschluss. Mitreden für andere, nee, das wäre auch kolonialrassistisch. Man will andere Rollen im Theater und mehr Möglichkeiten und natürlich mehr Förderung und Schlüsselstellen im Kulturbetrieb, so könnte man anfangen, den Kolonialrassismus in diesem Land zu bekämpfen.

Das alles schreibt sie dann übrigens in einem sog. Frauenblog einer bekannten deutschen Zeitung, das von anderen ähnlich auf Privilegien fixierten Frauen betrieben wird. Auf dass sie noch mehr Interventionen gegen den Kolonialrassismus machen kann.



Dazu möchte ich zwei Dinge sagen. Erstens habe ich selbst jahrelang interventionistisch gearbeitet, gegen Rassismus und die Unfähigkeit, die Belange einer Minderheit zu vestehen. Und ich hätte da wirklich draufhauen können, denn der Kolonialismus ist Pipifaz gegen das, was ich eigentlich als Thema hätte haben können. Aber es ist eine schlechte, ganz schlechte Idee, Menschen, die weder etwas dafür können noch etwas damit zu tun haben, die alten Geschichten wieder und wieder um die Ohren zu hauen. Man kann das vielleicht machen, aber wenn man gar nichts anderes tut und dann auch noch Geld und Machtpositionen im Kulturbetrieb für seinesgleichen fordert, um genau das weiter zu machen, immer nur draufdreschen - mein liebr Schwan, da hätte mich die Präsidentin aber zusammengestaucht, dass ich durch den Ausfluss der Mikwe gepasst hätte. So etwas macht man bei uns aus den besten Gründen nicht. Man will da raus, man will keine Kultur von Tod und Schuld sein. Man will nach vorne schauen. Deshalb waren wie supernett, witzig und vorsichtig erklärend,

Das andere ist der Umstand, dass ich solche Forderungen dennoch unterstützen würde, wären wir ein komplettes Volk von inteventionistischen Berufsbeleidigten und Pöbelkulturfreunden, die vom Staat eine famose Ausbildung bekommen und dann in Berlin Performancetheater machen. Nur - diese Vorwürfe kommen ja nicht aus der Mitte der Gesellschaft. Keine Schleckerfrau, kein Bauarbeiter, keine alleinerziehende Mutter und kein nervöser Mittelschichtsangehöriger kann sagen, ich mache jetzt einfach nur noch Theater darüber, wie unendlich mies behandelt ich mich fühle, und dann kotze ich das auch noch der Republik in einer Zeitung vor die Füsse und beschwere mich, dass mir das Studium nicht gepasst hat. Für derartige Interventionen kann man vieles sein, überheblich, bescheuert, arrogant, dummdeist, a schand fir de Goyim, aber man ist ganz sicher nicht benachteiligt, unterpriviegiert, diskrimoniert oder kolonialrassistischer Verfolgung ausgesetzt.

Man hat da durch das Ausnutzen des Kulturbetriebs, seiner Strukturen und der sehr deutschen Vorliebe für moralische Geisselung eine sehr privilegierte Position, und ganz ehrlich:

Nein. Sollte jemand in diesem Land das nicht so sehen und das auch kundtun und der Meinung sein, da reisst eine Privilegierte ihr Maul ganz schön weit auf für das, was sie letztlich für sich selbst leistet - da würde ich mich jetzt nicht gerade hinstellen und die verteidigen. Obwohl ich natürlich die Mechanismen kenne und weiss, wie unschön die sein können, und was so ein Verhalten auszulösen in der Lage ist. Deshalb haben wir das auch nie nie nie gemacht. Aber wer sich so aus dem Fenster lehnt, wer sich, nachdem die Juden da wirklich vorsichtig sind, sich als neue Speerspitze gegen die Bevölkerung begreift und ihr unbedingt critical whiteness reindrücken will, der sollte das gegen Pegida und AfD und CSU und all die Vergrätzten und Angepissten wirklich selbst ausfechten. In dem Punkt - und weil ich da ungefragt auch unter Weiss einsortiert werde und das dann eben auch hinnehme - bin ich nicnt solidarisch.

Und ich möchte mich hier in aller Form von solchen privilegienrassistischen Einlassungen distanzieren - meine eigenen finde ich nach wie vor suoer.

Ansonsten finde ich, dass politische Verfolgte Asyl geniessen. Das heisst aber nicht, dass ich freudig jede überweite Definition von politischer Verfolgung mitgeniessen muss. Das Grundgesetz hatte da eine recht präzise Vorstellung dessen, was und wer damit gemeint war, und das würde ich mir trotz Berlienr Modelle und Lampedusa gern erhalten, selbst wenn das bedeutet, dass neue Interventionen einen neuen Kolonialrassismus beklagen werden. So sei es. Solange man den Berliner Kulturbetrieb nicht austrocknet.

Oh, und diesen Text über Antifaschismus, den möchte ich empfehlen.

... link (70 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 7. Februar 2015

Glückskind

Manchmal liege ich auf meinem Sofa und frage mich, wie es kommt, dass sich so wenig schöne Bilder erhalten haben. Und jammere über Kriege und Revolutionen, über Bomben und geschmacklose Erben, und über meine begrenzten finanziellen Mittel. Vieles wurde in der von mir bevorzugten Zeit gemalt, aber das meiste ging verloren. Auf eine Rokokoschönheit kommen 40 züchtige Biedermeierfrauen. Das ist teilweise auch die Verlustrate eines Jahrhunderts.



Jetzt liege ich wieder hier auf grünem Samt und freue mich an den Bildern und an der warmen Farbe des Raums. Alles ist, wie es ist, und ich bin auch zufrieden, denn so soll es nicht sein. Ich möchte keine verrauchten Wände und keinen zu Asche zerfallenen Teppich unter mir, ich möchte nicht die schwarzgebrannten Federn des Sofas sehen und verkohlte Leinwände. Gut, ich bin gerade auch zwangsweise hier, weil der Raum kleiner und gut zu heizen ist. Im grossen Raum würde man es wegen derKälte nicht aushalten. Und weil die Heizung nicht geht.

Wobei, der Gasbrenner geht schon, aber der Wärmetauscher darüber sieht leider so aus.



Vielleicht bin ich wirklich ein Glückskind. Die Therme hätte dieses Jahr laut Kaminkehrer im Sommer sowieso ausgetauscht werden müssen, aber, so vermutet der Ofenbauer, wenn das noch einen Tag so weiter gebrannt hätte, wäre das alles mit einem grossen Rums in die Luft geflogen, denn die Notabschaltung hat in meinem kleinen Gasfukushima auch nicht funktioniert. Bin ich also gerade noch rechtzeitig heim gekommen vom Tegernsee. Hat er in seinen 20 Jahren noch nie gesehen, meinte der Ofenbauer. Kein Wunder, meinte der Chef, wenn das erst mal so aussieht, sieht es bald ganz anders aus und dann kommt bestenfalls die Feuerwehr.

Bald ist die neue Therme da und dass man sie routinemässig vielleicht doch öfters tauschen sollte, ist keine schlechte Idee. Hoffentlich denke ich in 27 Jahren noch daran.

... link (12 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 22. Januar 2015

Immogration

Das Durchschnittsjahreseinkommen eines Eritreers liegt bei 430 Dollar.

Die Überfahrt mit einem Schleuser von Libyen nach Lampedusa kostet mindestens 1000, meist aber eher 2000 Dollar. die Verfrachtung weiter nach Deutschland besorgen mitunter die Italiener selbst, die wollen das Problem nicht. Italien ist da mittlerweile knallhart.

Es ist für einen 20-Jährugen aus Eritrea vermutlich nicht ganz einfach, unter normalen Bedingungen diese Summe für die Überfahrt aufzubringen. Das mag fürchtbar sein, diese extremen Unterschiede - die hierzulande am Rande der Unmenschlichkeit beurteilten Kosten für Flüchtlinge liegen im Monat über dem, was man in Eritrea in einem Jahr verdient - aber man sollte diese Verhältnisse vielleicht bedenken und bei allem Versagen der Polizei in Dresden, als die Leiche von Khalid B. gefunden wurde, nicht ganz aus den Augen verlieren.

Ich weiss nicht, ob das, was nun mutmasslich passiert ist - Khaled B. wurde demzufolge bei einem Streit von einem Mitbewohner erstochen - der schlimmste Fall ist. Vermutlich wäre ein Verbrechen seitens der Rechtsextremen für das Klima in Dresden genauso schlimm gewesen - nun stehen halt all die Linken mit ihrer Vorverurteilung und der Randale wirklich schlecht da, und nach dem Rücktritt von Bachmann gestern wegen des Hitlerbildes hat man in Sachen politische Dummheit einen Anschlusstreffer erzielt. Der Umstand, dass das Opfer wohl unter Drogen stand, ist dann nochmal eine gewisse Eskalation der Sache, allein, Eritrea, der Sudan und andere Länder Afrikas sind nun mal Drogenumschlagplätze und Rekrutierungsort für Verteilungshelfer für unseren Drogenkonsum. Es kann also gut sein, dass die ganze Geschichte noch hässlicher wird, je nach Aufklärungsarbeit der Polizei und Darstellung in den Medien.

Manche sind der Meinung, ich wäre da auch it schuldig, schliesslich hätte ich zum erhitzten Klima in Dresden, siehe Bombergate, beigetragen, und deshalb bekam ich Post. Post bekomme ich übrigens seit Ende des letzten Jahres auch von Pegidaanhängern - es sieht irgendwie so aus, als gäbe es so eine Art Querfront mit dem Ziel, mich zum Schweigen zu bringen. Aber das dachte ich mir eh selbst, was bringt es, mit italienischen Erfahrungen aufzuwarten, wenn das hier sowieso unvermeidlich kommen wird. Der Umstand, dass Pegida den Drogenhandel in Berlin völlig aus den Schlagzeilen verdrängt hat, muss man wohl so zur Kenntnis nehmen, und die ganze Medienlandschaft wird im Moment ziemlich zwischen den Extremen rumgebeutelt. Kaum marschieren "besorgte" Rechte in Dresden, sind um ihre Kinder besorgte Eltern in Berlin nicht mehr von Nachrichtenwert. Nachdem sich manche Medien zusätzlich recht vorschnell den Vorverurteilungen anschlossen, sieht das im Moment alles wirklich nicht prickelnd aus.

Ich war, wie gesagt, zu Zeiten von Blauschwarz für die jüdische Ostküste in Österreich. Man legt sich ein dickes Fell zu und man lernt auch, dass man gewisse Geschichten nicht schreiben muss, sie kommen wie ein Phaeton an den Betonpfeiler. Aber diese Geschichte ist halt wirklich unschön. sie hat das Potenzial, einen Ost-West-Konflikt zu schüren. Zumal, es ist ja nicht so, dass es nicht auch die Wehrsportgruppe Hofmann im Westen gegeben hätte, oder das versuchte Attentat auf die Münchner Synagoge - insofern ist ein besonderer Blick der Medien auf den Osten in Sachen Rechtsextremismus vielleicht gar nicht so angebracht.

Wir werden hierzulande eine richtig scheussliche Debatte um Asyl und Zuwanderung bekommen. Scheusslich, mit Statistiken und Herkunftsländern von organisierter Kriminalität, aber vermutlich auch notwendig, selbst wenn es mir den Magen umdreht bei der Hetze der Rechten und Verharmlosung der Linken. Wenn nicht, wenn wir das wegdrücken, wenn nochmal aber drei oder vier solche Schleusersommer kommen, dann kommt das eben später. Aber es wird kommen, so wie es auch in Italien kam. Ich wünschte, ich könnte sagen, man könnte aus den italienischen Erfahrungen mit den Flüchtlingen etwas lernen, aber ich sehe da immer nur das Kopfschütteln von S., wenn ich ein Rad über Nacht draussen habe stehen lassen. Oder weil das Auto nicht mehr abzusperren war. Wie kann man nur so leichtsinnig sein. Immer schön absperren, wegschliessen und die eigene Erfahrung gleich mit, draussen im Netz warten die PIler und die Antifas mit den einzig wahren Wahrheiten, die sie verbreiten können, weil es in der Mitte in diesem Fall keine schönen, sauberen Wahrheiten gibt, sondern nur globale Entwicklungen, die mit den Werkzeugen Frontex und Asylrecht nicht zu lösen sind.

Wir können ja noch nicht mal Pegida und Russia Today lösen. Und ich kann natürlich auch meinen Mund halten und warten, bis es vorbei ist. Pulverfässer brennen bekanntlich nicht besonders lang.

... link (17 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 9. Januar 2015

Tue nichts Gutes, wenn andere reden.

In meiner klitzekleinen Rolle kann ich das ein oder andere machen. Ich habe etwas Spielraum, ich kann reden und empfehlen, denn andere hören auf mich.

Ich mag gute Texte. Auch, wenn sie trautig sind, und das sind sie nicht selten. Es ist nicht angenehm zuzuschauen, wie alleinerziehende Mütter wegen eines einzigen, aber sehr grossen Fehlers in die Altersarmut rauschem, und schon auf dem Weg dorthin die Schattenseiten dessen erleben, was sich als Vollbeschäftigung langsam über das Land ausbreitet. Denn Vollbeschäftigung heisst weder volle Gerechtigkeit noch volle Optionen. es entstehen dabei nur schlecht bezahlte Möglichkeiten, weil andere bessere Optionen haben.



Natürlich könnte man da lamentieren und fordern, dass wir die grosse, staatliche Veränderung brauchen. Die grosse Umwältung, Feminismus, Förderung, Quote und Gehaltsanpassungen. Das fordern viele und werden bei diesem Fordern nach vorne gebracht, dürfen das aufschreiben und Sexismus anprangern. Aber deshalb ändert sich für die wirklich Betroffenen erst mal nichts, es gibt nur neue Klägerinnen gegen alte Probleme, die nicht wegen dem Geschrei besser werden, sondern bessere Lösungen sich langsam als sinnvoll und praktikabel erweisen. Aber so lang kann niemand warten, wenn das Konto gerade ebenso leer wie der Kühlschrank ist.

Es ist nicht so, dass ich Leute irgendwie kaufe. Ich gebe häufig mal Hinweise. Es kostet mich nichts, man fragt mich oft, ob ich nicht dies und das machen könnte, aber so viel Zeit habe ich auch nicht und manchmal kann ich eben jemanden vermitteln. Oder auch mehr, je nach Dringlichkeit. Das machen in diesem Beruf gerade recht viele Leute, denn der Journalismus, sonst als Haifischbecken verschrien, kommt mir inzwischen recht solidarisch vor. Aus der Notlage heraus, das Lernen war grausam, aber man hat das verstanden. Und mal etwas schreiben und dafür Geld und eine formale Qualifikation zu bekommen - seht her, da hab e ich schon veröffentlicht - geht nun mal schneller als ein Studium der Informatik. Meine geschätzte Gastautorin findet übrigens, auch deshalb sei der Beruf Prostitution nicht unähnlich, und da hat sie wohl recht.



Die E. nun habe ich sehr dringend empfohlen. Denn E. schreibt sehr, wirklich sehr gut und mit einer Authentizität, die nicht oft anzutreffen ist. Sie macht das recht verborgen, aber eben auch sehr gut - und wie so oft kann sie zwar schreiben, aber sich überhaupt nicht verkaufen. Aber man sollte denken, das Schicksal gleicht aus und dann kommt eben jemand und stupst andere an: "Da schau mal. Du brauchst nicht mich, was Du willst, kann die E. mindestens genauso gut. Frag sie einfach. Sie macht das sicher gern. Nein, ich kenne sie nicht persönlich, aber die Texte sind wirklich gut." Ich finde übrigens auch, dass diese Kaste der Schreibenen durchlässiger werden sollte, denn die Abgeschkossenheit entfremdet uns von den Menschen. Ruhig mal was ausprobieren. Das geht oft gut und so richtig daneben gelangt habe ich eigenrlich nur ganz selten. Gut, ich würde sicher kein Blogs-Buch mehr machen, das ist auf die lange Sicht doch bisweilen eine unschöne Erfahrung, wenn eine damals Beteiligte heute Leute anfiest, die meine Texte lesen. Aber mal so einen Beitrag...

Und dann kommt die Antwort von denen, denen man sie empfohlen hat. Man möchte doch mal diese Links anklicken. Zu dem Shitstorm hat sie beigetragen und da hat sie die Presse mit Anlauf geschmäht und hier fordert sie die Entlassung von Kollegen G. und dass er auf der Strasse verhungert und über einen selbst hat sich auch bei Facebook... ob das wirklich die ist und da keine Verwechslung vorliegt?



Soziale Medien, die ich nicht nutze, runden dann as Bild nach unten ab, in Richtung Netzwerkeffekte und lauten Tönen. Mitläuferin, würde ich sagen, aber das ist nun mal weniger das, was in meinem Umfeld gefragt wird, oder vermittelbar ist. Das hat vielleicht auch etwas mit der internen Solidarität des Journalismus zu tun, der solche Sachen satt, gründlich satt hat. Und eine elegante Lösung findet, denn es gibt dann immer welche, die gerne mitmachen und einen eben nicht öffentlich ausrichten, sondern Probleme, so sie auftauchen, direkt und diskret klären.

Das meiste läuft in diesem Beruf ohne öffentliche Spuren, und dafür gibt es gute Gründe. Es werden keine schwarzen Listen geführt, aber es gibt bei den hochwertigen Medien nur eine begrenzte Zahl von Plätzen, dann ein wenig Verschiebemasse, und unendlich viele, die davon profitieren wollen. Da nimmt man, schlechte Erfahrung mit Julia Schramm, Michael Seemann, Julia Seeliger und anderen lassen grüssen, erst mal niemanden, der offensichtlich aus einer Laune heraus heftige Dinge ohne echten Anlass fordert. Mamhe bekommen dann doch vielleicht mal eine Chance, irgendwo einen Beitrag zu schreiben, aber die völlig unbekannte E. bekommt das nicht, und das merkt sie noch nicht mal.

Ich schaue dann auf das Datum und sehe, dass die übelsten Ausrutscher wahrscheinlich den Tagen anzulasten sind, an denen Periode und leeren Konto mit allgemeinem Frust beim miserabel bezahlten Job zusammen kamen.

Aber es wird einfach zu schnell entschieden und es gibt immer eine, die williger und netter und unkomplizierter ist, und nicht so nach Problemen aussieht. Das ist auch ein Grund, warum ich heute gegen die Wind angekämpft habe. Frust loswerden. Mal wieder so einen Fall erlebt. Es ist so sinnlos, all die guten Gedanken im blig und das alles durch ein paar Rülpser versaut. Dabei wirkt Kritik doch besser, wenn sie zeigt, dass die Person auch fundiert schreiben kann. Ich weiss nicht, ob ich das kann, aber ich versuche es wenigstens, und mein Schicksal ist anders und gut, obwohl ich das in der form gar nicht bräuchte.

... link (128 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 7. Januar 2015

Vielleicht

sollte ich mal, nur so zum Spass, zusammenstellen, was hier im Briefkasten, bei der FAZ und Twitter so alles reinkam, im letzten Jahr. Manche wissen ja vielleicht, ich habe früher für jüdische Medien gearbeitet und die Attacken von einem Monat heute gab damals in all den Jahren nicht - obwohl ich das ganze Spektrum von Intifada bis Haider hatte. Man könnte daran sehen, dass es nicht mit Schüssen beginnt, sondern nur damit endet. Die Welt ist nämlich voll von Berufsbeleidigten, die jede andere Ansicht opportuistisch exterminieren wollen. Das Problem sind nicht Nazis, Islamisten, Pegida, Pirincci, Antifa, Kreuznets, Radfems - das Problem sind unterfickte, intolerante Berufsbeleidigte jeder Art, und ihre reinen Filterbubbles.

... link (85 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 1. Januar 2015

Ich will nicht viel vom nächsten Jahr

Nur anderthalb totale Katastrophen weniger. Das ist auch schon alles, was kommendes Jahr besser werden soll. Ansonsten war nämlich alles gut.



Was man halt so gut nennen kann, unter den gegeben Voraussetzungen. Ein paar Rechnungen sind noh offen, aber nächstes Jahr sind andere mit dem Leiden dran und was ich dazu beitragen kann, werde ich machen.

Und Spass haben. Jede Menge. Die Leserschaft hoffentlich auch. Alles Gute.

... link (20 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 28. Dezember 2014

Sinnvolles schenken

Man muss nur suchen - dann findet man Geschäfte mit Angeboten, die niemand zurück verfolgen kann. Mein Parmesan aus Mantua zum Beispiel ist nur eruierbar, wenn man zu Bacchi in der Via Oreficio geht - fahren kann man da gar nicht. Meine Würste von einem kleinen Hof im Donaumoos, der Pfirsichsaft aus dem kleinen Gehöft bei Valeggio und die Pralinen vom Wagner - sie alle sind preislos, der Beschenkte weiss, dass es nichts Schlechtes ist, aber es kann sich auch jede Suche nach dem Geldwert sparen. Und manchmal findet man sowas sogar in München.



Leider fehlt mir dazu jedoch die passende Bekanntschaft, und mein Schuster in Verona wiederum möchte die Füsse derer, die er mit Leder umschliesst, vorher sehen. Sonst könnte man da wirklich schöne Dinge verschenken.

Aber dennoch habe ich dieses Jahr einen netten Weg gefunden, das Dilemma zu umgehen. Das begann mit einer Kiste bei der Caritas, in der die traurugen Reste eines Rades gelagert wurden. Das Rad selbst wurde lange Zeit brutal missbraucht und erst, als wirklich gar nichts mehr ging, dort in die Werkstatt gebracht. Kein schlechtes Rad, durchaus eines mit sinnvoller Ausstattung - aber die Preise verfallen schnell und wenn es so ruiniert ist, kostet die Reparatur in Arbeitszeit mehr als der Restwert. Also wurde es in die Ersatzteile zerlegt und so fand ich es.

Ich habe Zeit und schraube gerne. Dachte ich. Aber so einfach war es dann doch nicht, und am Ende habe ich jedes, wirklich jedes Teil intensiv bearbeiten müssen. Mitunter, das gebe ich zu, hat mein Elan nachgelassen. Bei den Bremsen war ich am Ende meines Lateins und kann hier wirklich der Menschheit nur zurufen, Räder mit herkömmlichen Bremsen zu kaufen, wenn sie nicht unendlich viel Ärger mit hydraulischen Scheibenbremsen haben wollen. Aber irgendwann fehlt nur noch der kurze Vorbau, und den gab es für einen Euro auch bei der Caritas und dann



ist es so weit, dass man nur noch die Gabel von der ätzenden grünen Farbe befreien muss, mit Nagellackentferner, und so riecht die ganze Bude nun so, als wäre ich ein exotischer Tänzer und würde solche Schuhe wie da oben tragen.

Ich mache das gerne, denn ich mag Menschen, die ich beschenke, und natürlich kann man das nicht berechnen, die Zeit nicht und die Geschichten nicht. Ins Geschäft gehen kann jeder, aber wenn so ein Stück dann wieder läuft und genau so ist, wie es für Berlin sein soll, dann ist alles wieder gut.

... link (4 Kommentare)   ... comment