: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 24. Dezember 2006

Der Lebkuchen

Die besten Gäste sind eigentlich die, die nach dem Rundgang durch drei Bäckereien für Plätzchen, Stollen Pralinen, Lebkuchen und Torte vollgefressen den Nachmittag und Abend verschlafen.



Das sind nämlich die, die Bayern und seine Bewohner verstanden haben. So ist das hier. Wobei man nicht alles verstehen muss. So lief ich heute in die Arme des grössten Faktotums der Stadt, und wie ich dem Gast vorhergesagt habe: Das Faktotum hat meine Frau Mama angerufen, ihr mitgeteilt, dass er mich und den Gast in der Stadt gesehen hat, und er wird mich überzeugen, dass ich den Gast heirate, wenn schon meine Liebste nicht heiraten will. Und alles Abstreiten, Leugnen, Hinweisen auf die Liebste und betonen der ganz normalen Bekanntschaft wird mir nichts helfen - er weiss, was gut für mich ist, und ausserdem bin ich ja so eine gute Partie. Privatsphäre? Selbstbestimmung? Kennt hier keiner.

... link (2 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 22. Dezember 2006

Die längste Nacht

Spät kam sie, in rot und dunkelblau, wie auf einem japanischen Farbholzschnitt.



Und sie ist auch schon wieder vorbei. Was meine Person angeht, könnte jetzt langsam mal der Frühling kommen, so in ein, zwei Tagen.

... link (7 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 21. Dezember 2006

Der Gast kann kommen

Es ist zwar noch nichts wirklich fertig, aber doch schon halbwegs vorzeigbar.



Und wohnen wird der Gast ohnehin oben, in der Gästewohnung, während ich hier unten weiter entmülle.

... link (2 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 18. Dezember 2006

Die beiden Russen

sitzen auf der Skaterrampe, diesem Dokument westlicher Dekadenz, und haben neben sich die Relikte vergangener Sowjetherrlichkeit gestapelt. Rund sind sie, zufrieden in der warmen Halle, sie lachen und freuen sich über Kundschaft.



Marienfiguren, Sowjetschick, alter Christbaumschmuck und Lametta für die Brüste der sozialistischen Arbeiterhelden, mitunter auch ein verrostetes Stück Abfall der Wehrmacht. Das alles ist ihnen eins, Hauptsache, es verkauft sich. Wobei aber zu bemerken ist, dass Totalitarismus gar nicht mal so gut läuft, ganz im Gegenteil: Profan sind die Objekte, mit denen sie ihr Hauptgeschäft machen.

Sie lachen herzlich, als ich ihnen vorschlage, die Kerzenhalter billig zu erwerben, ich lache über ihre Preisvorstellung und verlange ob des Wetters einen Regenpreis, sie lachen noch mehr, denn wir sind ja in der Halle, der Regen ist draussen, und ich schlage vor, nach draussen zu gehen, und weil wir so viel gelacht haben, einigen wir uns. Nur auf das Stamperl Vodka - oder Obstler? sie haben vieles! - darauf verzichte ich.

Nichts kapitalistisches auf der Welt, kein anderer Konsum macht je so viel Spass wie der Antikmarkt mit seiner gnadenlosen Nachfrage- und Angebotspolitik, es ist die Verkörperung des reinen handels, dirket, verschlagen, mit allen Tricks und Finten, ohne Staat, Steuern und Buchführung, und ohne Berater ... wobei ... beim Hinausgehen:

Da standen zwei ältere Männer hinter einem Stand, nicht wirklich schlank und auch nicht gerade fein angezogen. Der eine hielt eine dieser seltenen, rosanen, bemalten Glasvasen der Zeit um 1880 in der Hand, und fragte ein Ehepaar, genauer dessen weiblichen Teil Rosi vor dem Stand:

Du Rosi, schaug amoi, dea wui fia de schene Vosn 130 Öiro, owa i hob eam gsogt, i gib eam 100. Wos moanstn Du?

Darauf Rosi in dieser unnachahmlich direkten bayerischen Art:

I moan, de is a greislichs Glump.

Ich liebe es.

Edit: Auch in Hamburg ist Flohmarkt.

... link (2 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 11. Dezember 2006

Es wird sich einiges ändern

Stammleser wissen, dass ich Journalist bin. Ausschliesslich Print, kein Online. Meine Auftraggeber sind, was das Internet angeht, sehr konservativ, und ich kann es ihnen nicht verdenken. So schlimm es auch mit Print bergab geht: Dort ist immer noch das Geld.

Ich habe verstärkt in den letzten Wochen eine Reihe von Angeboten bekommen, etwas im Internetbereich zu tun. Beratung, Firmengründung, Interimsmanagement, PR und Medien. Ich habe das alles abgesagt, bis auf zwei Angebote aus dem Bereich mehr oder weniger klassischer Journalismus. Wie das wird, weiss ich selbst nicht, vielleicht lase ich es auch bleiben, wenn es mir nicht gefällt, ich habe die Wahl. Es dürfte aber klar sein, dass sich für mich mehr ändern wird, als lediglich mein Ausstieg aus der Haifischbranche. Es ist dann sicher nicht mehr so leicht wie früher, den Printjournalisten und den Onlineblogger auseinanderzuhalten.

Wie auch immer: Dieses Blog hier ist und bleibt mein virtuelles Wohnzimmer, meine Privatsphäre, und hier gibt es nichts ausser meine Wenigkeit und das Zeug, das es schon immer gab. Es wird nicht weniger werden, es bleibt alles beim Alten. Ich sage es aber hier und jetzt, weil ich glaube, dass Ihr, die Ihr es Euch in meinem Wohnzimmer bequem gemacht habt, ein Recht habt, das frühzeitig zu wissen. Ich werde nicht meine Seele verkaufen oder meine Person und schon gar nicht die Leser, sondern Texte, gradraus, ungeschönt, drastisch und so, wie ich bin. Das ist ein faires Geschäft. Anderes überlasse ich anderen. Dumme, arme Schweine müssen ja auch von was leben.

Also, glaub ich zumindest.

... link (13 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 6. Dezember 2006

Isarblick vs. Seeblick

Möglicherweise werde ich demnächst eine gewisse Entscheidung treffen müssen; grob gesagt zwischen diesem Blick auf die Isar



und diesem dramatischen Blick in den Sonnenuntergang über der Ebene, hinter deren Wäldern der tiefblaugrüne See liegt.



München ist, zumindest bei kurzen Besuchen, immer wieder umwerfend schön, es ist gross, es gibt gute Buchhandlungen und wenig Nebel. Gleichzeitig ist es bestürzend teuer und hat eine miserable jüngere Vergangenheit, gegen die die miserable ältere Vergangenheit der Provinz, an die mein Haus erinnert, angenehm weit entfernt ist. Möglicherweise geht beides, vielleicht wird es nur ein ungenügender Kompromiss.

Vielleicht sollte ich einfach ganz wegziehen, so wie der erste Internetmensch, den ich kennengelernt habe, 1995 in Italien. Ein Berater, der das meiste von einem Turm aus hoch über der Küste gegenüber von Elba gemacht hat. Ich fand das super, da sass er in seinem Olivenhain im Winter, es war warm, vor ihm stand ein Tisch mit Notebook, und so arbeitete er. Als ich dann selbst in dieses Geschäft eintrat, dachte ich, irgendwann müsste doch auch sowas mit Turm und Blick auf die alten Etruskerstädte möglich sein. Es hatte damit so viel zu tun wie reale Archäologie mit Indiana Jones, aber hey, die Idee war zumindest super.

Irgendwann.

... link (7 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 5. Dezember 2006

Punktgenau

Irgendwann dachte ich, dass die Folie eigentlich nicht nötig gewesen ist. Kein Tropfen, keine Spritzer, alles sauber auf dem abgedeckten Boden, dessen Eichenparkett ohnehin unempfindlich wäre gegen etwas weisse Farbe. Dann kam ich zum seniblen, nach oben geöffneten Konzertmöbel, und ohne weitere Verzögerung, als Inbegriff des Kontrapunkt mischte sich der Ton eines satten Platsch hinein in Gesualdos Madrigalbuch Nummer IV.



Aber ich hatte ja, im Gegensatz zur Leichtfertigkeit meiner frühen Jugend, alles sauber abgedeckt. Wäre mir nicht kurz darauf beim Versuch, auf einem Bein stehend von der Leiter herunter eine Mandarine aus der Silberschale unter der Folie heraus zu operieren eine Lampe umgekippt - dann müsste ich mir vielleicht Gedanken machen, ob ich nicht vielleicht doch langsam schon so alt bin, dass die Verweisung einsetzt.

... link (6 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 21. November 2006

Gefundenes

Heute nachmittag stand plötzlich Frau Mama in der Wohnung und steuerte zielstrebig auf den Tisch zu, wo das Jahresendfestgeschenk frisch geputzt in der Sonne funkelte. Das war knapp, und hätt beinahe das Glücksgefühl verleidet, dem grossen Einkaufstress entgangen zu sein, dieses jahr auch ohne Berlin. Ausgerechnet in Pfaffenhofen gab es alles, was ich brauchte:



Zwei französische Fayencevasen zum Beispiel für die Küche, die damit bis auf ein paar Imariteller fertig ist. Ein grosser Haufen Tafelsilber, und zwar solche Mengen, dass ich wirklich daran gehen kann, einzelne grössere Brocken zu verschenken (Ja, der Wettbewerb steht noch aus, ich weiss, sobalsd ich Luft habe, es tut mir sehr leid). Und Bücher des XVII und XVIII Jahrhunderts. Womit ich eigentlich jetzt einen Anfangs- und Endpunkt für ein Blogprojekt habe, das ich schon seit Monaten plane. kein Fastfood mehr, sondern lange, schwere Texte über die Aufklärung und ihre kleine originale Handbibliothek.

Solange mache ich mich auf die Suche nach der zwischen Datenversagen und Dummdreistigkeiten verlorenen Zeit, und streichen muss ich auch noch.

... link (3 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 18. November 2006

Auswandern?

Demnächst wird Ségolène Royal französische MinisterStaatspräsidentin sein. Sie wird bei einer internationalen Konferenz neben das erzwungene Merkel stehen.

Und ich werde dann von den Franzosen kein Mitleid, verdammt, sondern einfach die Repatriierung für Elsässer auch noch nach 5 Generationen wollen.

... link (21 Kommentare)   ... comment


Nachhall

Schon die Strassen sind leer, und weiter draussen, im Park auf dem feinen Kies, sind nicht mal mehr die Schritte zu hören, nur das Atmen, das immer recht kurz ist nach so einer Nacht in stickiger, verqualmter Luft, besonders, wenn einen dann noch der immer gleiche Nebel umfängt. Irgendwas ist noch in den Ohren, ein Grundrauschen, obwohl es so still ist, dass man die Eisenbahn in 5 Kilometer Entfernung hört.



Es heisst, dass der Abgrund in einen hineinschaut, wenn man selbst zu lange hineingesehen hat. Es ist noch schlimmer, wenn man sich darauf einlässt; wenn man durch den Abgrund jagt und die silbernen Flügel das schwarze Nichts durchtrennen, schlitzt einem irgendwann dieses ethische Nichts da draussen die Seele auf. So leise, so schleichend, dass man es im Lärm des Motors und des explodierenden Nitromethanols nicht merkt. Wenn man Glück hat, entwickelt man ein Gefühl für den Moment, wenn es zuviel wird, für den schmalen Grenzbereich zwischen Selbstkontrolle und dem sinnlosen Rausch, den die anderen auch nur durchstehen, weil das weisse Pulver und die Tabletten ihre Turbolader durchdrehen lassen, bis dann irgendwann, wenn der Druck zu hoch wird, irgendein Stück bricht.

Nitromethanol brennt ohne sichtbare Flamme, man muss das mal gesehen haben, das ist wie mit Menschen, man sieht es ihnen nicht an, aber es ist dann eine Aura des Verderbens um sie, wenn man es ein paar mal miterlebt hat, dann kennt man das, es gibt nichts, was man für sie und ihresgleichen noch tun könnte. Alles, was man tun kann, wenn man selbst den Stoff im Tank hat, ist abdrehen und hinaus in die Kälte, weit weg von dem, was da kommen wird, hinein in die Stille und den Nebel, und eine Weile innehalten, vergessen und auf die Stille hören. Das ist ein guter Indikator. Wenn man das nicht mehr kann, ist es zu spät, dann ist man einer von denen.

... link (2 Kommentare)   ... comment