: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Leben

Leben heisst zuerst einmal: Gesund bleiben. Das geht ganz gut, wenn man das Richtige erkennt und befolgt. Natürlich ist so ein Rad nicht billig, aber selbst, wenn ich 1000 hätte: Kein Cent wäre so sinnlos und dumm verschwendet wie das, was immer noch als normale Sucht angesehen wird.



Italien ist, was Nichtrauchen angeht, grossartig. Italien hat sich da wirklich gewandelt, in all der Zeit gab es nur zwei Momente, da ich mich etwas unwohl wegen Rauchern fühlte. Italien ist schmutziger als Deutschland, aber relativ gesehen ist das Kippenproblem sehr viel kleiner. Ich wohne selbst in der Altstadt. Ich sehe den Unterschied. Ausserdem wird in Italien nicht so viel gesoffen. Und schönere Rennräder haben sie ohnehin. Eines habe ich reimportiert. Das bleibt hier.



Alle fahren hier mit dem Rad, wenige rauchen. Und am Abend, so gegen 18.30 Uhr, kommen dann immer Radlergruppen an der Rotunde der Mathilde zusammen, reden eine Stunde, und verlieren sich dann wieder. Man muss länger hier sein, um das zu sehen und zu verstehen. Lern endlich italienisch, sagt Sara zu mir, jedes Mal, und sie hat ja recht. Aber andererseits bin ich auch ganz froh gewesen, nur stiller, leiser, rauchfreier Beobachter zu sein und mich gesund zu fühlen. Meinem Knie geht es sehr viel besser. Mit geht es besser.



Ach, dieses Bild. Hinter meinem Standort ist die Bäckerei mit dem Zwiebelfocaccia, das duftet hier immer so unverschämt, und auch, wenn ich viel geradelt bin und nicht geraucht habe: Abgenommen habe ich nicht. Aber gelebt und gesundet und gesündet und ein De Rosa gekauft, das habe ich.

Allerdings kostete es weniger als das, was andere in drei Monaten wegrauchen. Man mag es also entschuldigen, das einzige, kleine De Rosa.

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Fabrizio bleibt

Frabrizio liebt. Aber wird er auch geliebt?



Ich mag den Namen, weil der Held der Karthause von Parma so heisst, und mit ihm ist es ein wenig wie mit Charles Ryder in Brideshead revisited: Es sind keine sehr schönen und guten Charaktere, aber erfundene Menschen, von denen ich sehr viel lernen konnte. In gewisser Weise ergänzen sich die Bücher sehr gut; und wenn mein Leben mitunter dem von Charles Ryder glich, gibt es auch Phasen, da mir Fabrizio sehr nah ist, talentiert, aber antriebslos, privilegiert, aber ein Aussenseiter, schwierig und eingesperrt in eine Welt, die sich in die falsche Richtung entwickelt hat.

Ich muss los.



Die Umstände erlauben es nicht, dass ich nach Bergamo fahre und weiter nach Bellagio, dann über die Küstenstrasse nach Bellagio, Como und Dongo, woher Fabrizio stammt und von wo aus er flieht, um den Fehler und die grosse Tat seines Lebens zu begehen. Ich wäre gern über die Schweiz zurückgefahren, aber dazu hätte ich früh starten müssen, und die Pflichten - durchaus angenehm - haben es nicht erlaubt. Es gab noch viel zu tun in Mantua.



Mantua hat Glück gehabt, von Stendhal nicht anstelle von Parma aufgespiesst zu werden, obwohl man statt der vertrottelten Farnese auch ein paar degenerierte Gonzagas als Vorbilder der verkommenen Fürstenhöfe hätte nehmen können. Überhaupt taucht Mantua nur einmal in der grossen Literatur auf: Romeo muss hierher fliehen, und hätte sie Sache mit Julia ein gutes Ende genommen, wären sie vielleicht hierher durchgebrannt. Das Stück hätte ein gutes Ende genommen und wäre eher erfolglos geblieben, wie etwa der Sturm, der so ein seltsames Zwischenende hat, schön, bezaubernd und abgeklärt zugleich.



Ich dagegen werde immer wieder zurückkehren. Nächstes Jahr, vielleicht auch schon etwas eher, wenn Berlusconi fällt - da will ich dabei sein. Die Wohnung ist schon gemietet, und ich müsste mich mal erkundigen, was ich eigentlich bin, wenn ich drei Monate im Jahr richtig in Italien lebe. Muss ich mich dort melden, bei einem verschlafenen Beamten, und Formulare ausfüllen, die keiner liest? Geht das einfach so? Reicht es, wenn ich ab und zu kurz heimfahre, was ja nicht so tragisch ist, nur 400 der schönsten Strassenkilometer, die Europa zu bieten hat?



Man fährt da nicht nur von A nach B, man ist. Das lässt sich verschmerzen. Es sind einige Pässe im Weg, und man kann Tortendefizite bis Bozen ausgleichen. Ein paar Monate bleiben, das wäre zu klären, aber Fabrizio würde es vermutlich vergessen und ich auch, schliesslich ist es nicht so wichtig, und ich störe da unten keinen. Ich will mich nicht dem Blödsinn der dortigen Internetgesetze aussetzen, ich will Tourist sein und jederzeit gemächlich aus dem Geschehen fallen können, wie die Villen in Desenzano, die mit Seeblick langsam verrotten.



Ich will hier unten etwas mehr leben, sehen und mitnehmen als daheim. Das ist auch nicht schlecht, aber meine Heimat ist im November grau, und im Frühjahr bringen mich die Pollen um. Mantua me genuit, sagt Vergil, und im Gedenken an Nebel- und Pollentage kann ich das auch sagem wenn ich im richtigen Restaurant sitzen werde.



Man hat von hier übrigens einen ganz famosen und weitgehend unbekannten Blick auf Sant'Andrea von Alberti, wie so oft in Italien fügt sich alles zusammen, diese seltsame Harmonie der Dinge, die hier völlkommen beiläufig ist und nördlich der Alpen mit all der Kunst im Raum und der Platzgestaltung nie gut aussehen wird. Manches ist hier erleuchtet. Und anderes eine durchgebrannte Funzel. Siehe alles, was mit Politik zu tun hat.



Deshalb: Mieten. Für ein paar Wochen und Monate. Länger als ein Urlaub, kürzer als ein Leben. Die Reiseteekanne bleibt diesmal hier, das De Rosa nehme ich mit als Andenken an diese Wochen im Sommer. Sicher, in Deutschland war es auch schön, aber hier begann ich, mich wieder für Menschen zu interessieren. Genau hinzuschauen. Und ein wenig zu verschmelzen, wenn ich mit dem De Rosa, Polohemd und zweifarbigen Mocassins durch die Stadt radelte. Würde ich daheim nie machen. Hier ist es anders.



Mantua ist nicht das Parma von Fabrizio; es war gut zu mir. Und man sieht ja: Der Fabrizio im Buch stirbt an gebrochenem Herzen, aber ein neuer Fabrizio ist da und malt es heil an die Wand. In Mantua, nicht in Parma. Aloysius jedenfalls wartet schon im Wagen. Wir müssen los.

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Sensation!

Alte Frauen! Langsamkeit! Immer weniger! Es eilt gar nicht! Grosse Sensationen fehlen! Starke Handkung allenfalls in Nebensätzen! Kurz, besuchen Sie die Stützen der Gesellschaft und Damen am Krückstock, solange sie noch stehen. In der FAZ , und wie Venedig, oben Säiulen und darunter der Morast in fauligen Kanälen.

Und diesmal sind viele Klicks sehr willkommen.

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