: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 5. Mai 2011

Das Monster ist tot

Physisch.

Aber es lebt in vielen Einzelteilen weiter, und wird nicht so schnell sterben. Sicherheitsgesetze. Schnüffellizenzen. Abschaffung von Freiheiten. Überwachung. Kontrolle. Bis hinunter zum Bapperl auf besseren Schuhkartons.



Und wenn man sich nun bemühen würde, die Überwachung mit der gleichen Energie überflüssig zu machen und abzuschaffen, wie man den alten Mann in Pakistan abgeschafft hat - oder vielleicht sogar ein wenig besser und offener - wäre das Monster wirklich tot. und nicht nur seine Inkarnation.

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Die nicht schöne Stadt

Die nicht schöne Stadt ist nicht wirklich "nicht schön"; wäre ich nur 10 Minuten in Berlin, Essen oder Frankfurt, fände ich sie durchaus entzückend, und auch den Vergleich mit Städten wie Cremona und Monza muss sie nicht scheuen. Aber da ist die Geschichte der Stadt, die sich manchmal tief in ihr Gesicht gegraben hat, und manchmal nur schemenhadt sichtbar, aber nicht vergangen ist.



Diese Stadt hatte einst eine grosse Geschichte, aber während Verona von den Reisenden von Nord nach Süd und umgekehrt immer geküsst ward, blieb diese Stadt ein Zentrum des Schaffens, der harten Arbeit, auch der Maloche am Metall. Sie ist kein Schaufenster des Landes, und viele Schaufenster sind verwaist.



Die Neofaschisten, die echten und ihre schlecht getarnten Nachahmer hinter dem Schnoindreba an der Regierung und der Separatisten machen dafür vor allem die anderen verantwortlich. um von den grundsätzlichen Problemen abzulenken; der Globalisierung etwa, die spielend gerade die Kompetenzen der Hiesigen ins Ausland verlagert.



Man wählt braun. Und kauft Waren aus China beim fliegenden Händler, der in der besseren Hälfte der Altstadt zu finden ist. Es gibt auch noch die andere Hälfte der Altstatdt, die ist für eine Stadt dieser Region erstaunlich desolat.



Bevor Prostitution in Italien nur verboten war; und nicht explizit verfolgt wurde, solange sie sich jenseits des Umfeldes der Machthaber abspielte, standen in manchen Hauseingängen des schlechteren Teils auch Frauen, die nur zu warten schienen. Irgendwie duldete man das Warten der Zuwanderinnen auf die Zuwanderer, aber das ist jetzt auch vorbei. Wohin diese Zuwanderinnen verschwunden sind - nun, der Fall von einer gewissen Ruby ging durch die internationale Presse.



Diese Stadt und Verona, das Industriezentrum und das Weltkulturerbe, sie sind wie New York und Gotham City. Ich habe sie nie so leicht, so lebenslustig und liebenswert wie die Stadt an der Etsch erlebt. Wer kann, entflieht eher an die nahen Seen. Sie ist nicht hässlich, diese Stadt, aber Italiens Muse hat sie nur beiläufig geküsst.



Aber so, wie Verona die glanzvolle Oper hat, hat auch diese Stadt ihr eigenes Spektakel. Nicht das Opernhaus, in dem man gerade nordischen Titanen huldigt. Etwas anderes, einen Exzess, einen Ausnahmezustand, laut, brutal, kalt, stinkend, mit echten Toten in früherer Zeit und ohne Theaterblut, und Zigtausenden, denen jede Kultur abgeht. Und für die wird gerade die Piazza della Loggia mit einem Gerüst verschandelt. Absperrgitter für die Tiere, die da kommen.



Und obwohl es naht, sieht man noch wenig davon. Dann aber werden die Schaufenster wieder mit Waren prunken, und die Stadt wird rot und schwarz tragen. Für eine Woche wird alles anders sein, und man wird Gesetze brechen und Vorschriften missachten, es wird ein Feuerstrahl von hier aus durch Italien brennen und wiederkehren. Hier und da werden die Monster schon poliert und ausgestellt.



Und mich durchfährt ein Schaudern bei jedem Geräusch eines schweren Motorrads. Sie kommen, denke ich, sie kommen, um mich mitzunehmen durch die erste Nacht des totalen Ausnahmezustands voll mit Benzingestand und Stahlgerippen der Gescheiterten am Strassenrand, sie kommen, denke ich, ich kann mir diese Stadt nur so vorstellen, sie kommen, die HHölle bricht los, und dann fahre ich die ersten 50 der 1000 Meilen bis vor die Tore Veronas und wundere mich übber die Schilder, die 50 künden.



Hier geht nämlich auch 100, und man wird dabei mit Blaulicht begleitet. Ich weiss das. Andere wissen auch, dass hier noch mehr geht. Ausnahmezustand, drei Tage. Diese Stadt hat dann ihren Zweck erfüllt, sie darf wieder ein Jahr die hässliche Schwester von Verona sein, ihre Läden schliessen und die Nazis wählen. Ich bremse. Ich zügle mich. Noch sind das keine Schikanen bei einem Rennen. Es sind normale Kreisel. Ausnahmezustand ist in einer Woche.



Heute ist alles noch ruhig, am Gardasee (Blick Richtung Sirmione, ganz vergessen, diese FAZ geschichte zu verlinken von den Hängen über Salo'). Zwischensaison, kaum jemand unterwegs auf den Bürgersteigen und Strassen, wo sie nächste Woche überall stehen, jubeln und schreien werden, für den Ausnahmezustand aus der nicht schönen Stadt Breschia.

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